Ein Bond-Titel, wie er im Buche steht...

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Kiss Kiss Bang Bang

Ist die Definition eines "Arzt-Filmes" jedem geläufig? Wem nicht, der schaue sich Shane Blacks Regiedebüt aus dem Jahre 2005 an, die Krimikomödie "Kiss Kiss Bang Bang", die sich als Verballhornung klassischer Buddy-Movies mit Elementen des Film Noir gespickt versteht. Black, der als Drehbuchautor jahrelang Filme dieses Genres nach klassischer Formel entwarf und sich dafür immer auf die gleichen - vom Publikum aber eben besonders geschätzten - Stereotypen und Handlungsabläufe verließ, rechnet in "Kiss Kiss Bang Bang" schonungslos mit all jenen Klischees ab, vom homophoben Macho-Helden bis hin zum tausendfach gesehenen vermeintlichen Heldentod im letzten Drittel. Wie ein Befreiungsschlag anmutend, dekonstruiert Black alles, was ihm an den sich stets wiederholenden Genrevertretern immer anzuöden weiß - schade nur, das er mit zunehmender Laufzeit selbst keine bessere Lösung parat hat, als sich jener Muster zu bedienen.

Als erzählerisch besonders herausragendes Element fällt bei "Kiss Kiss Bang Bang" als allererstes der männliche Protagonist Harry, gespielt von einem köstlich non-chalanten Robert Downey Jr., auf, der nicht nur ein ziemlich tollpatschiger und dennoch irgendwie sympathischer Zeitgenosse ist, sondern auch aus dem Off als Erzähler durch die Geschichte führt - wobei er nicht nur ziemlich unzuverlässig erscheint, sondern auch noch ständig Dinge vergisst und dementsprechend den Filmverlauf ein paar Mal reseten muss. Gags dieser Art hätte man Blacks Script mehr gegönnt, denn leider ist nach etwa 30 Minuten von dieser doch sehr frischen Erzähltechnick (die im Übrigen nicht selten mit einigen klugen visuellen Einfällen kombiniert ist) nicht mehr viel übrig und es geht weitestgehend linear zu. Dabei ist dies anfangs jedoch wenig problematisch. Die sich anbahnende (nicht so ganz perfekte Romanze) zwischen Harry und der wie immer gekonnt niedlichen Michelle Monaghan als für Harry oft schockierend sexuell offenes Landei punket mit ein paar amüsanten Witzeleien und die verunsichernden Einschübe Downey Jrs. gepaart mit geschickt auf den Kopf gestellten obligatorischen Inhalten (die nächtliche Observierung oder der erste Kontakt mit den Mördern) sind gleichermaßen abwechslungsreich wie spaßig aufbereitet.

Doch bereits relativ früh bahnt sich an, was im späteren Verlauf immer mehr zur Kernproblematik wird: Black will zu viel und versucht alles auf einmal, bringt dafür aber nichts so richtig zu Ende. So sind ihm die Schlagabtausche der beiden "Buddys" beinahe durchgehend geglückt und ein paar durchaus nachhallende Oneliner bleiben haften, aber auf der anderen Seite gibt es da eben auch noch diesen Kriminalplot, der erzählt werden will. Und Black scheint sich nur selten sicher zu sein, in welchem Tempo er Handlung und Komik entwickeln und voran bringen will. Hinzu kommt, dass der Kontrast zwischen knallharter Gangstergeschichte und schwarzer Situationskomik immer weniger effektiv erscheint. Während das anfängliche Problem, eine immer wieder ungünstig auftauchende Leiche möglichst schnell und nachhaltig zu entsorgen, die Balance zwischen geschickter Grenzüberschreitung und sinnvoller Plotentwicklung halten kann, gerät eine spätere "Jagd" nach einem abgetrennten Finger nicht nur nervend und die Rahmenhandlung aufhaltend, sondern verliert sich auch in frivolen Geschmacklosigkeiten. Dazu kommen unnötig brutale Einschübe seitens Black, die merkwürdig inkohärent mit dem lockeren Ton der Erzählung erscheinen. Gerade noch wackelte Harry leicht unter Drogen angeheitert durch eine ihm unbekannte Kulisse, da wird direkt neben ihm eine wehrlose junge Frau hingerichtet. Was zur reizvollen Mischung hätte werden können, büßt im Tempo der Regie (und des oft besonders nervös eifrigen Schnitts) an Effekt ein und verwässert so das eigentliche Konzept. Morde mögen in Krimiparodien dazu gehören, doch warum ausgerechnet Kindesmissbrauch zum zentralen Thema werden musste, bleibt bis zum Schluss unklar.

Schade auch, dass mit Ex-Batman Val Kilmer als homosexuellen Privatdetektiv kein entsprechend ausdrucksstarkes Gegengewicht für Downey Jrs. Spitzbübigkeit gefunden werden konnte, so dass er gefühlt doch zu sehr im Vordergrund steht, als das viele Momente als tatsächliche Persiflage auf Buddy-Movies funktionieren könnten. Immerhin: Die Chemie zwischen den beiden stimmt trotz schauspielerischer Ungleichheiten und John Ottmans jazzbetonter Soundtrack ist eine musikalisch wirklich interessante Auseinandersetzung mit dem Film Noir vergangener Tage und an vielen Stellen eine gekonnte Modernisierung bekannter Arrangements. Dennoch ist es schade, dass nach einer sehr guten halben Stunde nur noch wenig im weiteren Verlauf der etwas zu langen 100 Minuten aufgeboten wird, dass einen überdurchschnittlichen Eindruck vermitteln könnte. Gerade der Detektivplot wird im letzten Drittel sehr konventionell und vorhersehbar zu Ende gebracht, kommt völlig überraschungsarm daher und scheint logisch kaum Sinn zu ergeben, ist dazu noch zu kompliziert und verworren erzählt, um wirklich zu fesseln. Einer kreativen Bankrotterklärung gleich kommt dann die Entscheidung, als Finale eine einfallslose Stuntnummer abzuspulen, die zwar handwerklich einige überraschende Kameraperspektiven wählt, aber genau die Art von abgenudelten Eintagsbrei repräsentiert, den "Kiss Kiss Bang Bang" eigentlich verurteilen möchte. Sollte hier allerdings die wahre Aussage des Filmes verborgen liegen, so gelingt es Black zumindest nicht, diese klar genug herauszukristallisieren. Zurück bleibt ein leicht enttäuschter Eindruck, obgleich man dank des hohen Tempos und der tollen Downey Jr. Darbietung nie wirklich gelangweilt oder teilnahmslos dabei gewesen wäre.

Fazit: Als abendliche Couchunterhaltung mit ein paar netten Dialogen und witzigen Ideen ist "Kiss Kiss Bang Bang" mit kleinen Einschränkungen nicht verkehrt geraten und bietet eine passable Actionkomödie vom Fließband. Schlecht ist das nicht, verwerflich schon gar nicht, ärgerlich aber schon, jedenfalls wenn man bedenkt, dass Blacks Drehbuch das Potenzial gehabt hätte, dem ausgelutschten Krimi-Einmaleins ein paar neue Seiten abzugewinnen und neue Perspektiven zu ermöglichen. So bleibt ein Film, der in großen Teilen das geworden ist, was er kritisieren will, weshalb die Enttäuschung etwas schwerer wiegt als bei vergleichbaren Konkurrenz-Filmen. Für Fans von Robert Downey Jr. ist er allerdings Pflichtprogramm, überzeugt dieser nämlich nicht nur durch die Bank hindurch und spielt den blassen Val Kilmer durchgehend an die Wand, sondern redet in manchen Momenten auch direkt mit dem Publikum. Und welcher Fan möchte nicht einmal von seinem Idol angesprochen werden?

5/10
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Agent 009 hat geschrieben:RDJ & Kilmer sind ein klasse Duo
Ich kann mir nicht helfen, aber der Kilmer ist für mich einfach kein guter Schauspieler. Charisma und Ausstrahlung gehen ihm völlig ab und mimische Vielseitigkeit hat er imo noch nie unter Beweis gestellt - richtig deutlich wird das dann gerade in Kiss Kiss Bang Bang, wenn er sich plötzlich neben Downey Jr. behaupten muss und in vielen Szenen jämmerlich neben ihm untergeht. Aber auch so werde ich wohl mit Black nicht mehr warm, zu deutlich sind für mich die Schwächen bei dieser Komödie und seinem Iron Man 3, zu einfallslos finde ich die Art, wie er oft glaubt, allein das Nennen bekannter Filme (wie in diesem Falle Lord of the rings) oder die Erwähnung berühmter Schauspieler würde ausreichen, seine Werke auf eine ähnliche Stufe zu heben. Das er das nicht nötig hat beweist manch amüsantes Wortgefecht aus seiner Feder, doch inhaltlich langt es eben in beiden Fällen nicht für mehr.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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vodkamartini hat geschrieben:Muss ich mal wieder sichten.
Je nach Stimmung könnte der bei mir auch auf 4 oder 6 Punkten stehen, die 5 ist daher als Mittelwert im Allgemeinen ziemlich optimal. :)

Schön, dass du meine Meinung zu Val Kilmer teilst. Unvergessen sein oberschwacher Einsatz als Bruce Wayne in Batman Forever, in dem er beinahe hilflos agierend wirkt. :lol:
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Agent 009 hat geschrieben:Argh.. genau wie Eric schon. Ketzerei.
Halt, Stop, Moment! Ich fand KKBB dann doch deutlich besser als Hille, auch wenn ich seine Ansicht, dass der Film in der zweiten Hälfte nachlässt und sich zu sehr im zunehmend wirren Krimiplot verheddert ohne diesen an der richtigen Stelle clever aufzulösen, bedingt teile. Die erste Hälfte fand ich dafür richtig unterhaltsam, ich mochte vor allem das morbide Spiel mit der lästigen Leiche, den Wortwitz und die von Hille beschriebene Erzähltechnik in der Downeys Charakter häufig unzuverlässig durch den Film führt und daher die vierte Wand durchbrechen muss. Die abschliessende zweite Hälfte war auch ganz und gar nicht schlecht, nur eben schwächer und hatte auch noch ein paar ganz gute Einzelmomente wie zum Beispiel den köstlichen Lincoln-Cameo. Kilmers Darstellung des schwulen Hard-Boiled-Detektivs fand ich ebenfalls amüsant, auch wenn er meistens etwas im Schatten von Downeys schillerndem Loser blieb.

Ist für mich in etwa 7 Punkte wert, mehr als genug, um den diesjährigen Black-Film (The Nice Guys mit Ryan Gosling und Russell Crowe, der laut Trailer thematisch und stilistisch wieder ein ähnliches Feld beackert) interessant zu finden.
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