Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Casino Hille hat geschrieben:Verhoeven hat schon in seinen besten Momenten sehr gute Szenen gedreht. Leider folgen auf diese aber oft auch recht billige und einfallslose Einstellung. Kaum ein anderer Regisseur hat so qualitativ enorme Schwankungen in seinen Filmen, wie der gute Paule.
Finde ich eine äusserst harte Einschätzung, die ich (man kann es sich denken) keineswegs teile. Der Soldat von Oranien hat billige und einfallslose Einstellungen? Oder Der vierte Mann? Türkische Früchte oder Robocop? Sehe ich beim besten willen nicht. Kannst du Beispiele nennen? Im Gegenteil habe ich bei Verhoeven immer den Eindruck, dass alles genau so ist, wie er es haben möchte und man eine durchgängige Handschrift erkennen kann. Wobei er gerade in Bezug auf die visuelle Gestaltung durchaus auch recht variabel ist, man vergleiche zB Total Recall, Basic Instinct und Spetters: drei komplett unterschiedliche Ansätze.
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Leider kann ich dir da nicht wirklich mit ganz konkreten Beispielen dienen, was meine Argumentation vielleicht etwas abschwächt, ich kann dir aber sagen, dass ich dies besonders bei Robocop und Basic Instinct so empfunden habe. Da gab es Szenen, da dachte ich: "Wow, Wahnsinn, was der da abgeliefert hat" und direkt darauf folgte eine Szene, bei der ich dachte: "Ach du lieber Himmel, wurde der Regisseur hier etwa ausgetauscht?". Es ist für mich auch schwierig, etwas vergleichbares zu nennen, weil ich leider keinen anderen Regisseur / keine anderen Filme kenne, in denen dies ähnlich gravierend der Fall wäre.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Robocop lief jetzt in der ARD nicht nur uncut, sondern sogar in der ursprünglichen Fassung, also dem DC.

Das waren die guten Nachrichten.
Der Film selber ist im wesentlichen unterirdisch inszenierter langweiliger Schrott an dem nur die derben Splatterszenen (ca PG23) interessant sind weil sie hinreißend spekulativ sind. Auch wenn die Action selber meist schwach inszeniert ist. Selbst der satirisch eingeschobene Humor funktioniert nur ab und an. OmG ...



(Sorry, General, ich kanns nicht ändern ... )

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Die Gewaltdarstellung ist vollkommen überzogen, einfach nur ein derbes blutiges Spektakel. Das ist angenehm im Vergleich zu den ganzen modernen PG13 Filmen aus Dummywood. Die sind allerdings viel, viel besser inszeniert.
GoldenProjectile hat geschrieben:Spektakulär oder spekulativ? :wink:
Beides. Und im Quadrat ...

Ach ja, die Stop Motion Szenen waren wirklich süß. Tricktechnisch sicherlich etwas veraltet (sähe mit CGI doppelt so gut aus), aber ich habe die eher als lustige Homage an Ray Harryhausen verstanden.

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Schade Maibaum, dass du überhaupt keinen Gefallen an dem Film gefunden hast. Robocop war schon immer ein ziemlich polarisierender Film, was zum einen am exorbitanten Gewaltpegel lag, zum anderen aber auch an Verhoevens Inszenierungsstil. Ähnlich wie zB bei Scorsese oder Kubrick ist Verhoevens filmemacherischer Stil stark eigenständig (oder wenn man so will eigenwillig) und alles andere als Mainstream (auch wenn er in seiner Hollywoodphase ironischerweise dann den Mainstream äußerst erfolgreich bediente, was aber eher ein Abfallprodukt war und ihn stilistisch nicht verbog). Die Faustregel „wenn dir ein Film von Verhoeven nicht gefällt, dann gefällt dir keiner wirklich“ mag zwar nicht immer stimmen, aber einen guten Anhaltspunkt bietet sie dennoch. Verhoevens Inszenierungsstil bestimmt praktisch alle seine Filme und daher wird es für Filmfreunde, die diesem Stil nichts abgewinnen können schwierig sein den Rest des Filmes und die durchaus vorhandenen handwerklich und künstlerisch wertigen Elemente geniessen zu können, selbst wenn sie als solche wahrgenommen werden.

Noch zwei Anmerkungen zum hohen Gewaltpegel und den angesprochenen Stop-Motion-Effekten: der Gewaltpegel dient hier als Stilmittel, um den Satirecharakter des Films zu unterstreichen. Verhoeven sah das Projekt ja nie als SciFi an, tatsächlich landete das Drehbuch nach dem erstmaligen Durchlesen in seinem Mülleimer. Er machte den Film letztlich nur, da er erkannte, dass die SciFi-Story einen sehr guten Ausgangspunkt für eine comichafte Satire bot – und entsprechend richtete er dann auch seinen ganzen Film aus. Robocop ist durchgängig überspitzt, übertrieben und lässt sich keine Gelegenheit entgehen satirische Spitzen auf den American Way of Life abzufeuern. Genau so over-the-Top muss dann halt auch die Gewalt sein, da wir keine „normale“ Welt und „normale“ Verhaltensweisen präsentiert bekommen (die ironischerweise in der realen Welt so arg anders aber doch nicht sind, zumindest im Kern des Ganzen). Die Gewalt darf nicht „normal“ sein, sondern muss ins Extrem gehen.

Darüberhinaus ist Robocop als weiterer Subtext eine modernisierte Variante der Christus-Geschichte. Murphy/Robocop muss sterben und wiederaufstehen, um die Welt von den Sünden zu erlösen. Dass dabei die Sündenerlösung in Form von extremer martialischer Gewalt erfolgt ist typisch für Verhoevens beissenden Humor, passt wiederum aber auch in das völlig überzeichnete Weltbild des Films und unterstreicht zudem seinen comichaften Charakter. So wie der Robocop eine extreme „Christus-Variante“ darstellt, so extrem sind auch die „Sünden“ der Menschen. Dass die Sünden (=extreme Gewalt) und ihre Erlösung (=extreme Gewalt) sich nichts nehmen, kann dabei durchaus als Verhoevens Kommentar zur Historie des Christentums verstanden werden.

Was die Stop-Motion-Effekte anbelangt, so muss man natürlich auch immer im Hinterkopf behalten, dass Robocop keine Topproduktion war, sondern ein besseres B-Movie mit einem sehr überschaubaren Budget. Die „Harryhausenesken“ Trickszenen waren bereits im Erscheinungsjahr des Filmes nicht mehr wirklich zeitgemäß und überzeugend (wie auch beim ersten Terminator, in welchem die finale Konfrontation ja mit der gleichen Tricktechnik gelöst wurde), aber in Ermangelung besserer Möglichkeiten und vor allem in Ermangelung von mehr Geld ist es eben wie es ist. Der Verweis auf CGI ist hier etwas unfair, da auch heute bei einem entsprechenden B-Budget der finanzielle Rahmen hier keine großen Sprünge zulassen würde und gerade bei CGI sich mit zunehmendem Budget die Spreu idR sehr deutlich vom Weizen trennt. Ein gutes Beispiel sind diesbezüglich die beiden thematisch ähnlichen Actionkracher Olympus has fallen und White House Down. Während beim vergleichsweise günstig produzierten Fuqua-Film die computergenerierten Effekte teilweise abenteuerlich schlecht aussehen sieht das Ganze bei Emmerichs BigBudget-Variante weit besser und überzeugender aus. Ohne entsprechende finanzielle Möglichkeiten ist CGI in vielen Fällen eher eine schlechte Wahl gegenüber analogen Effekten, auch wenn sich durch letztere naturgemäß weit weniger „Entfaltungsmöglichkeiten“ bieten.
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Inszenatorisch haben mir Verhoevens Filme ohnehin nie etwas gegeben. Da sehe ich stilistisch nichts was sich hier lohnen würde einen zweiten Blick zu riskieren. Hier kommen noch bemerkenswert langweilige Charaktere und eine teils unterirdische Schauspielerei hinzu. Und eine meist uninspirierte Gestaltung der Action. Dermaßen langweilig hat Robocop meine leicht vorhandene Grundmüdigkeit soweit verstärkt daß ich mehrfach weggenickt bin.

Die einzig gelungene Szene ist die mißglückte Präsentation des Roboter Cops. Da funktioniert ausnahmsweise auch mal die Mischung aus derber Gewalt und Humor, denn die beabsichtigte Satire ist zwar insgesamt klar vorhanden, aber sonst meist auch nicht so gelungen, und der vorhandene Humor ist des öfteren unfreiwillig.

Und inhaltlich ist da ebenfalls nichts was die Beschäftigung lohnt, dafür ist das alles zu grob und offensichtlich.

Insgesamt also ein ziemlich trashiger Film, aber im negativen Sinn.

Das ist insofern schade als mir das Konzept des Filmes an sich sehr sympathisch ist. Witzigerweise hatte ich den Film hier im Thread mit 6/10 bewertet, obwohl ich den im Kino damals schon total öde fand. Also habe ich ohne den Film nochmal gesehen zu haben den Rubbelcop unbewußt aufgewertet, und ihn jetzt auch mit der Erwartung geschaut ihn noch viel besser zu finden, nur um dann festzustellen daß er für mich immer noch genau so primitiv ist wie damals. Ich habe ihn jetzt mit 3/10 bewertet, obwohl 1/10 ehrlicher wäre.

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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Maibaum hat geschrieben:Inszenatorisch haben mir Verhoevens Filme ohnehin nie etwas gegeben. Da sehe ich stilistisch nichts was sich hier lohnen würde einen zweiten Blick zu riskieren.
Da du es dennoch wieder versucht hat bist du somit genau so uneinsichtig wie meine Wenigkeit bei ihren diverse verzweifelten Versuchen 2001 etwas abzugewinnen. Vielleicht sollte man sich einfach mal eingesetehen, dass manche Filme/Regisseure für den persönlichen Geschmack einfach ungeeignet sind. Die aus missglückten Zweit- und Drittversuchen resultierende Frustration ist dann eher der eigenen Uneinsichtigkeit denn den Filmen geschuldet (auch wenn es zugegebenermaßen manchmal funktioniert). Wiederholte Sichtungen besseren Wissens haben irgendwie etwas von Lisa Simpsons Experiment mit Bart und dem Hamster. :wink:
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Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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So ist es. Mir geht´s beispielswiese mit Kubrick so. Meist eine 1A-Schlaftablette. Verhoeven habe ich dagegen bis auf wenige Ausnahmen immer sehr genossen. Der Mann ist mit Verve und Lust an der Provokation dabei und schert sich nicht um Konventionen. Seine Filme haben immer diesen überbordenden Pulp-Charme der mir einfach gefällt.
http://www.vodkasreviews.de

https://ssl.ofdb.de/view.php?page=poste ... Kat=Review

Re: Die Filme von Paul Verhoeven

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AnatolGogol hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben:Inszenatorisch haben mir Verhoevens Filme ohnehin nie etwas gegeben. Da sehe ich stilistisch nichts was sich hier lohnen würde einen zweiten Blick zu riskieren.
Da du es dennoch wieder versucht hat bist du somit genau so uneinsichtig
Nein, mein Geschmack verändert sich ja, und ich habe schon so manchen Film "entdeckt" mit dem ich früher nichts anfangen konnte. Außerdem gefallen mir ja einige Verhoeven Filme, aber bislang immer nur bis zu einem gewissen Grad.