Re: Der Park Chan-wook Thread

46
Wie gesagt Hille, ich habe ganz konkret nicht die geringst Idee was du meinst.

Ich finde das alles sehr befriedigend.
Der Wahnsinn hat Methode, und das Ende ist so angenehm geheimnisvoll wie das von Mulholland Drive und ähnlichen Filmen, die ästhetisch und inhaltlich bereit sind sich zu verlieren in ihrem Delirium, um auf eine Ebene der Abstraktion zu gelangen die dann überwältigen kann, sofern man den Zugang zum Film findet.

Oldboy ist ein Film an den ich keine Fragen habe, auch wenn ich längst nicht alles erklären kann.

Re: Der Park Chan-wook Thread

47
Mulholland Drive ist für mich sowohl ästhetisch und inhaltlich als auch in Bezug aufs Delirium eine ganz andere Hausnummer.

Und ich bin mir sicher, dass es nicht das Remake war. Brolin und den Asiamann vermag ich ja wohl noch zu unterscheiden...
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Der Park Chan-wook Thread

48
Maibaum hat geschrieben:Wie gesagt Hille, ich habe ganz konkret nicht die geringst Idee was du meinst.
Dann musst du mir aber auch helfen und sagen, wie ich es dir verständlicher machen kann. Ich habe es ja schon recht deutlich benannt.
Maibaum hat geschrieben:eine Ebene der Abstraktion
Aber umschifft Oldboy nicht genau diese? Er macht doch gerade den Fehler, am Ende jede Abstraktion über Bord zu werfen und die Mysterien an sich durch den einfältigen Handlungstwist aufzulösen, statt diesen eine höhere Bedeutung zu verleihen. Selbst wenn man die Ästhetik und Kunsthaftigkeit des Filmes selbst als eigentliche Substanz begreift, bleibt am Ende ein Haufen abgeschlossener Themen und ein "geschlossenes" (nicht zwangsläufig befriedigendes) Bild. Abstraktion hätte Oldboy helfen können, auf diese will er aber gar nicht heraus, konkretisiert doch eigentlich viel zu viel.
GoldenProjectile hat geschrieben:Mulholland Drive ist für mich sowohl ästhetisch und inhaltlich als auch in Bezug aufs Delirium eine ganz andere Hausnummer.
Da kann ich nur zustimmen. Mulholland Drive mag keine so brillante Sequenz haben wie das 15 minütige Intro "Oldboy"s, ist ansonsten aber der rundum gelungenere Film.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Der Park Chan-wook Thread

56
Sondervorstellung für 2023:
iHaveCNit: Die Frau im Nebel (2023) – Park Chan-Wook – Studiocanal
Deutscher Kinostart: 02.02.2023
gesehen am 31.12.2022 in der Silvesterpreview
Arthouse-Kinos Frankfurt – Eldorado - Parkett – Reihe 5, Platz 3 – 20:00 Uhr

Als Jahresabschluss habe ich mir in einer Silvesterpreview den neuen Film von Park Chan-Wook „Die Frau im Nebel“ angesehen, der einen faszinierend inszenierten und gespielten romantischen Neo-Noir-Thriller bietet – zu dem ich mir über eine endgültige Wertung etwas länger Zeit lasse und hier bis zum regulären Start warten möchte.
„Die Frau im Nebel“ - My First Look – Ohne Wertung für 2022.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Der Park Chan-wook Thread

58
Agent 009 hat geschrieben: 10. Januar 2023 17:17 Der wird ganz bestimmt fantastisch.
Eher bedingt fantastisch als bestimmt fantastisch. Die erste Hälfte ist wirklich toll, der zweite Teil, nach dem Umzug nach Ipo, lässt dramaturgisch aber nach und zog sich gegen Ende auch ein bisschen. Da bot die thematisch an einen Mix aus Vertigo und Basic Instinct erinnernde Geschichte nicht mehr allzu viel Neues, der erste Teil war noch sehr spannend und aus einem Guss, danach driftet es ein wenig in die Ziellosigkeit ab. Aber der Score war ein Gedicht.
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Der Park Chan-wook Thread

59
iHaveCNit: Die Frau im Nebel (2023) – Park Chan-Wook – Studiocanal
Deutscher Kinostart: 02.02.2023
gesehen am 31.12.2022 in der Silvesterpreview
Arthouse-Kinos Frankfurt – Eldorado - Parkett – Reihe 5, Platz 3 – 20:00 Uhr
gesehen am 03.02.2023 in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie - Parkett – Reihe 4, Platz 12 – 20:45 Uhr


An dieser Stelle wird vermutlich der Einstieg in meine Review etwas länger, damit man auch versteht, wie meine letztendliche Wertung einzuordnen ist. Als Jahresabschluss für 2022 gab es für mich wenige Stunden vor dem Jahreswechsel mittlerweile als neu eingeführte Tradition die Silvesterpreview eines Films aus dem kommenden Jahr. Aus 3 möglichen Filmen habe ich mich für den neuen Film von Park Chan-Wook „Die Frau im Nebel“ entschieden. Mit dem Wissen im Hintergrund, dass ich ihn mir ohnehin zum regulären Start noch einmal ansehen werde und auch inmitten des Stresses vom Feiertag mit einer bereits am Mittag besuchten Vorstellung einer Dokumentation über Ennio Morricone wenig Zeit und Ruhe hatte, den Film einfach gedanklich setzen zu lassen, habe ich mir eben einfach Zeit bis zum regulären Start gelassen. Wenn es um das moderne koreanische Kino geht, gab es zuletzt 2019 einen riesigen Erfolg für „Parasite“ und auch mich hat „Parasite“ so begeistern können, dass er bei mir den Top-Platz 2019 eingenommen hat. Dennoch finde ich es ein wenig schade im Marketing rund um „Die Frau im Nebel“, dass eben nur „Parasite“ aus dem doch recht vielseitigen, großartigen Portfolio des koreanischen Kinos als Referenz herangezogen wird. Wie bei so vielem im Kino ist aber auch Geschmackssache ein wichtiges Wort. Ein koreanischer Filmemacher, unabhängig seiner Klasse, hat meinen Geschmack bisher nur wenig berührt. Vor „Die Frau im Nebel“ habe ich mir von Park Chan-Wook nur „Oldboy“ und „Die Taschendiebin“ angesehen und zu Park Chan-Wook habe ich bisher nur ein eher unpopuläres Verhältnis, denn ich bin bei „Oldboy“ eingeschlafen und auch „Die Taschendiebin“ hat seine Sogwirkung bei mir verfehlt. Und dennoch gebe ich Park Chan-Wook mit „Die Frau im Nebel“ die dritte Chance. Ob alle guten Dinge drei sind ? Zunächst musste ich mich jedoch erst mit ein wenig Chaos beschäftigen. Von kleineren, aber spannenden und nervigen Verspätungen bei der Anreise mit dem Zug und auch einem Saaltausch mit Platzverschiebung innerhalb des Kinos war alles sehr knapp bemessen und sehr stressig – so dass ich dann endlich im Saal angekommen sehr empfänglich für Entspannung gewesen bin – was im Endeffekt für den Film eine passende Überschneidung zum Verhältnis beider Hauptfiguren ist.

Für den schlaflosen Detektiv Hae-Jun ist sowohl Leben als auch Arbeit Langeweile pur. Es gibt kaum interessante Fälle zu lösen und auch seine klinische Ehe, für die er im Rahmen einer Fernbeziehung von Busan ins ländlichere Ipo pendelt scheint eingeschlafen. Bis es zu einem tödlichen Unfall des unternehmerischen Hobby-Kletterers Ki Do-Soo kommt, bei dem Unfall, Suizid und auch Mord ausgeschlossen werden muss. Im Rahmen der Ermittlungen lernt Hae-Jun die aus China migrierte Frau von Ki Do-Soo, Song Seo-Rae kennen, von deren mysteriöser Geschichte für Hae-Jun eine gewisse Faszination ausgeht und eine unbeschreibliche Bindung zwischen den Beiden entstehen wird.

Wie würde ich „Die Frau im Nebel“ beschreiben ? Im Grunde ist „Die Frau im Nebel“ ein romantischer Neo-Noir-Thriller, der eine meiner Meinung nach nahezu perfekte Kombination aus Detektivgeschichte und Liebesfilm geworden ist – und für mich wesentlich zugänglicher ist als „Oldboy“ und „Die Taschendiebin“. Mit der audiovisuellen Inszenierung durch Kamera-Einstellungen, Kamerafahrten, Schnitten, Szenenübergängen als auch der Musik und inszenatorisch interessanter Einfälle hat der Film mich begeistern und faszinieren können. Mir hat gefallen, wie ausgewogen und balanciert sowohl der Anteil des Crimethrillers als auch der Liebesgeschichte gewesen ist. Und beide Anteile sind gleichermaßen gut geschrieben, konstruiert und auch aufgelöst. Den Kern des Films bildet jedoch das Duo aus der chinesischen Darstellerin Tang Wei in der Rolle von Song Seo-Rea und Park Hae-Il, der Hae-Jun verkörpert. Die Art und Weise, wie sich das Katz- und Maus-Spiel im Rahmen der Ermittlungen durch feinste Nuancen und Gesten entwickelt ist grandios gespielt, selbstverständlich inszeniert und auch die sich damit ergebende Verführung und Entstehung einer gegenseitigen Anziehung sowie einer Vertrautheit sehr glaubwürdig herausgearbeitet. Tonal spielte der Film spielend zwischen Witz, Tragik und Poesie, die er auch mit passender Symbolik untermauert. Während ich mir den Film bei der ersten Sichtung noch in der deutschen Synchronisation angesehen habe und ich noch unschlüssig war, wie und ob der Film bei mir ankommen wird, hat mich die koreanische Fassung (mit Untertiteln) nun vollends begeistern und faszinieren können – selbst wenn ich als Person, die nicht aus Südkorea kommt und durchaus nicht das volle Gespür für Mentalität, Gesten und Nuancen hat. Genau wie der schlaflose, gelangweilte und leicht obsessiv veranlagte Hae-Jun sehr empfänglich für die Faszination und Verführung der mysteriösen Song Seo-Rae gewesen ist, war auch als von der Anreise gestresstem Kinogänger im Zustand der letztendlichen Entspannung sehr empfänglich für die Faszination des Films, für den es nach langer reiflicher Überlegung dann auch endlich eine Wertung gibt und damit kein Fall für die „ungelösten Fälle“ ist.

„Die Frau im Nebel“ - My Second Look – 10/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "