Die Filme des Akira Kurosawa
Verfasst: 7. März 2016 22:30
In unserer Filmdiskussions-Ecke darf unter all den Threads zur individuellen Besprechung von Regisseuren einer der wichtigsten und wegweisendsten Filmemacher aller Zeiten natürlich nicht fehlen: Akira Kurosawa.
Zuerst ein paar einleitende Worte meinerseits über ihn: Der Japaner Akira Kurosawa drehte über einen Zeitraum von fünf Jahrzehnten, beginnend in den frühen 1940er-Jahren, dreissig Spielfilme. Sein Schaffen machte das japanische Kino im Rest der Welt populär, was durch seine Präsenz bei westlichen Preisverleihungen wie zum Beispiel den Academy Awards und dem Filmfestival Cannes betont wird. Des Weiteren inspirierte Kurosawa eine ganze Generation westlicher Filmemacher in ihrer Arbeit, in den Dekaden nach seinem weltweiten Durchbruch liess sich seine filmische DNA in zahlreichen Western, Science-Fiction-Filmen sowie Werken der New-Hollywood-Welle wiederfinden. Kurosawa selber erlangte seinen Ruhm vor allem durch seine wegweisenden Samurai-Filme. Was sein Werk so herausragend macht sind in erster Linie seine besonderen Stärken im visuellen und erzählerischen Bereich. Kurosawa verstand sich perfekt darauf, seine Schauplätze – nicht selten spektakuläre Landschaftsaufnahmen – kunstvolle Schwarz-Weiss-Kontraste und last but not least die Bewegungen von Akteuren, Kamera und Schnitt in einen ausgeklügelten Einklang miteinander zu bringen und somit gleichermassen eindrucksvoll ästhetische wie auch narrativ effektvolle Bildsequenzen zu schaffen, mit denen er das globale Action- und Abenteuerkino massgeblich mitprägte, insbesondere das Jidai-geki-Genre, eine japanische Variante des Historienfilm. Parallel dazu drehte Kurosawa eine Reihe von Kriminaldramen, die an den amerikanischen Film Noir angelehnt sind.
Um euch Kurosawas filmisches Vermächtnis noch besser vorzustellen und hoffentlich für den ein oder anderen Diskussionsansatz zu sorgen habe ich mich dazu entschlossen, einen Marathon quer durch seine Filmographie durchzuführen, der selbstverständlich den glorreichen Namen „Kurosawathon“ tragen wird. Gleichzeitig bietet sich dadurch für mich die Möglichkeit, einige markante Lücken zu schliessen. Um das komplette Werk von A bis Z durchzukauen reicht es dann aber doch nicht, daher werde ich mich auf die siebzehn wichtigsten und/oder für mich persönlich interessantesten Filme beschränken, die ich in drei Etappen sichte und dann jeweils hier kurz rezensiere. Weniger bedeutende Früh- und Zwischenwerke fallen daher zunächst weg, sollten einige der von mir übersprungenen Filme aber von anderen Usern ausdrücklich empfohlen werden bin ich offen dafür, die entsprechenden Werke in einer vierten Etappe nachzuholen.
Los geht es also mit dem ersten Block meines Kurosawathons!
Drunken Angel (1948)
Drunken Angel vereint zahlreiche Stärken, die Kurosawa in den folgenden Jahren noch weiterentwickeln und perfektionieren konnte, zum Beispiel den wunderbaren Soundtrack, stimmungsvolle Bildsprache, kluge Inszenierung, spannendes Storytelling, präzis gezeichnete Charaktere und die beiden famosen Schauspieler Toshirō Mifune und Takashi Shimura. Der Film erzählt vor dem Hintergrund eines Gangsterfilms von der schwierigen Beziehung zwischen einem an Tuberkulose erkrankten Yakuza-Heisssporn und seinem saufenden Arzt. Dabei inszeniert Kurosawa die Story stets mit Humor, visueller Komik aber auch mit sensiblem und gefühlsvollem Umgang mit seinen Figuren und der Thematik und schafft so ein eindringliches und farbiges Charakter- sowie Gesellschaftsportrait. Veredelt wird der Film weiter durch den sehr atmosphärischen Bilderreigen, der das Japan der Nachkriegszeit gekonnt zum Leben erweckt.
Wertung: 8 / 10
Stray Dog (1949)
Kurosawas zweiter Kriminalfilm setzt in vielerlei Hinsicht die Linie des Vorgängers Drunken Angel fort. Dieses Mal spielen Shimura und Mifune zwei Polizisten auf der Suche nach einer gestohlenen Dienstwaffe, mit der mehrere Verbrechen begangen werden. Stray Dog ist anfangs noch wesentlich leichtfüssiger als sein Vorläufer, doch was als tempo- und wendungsreiches Buddymovie mit viel Witz und Spannung anfängt wandelt sich nach und nach zu einem richtig packenden Polizeithriller mit tiefsinnigen Untertönen, der einmal mehr von Kurosawas einfallsreichen Inszenierungskünsten zehrt. Der Film ist nicht nur eine wunderbar fotografierte, konsequent durchgezogene Gewaltspirale, sondern auch ein optimales Beispiel für die stilistische Vielfalt und Bandbreite seines Regisseurs. Für mich persönlich noch ein Hauch besser als der ebenfalls sehr gute Vorgänger.
Wertung: 8,5 / 10
Rashōmon (1950)
Rashōmon festigte endgültig Kurosawas Ruf als Regiewunder Asiens, und das völlig zu Recht, da es ihm in dem Film wahrhaftig meisterhaft gelang, Kameraarbeit, Spannung, Handlung und Charaktere miteinander in Einklang zu bringen. Die Geschichte dreht sich um einen dubiosen Mordfall auf einer Waldlichtung, der von Zeugen sowohl der Tat als auch des Gerichtsverfahrens auf verschiedenen Zeit- und Handlungsebenen nacherzählt wird. Die Aussagen der verschiedenen Akteure widersprechen sich dabei fundamental, wodurch man als Zuschauer den Mord immer wieder mit völlig anderem Ablauf und in einem ganz neuen Licht zu sehen bekommt, und sich neben dem Tathergang auch Mörder, Motiv und Charakterzüge der Anwesenden verändern. Kurosawa spielt so nicht nur auf grandiose Weise mit Glaubwürdigkeit, Erinnerung und Wahrheit, sondern verleiht dem Ganzen trotz des nahezu kammerspielartigen Settings durch geschickte Kamerawinkel und Schnitte ein zeitloses, kraftvolles Bildgewand. Der abenteuerliche Soundtrack und das phänomenale Ensemble – besonders das Kurosawa-Stammpersonal Toshirō Mifune und Takashi Shimura leistet mimisch Sagenhaftes – sind das Sahnehäubchen auf einem durch und durch hervorragenden Film.
Wertung: 9,5 / 10
Ikiru (1952)
Der nächste Kurosawa dürfte wohl thematisch einer der bemerkenswertesten und eigenständigsten Filme im Oeuvre des japanischen Meisters sein, da er Kurosawas gewohnt ausserordentliches Gespür für Bilder und Figuren in einem ganz neuen Handlungskontext zur Geltung gilt. Ikiru erzählt die Geschichte des Wittwers und Büroangestellten Watanabe, der ein monotones und langweiliges Leben führt. Als er mit Magenkrebs diagnostiziert wird und erfährt, dass er noch weniger als ein Jahr zu leben hat, verändert sich seine gesamte Weltanschauung. Der bei seinen Kollegen und Verwandten als einsame „Mumie“ verschriene Watanabe entdeckt seine Lebensfreude, sucht die Gesellschaft aussergewöhnlicher Menschen und macht sich die Durchsetzung eines gemeinnützigen Bauprojektes zur Herzensangelegenheit. Der Film ist die feinsinnige Studie eines einzigartigen Lebensabschnittes, die tieftraurige Tragik und anrührend-herzliche Schönheit ohne Berührungsängste vereint. Schlichte, aber brillante Bildkompositionen, ein wehmütiges und denkwürdiges Titellied sowie eine herzzerreissende Performance von Takashi Shimura runden Ikiru als Film mit viel Herz und Charme weiter ab.
Wertung: 9 / 10
Shichinin no Samurai (1954)
Shichinin no Samurai ist Kurosawas vollkommenster und faszinierendster Film. Der dreistündige Jidai-geki erzählt von einem Bauerndorf, das Jahr für Jahr von Banditen heimgesucht und ihrer Ernte beraubt wird. Voller Verzweiflung sendet der Dorfälteste Boten aus, die sieben Ronin zusammentrommeln unter deren Anleitung sich die Farmer auf den nächsten Angriff der Räuber vorbereiten. Was nach wenig klingt wird durch Kurosawas herausragendes Storytelling ganz viel. Inszenierung und Dramaturgie sind schlicht spektakulär, jede Einstellung ein Gemälde für die Ewigkeit, jeder Schnitt brillant gesetzt und der Score absolut unvergesslich. Dazu kommt eine bunte Vielfalt an lebendigen Charakteren, alleine die sieben titelgebenden Samurai, darunter Shimura als besonnener Anführer, Kimura als sein eifriger Schüler, Miyaguchi als altersweiser Krieger und Mifune als durchgeknallter Rabauke, sind ein unglaublich kontur- und kontrastreicher Haufen den man von der ersten Minute an ins Herz schliesst. Die Interaktionen dieser Figuren sind ein einziges Vergnügen, aber trotz vielen gelungenen humorvollen Auflockerungen bleibt der Film im Kern ein dramatisches, teils elegisches Schlachtenepos, das im Finale seinen atemberaubenden Höhepunkt erreicht. Was Kurosawa in der letzten Stunde auf Zelluloid bannt ist nicht mehr von dieser Welt: Ein mehrere Tage dauernder Kleinkrieg mit mehreren Dutzend Kämpfern, voller Dynamik durch Kameraarbeit und Choreographie, voller Hochspannung durch kluge Variationen und Unterbrechungen. Unterm Strich ist Kurosawas bekanntester Film eines der grössten filmischen Meisterwerke aller Zeiten und zu Recht ein ganz grosser Klassiker.
Wertung: 10 / 10
Throne of Blood (1957)
Kurosawa goes Shakespeare! Der Meister adaptiert die grausame Macbeth-Tragödie des berühmten Dichters und verlagert sie ins mittelalterliche Japan, wobei sich, genau wie in der Vorlage, rund um das Königsschloss und den benachbarten Geisterwald eine sich stetig zuspitzende Geschichte um Gier, Mord, Verrat, Krieg und Wahnsinn entwickelt. Wie man es sich vom Regisseur gewohnt ist, ist die tragische Schauermär visuell absolut fesselnd in Szene gesetzt. Das sehr bedächtige, fokussierte Tempo des Films unterstützt dabei kongenial den Aufbau von Spannung und Atmosphäre, der sich aus der hervorragenden Kameraarbeit und dem verstörend-pulsierenden Soundtrack heraus ergibt, besonders die Szenen mit dem Waldgeist sind von Kurosawa äusserst wirkungsvoll inszeniert. Dazu kommen noch die von der Kamera wunderbar eingefangene, spektakuläre Schlosskulisse und die umliegenden, nebelverhangenen Hügel, sowie eine bärenstarke Darbietung von Toshirō Mifune, der als verstörter, dem Irrsinn verfallender Feldherr nahezu genau so toll spielt wie bei den Sieben Samurai.
Wertung: 9 / 10
Zuerst ein paar einleitende Worte meinerseits über ihn: Der Japaner Akira Kurosawa drehte über einen Zeitraum von fünf Jahrzehnten, beginnend in den frühen 1940er-Jahren, dreissig Spielfilme. Sein Schaffen machte das japanische Kino im Rest der Welt populär, was durch seine Präsenz bei westlichen Preisverleihungen wie zum Beispiel den Academy Awards und dem Filmfestival Cannes betont wird. Des Weiteren inspirierte Kurosawa eine ganze Generation westlicher Filmemacher in ihrer Arbeit, in den Dekaden nach seinem weltweiten Durchbruch liess sich seine filmische DNA in zahlreichen Western, Science-Fiction-Filmen sowie Werken der New-Hollywood-Welle wiederfinden. Kurosawa selber erlangte seinen Ruhm vor allem durch seine wegweisenden Samurai-Filme. Was sein Werk so herausragend macht sind in erster Linie seine besonderen Stärken im visuellen und erzählerischen Bereich. Kurosawa verstand sich perfekt darauf, seine Schauplätze – nicht selten spektakuläre Landschaftsaufnahmen – kunstvolle Schwarz-Weiss-Kontraste und last but not least die Bewegungen von Akteuren, Kamera und Schnitt in einen ausgeklügelten Einklang miteinander zu bringen und somit gleichermassen eindrucksvoll ästhetische wie auch narrativ effektvolle Bildsequenzen zu schaffen, mit denen er das globale Action- und Abenteuerkino massgeblich mitprägte, insbesondere das Jidai-geki-Genre, eine japanische Variante des Historienfilm. Parallel dazu drehte Kurosawa eine Reihe von Kriminaldramen, die an den amerikanischen Film Noir angelehnt sind.
Um euch Kurosawas filmisches Vermächtnis noch besser vorzustellen und hoffentlich für den ein oder anderen Diskussionsansatz zu sorgen habe ich mich dazu entschlossen, einen Marathon quer durch seine Filmographie durchzuführen, der selbstverständlich den glorreichen Namen „Kurosawathon“ tragen wird. Gleichzeitig bietet sich dadurch für mich die Möglichkeit, einige markante Lücken zu schliessen. Um das komplette Werk von A bis Z durchzukauen reicht es dann aber doch nicht, daher werde ich mich auf die siebzehn wichtigsten und/oder für mich persönlich interessantesten Filme beschränken, die ich in drei Etappen sichte und dann jeweils hier kurz rezensiere. Weniger bedeutende Früh- und Zwischenwerke fallen daher zunächst weg, sollten einige der von mir übersprungenen Filme aber von anderen Usern ausdrücklich empfohlen werden bin ich offen dafür, die entsprechenden Werke in einer vierten Etappe nachzuholen.
Los geht es also mit dem ersten Block meines Kurosawathons!
Drunken Angel (1948)
Drunken Angel vereint zahlreiche Stärken, die Kurosawa in den folgenden Jahren noch weiterentwickeln und perfektionieren konnte, zum Beispiel den wunderbaren Soundtrack, stimmungsvolle Bildsprache, kluge Inszenierung, spannendes Storytelling, präzis gezeichnete Charaktere und die beiden famosen Schauspieler Toshirō Mifune und Takashi Shimura. Der Film erzählt vor dem Hintergrund eines Gangsterfilms von der schwierigen Beziehung zwischen einem an Tuberkulose erkrankten Yakuza-Heisssporn und seinem saufenden Arzt. Dabei inszeniert Kurosawa die Story stets mit Humor, visueller Komik aber auch mit sensiblem und gefühlsvollem Umgang mit seinen Figuren und der Thematik und schafft so ein eindringliches und farbiges Charakter- sowie Gesellschaftsportrait. Veredelt wird der Film weiter durch den sehr atmosphärischen Bilderreigen, der das Japan der Nachkriegszeit gekonnt zum Leben erweckt.
Wertung: 8 / 10
Stray Dog (1949)
Kurosawas zweiter Kriminalfilm setzt in vielerlei Hinsicht die Linie des Vorgängers Drunken Angel fort. Dieses Mal spielen Shimura und Mifune zwei Polizisten auf der Suche nach einer gestohlenen Dienstwaffe, mit der mehrere Verbrechen begangen werden. Stray Dog ist anfangs noch wesentlich leichtfüssiger als sein Vorläufer, doch was als tempo- und wendungsreiches Buddymovie mit viel Witz und Spannung anfängt wandelt sich nach und nach zu einem richtig packenden Polizeithriller mit tiefsinnigen Untertönen, der einmal mehr von Kurosawas einfallsreichen Inszenierungskünsten zehrt. Der Film ist nicht nur eine wunderbar fotografierte, konsequent durchgezogene Gewaltspirale, sondern auch ein optimales Beispiel für die stilistische Vielfalt und Bandbreite seines Regisseurs. Für mich persönlich noch ein Hauch besser als der ebenfalls sehr gute Vorgänger.
Wertung: 8,5 / 10
Rashōmon (1950)
Rashōmon festigte endgültig Kurosawas Ruf als Regiewunder Asiens, und das völlig zu Recht, da es ihm in dem Film wahrhaftig meisterhaft gelang, Kameraarbeit, Spannung, Handlung und Charaktere miteinander in Einklang zu bringen. Die Geschichte dreht sich um einen dubiosen Mordfall auf einer Waldlichtung, der von Zeugen sowohl der Tat als auch des Gerichtsverfahrens auf verschiedenen Zeit- und Handlungsebenen nacherzählt wird. Die Aussagen der verschiedenen Akteure widersprechen sich dabei fundamental, wodurch man als Zuschauer den Mord immer wieder mit völlig anderem Ablauf und in einem ganz neuen Licht zu sehen bekommt, und sich neben dem Tathergang auch Mörder, Motiv und Charakterzüge der Anwesenden verändern. Kurosawa spielt so nicht nur auf grandiose Weise mit Glaubwürdigkeit, Erinnerung und Wahrheit, sondern verleiht dem Ganzen trotz des nahezu kammerspielartigen Settings durch geschickte Kamerawinkel und Schnitte ein zeitloses, kraftvolles Bildgewand. Der abenteuerliche Soundtrack und das phänomenale Ensemble – besonders das Kurosawa-Stammpersonal Toshirō Mifune und Takashi Shimura leistet mimisch Sagenhaftes – sind das Sahnehäubchen auf einem durch und durch hervorragenden Film.
Wertung: 9,5 / 10
Ikiru (1952)
Der nächste Kurosawa dürfte wohl thematisch einer der bemerkenswertesten und eigenständigsten Filme im Oeuvre des japanischen Meisters sein, da er Kurosawas gewohnt ausserordentliches Gespür für Bilder und Figuren in einem ganz neuen Handlungskontext zur Geltung gilt. Ikiru erzählt die Geschichte des Wittwers und Büroangestellten Watanabe, der ein monotones und langweiliges Leben führt. Als er mit Magenkrebs diagnostiziert wird und erfährt, dass er noch weniger als ein Jahr zu leben hat, verändert sich seine gesamte Weltanschauung. Der bei seinen Kollegen und Verwandten als einsame „Mumie“ verschriene Watanabe entdeckt seine Lebensfreude, sucht die Gesellschaft aussergewöhnlicher Menschen und macht sich die Durchsetzung eines gemeinnützigen Bauprojektes zur Herzensangelegenheit. Der Film ist die feinsinnige Studie eines einzigartigen Lebensabschnittes, die tieftraurige Tragik und anrührend-herzliche Schönheit ohne Berührungsängste vereint. Schlichte, aber brillante Bildkompositionen, ein wehmütiges und denkwürdiges Titellied sowie eine herzzerreissende Performance von Takashi Shimura runden Ikiru als Film mit viel Herz und Charme weiter ab.
Wertung: 9 / 10
Shichinin no Samurai (1954)
Shichinin no Samurai ist Kurosawas vollkommenster und faszinierendster Film. Der dreistündige Jidai-geki erzählt von einem Bauerndorf, das Jahr für Jahr von Banditen heimgesucht und ihrer Ernte beraubt wird. Voller Verzweiflung sendet der Dorfälteste Boten aus, die sieben Ronin zusammentrommeln unter deren Anleitung sich die Farmer auf den nächsten Angriff der Räuber vorbereiten. Was nach wenig klingt wird durch Kurosawas herausragendes Storytelling ganz viel. Inszenierung und Dramaturgie sind schlicht spektakulär, jede Einstellung ein Gemälde für die Ewigkeit, jeder Schnitt brillant gesetzt und der Score absolut unvergesslich. Dazu kommt eine bunte Vielfalt an lebendigen Charakteren, alleine die sieben titelgebenden Samurai, darunter Shimura als besonnener Anführer, Kimura als sein eifriger Schüler, Miyaguchi als altersweiser Krieger und Mifune als durchgeknallter Rabauke, sind ein unglaublich kontur- und kontrastreicher Haufen den man von der ersten Minute an ins Herz schliesst. Die Interaktionen dieser Figuren sind ein einziges Vergnügen, aber trotz vielen gelungenen humorvollen Auflockerungen bleibt der Film im Kern ein dramatisches, teils elegisches Schlachtenepos, das im Finale seinen atemberaubenden Höhepunkt erreicht. Was Kurosawa in der letzten Stunde auf Zelluloid bannt ist nicht mehr von dieser Welt: Ein mehrere Tage dauernder Kleinkrieg mit mehreren Dutzend Kämpfern, voller Dynamik durch Kameraarbeit und Choreographie, voller Hochspannung durch kluge Variationen und Unterbrechungen. Unterm Strich ist Kurosawas bekanntester Film eines der grössten filmischen Meisterwerke aller Zeiten und zu Recht ein ganz grosser Klassiker.
Wertung: 10 / 10
Throne of Blood (1957)
Kurosawa goes Shakespeare! Der Meister adaptiert die grausame Macbeth-Tragödie des berühmten Dichters und verlagert sie ins mittelalterliche Japan, wobei sich, genau wie in der Vorlage, rund um das Königsschloss und den benachbarten Geisterwald eine sich stetig zuspitzende Geschichte um Gier, Mord, Verrat, Krieg und Wahnsinn entwickelt. Wie man es sich vom Regisseur gewohnt ist, ist die tragische Schauermär visuell absolut fesselnd in Szene gesetzt. Das sehr bedächtige, fokussierte Tempo des Films unterstützt dabei kongenial den Aufbau von Spannung und Atmosphäre, der sich aus der hervorragenden Kameraarbeit und dem verstörend-pulsierenden Soundtrack heraus ergibt, besonders die Szenen mit dem Waldgeist sind von Kurosawa äusserst wirkungsvoll inszeniert. Dazu kommen noch die von der Kamera wunderbar eingefangene, spektakuläre Schlosskulisse und die umliegenden, nebelverhangenen Hügel, sowie eine bärenstarke Darbietung von Toshirō Mifune, der als verstörter, dem Irrsinn verfallender Feldherr nahezu genau so toll spielt wie bei den Sieben Samurai.
Wertung: 9 / 10