Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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Dann hast du dich aber sehr angestrengt, da etwas ganz anderes drin zu lesen. Vielleicht hast du auch eine andere Vorstellung von Authentizität als ich. Müssen wir mit leben. :) Kein Problem aber für mich, du hast dich ja schon als "West Side Story"-Kostverächter geoutet.

PS: Jeder Film ist ein Zeitdokument, und ja: "West Side Story" von 1961 beschreibt damalige Umstände (in Form eines märchenhaften Musicals, es ist ja eine Shakespeare-Adaption), Spielberg tut das nicht. Das war meine Kritik, die ist jetzt auch zugegeben nicht so schwierig. Es hat ja seinen Grund, weshalb Bernstein, Sondheim und Laurentis das Stück damals geschrieben haben und warum sie ihre Romeo und Julia Versionen in der Gegenwart spielen ließen, statt im 16. Jahrhundert. Und die Musik klingt, egal ob Broadway 1957, Film 1961, Schultheateraufführung 1990 oder Spielberg-Film 2021, nun mal immer nach der Musik von damals, c'est la vie.
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Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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Casino Hille hat geschrieben: 15. Dezember 2021 01:33

"West Side Story" von Robert Wise ist ein Film, der heute noch fabelhaft funktioniert, weil er authentisch eine vergangene Ära zeigt, weil er eine grandiose Momentaufnahme eines spezifischen Augenblicks der US-amerikanischen Geschichte bietet, weil er einen heute noch in seine Zeit entführt. "West Side Story" von Robert Wise war echt, echte 60s, echter Jazz, echte Gefühle.
Ach komm Hille, dann hättest du das hier anders schreiben müssen. Da fehlt jetzt der direkte Kontext der das relativiert. Weiter oben redest du zwar auch von Sozialromantik (noch nett ausgedrückt für die Schnulze, die aus meiner Sicht weit entfernt ist von echten Gefühlen), aber bei dem Zitierten tust du das gar nicht. Und ich bezweifle daß es an einer unterschiedlichen "Vorstellung von Authentizität" liegt.
Und ja, alle Filme sind irgendwie immer auch Zeitdokumente, auch total verlogene, aber das macht sie nicht automatisch auch authentisch,

Du musst ja nebenbei gesagt doch häufiger hier im Forum auf Nachfragen hin erklären "wie du es eigentlich gemeint hast", also liegt es vielleicht weniger an den anderen, als am Geschriebenen das manchmal zu unklar formuliert ist.

Nichts für ungut natürlich ...

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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Maibaum hat geschrieben: 16. Dezember 2021 21:27 alle Filme sind irgendwie immer auch Zeitdokumente, auch total verlogene, aber das macht sie nicht automatisch auch authentisch
Der Zusammenhang, ein Zeitdokument hätte etwas mit Authentizität zu tun, kam – nichts für ungut natürlich :wink: – von dir:
Maibaum hat geschrieben: 16. Dezember 2021 19:31 Es klingt stattdessen tatsächlich nach einer Art Zeitdokument, ein Film der authentisch eine Zeit schildert
Beim Rest habe ich leider keine Ahnung, was du meinst und welchen Kontext ich da überhaupt setzen müsste, um etwas zu relativieren (Will ich das überhaupt? Ich meine ja genau das, was ich gesagt habe). So schwer ist das eigentlich nicht zu verstehen. "West Side Story" ist natürlich echte 60s, aber sowas von – in der Musik, im Stil, in den Klamotten, in den Tanzszenen, den Frisuren, dem Slang ("Daddy-O") etc. Steht alles so in meinem langen Beitrag ("im damaligen Stil mit damaliger Musik (zumeist jazzigen Rhythmen)", "Halbstarke Männer im Stile eines James Dean")! Deshalb bildet er aber keine vermeintliche "Realität" ab, hat auch niemand behauptet, wird bei einem Musical auch vergleichsweise schwierig. Wieso du das bei einer Diskussion um einen Musicalfilm also überhaupt rein interpretierst, kann oder muss ich vermutlich auch gar nicht verstehen. :) Ich bin da ehrlich gesagt ratlos, aber so wichtig ist es mir dann auch wieder nicht.

"West Side Story" ist kein Sozialdrama, ist denke ich jedem klar. Aber er ist eben ein Zeitgeistfilm, der damals hoch aktuell war und dem man bis heute ganz klar seine Entstehungszeit ansieht (die dann auch eine zeitliche Nähe zum Handlungszeitpunkt verrät, soll heißen: Das ist ein Film, der zur der Zeit gedreht wurde, in der er spielt). Deshalb entführt er mich auch definitiv in seine Zeit, authentischer, als Spielberg das jetzt sechzig Jahre später leisten kann. Was daran falsch sein soll, nun, du wirst es mir sicher erklären können. :D
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Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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Habe mir dem Film gerade angeschaut. Obwohl ich Spielberg mag und Musicals ggü nicht abgeneigt bin - meine Herren! Wer gibt mir diese 140 Minuten zurück???
Ich habe mich wirklich selten so gelangweilt im Kino. Diese Story gibt einfach keinen großen Film her, und die Songs sind viel zu schwach als dass sie Highlights sein könnten. Sämtliche Figuren sind unsympathisch und am Ende ist man in jeder Hinsicht froh, dass es endlich vorbei ist.

Einziger Lichtblick nach dem Recht rasant inszenierten Hauptsong zur Hälfte ist die bezaubernde Hauptdarstellerin
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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danielcc hat geschrieben: 21. Dezember 2021 23:52Diese Story gibt einfach keinen großen Film her, und die Songs sind viel zu schwach als dass sie Highlights sein könnten.
Diese Story, diese Charaktere und diese Songs bilden den Rahmen für eines der erfolgreichsten Bühnenmusicals aller Zeiten, welches in der Urinszenierung seit 1957 jahrelang lief und diverse Revivals erlebt hat.
Ohne diese Story und diese Songs wäre es nicht "West Side Story".

Leonard Bernstein hat da musikalisch extrem vielschichtige Songs komponiert, die zurecht Klassiker sind.

Aber okay: scheint als ob dich "West Side Story" ansich nicht anspricht. Liegt dann evtl. nicht an Spielberg, sondern an der Vorlage. Oder findest du die erste Verfilmung 1961 gut?

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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Ich kenne das Original nicht und habe auch das Musical nie gesehen. Dass eine solche Story aber als Musical funktioniert kann ich verstehen. Ist ja nicht viel anders als SNF oder Grease... oder halt natürlich Romeo und Julia.

Ich war anfangs noch echt beeindruckt. So viel Aufwand, eine so tolle Inszenierung. Ich sah mich schon hier ein Loblied auf den guten alten Spielberg halten. Doch ab dem Song America ging es nur noch bergab. Mindestens eine Stunde wollte ich nur noch das es endet. Wer hat diesen mega Unsympathen als Protagonisten besetzt?? Warum liebt sie ihn noch wenn er ja eindeutig jemand getötet hat? Das hätte man auch deutlicher als Unfall inszenieren können.
Einzelne Sequenzen erschienen mir auch wahnsinnig lang ohne dass sie was mit der Handlung zu tun hätten (vor allem der Song auf der Polizeiwache!)

Ne, ich fand das nach hinten raus alles ganz langweilig, zäh, ohne Dramaturgie. Ich weiß natürlich, dass das nun mal so ist wie es ist, und das es als solches schon Jahrzehnte lang funktioniert hat. Aber mit Null Vorerfahrung und Null Erwartungshaltung kann ich es nur so nüchtern bewerten

Weil hier so viel über Authentizität etc geredet wurde: Was ich allerdings interessant fand waren die Anspielungen auf die heutige Zeit. Wenn das im Original schon so vorgesehen ist, zeigt es doch wie zeitlos der Stoff ist, und wie sich die gleichen Muster immer wieder und eben heute in ganz verschiedenen Ländern der Welt abspielen. Teilweise dachte ich "Mann, da hat es aber jemand mit der Faust aufs Auge auf Sachsen/AfD abgesehen" bis mir dann wieder einfiel, dass das ja ein US Film ist
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Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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danielcc hat geschrieben: 22. Dezember 2021 09:57Warum liebt sie ihn noch wenn er ja eindeutig jemand getötet hat?
Das ist bei Romeo und Julia nicht anders. Da tötet Romeo Tybalt, Julias Cousin. Und das auch nicht aus Versehen, sondern aus Wut und Rache.
Genau wie Tony Bernardo ebenso aus Affekt tötet, nachdem dieser Riff getötet hat.

Und wie du schon richtig sagst, ist WSS ja gewollt fast 1 zu 1 eine New Yorker Variante von Romeo und Julia.

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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Casino Hille hat geschrieben: 23. Dezember 2021 02:34 Aber nur weil es woanders auch so ist, entbindet es den neuen Film nicht davon, es nachvollziehbar erzählen zu müssen. Das ist schon eine harte Pille zu schlucken, in allen 3 Versionen von "West Side Story": dem Theaterstück, der 1961er Verfilmung und dem Spielberg-Remake.
Maria ist ja kein unfehlbarer Charakter.
Sie ist in ihren Gefühlen gefangen - wie sie Anita ja auch erklärt im Duett "A Boy Like That/I Have a Love".
Damit Tony nicht ungestraft einfach abhauen kann, wird er ja dann auch noch getötet.

Sonst wäre es natürlich ein fragwürdiges Ende gewesen - wenn man einfach so verschwinden könnte, nachdem man jemanden umgebracht hat.

Dass Maria weiter so für Tony empfindet, liegt einfach daran, dass sie daran glaubt, dass er ihr eine Zukunft offenbaren kann, die ihr sie herumkommandierender Bruder nicht ermöglichen konnte.

Ja, das ist einfach gestrickt, theatralich und auf wenige Eckpunkte runtergerechnet.
Aber ansonsten könnte man auch fragen, warum Straßengangs überhaupt gegeneinander kämpfen müssen? Ist ja nicht so, dass man dadurch ein besseres Leben hätte - oder dass für Außenstehende plausible Gründe erkennbar sind, bei denen man sagt: "Ach so, klar. Dann würde ich mich auch auf Leben und Tod prügeln."

Es muss einfach reichen, dass Riff im übertragenen Sinne sagt: "Mich stört alles, was mir fremd ist. Deshalb hau ich drauf."
Und bei Maria ist es einfach so, dass die Art und Weise ihres Bruders ihr fremder ist als das Gutmütoge, was Tony ihr gegenüber ausstrahlt.

Wenn Ansel Elgort besser gespielt hätte, hätte es dem Film auf jeden Fall geholfen. Oder wenn Spielberg gleich jemand anderen gecasted hätte. ;-)

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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Agent 009 hat geschrieben: 27. März 2022 15:30 Habe heute endlich mal The Post nachholen können. Ein sehr interessanter, spannender und gut gespielter Film. Darstellerisch top besetzt.

8/10 wäre meine Tendenz.
Den fand ich auch gut und vor allem viel besser als den (zumindest bei uns) fast zeitgleich rausgekommenen Ready Player One.
We'll always have Marburg

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