Das Boot – Die Serie (Wolfgang Petersen)
Mein erster Kontakt mit Wolfgang Petersens Das Boot war Mitte der 80er Jahr über die TV-Fassung. In meinen damals vergleichsweise jungen Jahren hinterliess der kompromisslose Kriegsfilm einen enormen Eindruck auf mich, vor allem aufgrund des emotional ungemein packenden Storytellings und des fantastischen Spannungsaufbaus. Die aufwändige Figurenzeichnung fand ich dagegen etwas ausbremsend – ich war dafür wohl einfach noch zu jung.
Danach sah ich Das Boot eigentlich ausschliesslich in der aufgrund ihrer inhaltlichen und vor allem figürlichen Straffung etwas kritisierten Kinofassung. Die Kritik an dieser Fassung ist wie ich finde übrigens etwas ungerecht oder zumindest übertrieben, da diese Fassung erstens ja nun mal für den internationalen Ruhm des Films verantwortlich ist und zweitens trotz aller Straffungen den Kern des Projekts immer noch eindrucksvoll rüberbringt. Dennoch: auch die Kinofassung konnte mich (dann ja bereits in etwas gereifteren Jahren) nie vollends überzeugen, da die Mixtur aus Spannung, Action, Drama und Figurenzeichnung nie richtig ausgetaktet schien. Ein Klagen allerdings auf wieder einmal überaus hohem Niveau, denn ein sehr guter Film ist das Boot auch in der Kinofassung.
Einmal bekam dann auch Petersens nachgereichter Director’s Cut (welcher laut ihm seiner eigentlichen Kinofassung entspricht, die er aber aufgrund marketingtechnischer Überlegungen auf die bekannte Kinofassung heruntergekürzen musste) eine Chance von mir, welche ja in erster Linie mit einem deutlichen Mehr an figürlichen Szenen aufwartet. Und wieder war die Mixtur für mich irgendwie unrund, ja mehr noch empfand ich diese verlängerte Fassung in Teilen sogar etwas schleppend und in Summe keine Verbesserung zum Kinocut. Und so war dann auch eigentlich nie der Wunsch da, der – ja noch längeren – Serienfassung nochmal eine Chance zu geben.
Nach Sichtung der arte-Doku über das Boot wurde mein Interesse an dieser Langfassung dann aber doch auf einmal geweckt und so bekam Das Boot – Die Serie am Wochenende nun dann doch noch eine weitere Sichtung. Und was soll ich sagen: wider alle Logik ist diese längste Fassung, die mit nochmal deutlich mehr figürlichen Szenen daherkommt, nicht weniger als ein absolutes Meisterwerk! Die von mir in den beiden anderen Fassungen etwas unrund empfundene Mixtur aus den diversen Stilelementen ist hier nun perfeket austariert. Jede Szene dient einem bestimmten Zweck und es ist schon bemerkenswert, mit wie viel Vorlauf Dinge, die im späteren Verlauf des Films (bzw. der Serie) noch eine Rolle spielen, vorbereitet werden.
Ebenfalls bemerkenswert ist, wie es Petersen und seinem kongenialen Bildgestalter Jost Vacano gelingt aus einem aufgrund der Szenerie zwangsläufig beengten Umgebung den Film jederzeit dynamisch und abwechslungsreich zu halten. Trotz der weitgehenden Beschränkung auf Close-Ups entsteht nie wirklich der Eindruck eines Kammerspiels und der mit diesem Genre oft etwas einhergehende Bühnencharakter. Gerade auch durch Vacanos häufigen Handheld-Einsatz kommt nicht nur eine enorme Bewegung in die Bildgestaltung, sondern bekommt der Zuschauer auch die Chance ganz nah am Schicksal der Bootscrew teilzunehmen und quasi den Film (bzw. die Serie) wirklich zu erleben statt nur zuzuschauen.
Die Verbindung von Drama und Action ist in dieser längsten Fassung wirklich perfekt gelungen, auch weil man nie den Eindruck bekommt, dass diese beiden Elemente etwas getrennt voneinander ablaufen. Hier führt wirklich das eine zum anderen und handwerklich macht Petersen bei den grossangelegten Actionszenen nun wirklich alles richtig. Der erste Zusammenstoss mit dem britischen Zerstörer, der Angriff auf den Konvoi, Gibraltar und der finale Angriff auf La Rochelle kommen entsprechend mit einer ungeheuren Wucht und Intensität daher, der Spannungsaufbau gerade in den Szenen in der Tiefe wird bis ins Extrem erfolgreich ausgereizt.
Das Herz von Das Boot ist aber die einmalige Besetzung, die vermutlich mit die beste ist, die man in der Filmgeschichte finden kann. Hier ist wirklich jede noch so kleine Rolle perfekt besetzt und die Herren Semmelrogge, Hoenig, Tauber, May, Ochsenknecht, Bengsch, Leder, Richter, Rudolph und Fedder überbieten sich gegenseitig mit grossartigen Leistungen. Herbert Grönemeyer bildet als Erzähler die ideale Identifikationsfigur für den Zuschauer und besticht durch ein sehr nuanciertes und zurückhaltendes Spiel. Zudem veredelen die hochkarätigen Charakterdarsteller Otto Sander und Günter Lamprecht in Nebenrollen die Besetzung. Alles überragend agieren jedoch Jürgen Prochnow und Klaus Wennemann mit brillanten Darbietungen, welche in der Serienfassung durch die zusätzliche Zeit noch eindrucksvoller zur Geltung kommen.
Fazit: Die Serienfassung ist fraglos die ultimative Version von Das Boot und wird für mich bei künftigen Sichtungen auch die einzige in Frage kommende sein. Hier stimmt einfach alles und trotz der enormen Lauflänge von fast 5 Stunden bleiben Handlung und Figuren jederzeit in Bewegung. Handwerklich auf höchstem Niveau und meisterlich auf jedem Gebiet spielt die Fassung für mich in der allerhöchsten filmischen Liga und braucht sich auch vor Epen von Weltruf wie Der Pate oder Die durch die Hölle gehen nicht zu verstecken. Ein Meisterwerk!
Wertung: 10 / 10