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von Whisper
Agent
Für mich war der Film ein zwiespältiges Vergnügen:
Auf der einen Seite fühlte mich zwei Stunden lang durchaus gut unterhalten und empfand zu keiner Zeit Langeweile. Das sollte man von Popcornkino mindestens erwarten können und diese Erwartung wurde bei mir auch erfüllt.
Wenn man aber nach 19 Jahren Pause eine der wegweisenden Filmreihen des Unterhaltungskinos reaktiviert, steigen die Erwartungen natürlich ins Unermessliche und genau da liegt der Knackpunkt: Einerseits sind da die Fans der ersten Stunde, die natürlich einen zweiten "Kreuzzug" erwarten, auf der anderen Seite ist das nachgewachsene Publikum, das die alten Filme vielleicht aus dem Fernsehen kennt, ansonsten aber ganz andere Sehgewohnheiten hat (z.B Transformers u.ä.).
Ein solches Unterfangen hat m.E. bei Stirb langsam 4.0 recht gut funktioniert, obwohl ich diesen schon etwas schwächer fand als die Vorgänger.
Aber zurück zu Indy:
Sehr löblich fand ich die Aussage der Beteiligten, man wolle den Film richtig old-school drehen, also auf 35mm, der Cutter ist (glaube ich) auch bei den Vorgängerfilmen dabeigewesen und der Kameramann wurde dazu verdonnert, sich an den alten Teilen zu orientieren. Dazu wurde auch John Williams wieder als Komponist verpflichtet.
Das alles lies hoffen.
Umso enttäuschter bin ich, wie inkonsequent dieser häufig rausposaunte "Back-to-the-roots"-Gedanke durchgeführt wurde.
Natürlich wurde der Film auf alt getrimmt und versprüht den Flair der Fünfziger,
aber auf die CGI-Effekte hätte ich gerne verzichtet, da sie dem Film das nehmen, was die alten so ausmachte: Charme.
Wenn z.B. in Teil drei das Flugzeug in den Tunnel fliegt und schließlich Vater und Sohn Jones überholt ist das zwar völliger Unsinn, aber es hat Charme und stört nicht.
Man darf bei einem solchen Film eh keinen Realismus erwarten. Es sind halt B-Filme, die mit A-Mitteln gemacht wurden. Diese zum Teil comichaft überzogenen Szenen wurden immer mit einem großen Augenzwinkern präsentiert, weil sich die Filme überhaupt nicht ernst nehmen. Das sollte der Zuschauer auch nicht.
Aber wieder zurück zu Teil 4:
Wenn man einen Film auf althergebrachte Weise drehen möchte, ist in meinen Augen nichts daran auszusetzen, den technischen Fortschritt zu nutzen und CGI-Effekte einzubauen. Ich bin aber ein Freund von handgemachter Action mit Stuntmen und geschrotteten Kulissen. Wenn eine real gedrehte Actionsequenz durch Computereffekte etwas aufgemotzt wird, kann es die Szene durchaus verbessern, wenn aber eine solche Sequenz deutlich sichtbar mittels Green-Screen gedreht wird, dann hört bei mir der Spaß auf. Was hätte denn dagegen gesprochen, die Szene (vielleicht etwas weniger spektakulär) mit Stuntmen zu drehen und für Nahaufnahmen die Schaupieler vor eine Rückprojektionsleinwand zu stellen. Das gäbe dem Film einen größeren Retro-Touch und hätte vermutlich dennoch glaubhafter gewirkt.
Dem Drehbuch merkt man nicht an, dass darauf jahrelang gewartet wurde. Damit meine ich jetzt nicht raffinierte Filmkunst sondern es wirkte alles sehr unrund. Die Haupthandlung mit dem Kristallschädel ist eher öde, was z.B. bei den Sankara-Steinen auch nicht spektakulär war, aber die gläserene Omme lässt mich völlig kalt.
Einige Figuren sind völlig überflüssig, andere (Marion) kommen leider zu kurz.
Harrison Ford macht einen guten Job und wirkt auch in den Actionszenen glaubhaft.
Shia LaBeouf spielt auch ordentlich, allerdings nehme ich ihm den Brando nicht ab. Aus Cate Blanchets Rolle hätte vermutlich viel mehr werden können, aber die Figur wirkt platt (wurde hier auch schon erwähnt).
Negativ aufgefallen ist auch, dass Indy selbst recht wenig macht, die Initiative geht selten von ihm aus. Leider.
Der Showdown kann zudem kaum als solcher bezeichnet werden.
Fazit:
Als Unterhaltungsfilm durchaus annehmbar und unterhaltsam, weil dennoch besser als alle Plagiate, als Fortsetzung der Indy-Reihe eine Enttäuschung.