So. Jetzt gehts gehts wieder vorwärts in NRW.Die SPD jubelt, die CDU ist bitter enttäuscht - aktuellen Hochrechnungen zufolge könnte es in Nordrhein-Westfalen knapp für eine rot-grüne Regierung reichen. Fest steht jetzt schon: Die schwarz-gelbe Koalition von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist abgewählt.
Nach den aktuellen Hochrechnungen von ARD und ZDF stürzt die CDU mit 34,3 bis 34,5 Prozent auf ihr schlechtestes NRW-Ergebnis, ein Minus von gut zehn Punkten. Die SPD mit ihrer Landeschefin Kraft erreicht 34,4 bis 34,7 Prozent, ein Verlust von mehr als zwei Punkten. Die in Düsseldorf bisher mitregierende FDP von Andreas Pinkwart liegt mit 6,6 bis 6,7 Prozent im Bereich ihres mäßigen Abschneidens von 2005 (6,2), aber deutlich unter dem NRW-Ergebnis bei der Bundestagswahl im Herbst (14,9). Die Grünen um Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann verdoppeln sich auf 12,2 bis 12,3 Prozent, ihr bestes Ergebnis im Land. Die erstmals angetretene Linkspartei schafft mit 5,7 bis 6,0 Prozent sicher den Einzug ins Parlament (Vorläuferparteien PDS und WASG 2005 zusammen 3,1 Prozent).
Daraus ergibt sich laut ARD und ZDF folgende Sitzverteilung: CDU 66 bis 67 (2005: 89), SPD 66 bis 68 (74), FDP 13 (12), Grüne 24 (12), Linke 12 (0). Die Wahlbeteiligung war mit unter 60 Prozent extrem niedrig.
Vor der Wahl hatte sich die FDP auf die CDU als Koalitionspartner festgelegt, die Grünen lehnen eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP ab. Theoretisch denkbar sind daher neben einer eventuell möglichen rot-grünen Koalition eine Große Koalition oder aber eine rot-rot-grüne Koalition.
Fest steht aber: Schwarz-Gelb hat nun auch im Bundesrat keine Mehrheit mehr. Das Regieren wird für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schwieriger: Sie ist stärker auf Kompromisse mit SPD und möglicherweise auch den Grünen angewiesen - und sie hat es mit einem angeschlagenen Koalitionspartner FDP zu tun. Die Kanzlerin braucht eine Mehrheit in der Länderkammer für ihre Großprojekte: Haushaltssanierung, Steuerentlastung, Gesundheitsreform, Bildungsoffensive.
Reaktionen der Parteien - von Jubel bis Enttäuschung
"Eine Botschaft geht von Nordrhein-Westfalen hinaus ins ganze Land: Die SPD ist wieder da", rief Spitzenkandidatin Hannelore Kraft ihren jubelnden Anhängern zu. "Die stärkste Partei sein und mit den Grünen regieren: Das ist das, was wir wollen." SPD-Parteichef Sigmar Gabriel zeigte sich mit zufriedenem Gesichtsausdruck vor einer ausgelassenen Zuhörerschar im Berliner Willy-Brandt-Haus. "Das ist ein guter Tag für Nordrhein-Westfalen," sagte er. "Das System Rüttgers ist abgewählt worden."
Bei den Grünen brach angesichts des Rekordergebnisses Jubel aus. "Schwarz-Gelb ist weg", rief Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann. Die Grünen-Fraktionsvizechefin im Bundestag, Bärbel Höhn, zeigt sich ebenfalls sehr zufrieden. "Einfach wundervoll", sagte Höhn zum Wahlausgang. Grünen-Chef Cem Özdemir lobte das "sensationell gute Wahlergebnis".
Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers sagte: "Dieser Wahlabend ist für die CDU in Nordrhein-Westfalen und auch für mich persönlich bitter." Das gelte besonders, weil er überzeugt sei, "dass wir fünf Jahre lang gute Arbeit für die Menschen in Nordrhein-Westfalen geleistet haben". Er wolle die politische Verantwortung für das Ergebnis übernehmen, ihm sei jedoch an einer stabilen Mehrheit im Land gelegen.
"Das ist ein in jeder Hinsicht enttäuschendes Ergebnis", sagte auch Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzender des Innenausschusses im Bundestag. Die Leistungsbilanz von Schwarz-Gelb in NRW bezeichnete er als "hervorragend", diese habe aber im Wahlkampf keine Rolle gespielt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Peter Altmeier, zeigte sich im ZDF erschüttert. "Das Ergebnis ist unbefriedigend und enttäuschend, da braucht man gar nicht erst drumherum zu reden." Generalsekretär Hermann Gröhe sprach von einem "äußerst schmerzhaften Ergebnis".
Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet hat der Bundespartei eine Mitschuld an den herben Verlusten der CDU bei der Landtagswahl gegeben. Die nordrhein-westfälische CDU habe zwar eigene Fehler gemacht, aber auch keine Rückendeckung aus Berlin erhalten, sagte er. In den vergangenen Tagen habe sich die Debatte wegen der Griechenland-Krise kaum noch um landespolitische Themen gedreht.
Der FDP-Spitzenkandidat in NRW, Andreas Pinkwart, machte aus seiner Enttäuschung über das Wahlergebnis keinen Hehl. "Nordrhein-Westfalen hat die bisherige Landesregierung nicht bestätigt," sagte er. "Die FDP hat ihr Wahlziel nicht erreicht. Wir wollten zweistellig werden. Das ist uns nicht gelungen." Ähnlich zerknirscht äußerte sich FDP-Chef und Vizekanzler Guido Westerwelle. "Wir haben unser Wahlziel verfehlt", sagte er. Das Ergebnis sei auch ein "Warnschuss" für Berlin. "Wir müssen uns jetzt bemühen, das verloren gegangene Vertrauen zurückzugewinnen."
Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Linken, Sahra Wagenknecht, sieht nach dem Ausgang der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen die SPD am Zug. Da es nach den Hochrechnungen für SPD und Grüne allein nicht reiche, müsse nun "die SPD beweisen, ob sie regierungsfähig ist", sagte Wagenknecht am Sonntag in Düsseldorf. Sollte die SPD stattdessen auf eine Koalition mit der CDU setzen, könne sie "nichts umsetzen von dem, was sie versprochen hat".
Bei der letzten Landtagswahl im Jahr 2005 war die CDU mit 44,8 Prozent und 89 Mandaten stärkste Partei geworden. Die SPD kam vor fünf Jahren auf 37,1 Prozent und 74 Sitze im Düsseldorfer Landtag. Drittstärkste Partei wurden die Grünen mit 6,2 Prozent und 12 Abgeordneten ganz knapp vor der FDP mit ebenfalls 6,2 Prozent und 12 Parlamentariern. Die Linke war 2005 noch getrennt angetreten, wobei die WASG auf 2,2 Prozent und die PDS auf 0,9 Prozent gekommen waren.
Im bevölkerungsreichsten Bundesland waren rund 13,3 Millionen Bürger zur Abgabe ihrer Stimmen aufgerufen - das sind mehr als ein Fünftel aller Wahlberechtigten bundesweit.
MfG
Samedi