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von Strangways
Agent
Spectre nimmt dich gefangen und man fühlt sich von der ersten Minute an, wie ein Spielzeug in einem Hurricane. Vielleicht hat der Film kein ganz großes bombastisches Highlight, aber doch so viele starke Szenen, die man mit einer einzigen Sichtung gar nicht verarbeiten kann.
Mexico ist einfach ein Genuss und ich fühlte mich gefesselt in meinem Kinosessel. Tolle Kameraarbeit, wunderbare Masken, das ist einfach prickelnd für den Zuschauer. Die PTS gehört bestimmt zu den stärksten innerhalb der Serie. Hier muss man auch mal die kleine Rolle des Marco Sciarra loben. Perfekt besetzt. Das Gesicht des Bösen.
Writings on the Wall wird nie zu meinen Lieblingen gehören, aber im Kino hörte es sich zumindest ein Stück weit besser an. Die Title-Sequenz ist hervorragend gemacht und gehört zu den besten der gesamten Reihe. Auch die Arbeit von Thomas Newman sagt mir weitestgehend zu.
Spectre hat ein unglaubliches Tempo. Die Zeit läuft einfach an einem nur so vorbei und man merkt es nicht. Das spricht einfach für diesen Film. Absolute klasse sind alle Szenen, an denen Q beteiligt ist. Man merkte in Kino sofort, dass er der Publikumsliebling ist. Ben Whishaw ist die perfekte Besetzung für diese Rolle. Er ist der heimliche Star dieses Films.
Der gesamte Ablauf in Rom könnte nicht besser sein. Die Szenen mit Monica Bellucci in der Villa sind großartig und das Spectre-Treffen ist die Krönung. Unglaublich stark inszeniert, geheimnisvoll, bedrohlich, brutaler Auftritt von Mr. Hinx und ein ganz starker Einstieg von Waltz, der seine Rolle perfekt spielt. Wunderbar ist auch die Verfolgungsjagd durch die Ewige Stadt. Spektakulär, aber an vielen Stellen auch humorvoll, Bondlike.
Zum dritten Mal innerhalb der Serie ist Mr. White vertreten. Ich fand die schauspielerische Leistung von Jesper Christensen in den vorherigen Filmen schon sehr stark, aber diesmal setzt er noch einen drauf. Dieses Zusammentreffen gehört zu den besten Szenen des gesamten Franchise. Ich war atemlos und völlig gefangen, restlos begeistert.
Madeleine Swann ist ein schwieriger Charakter. Sie ist sehr wandlungsfähig. Reserviert, ängstlich, gefühlvoll und im nächsten Moment auch wieder cool und sexy. Ich fand sie insgesamt gut, konnte ihren tatsächlichen Charakter aber nicht so recht fassen. Eine Frau, die für mich viele Fragen offen lässt. Irgendwie wirkt sie geheimnisvoll und ich habe noch lange nicht alles über sie erfahren, was ich eigentlich gerne wissen würde.
Die Szene an der Bar passt perfekt zu einem Bond und ich hätte das Getränk auch nicht probieren wollen. Vielleicht hätte man die Flucht von Q noch etwas besser gestalten können, aber insgesamt ist der Abschnitt in Österreich eine tolle Unterhaltung mit einer spektakulären Verfolgung, die mir sehr zugesagt hat.
Die bisherigen Werke mit Daniel Craig werden in Spectre zusammengeführt. Es bleiben weiterhin einige Fragen offen und vielleicht hätte man hierauf noch ein wenig detaillierter eingehen können. Es kann aber auch sein, dass man im nächsten Film noch mehr über die Organisation herausfindet und manch offen gebliebene Frage dort beantwortet wird. Aber letztendlich kann ich auch mit meiner eigenen Interpretation der Ereignisse gut leben.
In Tanger bleibt eine kurze Zeit zum Durchatmen, die der Film an dieser Stelle auch einmal braucht. Man spürt, wie Madeleine langsam Vertrauen aufbaut. Nach den vorherigen Strapazen ist das Besäufnis ein gut gestalteter Übergang. Die Szene mit der Maus ist eine von vielen Stellen, die in diesem Film für den Humor sorgen, der zu einem Bond gehört.
Die Nebenhandlungen in Tokio und London sind gut inszeniert und passen zum weiteren Handlungsverlauf. Max Denbigh ist herrlich unausstehlich. Die gesamte MI-6-Crew funktioniert einfach perfekt. Ich hoffe, dass sie uns alle noch lange erhalten bleiben. Mir ist aber sofort im Film aufgefallen, dass ein kleiner Fehler eingebaut wurde, als Q das Satellitenfoto des Kraters präsentiert. Bond war zum gleichen Zeitpunkt erst auf dem Wege hierhin. Vielleicht ist aber auch ein Q-Gehirn dem eines normalen Menschen so weit überlegen, dass er schon einige Schritte weiter gedacht hat.
Die Zugfahrt ist eine wunderbare Hommage an FRWL. Toller Auftritt von Lea Seydoux im Kleid und ein denkwürdiger Kampf mit Mr. Hinx. Ihn würde ich nächsten Film gerne noch einmal wieder sehen. Gerne auch mit Halskrause, wenn sein Chef schon keine trägt. Die Ankunft am Bahnhof im Nirgendwo gefällt mir sehr gut und auch die Fahrt mit dem Rolls Royce ist ein wunderbarer Übergang.
Endlich gibt es wieder ein richtiges Hauptquartier. Darauf hat der Bond-Fan schon lange warten müssen. Dazu noch in einem Krater, Bond-Herz, was willst du mehr? Christoph Waltz gefällt mir ausgesprochen gut. Mit zunehmender Zeit stellt sich heraus, wie durchgeknallt er tatsächlich ist. So habe ich mir das gewünscht. Die Folter-Szene hätte auch von Fleming stammen können. Vielleicht hätte man die Flucht noch etwas spektakulärer gestalten können. Das war ja fast ein Spaziergang. Aber insgesamt sagt mir auch dieser Abschnitt zu.
Das Finale in London ist zwar nicht so spektakulär, mir gefällt es aber insgesamt gut. Das Zusammentreffen mit dem verwundeten Waltz an der Scheibe ist klasse und auch der Abflug von Denbigh gefällt mir. Es ist ein Ende, das dann doch sehr plötzlich kommt. Für mich als London-Fan, ist die Westminster-Bridge aber der perfekte Standort hierfür. Das Ende bietet aber unheimlich viele Möglichkeiten für den nächsten Film und eine Fortsetzung der Story rund um Spectre. Hoffentlich müssen wir nicht so lange warten. Und bitte mit der gleichen Crew.
Es ist die Summe des Ganzen. Dieser Film ist so intensiv und hat dermaßen viele gute Szenen, dass es schwer fällt, ihn sofort geistig zu verarbeiten. Ich bin mir sicher, dass er über die Jahre noch wachsen wird. Mich hat er schon beim ersten Mal völlig gefangen, wie ein Hurricane durchgewirbelt und am Ende wieder ausgespuckt.
10/10
“History isn’t kind to men who play God”