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von AnatolGogol
Agent
Schade Maibaum, dass du überhaupt keinen Gefallen an dem Film gefunden hast. Robocop war schon immer ein ziemlich polarisierender Film, was zum einen am exorbitanten Gewaltpegel lag, zum anderen aber auch an Verhoevens Inszenierungsstil. Ähnlich wie zB bei Scorsese oder Kubrick ist Verhoevens filmemacherischer Stil stark eigenständig (oder wenn man so will eigenwillig) und alles andere als Mainstream (auch wenn er in seiner Hollywoodphase ironischerweise dann den Mainstream äußerst erfolgreich bediente, was aber eher ein Abfallprodukt war und ihn stilistisch nicht verbog). Die Faustregel „wenn dir ein Film von Verhoeven nicht gefällt, dann gefällt dir keiner wirklich“ mag zwar nicht immer stimmen, aber einen guten Anhaltspunkt bietet sie dennoch. Verhoevens Inszenierungsstil bestimmt praktisch alle seine Filme und daher wird es für Filmfreunde, die diesem Stil nichts abgewinnen können schwierig sein den Rest des Filmes und die durchaus vorhandenen handwerklich und künstlerisch wertigen Elemente geniessen zu können, selbst wenn sie als solche wahrgenommen werden.
Noch zwei Anmerkungen zum hohen Gewaltpegel und den angesprochenen Stop-Motion-Effekten: der Gewaltpegel dient hier als Stilmittel, um den Satirecharakter des Films zu unterstreichen. Verhoeven sah das Projekt ja nie als SciFi an, tatsächlich landete das Drehbuch nach dem erstmaligen Durchlesen in seinem Mülleimer. Er machte den Film letztlich nur, da er erkannte, dass die SciFi-Story einen sehr guten Ausgangspunkt für eine comichafte Satire bot – und entsprechend richtete er dann auch seinen ganzen Film aus. Robocop ist durchgängig überspitzt, übertrieben und lässt sich keine Gelegenheit entgehen satirische Spitzen auf den American Way of Life abzufeuern. Genau so over-the-Top muss dann halt auch die Gewalt sein, da wir keine „normale“ Welt und „normale“ Verhaltensweisen präsentiert bekommen (die ironischerweise in der realen Welt so arg anders aber doch nicht sind, zumindest im Kern des Ganzen). Die Gewalt darf nicht „normal“ sein, sondern muss ins Extrem gehen.
Darüberhinaus ist Robocop als weiterer Subtext eine modernisierte Variante der Christus-Geschichte. Murphy/Robocop muss sterben und wiederaufstehen, um die Welt von den Sünden zu erlösen. Dass dabei die Sündenerlösung in Form von extremer martialischer Gewalt erfolgt ist typisch für Verhoevens beissenden Humor, passt wiederum aber auch in das völlig überzeichnete Weltbild des Films und unterstreicht zudem seinen comichaften Charakter. So wie der Robocop eine extreme „Christus-Variante“ darstellt, so extrem sind auch die „Sünden“ der Menschen. Dass die Sünden (=extreme Gewalt) und ihre Erlösung (=extreme Gewalt) sich nichts nehmen, kann dabei durchaus als Verhoevens Kommentar zur Historie des Christentums verstanden werden.
Was die Stop-Motion-Effekte anbelangt, so muss man natürlich auch immer im Hinterkopf behalten, dass Robocop keine Topproduktion war, sondern ein besseres B-Movie mit einem sehr überschaubaren Budget. Die „Harryhausenesken“ Trickszenen waren bereits im Erscheinungsjahr des Filmes nicht mehr wirklich zeitgemäß und überzeugend (wie auch beim ersten Terminator, in welchem die finale Konfrontation ja mit der gleichen Tricktechnik gelöst wurde), aber in Ermangelung besserer Möglichkeiten und vor allem in Ermangelung von mehr Geld ist es eben wie es ist. Der Verweis auf CGI ist hier etwas unfair, da auch heute bei einem entsprechenden B-Budget der finanzielle Rahmen hier keine großen Sprünge zulassen würde und gerade bei CGI sich mit zunehmendem Budget die Spreu idR sehr deutlich vom Weizen trennt. Ein gutes Beispiel sind diesbezüglich die beiden thematisch ähnlichen Actionkracher Olympus has fallen und White House Down. Während beim vergleichsweise günstig produzierten Fuqua-Film die computergenerierten Effekte teilweise abenteuerlich schlecht aussehen sieht das Ganze bei Emmerichs BigBudget-Variante weit besser und überzeugender aus. Ohne entsprechende finanzielle Möglichkeiten ist CGI in vielen Fällen eher eine schlechte Wahl gegenüber analogen Effekten, auch wenn sich durch letztere naturgemäß weit weniger „Entfaltungsmöglichkeiten“ bieten.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"