Romanbesprechung: With a Mind to Kill (Horowitz)

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Wieder ein mal habe ich vollkommen verschlafen, dass es einen neuen Bondroman gibt?
hat den schon jemand gelesen?

"It is M's funeral. One man is missing from the graveside: the traitor who pulled the trigger and who is now in custody, accused of M's murder - James Bond.

Behind the Iron Curtain, a group of former Smersh agents want to use the British spy in an operation that will change the balance of world power. Bond is smuggled into the lion's den - but whose orders is he following, and will he obey them when the moment of truth arrives?

In a mission where treachery is all around and one false move means death, Bond must grapple with the darkest questions about himself. But not even he knows what has happened to the man he used to be."
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Romanbesprechung: With a Mind to Kill (Horowitz)

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HCN007 hat geschrieben: 30. Mai 2022 13:58 Ich habe es bestellt und bereits trotz einem anvisierten Lieferdatum 7.6.2022 bereits Freitag geliefert bekommen. Da ich übers Wochenende eine Zugreise ins Nirgendwo vor mir habe, nehme ich mir im Zug die Zeit zum Lesen.
sehe das jetzt erst.
ich habe das Buch auf Englisch bestellt und kriege nicht mal einen genauen Liefertermin. sehr ärgerlich im Hinblick auf meinen bevorstehenden Urlaub
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Re: Romanbesprechung: With a Mind to Kill (Horowitz)

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Bin zur Hälfte durch und bislang total begeistert. Könnte man direkt so als 60er Bond verfilmen und wäre in einer Klasse mit FRWL.
Mehr kalter Krieg war nie!

Zudem gelingen Horowitz wirklich viele Aussagen zu Russland die auch heute so noch relevant wären.

Bitte lasst Horowitz eine Story fürs Kino entwickeln
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Re: Romanbesprechung: With a Mind to Kill (Horowitz)

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Ich muss mich gerade echt zusammenreißen damit ich noch was für die restlichen Tage vom Buch habe.

Für mich locker der beste Bond Roman den ich kenne. Kaum Action aber eine wahnsinnig spannende Grundidee. Im Grunde das, was schon in LTK für enorme Spannung gesorgt hat: Bond ist allein undercover im Feindesland und kann jederzeit enttarnt werden
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Re: Romanbesprechung: With a Mind to Kill (Horowitz)

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So dann.

hier mein Fazit wobei ich einiges ja schon "unterwegs" geschrieben hatte.

Vorweg, ich habe alle Fleming Romane gelesen, dann erst wieder die Romane seit 2008, und letztes Jahr versucht Colonel Sun nachzuholen.
Mein Ritual besteht darin, dass ich mir die Romane immer in meinen Griechenland Urlauben vornehme (meistens Mykonos, manchmal Kreta) und dabei dann immer schön einen trockenen Martini dazu schlürfe.
Von den neuen Romanen haben mir die von Horowitz sehr gut gefallen. Mit seiner nunmehr Trilogie beleuchtet er Bond am Anfang seiner Karriere, mittendrin auf dem Höhepunkt, und nun auch am vermeidlichen Ende seiner Karriere. Seine Stories sind zumeist sehr gradlinig, simpel, fokussiert. Nicht zuletzt durch das authentische Setting in den 50er/60er fühlt sich das völlig an wie bei Fleming selbst.
Mit seinem dritten und leider wohl letzten Bondroman hat er für mich voll ins Schwarze getroffen. Um das Fazit vorwegzunehmen: ‚With A Mind To Kill‘ ist wohl für mich der beste Roman der Serie! Ich kann mich nicht erinnern, je bei einem Flemingroman so viel Spannung empfunden zu haben. Dabei ist dieser Roman auch ganz anders als die früheren Fleming Versuche. Wir erleben hier den vollen Kalten Krieg, es gibt keine Witzchen, es gibt keine Sprüche, alles ist düster, es gibt keine exotischen Inseln, weder einen Martini noch ein „Mein Name ist Bond…“.
Stattdessen bettet Horowitz seinen Roman wunderbar ein in die schon bei Fleming recht düsteren Ereignisse der Endphase von YOLT und TMWTGG. Zur Story soll nichts verraten werden außer dem was eh im Klappentext steht. Dies ist zwar die Ausgangslage der Story, dennoch ist dann alles eh ganz anders.
Horowitz gelingt ein Roman der zwar eine extrem fokussierte Handlung hat, doch peppt er diese sehr gelungen auf durch einige Kniffe (nach dem Motto „was vorher geschah“) und jede Menge kleiner Überraschungen. Niemand ist wer er zu sein scheint, wem kann man trauen, wer spielt ein doppeltes Spiel, wer weiß was, wann fliegt Bonds Tarnung auf, wie kommt Bond aus einer Situation heraus, ohne dass seine Tarnung auffliegt. Auch wenn das Tempo des Romans gar nicht so hoch ist, auch wenn es praktisch keine Action gibt, so war es für mich ein echter Page-Turner. Dabei gelingen Horowitz auch die psychologischen Aspekte – insbesondere die Charakterisierung der wenigen Hauptfiguren -bemerkenswert gut. Das alles, ohne dass er Bond kaum wirklich sprechen lässt. Der geneigte Leser möge darauf achten, wie wenig Bond im ganzen Roman eigentlich sagt.
Stattdessen tauchen wir immer wieder in seine Gedankenwelt ein. Bonds Sicht auf Frauen, Politik, die Russen und die Welt (und auch zur Oper 😊 ) lassen einen oft schmunzeln, manchmal aber auch erstaunen, denn Horowitz Aussagen zu Russland erscheinen gerade im Moment sehr passend (auch wenn der Roman ja sicherlich lange vor dem Krieg in der Ukraine geschrieben wurde).
Der Roman startet seinen Showdown erst irre spät Dann aber kommt es auf den letzten zwanzig Seiten noch mal faustdick (auf keinen Fall vorher Horowitz Danksagungen lesen!!!). Die Idee für den Showdown ist so gut, dass ich hier finde, dass Horowitz etwas mehr daraus hätte machen können. Aber auch in dem sehr abrupten (und offenen) Ende bleibt er sich treu.

Ich würde mir wünschen, wenn Horowitz auch Ideen für einen BondFILM entwickeln würde. Zumindest aber zeigt der finale Akt seines Dreiteilers wie gut ein 60er Bond auch heute noch funktionieren könnte.
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Re: Romanbesprechung: With a Mind to Kill (Horowitz)

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Revoked hat geschrieben: 29. August 2022 19:06 Noch vor 2 Wochen kündigte ich vollmundig gegenüber Hille an: „Horowitz‘ Bester“. Da war ich zu 2/3 durch.
Gestern hab ich ihn abgeschlossen.
Where did it all go wrong?
Tja, da hast du den Mund etwas zu früh etwas zu voll genommen …

Ich verstehe nicht, warum Horowitz diese Bücher schreibt – vom schnöden Grünen mal abgesehen. Er ist ein ganz wunderbarer Autor, der einen sehr individuellen, schnörkellosen und reizvollen Stil hat, dessen Bond-Arbeiten aber überhaupt nicht als Horowitz-Romane erkennbar sind. Alle seine drei Romane kopieren 1:1 den Stil von Ian Fleming, nicht nur in Wortwahl und Satzgestaltung, auch in der Konstruktion des Narrativs. Macht Horowitz das aus freien Stücken? Wird er gezwungen durch die Erben von Fleming? Begreift er diese Romane als bloße Stilübung, als kleine Selbst-Herausforderung? Es gelingt ihm phänomenal, genau wie Fleming zu schreiben. Respekt dafür! Aber was mich endlich mal interessieren würde, wäre: Wie schreibt Horowitz einen Bond-Roman?

So oder so, nur auf "With a Mind to Kill" bezogen: Das ist schon ein sehr ärgerliches Buch. Ärgerlich, weil es so bemüht ist, ein altes Weltbild wieder hervorzuholen, und es dabei aber so offensichtlich heutige moderne Gedanken durchkommen lässt. Ärgerlich, weil der große Plot schlicht aus verschiedenen Kalter-Krieg-Filmklassikern ("The Manchurian Candidate", "The Ipcress File") zusammengeklaut wurde ohne eine eigene Idee. Ärgerlich, weil es atmosphärisch durchaus eine gewisse Spannung aufbauen kann, dann aber sich in einer wirren Ansammlung unglaubwürdiger Ereignisse und Zufälle verliert. Und ärgerlich, weil vor allem das erste Drittel der Geschichte die Fleming'sche Bondfigur auf ungewohntes charakterliches Terrain schickt und dabei durchaus die ein oder andere interessante Neuerung findet – nur um dann nie wieder etwas daraus zu machen, was diesen Aufbau wert gewesen wäre.

So bin ich jetzt am Ende mit keinem Horowitz-Bondbuch wirklich zufrieden. "Trigger Mortis" ist ein ziemlich gewöhnliches Bond-Abenteuer von der Stange. Beeindruckend ist die extrem gelungene Pastiche des Fleming-Stils (und wie es Horowitz gelingt, einen ganzen Roman um Flemings unveröffentlichte Kurzgeschichte herum zu basteln), darüber hinaus ist das Buch als Ganzes aber überhaupt nichts Besonderes.
"Forever and a Day" ist als "Ursprungsgeschichte" für den Bond-Charakter im Kern gelungener und auch stimmiger als der CR-Film von 2006, aber abgesehen von Bonds Entwicklung selbst in dem Roman ist die Handlung ganz schön langweilig und zieht sich eine Ewigkeit. Zumal fehlt es an memorablen Nebenfiguren, die selbst in den mieseren Fleming-Büchern das Salz in der Suppe waren. "With a Mind to Kill" ist noch näher an Fleming als jedes andere Nicht-Fleming-Buch es je war, verkaspert sich aber in einem Plot, der wenig Sinn ergibt und prügelt seine Kalter-Kriegs-Thematik dermaßen überzogen auf den Leser ein, dass die betonte Gestrigkeit ihre Zeitgenössische Natur nicht mehr verleugnen kann. Wirklich spannend wird es zudem auch hier nie.

Tl;dr: "Carte Blanche" bleibt der beste moderne Bond-Roman.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.