Originalnachruf aus YOLT von Ian Fleming

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Da ich gerade wieder einmal in dem Buch herumgeblättert hatte, habe ich mir kurz die Zeit genommen und aufgrund des aktuellen Anlasses den Originalnachruf von M zum Tod/Verschwinden von 007 aufgeschrieben:

Der Originalnachruf von Ian Fleming, aus "Du lebst nur zweimal", Kaiser-Krimi, Kapitel 21:
The Times

Commander James Bond,
C.M.G., R.N.V.R.

(Nachruf aus der "Times")
M. schreibt:
Wie Ihre Leser bereits aus früheren Ausgaben wissen, wird ein hoher Beamter des Verteidigungsministeriums, Commander James Bond, vermißt; er ist vermutlich während einer offiziellen Mission in Japan ums Leben gekommen. Es fällt mir schwer, mitteilen zu müssen, daß jede Hoffnung auf sein Überleben jetzt aufgegeben werden muß. Als Leiter der Abteilung in der er gearbeitet hat, obliegt mir daher die Aufgabe, diesen Beamten und die hervorragenden Dienste zu würdigen, die er seinem Land erwiesen hat.
James Bond war der Sohn eines schottischen Vaters, Andrew Bond aus Glencoe, und einer Schweizer Mutter, Monique Delacroix, aus dem Kanton Waadt. Da sein Vater Auslandsvertreter der Vickers Waffenfabriken war, wurde er zunächst ausschließlich im Ausland erzogen, wodurch er fließend Französisch und Deutsch lernte. Als er elf Jahre alt war, verunglückten seine Eltern bei einer Bergtour in der Nähe von Chamonix tödlich, und der Junge kam unter die Obhut seiner Tante, Miss Charmian Bond, in dem kleinen Dorf Pett Bottom bei Centerbury in Kent. Seine Tante unterrichtete ihn weiter, und im Alter von zwölf Jahren bestand er die Aufnahmeprüfung für Eton, wo ihn sein Vater nach seiner Geburt eingeschrieben hatte. Sein Studium in Eton war kurz und nicht sehr erfolgreich. Bereits nach zwei Semestern wurde seine Tante, da er angeblich eines der Dienstmädchen belästigt hatte, gebeten, ihn aus Eton zu entfernen. Es gelang ihr, ihn nach Fettes - der alten Schule seines Vaters - überschreiben zu lassen. Die Atmosphäre dort war calvinistisch, und die schulischen wie sportlichen Anforderungen waren sehr streng. Obwohl er zum Einzelgängertum neigte, schloß er in den berühmten Sportklubs der Schule einige dauerhafte Freundschaften. Als er Fettes mit siebzehn Jahren verließ, hatter zweimal dafür als Leichtgewicht geboxt und dazu die erste ernstzunehmende Judoklasse an einer englischen Internatsschule gegründet. Man schrieb das Jahr 1941. Bond gab sich als neunzehn aus und trat mit Hilfe eines alten Kollegen seines Vaters in eine Abteilung des Verteidigungsministeriums ein. Der vertraulichen Natur seiner Aufgaben angemessen, wurde ihm der Rang eines Leutnants in der Sonderabteilung der Royal Naval Volunteer Reserve verliehen; es ist ein Beweis für die Zurfriedenheit seiner Vorgesetzten mit seinen Leistungen, daß er bei Kriegsschluß den Rang eines Commanders hatte. Damals kam der Verfasser dieser Zeilen mit gewissen Funktionen innerhalb des Aufgabenbereichs des Ministeriums in Berührung, und mit großer Freude nahm ich nach dem Krieg Commander Bonds Gesuch an, weiter für das Ministerium tätig zu sein, in dem er zu Zeit seines bedauerlichen Verschwindens zum führenden Beamten im Staatsdienst aufgestiegen war.
Die Arbeit Commander Bonds innerhalb des Ministeriums, die 1954 durch die Ernennung zum Ritter des St.-Michaels- und St.-George-Ordens gewürdigt wurde, muß vertraulich, ja geheim bleiben, aber seine Kollegen im Ministerium werden bestätigen, daß er sie mit außergewöhnlichem Mut durchführte, wenn auch manchmal in tollkühner Weise, was ihn in Konflikt mit übergeordneten Stellen brachte. Die unvermeindlichen Berichte, vor allem in der ausländischen Presse, über einige seiner Abenteuer ließen ihn - sehr gegen seinen Willen - zu einer bekannten Persönlichkeit werden, was zur Folge hatte, daß ein ehemaliger Kollege und persönlicher Freund von James eine Reihe weit verbreiteter Bücher über ihn schrieb. Wenn die Qualität dieser Bücher besser oder ihr Wahrheitsgehalt nur etwas größer gewesen wäre, hätte man den Autor ohne Zweifel unter Berufungauf die Geheimhaltungsbestimmungen gerichtlich belangt. Es liegt nur an der Verachtung, mit der man diesen Romanen im Ministerium gegenübersteht, daß noch keine - und ich betone diese Einschränkung - Maßnahmen gegen den Autor und den Verleger dieser schwülstigen und romantischen Verzerrungen von Ereignissen in der Laufbahn eines außergewöhnlichen Beamten ergriffen wurden.
Es bleibt mir nur noch, diesen kurzen Nachruf mit der Versicherung zu schließen, daß Commander Bonds letzte Mission von höchster Bedeutung für die Nation war. Obwohl es scheint, daß er nicht mehr zurückkommen wird, habe ich die Erlaubnis der höchsten Stellen im Staat, zu bestätigen, daß seine Mission ein voller Erfolg gewesen ist. Ohne Übertreibung kann man sagen, daß durch die heldenhaften Bemühungen dieses einen Mannes die Sicherheit des Königreiches wesentlich erhöht
wurde. James Bond war kurz mit Teresa, der einzigen Tochter von Marc-Ange Draco aus Marseilles, verheiratet. Diese Ehe endete unter tragischen Umständen, die damals ausführlich in der Presse dargestellt wurden. Der Ehe entstammten keine Nachkommen und James Bond hinterlässt, soweit ich unterrichtet bin, keine lebenden Verwandten.
M.G. schreibt:
Ich war glücklich und stolz, mit Commander Bond während der letzten drei Jahre eng im Verteidigungsministerim zusammenarbeiten zu dürfen. Wenn unsere Befürchtungen um ihn wirklich gerechtfertigt sind, darf ich dann diese einfachen Worte für seine Grabinschrift vorschlagen? Viele der jungen Mitarbeiter hier fühlen, daß sie seine Philosophie verkörpern: "Ich werde meine Tage nicht damit vergeuden, sie zu verlängern. Ich werde meine Zeit nutzen."
Bond... JamesBond.de