Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

406
iHaveCNit: Die Fabelmans (2023) – Steven Spielberg – Universal
Deutscher Kinostart: 09.03.2023
gesehen am 11.03.2023
Arthouse-Kinos Frankfurt – Eldorado - Parkett – Reihe 5, Platz 9 – 17:00 Uhr


Eine Sorte Film, die sich in letzter Zeit gerne im Kino wiederfindet sind Coming-Of-Age-Filme von Regisseuren und Filmemachern, die damit ihre Kindheit und Jugend sowie ihren Einfluss auf ihr filmisches Schaffen über den autofiktionalen beziehungsweise semibiographischen Weg verarbeiten. Prominente Beispiel hier sind vor allem Alfonso Cuarons „Roma“, Kenneth Branaghs „Belfast“ als auch zuletzt „Armageddon Time“ bzw. „Zeiten des Umbruchs“ von James Gray. Wesentlich bekannter und einflussreicher in der Filmgeschichte als Cuaron, Branagh und Gray ist jedoch Steven Spielberg und mit „Die Fabelmans“ liefert er seinen eigenen Film dieser Sorte und damit seinen persönlichsten Film. Der mir auch von den anderen genannten Beispielen auf gewisse faszinierende und emotionale Art und Weise am Besten gefallen hat.

Es ist der 10 Januar 1952. Der junge Samuel Fabelman steht mit seinen Eltern Mitzi und Burt vor dem Kino. Es soll in „The Greatest Show On Earth“ gehen, doch der junge Sam hat Angst. Noch ahnt er nicht, dass dieses Ereignis prägend für sein gesamtes weiteres Leben sein wird. Die Bilder im Kino haben eine solche Faszination auf ihn ausgeübt, dass er am liebsten selbst Filme machen und Momente festhalten möchte. Während seine neu gewonnene Leidenschaft von seinem Vater nur als Hobby verharmlost wird, bekommt er von seiner selbst künstlerisch begabten Mutter die notwendige Unterstützung. In den nächsten Jahren wird der heranwachsende Samuel inmitten seiner neu gewonnen Faszination die Macht der Bilder kennenlernen und so auch einen besonderen Blick auf sein Leben, die Menschen um ihn herum und die damit verbundenen Konflikte bekommen.

„Die Fabelmans“ ist ein mit 151 Minuten langes, durchaus episches, aber grundsätzlich feines und sensibles Drama geworden, dass gleichermaßen Familiendrama als auch Coming-Of-Age-Drama ist. Mit einer linearen, durch Zeitsprünge episodenhaft wirkenden narrativen Struktur fokussiert sich Spielberg auf diverse wichtige Stationen und Entwicklungen im Leben des jungen, ihm selbst nachempfundenen Samuel Fabelman. Dabei balanciert Spielberg auf simple Art und Weise sowohl die Entwicklung seiner Faszination fürs Kino und Filmemachens als auch die persönliche, intime, sensible Familiengeschichte aus. Natürlich könnte man an dieser Stelle Spielberg ein wenig Verklärung vorwerfen, aber im Sinne einer sehr simpel, vielleicht auch harmlos erzählten Geschichte, die vielleicht auch ein wenig als Märchen des eigenen Lebens konzipiert ist, passt das für mich vollkommen. Auch wenn vielleicht ein wenig Verklärung im Film vorhanden ist, schafft es der Film, dass einen selbst die intimen Familienkonflikte emotional mitreißen und berühren können. Genau wie die Macht und die Kraft, die dem von Gabrielle LaBelle gespielten Samuel Fabelman alleine durch eine Kamera und den Schnitt gegeben wird, in dem er durchaus einen Blick für das Gesamte hat, aber entscheiden kann, welche Perspektive er dem Ganzen durch den Schnitt gibt. Das sorgt für faszinierende Momente, die mich in den Bann ziehen und emotional mitreißen konnten. Genau wie die Interaktionen innerhalb seiner Familie, vor allem mit seiner von Michelle Williams gespielten Mutter als auch seinem von Paul Dano gespielten Vater. „Die Fabelmans“ hat mich begeistern können und er ist ein Film, der sich in 2023 durchaus einen kleinen Platz in meinem Herzen erarbeiten konnte.

„Die Fabelmans“ - My First Look – 10/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

407
Gestern war es soweit. Mit 45 Jahren habe ich dann endlich mal "Der weiße Hai" nachgeholt. Wenn man einen so großen Klassiker so spät schaut, kommt das ja mit zwei möglichen "Gefahren": Man bewertet den Film einfach aufgrund seines Kult-Charakters gut, oder aber man findet er ist ja gar nicht so gut wie der Kult-Charakter es vermuten lässt. Eine gänzlich unabhängige, neutrale Sicht kann schwierig sein.

In diese Fall aber denke ich dass ich gänzlich unbeeinflusst sagen kann: Großartiger Film!
Typisch Spielberg stimmt hier fast alles: Story, Aufbau, Spannung. etwas Spaß, Darsteller , vor allem aber die Inszenierung der Action.

Positives wurde aber sicher schon genug über den Film gesagt, daher nur einige Dinge die mir besonders aufgefallen sind:
- Die erste Hälfte auf der Insel gefällt mir vielleicht noch besser. Gerne hätte ich vielleicht 1-2 mehr Spannungsszenen gehabt, wie die mit den beide Herren auf dem Steg! Mega.
- Die zweite Hälfte ist dann viel mehr Action und Abenteuer Das ist dann inszenatorisch großartig, die drei Charaktere kommen richtig zur Geltung, aber es ist in Teilen mir sogar minimal zu "heiter".
- A propos: In Teilen der Bootszenen hat mich der abenteuerhafte Score etwas verwundert. Während das eigentlich Jaws Thema großartig ist, finde Williams darüber hinaus nicht immer den richtigen Ton.
- Im Grunde kommt Jaws wie ein "The Bird - 2" daher. Vor allem die erste Hälfte ist ein glasklarer Hitchcock Film. All die skurrilen Charaktere mit ihren merkwürdigen Sorgen, der Bürgermeister, das Schuldzuschieben,...
- Ist es nicht merkwürdig, dass die zweite Hauptfigur praktisch den ganzen Showdown etwas feige am Meeresboden verbringt? Das ist so als habe der Autor gemerkt, dass er für drei Figuren an Bord des untergehenden Bootes kein Platz für drei habe
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

409
danielcc hat geschrieben: 19. Februar 2024 14:17 Ist es nicht merkwürdig, dass die zweite Hauptfigur praktisch den ganzen Showdown etwas feige am Meeresboden verbringt? Das ist so als habe der Autor gemerkt, dass er für drei Figuren an Bord des untergehenden Bootes kein Platz für drei habe
Naja, der Showdown ist eben zweigeteilt. Erst versucht der Biologe unter Wasser sein Glück, und als er scheitert, attackiert der Hai das Boot. In der Romanvorlage kommt der unter Wasser übrigens zu Tode, und nur Brody überlebt. Spielberg hat das abgeändert.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

412
danielcc hat geschrieben: 19. Februar 2024 14:17
- Im Grunde kommt Jaws wie ein "The Bird - 2" daher. Vor allem die erste Hälfte ist ein glasklarer Hitchcock Film. All die skurrilen Charaktere mit ihren merkwürdigen Sorgen, der Bürgermeister, das Schuldzuschieben,...
Ach Mensch, lass doch den alten Alfred in Ruhe ruhen ...

Beide Filme gehören zwar zu den Tier-Horror Filmen, von daher lassen sich logisch auch irgendwelche Ähnlickeiten finden, aber Jaws gehört eher in die Godzilla Linie, jedenfalls an Die Vögel habe ich bei Jaws noch nie gedacht. Wenn es einen glasklaren Vorläufer gibt, dann ist das der SF-Horror Film Them! (Formicula) mit seinen mutierten Riesenameisen, und ähnlicher Kram aus den 50ern.

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

413
Ich finde beide Vergleiche nicht so wirklich ins Ziel treffend. Verglichen mit Filmen wie Godzilla oder Formicula ist Jaws doch viel zu sehr in der Realität verankert und es fehlt ihm der fantastische Aspekt. Hierin ist er dann wiederum tatsächlich eher mit den Vögeln vergleichbar, aber in vielen anderen Dingen dann wiederum auch gar nicht. Gestehen wir Spielberg also doch ruhig zu einen eigenen Prototyp mit seinem Film geschaffen zu haben, welcher gerade in der zweiten Hälfte der 70er ja dann auch von etlichen "Epigonen" aufgegriffen wurde.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

414
Sehe ich wie Anatol. Der Vergleich mit den 50er Jahren Filmen passt nicht so wirklich, weil Formicula, Tarantula, Godzilla etc. alle von Mutantenwesen handelten und damit auch in Sci-Fi- und Fantasy-Gefilden wilderten. Und der Vergleich mit den Vögeln passt auch nicht wirklich - weil da schlicht wenig von dem drin ist, was typisch für Hitchcocks Kino ist.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

415
Die SF Elemente fehlen natürlich komplett, aber davon abgesehen sehe ich gerade in Bezug auf Them! schon einige Ähnlichkeiten vom Aufbau der Handlung her, oder auch von dem Musikmotiv mit dem die jeweiligen "Monster" angekündigt werden. Auch wenn das in Them! ein Geräusch der Ameisen selber sein soll, so ist die Wirkung doch ähnlich.
Ich denke schon daß Jaws im wesentlichen eine Modifikation dieser älteren Filme ist, aber gleichzeitig natürlich auch eine Weiterentwicklung. Und besser inszeniert.
Zuletzt geändert von Maibaum am 23. Februar 2024 17:42, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

416
Natürlich darf rührseeliger Familienkitsch auch in Jaws nicht fehlen, aber sonst erkenne auch ich Hitchcockianische Spannungsfiguren und narrative Motive. Auch der Humor und die Situationskomik in Jaws erinnern mich an die „Volksversammlungen“ Bodega Bays, also kann ich daniel hier in seiner Argumentation durchaus folgen.
Doch liegen Spielbergs Stärken anders als bei Hitchcock nicht im nuancierten Zwischenmenschlichen oder Psychoanalytischen, sondern in der reinen Lust am Spektakel. Jaws hat dem ein Denkmal errichtet.

Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

417
craigistheman hat geschrieben: 23. Februar 2024 17:29 aber sonst erkenne auch ich Hitchcockianische Spannungsfiguren und narrative Motive.
Was wäre das denn nun genau was eher typisch für Hitchcock wäre, und was nicht auch in 1000 andern Genre Filmen zu finden ist?

Familienkitsch, Humor und Situationskomik war in Jaws doch nur am Rande enthalten, jedenfalls erinnere ich da fast nichts bzw nicht viel. Und als Spektakelfilm unterscheidet er sich wenig von anderen Filmen, nur ist das eben viel besser inszeniert als in den meisten anderen. Aber gerade was das Spektakel betrifft ist Them! doch der totale Vorläufer, erst Recht wenn man noch die 20 Jahre Unterschied betrachtet.
The Birds ist da für mich in vielerlei Hinsicht der raffiniertere Film. Und Spektakel hat der auch genug. War jedoch kein großer Erfolg. Vielleicht wegen des offenen Endes?

Witzige Geschichte am Rande, ein paar Jahre später hatten ich und auch einige andere Piranhas gesehen, ein eher billig produzierter Nachfolger, was mir aber damals kaum aufgefallen ist, und gleich mehrere meinten der sei besser als der Hai gewesen. Auch Grizzly war damals ähnlich gut, ein Film den ich heute nur noch schwer schauen kann.