AnatolGogol hat geschrieben:Ich für meinen Teil muss sagen, dass obwohl in den letzte Jahrzehnten die ganz üble Treterei aufgrund Regelverschärfungen nachgelassen hat ich dennoch immer mehr den Eindruck gewinne, dass die Spieler immer unsportlicher werden. Bestes Beispiel: die Schauspielerei. Find ich ganz schlimm, wie selbstverständlich heute Elfer geschunden werden oder es zumindest versucht wird. Es scheint hier bei den meisten Spielern überhaupt kein Unrechtsempfinden dazu sein, das ist clever und gehört zum Geschäft. Wenn dann mal wieder eine monumentale Schwalbe zum Elfer führt wie im Eröffnungsspiel regt sich die ganze Welt über den unfähigen Schiri auf, aber kaum jemand prangert den eigentlichen Schuldigen, nämlich Fred in diesem Falle, an.
Ganz schuldlos sind die Schiris aber eben auch nicht, da sie nur in allerseltensten Fällen für Schwalben im Strafraum gelb ziehen (was laut Regelwerk ja Pflicht wäre). Warum sperrt man die Schwalbenkönige nicht einfach im Nachhinein anhand von TV-Beweisen? Ein anderer ganz schlimmer Auswuchs an Unsportlichkeit der in direktem Zusammenhang mit der Schauspielerei steht ist übrigens für mich das Jubeln nach rausgeholten Elfern. Dabei ist es egal, ob der nun berechtigt oder nicht war, das ist sowas von respektlos und unsportlich sich für eine Unsportlichkeit des Gegners (wenn es denn eine war) feiern zu lassen, da fehlen mir echt die Worte. Was denkt ihr?
Nehmen wir mal an, ihr selber wärt Fred? Ok? Ok, dann los! 60.000 Menschen im Stadion, davon der Großteil natürlich für euch! Gibt Gas, was das Zeug hält! Erwartet nichts weniger als den Titel, koste es was es wolle. In einem Land, das einem Pulverfass ähnelt. Einem Land, das große Risse quer durch die Bevölkerung hat und dessen einziger Kit das Kicken ist. Das erste Spiel ist also quasi schon so was wie das Finale. Jetzt steht das Spiel 1 zu 1 und auf der Kippe weil der Gegner sehr stark spielt. Der Ball kommt zu euch in den 16er und ihr spürt hinter euch steht ein Abwehrspieler. Es gibt eine leichte Berührung. Ich lehne mich weit aus dem Fenster: jeder Stürmer hätte sich (in der Konstellation, bei der es um so viel ging) in dem Fall fallen gelassen. Im schlimmsten Fall gibt es Gelb, im besten Fall ein Tor.
Beim Schiedsrichter das selbe, da muss man sich erst mal selber hineinversetzen: der Spieler der Heimmannschaft fällt im Strafraum, das Stadion tobt! Ihr habt eine leichte Berührung gesehen, seid euch aber nicht komplett sicher. Müsst euch eventuell auf den Linienrichter verlassen. Der sagt "Elfer". Während ihr noch überlegt stürmen zig Spieler auf euch zu und fuchteln wild gestikulierend rum. Ihr müsst euch schnell entscheiden. Für den Gastgeber entscheiden > zwar einiges an Bestechungsgerede anhören müssen (völlig zu Recht), dafür aber halbwegs sicher aus dem Stadion kommen oder gegen den Gastgeber (wer die Mentalität der Südländer bzw. Latinos kennt, weiß was ich meine). Er entscheidet sich somit für die sichere Methode, das ist nur menschlich.
Solange es keine TV-Beweise geben wird (also noch lange nicht) wird es auch keine nachträgliche Bestrafung geben. Deal with it! Es ist mMn schon ein Wunder, dass die Torlinientechnik gekommen ist. Und solche Sachen wie Miro (Respekt hierfür!) in Italien kannst du auch nur bringen, wenn es in dem Spiel um (fast) nichts geht. Noch dazu musst du erstmal nachweisen können, das eine absichtliche (!) Schwalbe des Stürmers war. Er kann genauso gut ausgerutscht sein oder er stieg dem Gegenüber auf den Fuss und fiel dadurch hin (siehe Costa vs. NL).
ps: übertriebenes Jubeln nach rausgeholten Elfern gehört klar sanktioniert.
Maibaum hat geschrieben:Ja ,das ist eine Farce. Das Bestehen auf Sportlichkeit, aber gleichzeitig das Schummeln tolerieren. Ich wäre auch dafür jede offensichtliche Unsportlichkeit auch im Nachhinein mit einer roten Karte zu ahnden. Was haben die Hände der Spieler am Trikot des anderen zu suchen? Warum reklamiert jeder einen Einwurf auch dann für sich wenn er eindeutig selber zuletzt am Ball war? Und dann natürlich die bewußten Provokationen (auch verbal) um Spieler zu Tätlichkeiten zu reizen.
Die Schwalbe ist da sicherlich das Schlimmste, aber es gibt ja auch noch das "taktische Foul", was auch von den TV Moderatoren vom Spieler eingefordert wird, wenn er es mal nicht begangen hat. Und überhaupt einfach mal foulen um sich Respekt zu verschaffen. (Was Anatol wahrscheinlich begrüßt da es zum Durchbeißen gehört

)
Solche kleinen Tricks wie zupfen, Einwurf reklamieren etc gehören dazu. Das wird es immer geben, das macht auch eine clevere Mannschaft aus. Und solange es zumindestens hin und wieder funktioniert, rentiert es sich auch.
Anders das Provozieren: wer sich provozieren lässt, ist selber schuld! Klar Emotionen hin und her, aber das muss man sich vorher überlegen. Wenn es eine zB Kopf an Kopf Situation gibt wo ich involviert bin, muss ich fast damit rechnen, dass sich mein Gegenüber fallen lässt. Würde ich auch so machen. Genau so wie reklamieren beim Schiedsrichter, entschieden ist entschieden egal wie stark du ihm zusteigen magst > ergo: sehr dumme gelbe und mit ein bisschen Pech sogar Rot.
Hast du selber mal gespielt? Ich habe als Defensiver. Taktisches Foul ist zwingend notwendig, vor allem wenn sich um eine starke Kontermannschaft handelt. Genauso wie Respekt verschaffen. Wenn es mal nicht läuft, müssen die Leitwölfe sich extrem reinhängen und das eine oder andere mal ordentlich reinsteigen: das zeigt den eigenen Mitspielern bzw. dem Gegner "hey, wir stehen hier noch aktiv am Platz und lassen uns nicht wehrlos abschiessen"! Das fande ich früher so toll an der deutschen Mannschaft (zB Ballack alias "Das Tier").
Als Verteidiger lässt du dich vielleicht einmal, maximal zweimal von einem gegnerischen Stürmer überspielen. Aber spätestens beim dritten Mal muss der liegen (und zwar richtig!) oder du wirst 90 Minuten lang verarscht! Daher kommt auch mein Spruch "Dem Gegner den Schneid abtreten" Das musst du auch als unterlegenes Team oder du wirst an die Wand gespielt!
Maibaum hat geschrieben:Foulen muß nur wer spielerisch nicht klar kommt.
Not sure if serious? Ab und zu hast du keine andere Wahl, das ist Fakt! Egal wie stark du spielst!
Maibaum hat geschrieben:Früher fielen mehr Tore, und wenn ich die Aufstellungen bis 1960 richtig interpretiere dann waren 2 Abwehrspieler und 5 Stürmer Standard. 1962 kam dann die erste "Mauer" WM, da merkten viele das es eben auch reichen kann einfach nur hinten dicht zumachen. Seitdem ist der Toredurchschnitt auf unter 3 gefallen. Seitdem gibt es 4 Abwehrspieler.
Wären die Tore größer, so daß einer auch aus 40 Metern bei freier Schußbahn eine gute Chance hat ein Tor zu erzielen, dann wären alle gezwungen zu spielen und schon früh zu stören.
Auch hier bin ich mir nicht sicher, ob das ernst gemeint ist??? Ich sehe mir immer wieder mal Ausschnitte von früheren Spielen an und unterhalte mich zB mit meinem Vater (Bj 56), der hat in seinem Leben schon sehr viele Spiele gesehen und war ein sehr guter MF-Spieler (musste jedoch verletzungsbedingt aufhören). Sein und mein Fazit zu früher/heute:
Früher:
* kein erkennbares System (dieses klassische WM-System war in Wirklichkeit irgendwas diffuses, aber von einer richtigen Aufstellung weit entfernt)
Ich zitiere Wikipedia "Das WM-System (3-2-5) ist durch eine starre Vergabe der Positionen auf dem Spielfeld geprägt. So beteiligten sich die Verteidiger selten am Angriffsspiel und die Stürmer begaben sich selten in die Verteidigung."
* kaum mannschaftliches Agieren (bei Einzelaktionen blieben teilweise die anderen 9 Feldspieler fast völlig stehen)
* die Mannschaften waren total abhängig von Einzelspielern (sogar bis in die 80er, siehe Maradona WM86), wenn diese nicht gut drauf waren ging nichts
* Tore wie Maradona gegen England waren nur möglich, weil die Abwehrspieler bessere Hydranten waren
* extrem niedrige Laufbereitschaft
Heute:
* extrem ausgeklügelte Systeme, die mehrfach während des Spiels selber angepasst werden. Nuancen entscheiden dabei über Sieg oder Niederlage
* die ganze Mannschaft schiebt, presst, kämpft etc zusammen, klar gibt es noch einzelne Superstars aber ohne Team sind sie meistens nichts wert (siehe Ronaldo bei Real bzw. dann bei Portugal)
* das ganze Spiel ist viel dynamischer und agiler geworden, bestes Beispiel Abwehrspieler (nahezu die komplettesten Kicker heute, Zweikampfstark, Technisch gut, Schnell, gutes Stellungsspiel, Spieleröffnung, in Standards immer wieder für Tore gut) oder 6er (hinten alles abräumen, nach vorne Tore vorbereiten)
Allein die 4er Abwehrkette war eine Revolution, ohne die es heutezutage nicht solch tolles Flankenspielen geben würde (so viel dazu). Finde Offensivmannschaften auch deutlich besser (siehe BVB), dennoch muss man Mannschaften wie Italien Respekt zollen. Solch eine Disziplin und gutes Stellungsspiel hinten ist auf jeden Fall Weltklasse. Das ist bedeutend mehr als nur "hinten rein stellen" wie es immer wieder verpönnt wird.
Und das mit der Torgröße kann nur ein Scherz sein, noch größer? Schon mal als Torhüter gespielt? Lass das mal die Eishockeyspieler hören, die lachen sich kaputt. Dort sind die Torhüter gleich groß wie die Tore und trotzdem klingelts fast im Minutenrythmus.