Die Filme des David Lynch
Verfasst: 16. Oktober 2015 20:34
Kommen wir mal zu einem etwas anderen Hollywood-Regisseur. David Lynch ist ein Name, der in der Filmwelt in erster Linie für bizarre, zuweilen surreale Filme und drastische Brüche mit konventionellen Erzähltechniken steht. Lynch selber, dessen Wurzeln in der Malerei und Fotografie liegen, musste sich seine Filme teils regelrecht erkämpfen und tiefe Budgets in Kauf nehmen, um sich seine schöpferische Kontrolle zu sichern. Sein Werk umfasst zehn Spielfilme und eine Fernsehserie, Twin Peaks, die er gemeinsam mit dem Autor Mark Frost konzipierte.
Eraserhead
The Elephant Man
Dune 7,5 / 10
Blue Velvet 9 / 10
Wild at Heart 8,5 / 10
Twin Peaks 10 / 10
Fire Walk with Me 8,5 / 10
Lost Highway 9,5 / 10
The Straight Story 8,5 / 10
Mulholland Drive 10 / 10
Inland Empire 8 / 10
Twin Peaks: The Return 9,5 / 10
Ich fange gerade erst an, mich mit Lynchs Werk auseinanderzusetzen und bin bis jetzt sehr angetan. Letzte Woche habe ich seinen kontroversen Science-Fiction-Film Dune in einem Programmkino sehen können und möchte als Einleitung dieses Threads ein paar Worte dazu schreiben.
Dune (1984, David Lynch)
Dune war nicht nur der einzige Spielfilm des eigensinnigen Regisseurs David Lynch, der von einem grossen Studio finanziert und mitproduziert wurde, es war auch Lynchs Antwort auf die Star-Wars-Filme von George Lucas. Lynch hatte zuvor das Angebot ausgeschlagen, Das Star-Wars-Finale Return of the Jedi zu inszenieren, und widmete sich stattdessen diesem Science-Fiction-Stoff. Bei Dune handelt es sich um die Adaption eines sechsteiligen Romanzyklus‘ aus der Feder von Frank Herbert, dessen Anhängerschaft mit Lynchs teilweise kompromissbereiter Verfilmung zu grossen Teilen nicht zufrieden war. Die Parallelen zum Konkurrenzprodukt aus dem Hause Lucas, teils thematisch bedingt, sind nicht von der Hand zu weisen: Auch in Dune dreht sich die Geschichte hauptsächlich um futuristische Waffen, interplanetare Reisen, exotische Alienvölker und einen jungen, unschuldigen Helden, der als Teil einer antiken Prophezeiung zur Führungsikone einer unterdrückten Rebellion wird. Unter diesem Gesichtspunkt kann man Lynchs ambitioniertes Weltraumabenteuer gewissermassen als Alternative zu der weitaus populäreren Schöpfung von George Lucas betrachten.
Inhaltlich stützt sich Lynch lediglich auf den ersten Band der Romanreihe, welcher aber bereits über einen beachtlichen erzählerischen Umfang verfügt. Ohne den Roman gelesen zu haben finde ich, dass Lynch über weite Strecken des Films ein bemerkenswerter Spagat zwischen narrativer Tiefe und spektakulären Effekten gelungen ist. In der ersten Hälfte konzentriert er sich dabei in erster Linie darauf, Frank Herberts Fantasiewelt und deren Charaktere in Position zu bringen, behält gleichzeitig aber auch stets die Weiterentwicklung der konfliktreichen Erzählung im Auge. Dune erinnert zu Beginn oft fast schon an ein Shakespeare-Drama, bei dem es innerhalb verschiedener Adelshäuser und –familien zu allerlei Verschwörungen und Verwicklungen kommt. Das ist weitgehend spannend gelöst und durch die Präsentation der komplexen Zukunftswelt und die einfallsreichen Fantasy-Elemente immer wieder mit Überraschungseffekten verziert. Die wesentlich actionlastigere zweite Hälfte fokussiert sich mehr auf die Erfüllung der Prophezeiung, und ist als pompöse Kriegsmär angelegt.
Lynch beweist ein Händchen dafür, seine fremdartige Welt und die darin angelegte Geschichte zu erzählen. Die Dekors, Bilder und Spezialeffekte des extraterrestrischen Wüstenmärchens müssen sich vor der Effektschmiede von Star Wars auf keinen Fall verstecken. Den Höhepunkt bilden dabei die monströsen Sandwürmer des Planeten Dune, die von Lynch in einer apokalyptischen Wucht inszeniert werden. Und genau wie Star Wars sprüht auch Dune vor dem visuellen Charme der Prä-CGI-Zeit. Besonders gelungen sind die hellseherischen Traumsequenzen, die in ihrem atmosphärischen und geheimnisvollen Surrealismus immer wieder die Handschrift des Künstlers mit einfliessen lassen. Lynch scheut sich auch nicht, seinem Film eine gehörige Portion bizarrer Absurdität zu verpassen, und immer wieder schräge Ideen voller Charme und Selbstironie reinzupacken.
Die illustre Besetzung des Films wird angeführt von Lynchs Protegé Kyle MacLachlan, der hier seine eigene Version eines Luke Skywalker zum Besten gibt. MacLachlan beweist als unschuldiger und verwöhnter Prinz, der sich zur Gallionsfigur einer Widerstandsarmee mausert, immer wieder Charisma und Leinwandpräsenz und funktioniert somit in der Hauptrolle bestens. Zusätzlich ist Dune gespickt mit einem farbigen Ensemble aus Neben- und Gastdarstellern, darunter Jürgen Prochnow, Everett McGill, Francesca Annis, Dean Stockwell, Max von Sydow, Patrick Stewart und Sting, der „Englishman in New York“ höchstpersönlich, die den Film und seine Charaktere allesamt gelungen abrunden. Den Vogel schiesst aber Kenneth McMillan ab, der als widerwärtiger und bösartiger Baron Harkonnen, ein sadistischer Fettsack in einem fliegenden Rollstuhl (!) eine köstliche Schurkenperformance par excellence liefert.
Dune ist aber noch lange kein Meisterwerk. Trotz einer starken Handlung, tollen Effekten, spritzigem Charme, rassiger Action und einem gut aufgelegten Darstellerensemble wäre einfach mehr drin gewesen, und das macht sich zwischen all den tollen Szenen auch immer wieder bemerkbar. Es fehlen der dramaturgische Feinschliff, und auch etwas die Tiefe von Charakteren und Geschichte. Man merkt, dass Lynch Kompromisse eingehen musste, dass er vielleicht auch nicht immer mit einer vollen Vision bei der Sache war. Was Dune vermutlich gutgetan hätte sind einige Straffungen in der ersten Hälfte und etwas mehr Tiefe in der zweiten. Das Potential ist da, aber ganz ausgeschöpft wurde es halt nicht immer. Dune hätte ein fantastischer Film werden können, so ist es aber zumindest ein spassiger geworden.
Wertung: 7,5 / 10
Eraserhead
The Elephant Man
Dune 7,5 / 10
Blue Velvet 9 / 10
Wild at Heart 8,5 / 10
Twin Peaks 10 / 10
Fire Walk with Me 8,5 / 10
Lost Highway 9,5 / 10
The Straight Story 8,5 / 10
Mulholland Drive 10 / 10
Inland Empire 8 / 10
Twin Peaks: The Return 9,5 / 10
Ich fange gerade erst an, mich mit Lynchs Werk auseinanderzusetzen und bin bis jetzt sehr angetan. Letzte Woche habe ich seinen kontroversen Science-Fiction-Film Dune in einem Programmkino sehen können und möchte als Einleitung dieses Threads ein paar Worte dazu schreiben.
Dune (1984, David Lynch)
Dune war nicht nur der einzige Spielfilm des eigensinnigen Regisseurs David Lynch, der von einem grossen Studio finanziert und mitproduziert wurde, es war auch Lynchs Antwort auf die Star-Wars-Filme von George Lucas. Lynch hatte zuvor das Angebot ausgeschlagen, Das Star-Wars-Finale Return of the Jedi zu inszenieren, und widmete sich stattdessen diesem Science-Fiction-Stoff. Bei Dune handelt es sich um die Adaption eines sechsteiligen Romanzyklus‘ aus der Feder von Frank Herbert, dessen Anhängerschaft mit Lynchs teilweise kompromissbereiter Verfilmung zu grossen Teilen nicht zufrieden war. Die Parallelen zum Konkurrenzprodukt aus dem Hause Lucas, teils thematisch bedingt, sind nicht von der Hand zu weisen: Auch in Dune dreht sich die Geschichte hauptsächlich um futuristische Waffen, interplanetare Reisen, exotische Alienvölker und einen jungen, unschuldigen Helden, der als Teil einer antiken Prophezeiung zur Führungsikone einer unterdrückten Rebellion wird. Unter diesem Gesichtspunkt kann man Lynchs ambitioniertes Weltraumabenteuer gewissermassen als Alternative zu der weitaus populäreren Schöpfung von George Lucas betrachten.
Inhaltlich stützt sich Lynch lediglich auf den ersten Band der Romanreihe, welcher aber bereits über einen beachtlichen erzählerischen Umfang verfügt. Ohne den Roman gelesen zu haben finde ich, dass Lynch über weite Strecken des Films ein bemerkenswerter Spagat zwischen narrativer Tiefe und spektakulären Effekten gelungen ist. In der ersten Hälfte konzentriert er sich dabei in erster Linie darauf, Frank Herberts Fantasiewelt und deren Charaktere in Position zu bringen, behält gleichzeitig aber auch stets die Weiterentwicklung der konfliktreichen Erzählung im Auge. Dune erinnert zu Beginn oft fast schon an ein Shakespeare-Drama, bei dem es innerhalb verschiedener Adelshäuser und –familien zu allerlei Verschwörungen und Verwicklungen kommt. Das ist weitgehend spannend gelöst und durch die Präsentation der komplexen Zukunftswelt und die einfallsreichen Fantasy-Elemente immer wieder mit Überraschungseffekten verziert. Die wesentlich actionlastigere zweite Hälfte fokussiert sich mehr auf die Erfüllung der Prophezeiung, und ist als pompöse Kriegsmär angelegt.
Lynch beweist ein Händchen dafür, seine fremdartige Welt und die darin angelegte Geschichte zu erzählen. Die Dekors, Bilder und Spezialeffekte des extraterrestrischen Wüstenmärchens müssen sich vor der Effektschmiede von Star Wars auf keinen Fall verstecken. Den Höhepunkt bilden dabei die monströsen Sandwürmer des Planeten Dune, die von Lynch in einer apokalyptischen Wucht inszeniert werden. Und genau wie Star Wars sprüht auch Dune vor dem visuellen Charme der Prä-CGI-Zeit. Besonders gelungen sind die hellseherischen Traumsequenzen, die in ihrem atmosphärischen und geheimnisvollen Surrealismus immer wieder die Handschrift des Künstlers mit einfliessen lassen. Lynch scheut sich auch nicht, seinem Film eine gehörige Portion bizarrer Absurdität zu verpassen, und immer wieder schräge Ideen voller Charme und Selbstironie reinzupacken.
Die illustre Besetzung des Films wird angeführt von Lynchs Protegé Kyle MacLachlan, der hier seine eigene Version eines Luke Skywalker zum Besten gibt. MacLachlan beweist als unschuldiger und verwöhnter Prinz, der sich zur Gallionsfigur einer Widerstandsarmee mausert, immer wieder Charisma und Leinwandpräsenz und funktioniert somit in der Hauptrolle bestens. Zusätzlich ist Dune gespickt mit einem farbigen Ensemble aus Neben- und Gastdarstellern, darunter Jürgen Prochnow, Everett McGill, Francesca Annis, Dean Stockwell, Max von Sydow, Patrick Stewart und Sting, der „Englishman in New York“ höchstpersönlich, die den Film und seine Charaktere allesamt gelungen abrunden. Den Vogel schiesst aber Kenneth McMillan ab, der als widerwärtiger und bösartiger Baron Harkonnen, ein sadistischer Fettsack in einem fliegenden Rollstuhl (!) eine köstliche Schurkenperformance par excellence liefert.
Dune ist aber noch lange kein Meisterwerk. Trotz einer starken Handlung, tollen Effekten, spritzigem Charme, rassiger Action und einem gut aufgelegten Darstellerensemble wäre einfach mehr drin gewesen, und das macht sich zwischen all den tollen Szenen auch immer wieder bemerkbar. Es fehlen der dramaturgische Feinschliff, und auch etwas die Tiefe von Charakteren und Geschichte. Man merkt, dass Lynch Kompromisse eingehen musste, dass er vielleicht auch nicht immer mit einer vollen Vision bei der Sache war. Was Dune vermutlich gutgetan hätte sind einige Straffungen in der ersten Hälfte und etwas mehr Tiefe in der zweiten. Das Potential ist da, aber ganz ausgeschöpft wurde es halt nicht immer. Dune hätte ein fantastischer Film werden können, so ist es aber zumindest ein spassiger geworden.
Wertung: 7,5 / 10