Re: Der Dario Argento Thread

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GoldenProjectile hat geschrieben:Absolut, hier kann man natürlich noch ergänzen dass
Spoiler
es in Profondo Rosso ausnahmsweise die Frau ist, die den Mann gerne rasch und unkompliziert ins Bett bringen möchte.
Ach was, du kennst nur die falschen Frauen. :mrgreen: :wink:
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Re: Der Dario Argento Thread

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Casino Hille hat geschrieben:
GoldenProjectile hat geschrieben:Absolut, hier kann man natürlich noch ergänzen dass
Spoiler
es in Profondo Rosso ausnahmsweise die Frau ist, die den Mann gerne rasch und unkompliziert ins Bett bringen möchte.
Ach was, du kennst nur die falschen Frauen. :mrgreen: :wink:
Scheint so... :(
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Re: Der Dario Argento Thread

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Endlich Sommerpause! Zeit für ein paar italienische Magendreher!

L'uccello dalle piume di cristallo (1970)
Argentos Regiedebüt bildet unverkennbar die Giallo-Blaupause zu seinem späteren Bravourstück Profondo Rosso, die Ähnlichkeiten in der Struktur der Handlung sind nicht zu übersehen, so verstecken beide die Auflösung zur Mordserie theoretisch schon ganz am Anfang und spielen im Schlussakt mit einem roten Hering in Form einer doppelten Täterenthüllung. Aber ähnlich wie bei Hitchcock, der in North by Northwest viele Elemente aus seinem früheren Film Saboteure verwendete und weiterentwickelte, kann man auch hier dem Erstling nicht ankreiden dass der Nachfolger es (noch) besser macht, da die jeweiligen Filme auch eigenständig funktionieren. Bei Argento sind es wie gewohnt die stilvolle Inszenierung von Spannungs- und Mordszenen und der charismatische Protagonist, die den Unterhaltungspegel hoch halten. Letzterer darf sogar mit dem ermittelnden Polizisten zusammenarbeiten und mit diesem eine zunehmend vertrauensvolle Bande bilden, ein schöner Kontrast zum Klischee des rumschnüffelnden Zeugen der üblicherweise von den Behörden dazu gedrängt wird, seine Nase aus der Sache rauszuhalten. Ebenfalls gelungen ist der Score von Maestro-Morricone, dessen klangvolles und grusliges Lalalala-Gesinge die unheilvolle Slasher-Stimmung treffend akzentuiert. Wobei die Nerven hier aber trotzdem nie so richtig zerfetzt werden, und das ist dann wohl auch die grösste Schwäche gegenüber dem ausgetüftelten Nachfolger, denn der Kontrast zwischen charmanten oder sogar humorvollen Ermittlungsszenen und atemstockenden Horrormomenten ist verglichen mit Profondo Rosso kleiner und so läuft auch die Achterbahnfahrt der Gefühle wesentlich entspannter und ruhiger ab. Übrigens ist der italienische bzw. englische Titel Der Vogel mit dem Kristallgefieder herrlich und vor allem viel besser als das banale deutsche Geheimnis der schwarzen Handschuhe, nur leider passt letzteres mit Wissen um das Filmende wesentlich besser zur Geschichte.
Wertung: 7,5 / 10

Aura (1993)
Aura folgt ebenfalls Argentos altbekannten Genre-Präferenzen, auch wenn die italienischen Einflüsse durch die Tatsache, dass der Film in den Staaten produziert wurde, diesmal fehlen und er so mehr wie ein "normaler" Slasher anmutet. So normal wie ein Argento-Film um einen Serienkiller, der Köpfe absägt und als Trophäen behält nun mal sein kann. Der Film ist immer noch unverkennbar ein Werk seines Schöpfers, aber nicht nur das, auch der figürliche und dramatische Unterbau wirkt durch die suizidalen Tendenzen der Quasi-Hauptfigur – mit mitleiderregenden Kulleraugen von Darios Töchterchen gespielt – deutlich ernster und gewichtiger als gewohnt. Einige Szenen gehen an die Nieren, aber meist sogar weniger durch ihre stilisierten Gewaltdarstellungen sondern mehr durch die Dramatik und Energie von Handlung und Figuren, trotzdem gibt es natürlich auch viele ruhigere Momente in denen sich zwischen den rumschnüffelnden Jungspunden Christopher Rydell und Asia Argento ein erstaunlich gute Chemie entwickelt. Mir hat Aura eigentlich viel Spass gemacht, der Film ist gespickt mit starken Ideen und Momenten, sei es die beunruhigende Szene in der Irrenanstalt, die hochspannende Einbruchsszene am Schluss mit nerventerrorisierender Musik, die tragisch-schöne Wasserszene, aber auch der tolle Score und der superbe Subplot mit dem Nachbarsjungen, der das Fenster des Täters beobachtet, oder der kurze Auftritt von Brad Dourif. Der Film hätte als Ganzes noch besser sein können, aber durch die vielen guten Sachen kann man auch über die teilweise ziemlich sprunghafte Handlungsentwicklung hinwegsehen, sowie über den etwas wirren und konstruierten Schluss (der bei Argento aber häufig etwas seltsam ist). Oder über die Tatsache, dass die abgehackten Köpfe jeweils noch weiterplaudern und Zeit finden, zu schreien während der restliche Körper schon lange weg ist…
Wertung: 7 / 10

Non ho sonno (2001)
Mit Non ho sonno kehrt Argento in heimische Giallo-Gefilde zurück, nur deutlich moderner und - tatsächlich - noch blutiger, die Mordszenen sind an derber Gewalt kaum mehr zu überbieten (etwa die Rückblende in der einem Opfer wiederholt eine Oboe mit voller Härte in den offenen Mund gerammt wird) aber wie gewohnt mit einem hohen Grad an Kunstfertigkeit in Szene gesetzt, wenn auch mit weniger heimeligem Oldschool-Flair als frühere Produktionen. Die geradezu groteske Story um einen mordenden Zwerg bietet dabei eine schöne Variation typischer Giallo-Muster, vor allem mit der Art wie auf die früheren Taten des schon siebzehn Jahre zuvor wütenden Zwergs Bezug genommen wird und die damaligen Hintergründe nach und nach in die Gegenwartshandlung mit eingewoben werden. Dieser Kniff gibt der Schlachterhandlung im Vergleich zu den immer leicht anonym gebliebenen Mordserien früherer Argento-Filme eine komplexe und persönliche Note. Mit Max von Sydow als charismatischem Ex-Ermittler ist ein schauspielerisches Schwergewicht und ein toller Protagonist an Bord, einmal mehr absolut grossartig ist zudem der Soundtrack von Goblin, der Erinnerungen an Profondo Rosso weckt. Da ist er auch nicht der einzige, in der ersten Stunde (und ganz besonders in den ersten rund zwanzig Minuten) brennt Argento förmlich ein visuelles und atmosphärisches Feuerwerk ab und liefert eine gleichermassen vertraute und nostalgische wie neue und modernere Variation seines Stammgenres sowie seines 1975er-Wunderwerks. Leider lässt die Inszenierung in der zweiten Hälfte stellenweise doch arg nach und mutet mancherorts ziemlich bieder an, auch wenn die Geschichte um den mordenden Zwerg bis zur gewohnt grotesken und wendungsreichen Auflösung spannend bleibt. So bleibt Non ho sonno unterm Strich leider doch nur ein richtig guter Film, der aber Potential zu einem noch besseren gehabt hätte.
Wertung: 7 / 10

The Mother of Tears (2007)
Oje, The Mother of Tears ist das filmische Äquivalent zu einem Teller mit Blumenkohl: Man kann es schon irgendwie runterwürgen, aber schmecken tut es halt auch nicht gut. Argento mischt Blut und Gore mit biblisch-esoterischem Humbug und erweckt einen alten Hexenkult, der Rom in Sünde und Chaos stürzt, und das Ganze ist noch blöder als es sich anhört. Vor allem gelingt es dem einstigen Giallo-Papst nicht, die Prämisse interessant umzusetzen, geschweige denn spannend oder unheimlich. Seine Inszenierung ist diesmal bieder und lahm und erinnert mehr an eine mittelmässige TV-Produktion als an einen Argento-Film, Kulleraugen-Töchterchen darf wieder die Hauptrolle spielen, allerdings so hölzern und stumpf dass sich einem die Zehennägel aufrollen. Die nuttigen, dauerkreischenden Hexendienerinnen, die so böse und verkommen sind dass sie am Flughafen Koffer umschubsen (!) scheinen den tiefsten Trashgefilden entsprungen, noch besser ist lediglich der Affe, der für die Hexe die Lakaienarbeit erledigt. Zwischen langweiligem Geplapper und pseudodramatischem Versteckspiel gibt es dann auch ein paar bizarre Blutbäder, die von Argento mit schmieriger Sadomaso-Erotik aufgepumpt werden, bis hin zu dem Punkt an dem die mit grossem Brimborium angekündigte Oberhexe wie eine Pornodarstellerin in Szene gesetzt wird und ihr finaler Auftritt ist so antiklimaktisch wie nur möglich. Punkte gibt es dafür, dass einige vereinzelte Szenen Trash-Massstäbe setzen, aber leider hält der Film nicht einmal diesen Ansatz konsequent und ist über weite Strecken belangloser Quatsch. Ein echter Reinfall, Signor Argento.
Wertung: 2,5 / 10
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Re: Der Dario Argento Thread

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GoldenProjectile hat geschrieben: Endlich Sommerpause! Zeit für ein paar italienische Magendreher!
Juchhu oder um nicht gar ganz verwegen zu sagen: Juchhe! :D Mit Spannung habe ich deine Einschätzungen gelesen, der erste Gedanke war dabei, dass der Kristallvogel im Vergleich zum Rest sich in deiner Beurteilung nicht so deutlich abzusetzen weiss, wie ich er vermutet hätte. Dann fiel mir aber ein, dass ich das Handschuh-Geheimnis bei Erstsichtung ja selbst auch nur „ganz gut“ fand und erst mit wiederholten Sichtungen so richtig schätzen lernte, während ich Argentos 90er Jahre-Filme (mit Ausnahme des schwachen Phantom der Oper) bei Erstsichtung deutlich besser fand, als dass ich sie aktuell einstufen würde. Von daher sind deine Einstufungen eigentlich ziemlich deckungsgleich mit meinen eigenen, zumindest mit denen, die ich mal hatte.

Du hast die zahlreichen Parallelen zwischen dem Kristallvogel und Profondo Rosso ja bereits ausführlich herausgearbeitet und machen wir uns nix vor: in vielen Dingen ist Profondo Rosso ja tatsächlich fast schon eine Art ausgefeilteres Remake von Argentos Erstling. Auch aufgrund dieses zwangsläufig zu ziehenden Vergleichs hinkt der frühere Film hinterher, weil er einfach (noch) nicht über die Finesse, die Ausgetüfteltheit und die spannende stilistische wie inhaltliche Dynamik des späteren Films verfügt. Dennoch schätze ich den Kristallvogel sehr, da er nicht nur bereits alle Argento-typischen Elemente beinhaltet, sonderen diese auch wie selbstverständlich und mit für einen Regiedebütanten erstaunlich sicherer Hand in Szene gesetzt werden. Der Kristallvogel ist sicherlich der deutlich konventionellere Filme als Profondo Rosso, ragt als Genrevertreter aber dennoch weit über das Normalmaß hinaus und ist wie ich finde auch „nur als Film“ richtig gut.

Aura und vor allem Non ho sonno hinken dem dann für mich schon erkennbar hinterher. Vor allem Argentos späte Giallo-Reminiszenz hat bei mir im Laufe weiterer Sichtung deutlich verloren und ich würde ihn mittlerweile nur noch als mittelmäßigen Film einstufen. Was schade ist, denn…
GoldenProjectile hat geschrieben: Da ist er auch nicht der einzige, in der ersten Stunde (und ganz besonders in den ersten rund zwanzig Minuten) brennt Argento förmlich ein visuelles und atmosphärisches Feuerwerk ab und liefert eine gleichermassen vertraute und nostalgische wie neue und modernere Variation seines Stammgenres sowie seines 1975er-Wunderwerks.
…das sehe ich ganz genauso, vor allem hinsichtlich der ersten 20 Minuten, die wohl mit das beste sind, was Argento jemals inszeniert hat. Leider trübt die immer schwächer werdende zweite Hälfte den guten Eindruck des Beginns in sehr starkem Maße, gerade auch weil von Sydow zu früh das Geschehen verlässt und das (langgezogene) Finale sowohl hinsichtlich Inszenierung als auch inhaltlich erschreckend bieder ist.

Argentos 3. Hexen-Film hat bei mir mittlerweile auch nochmal einiges eingebüsst, ich sehe ihn dennoch immer noch besser als du einfach weil sein Unterhaltungswert allen handwerklichen Schwächen und trashigen Elementen zum Trotz (oder in Teilen auch gerade deswegen) immer noch vergleichsweise ok ist. Mit viel Liebe sind da bei mir dann vielleicht gerade noch so 5 Punkte drin, auch weil der Film mich letztlich weniger enttäuscht als beispielsweise Non ho sonno oder Das Stendhal Syndrom, da obwohl beide Filme handwerklich und letztlich auch qualitativ die Nase vorne haben mich hier die verpasste Chance einen richtig guten Film zu bekommen immer mehr betrübt als das mich das Gesehene erfreut. Oder anders gesagt: bei Mother of Tears sehe ich nicht wirklich vergebene Chancen auf einen guten Film, da das Gesamtkonstrukt einfach zu obskur und trashig ist, sowohl inhaltlich als leider auch handwerklich, während die beiden anderen Filme richtig gute bis herausragende Elemente wie auch eine vielversprechende Ausgangsprämisse haben, diesen aber nicht durchgängig gerecht werden. Ich hoffe dennoch, dass dir der tränenreiche Abschluss nicht gänzlich die Lust an Argentos Drei-Mütter-Trilogie verdorben hat, da deren Mittelteil Inferno ein wirklich sehr sehenswerter Film ist.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Der Dario Argento Thread

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AnatolGogol hat geschrieben: 29. Juni 2018 10:24 Aura und vor allem Non ho sonno hinken dem dann für mich schon erkennbar hinterher. Vor allem Argentos späte Giallo-Reminiszenz hat bei mir im Laufe weiterer Sichtung deutlich verloren und ich würde ihn mittlerweile nur noch als mittelmäßigen Film einstufen.
Ich glaube Non ho sonno hat von den Argentos diese Woche tatsächlich am meisten Eindruck hinterlassen (mal abgesehen von dem schlechten Eindruck, den die Träne gemacht hat). Das Debüt mag homogener und in sich stimmiger sein, aber Non ho sonno hat in meinen Augen insgesamt doch mehr wirklich starke Szenen und Ideen und mehr interessantes Potential (auch wenn es stellenweise ungenutzt bleibt, aber ich empfinde das als weit weniger drastisch als du, es ist halt nur nicht das qualitative Profondo Rosso 2, das es hätte sein können). Während das schwarz behandschuhte Kristallfedervieh halt "nur" ein guter Debütfilm und eine schöne Rosso-Kopie (eigentlich unfair, denn es ist ja genau andersrum) ist.

AnatolGogol hat geschrieben: 29. Juni 2018 10:24 Leider trübt die immer schwächer werdende zweite Hälfte den guten Eindruck des Beginns in sehr starkem Maße, gerade auch weil von Sydow zu früh das Geschehen verlässt und das (langgezogene) Finale sowohl hinsichtlich Inszenierung als auch inhaltlich erschreckend bieder ist.
Ja, von Sydows Abgang ist etwas schade, aber es passt inhaltlich doch eigentlich recht gut, dass er sich an diesem Punkt würdevoll abmeldet und das Finale Grande dem mittlerweile erwachsenen Bengel des Mordopfers überlässt. Ich habe das übrigens witzigerweise zuerst als eine weitere Allegorie auf das Verslein verstanden (der Bauer geht am Ende schlafen).

Als langgezogen habe ich die Auflösung gar nicht empfunden. Und machen wir uns nichts vor, die Auflösung des Mörders ist bei Argento nie ein Überraschungseffekt, der einem vom Sockel knallt. Dafür ist es immer zu anonym und auf eine gewisse Art auch zu konstruiert, als dass die Enthüllung des Täters ein grosser Twist wäre auf den man pausenlos hinfiebert. Es sind vielmehr die Protagonisten, die Mordszenen, die Atmosphäre, die Inszenierung, die Scores und bezüglich des Endes die kleinen Hinweise die eigentlich schon viel früher gesät wurden, welche die Filme punkten lassen. Von daher empfinde ich die Entlarvung in NHS auch nicht als viel anders als diejenigen in vergleichbaren Giallos.

AnatolGogol hat geschrieben: 29. Juni 2018 10:24 Ich hoffe dennoch, dass dir der tränenreiche Abschluss nicht gänzlich die Lust an Argentos Drei-Mütter-Trilogie verdorben hat, da deren Mittelteil Inferno ein wirklich sehr sehenswerter Film ist.
Das will ich gar nicht ausschliessen. Der örtliche Händler bietet einige Argentos feil, und ich werde da bald mal wieder vorbeischauen. Ich kann aber auch nichts versprechen da ich mir eigentlich schon so halb vorgenommen hatte, mir Tenebre vorzunehmen, und meinen Einkaufsgutschein möglichst vielseitig einsetzen will.
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Re: Der Dario Argento Thread

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Funksoulbrother hat geschrieben: 18. Juli 2018 20:19 Was ist eigentlich davon zu halten, dass Luca Guadagnino ("Call Me by Your Name") ein "Suspiria"-Remake gedreht hat?
Schwer zu sagen, ich habe die Nachricht über ein Remake zwar auch schon herumgeistern hören, mich aber nicht genauer damit beschäftigt und wusste auch nicht wer der Regisseur war. Einerseits halte ich Remakes in den meisten Fällen für ziemlich unnötig und Suspiria für einen Film, der nun wirklich keines nötig hat (dazu wirkt er zu modern/zeitlos und gerade in seiner Bildsprache auch bis heute zu eigenständig und besonders), andererseits bin ich nun wirklich auch kein grosser Suspiria-Fan (bevorzuge Profondo Rosso) und Guadagnino hat mit Call me by your Name einen wunderschönen Film gemacht, bisher der beste des Jahres nach hiesigem Veröffentlichungsdatum. Allerdings vermögen diese Faktoren mein Interesse an dem neuen Film auch nicht wirklich anzuregen.

Übrigens, wenn du das s aus dem https des YouTube-Links streichst werden die Videos auch korrekt eingebettet und nicht nur extern verlinkt. Habe das bei deinem Beitrag mal geändert.
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Re: Der Dario Argento Thread

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Ich kenne weder den Regisseur noch den von euch angesprochenen Film, hab aber von dem Remake schon seit einiger Zeit immer mal wieder gehört. Ich hab aber ehrlich gesagt praktisch kein Interesse mir den Film anzuschauen. Ich mag ja Remakes eigentlich generell nicht so sehr, aber bei Suspiria sehe ich für eine weitere Auflage – egal wie gut oder schlecht – nun überhaupt keinen Sinn, denn…
…Argentos Original kann man denke ich mit Fug und Recht attestieren ein absolut einzigartiger Film zu sein, der in erster Linie über die audiovisuelle Ebene zu bestechen weiss. Möchte man nun also diese audiovisuelle Achterbahnfahrt rekreieren und sich halbwegs oder möglichst eng am Original orientieren, dann frage ich mich was man da besser machen will. CGI-Effekte, moderne Geischter und ein zeitgenössischer Soundtrack werden die Wirkung des Originals kaum steigern können, sondern würden das Ganze lediglich zeitgemäßer und fürs heutige Publikum leichter verdaubar machen. Versucht man den Stoff komplett eigenständig zu interpretieren, beispielsweise indem man Figuren und Handlung mehr Gewicht verleiht, dann könnte man gleich komplett was eigenständiges machen anhand der Prämisse Hexenhaus, da Argentos Film nun nicht gerade dafür bekannt ist eine brillante Figuren- und Handlungskonzeption zu besitzen. Egal wie ich es wende und drehe, ein Remake gerade dieses Films ist in meinen Augen ziemlich sinnbefreit.
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Re: Der Dario Argento Thread

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Muss Anatol vollkommen zustimmen. Guadagnino ist ein guter Mann, aber selbst wenn das ein guter Film werden sollte, hat die Titelanleihe an Suspiria einen faden Beigeschmack, der leicht zu umgehen gewesen wäre. Ein nah am Original gehaltenes Remake von Suspiria ist schlicht absurd, sobald man aber etwas eigenständiges macht braucht man es nicht mehr als Remake zu verkaufen.

Andersrum muss ich zugeben, dass mir von Guadagnino "A Bigger Splash", der grob auf dem französischen Thriller "La Piscine" basiert, aber viel mehr an die Filme eines Michelangelo Antonioni erinnern, sehr gefallen hat, sogar noch besser als der für meinen Geschmack zu hoch gelobte "Call me by your Name".
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Re: Der Dario Argento Thread

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Hab mir gestern nacht auf "Arte" "Suspiria" angeschaut.
Also so ein Meisterwerk wie "Tenebre" ist er nicht. Der Aufbau und die Handlung wären ja vertretbar - also keine irr wirren Twist and Turns und Jumpscares im Minutentakt, sondern es ist relativ füh offensichtlich, wer die Bösen sind. Es ist eine einfache "Hexen im Wald" Story aus dem Märchenbuch. Daran mag nichts schlechtes sein, aber man hat das Gefühl, dass Argento einfach nicht ums mehr Ausfeilen ;-) bemüht war.
Ihm ging es nur um die Effekte, aber das machte er fantastisch gut. So viel ich weiß, verwendetet er ein altes von Eastman-Kodak aufgegebenes Farbfilmverfahren, wo drei Filme mit verschiedenen Farbfiltern parallel gedreht werden und erst im Labor zusammenkopiert werden. Da kann man einzelne Grundfarben einfach durch Weglassen des jeweiligen Grundfarbestreifens toll rausfiltern. Noch positiv kommt hinzu, dass das Originalmaterial einstweilen derartig zerfallen war, dass man es Digital Remastern mußte. Das Ergebnis ist sagenhaft! Low Tech mit High Tech in perfekter Harmonie! Mit moderner digiatlaen Aufnahmetechnik könnte man dieses Verfahren doch perfekt simulieren. Wäre wieder zu entdecken!
Besonders gut gelungen und ein Highlight des Horrorkinos war die Fensterszene mit dieser Pat. Es hätte einfach nur so weitergehen sollen, aber gegen Ende hin, wurde alles etwas flach. Das Finale war fast schon trivial.
Trotzdem einer seiner besseren Filme (denke ich mit Schaudern an seine Supermachwerke in SchleFaZ Qualität wie "Opera" und "Phantom der Opera").
7/10 Punkte

PS: das Remake soll eine ziemliche Enttäuschung sein. Was verwundert. Man könnte mit einfachen Ausbesserungen die Handlung wesentlich pfiffiger machen.
PPS: gerade mir als "Rätselmeister" des Forums gefällt mir Argentos Faible, ein Rätsel als Running Gag entlang des Plots laufen zu lassen, sehr gut. Wäre auch für einen Bond-Streifen sehr cool! Aber nicht so wie in SP, wo man schon nach erster Sichtung C als Blofelds Maulwurf festmachen konnte.
Nachtrag: Habe mir den Film nochmal (habe ihn auf meine Festplatte gespeichert) angesehen. Diese Farbsprache ist einfach phantastisch. Also wenn ihr die remastered Version in die Griffel bekommt, dann zögert nicht!
"There is sauerkraut in my lederhosen."
Bild

Re: Der Dario Argento Thread

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NickRivers hat geschrieben: 29. November 2018 09:11 Das Ergebnis ist sagenhaft! Low Tech mit High Tech in perfekter Harmonie!
Das Ergebnis ist zumindest äusserst umstritten aufgrund seiner durchgängigen starken Grün-Betonung. Suspiria-Kameramann Luciano Tovoli nannte die von arte gestern ausgestrahlte Fassung abschätzig "Greenspiria", Fachleute und Fans schlugen sich aufgrund der stark von allen vorangegangenen Veröffentlichung abweichenden Restaurierung in diversen Foren regelrecht die Köpfe ein. Eine gesunde Skepsis gegenüber dieser Fassung ist also durchaus nicht verkehrt. :wink:

https://caps-a-holic.com/c.php?a=1&x=29 ... 0&i=2&go=1
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Unter den Einäugigen ist der Blinde König

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Zuletzt gesehen: Die neunschwänzige Katze (Erscheinungsdatum: 15.07.1971 / Erstsichtung: 2018)

"Die neunschwänzige Katze" ist als Teil der "Bryan Edgar Wallace"-Reihe deutlich besser als die Italo-Ableger der "echten" Wallace-Reihe.

Mit Karl Malden und Cinzia De Carolis als blinder Onkel und gewiefter Nichte gibt es ein interessantes Figurenpaar, das in der Konstellation wohl auch heute noch eingesetzt werden könnte und dem Film etwas ganz eigenes gibt.

Zudem erscheint die Polizei als nicht ganz so dumm und überflüssig wie in manch anderen Giallo-Verfilmungen.

Einen etwas faden Beigeschmack bekommt der Film durch die leicht homophobe Darstellung einiger Figuren. Aber das war damals eben der Zeitgeist. So wird z. B. in der Synchronisation natürlich wieder Jürgen Thormann (wie im selben Jahr als Mr. Wint) auch hier wieder als Homosexueller besetzt.

„Die neunschwänzige Katze“ - Erstsichtung – 7/10 Punkte.
#London2024

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."