Re: Der Batman-Thread

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Samedi hat geschrieben: 4. März 2022 12:50 Auch an Elfman kommt Giacchino nicht heran, obwohl er ihn merklich zu kopieren versucht.
Tut er nicht. Hab selbst mit ihm gesprochen, aber auch viele andere Interviews gelesen. Seine großen Vorbilder für den Score sind musikalisch überdeutlich Jerry Goldsmith und sein Score zu "Chinatown" und natürlich die Arbeit von Shirley Walker für die Zeichentrick-"Batman"-Serie, die 1992 gestartet ist und bis auf das Main Theme von Elfman sich musikalisch arg in anderen Stilrichtungen aufhielt. Auch die Musik zu "Vertigo" von Bernard Herrmann war ein klar hörbares Vorbild. Mit Elfman hat das musikalisch wenig zu tun. An einer Stelle gibt es dafür eine sehr hübsche Reminiszenz an Nelson Riddle, der die Musik zu "Batman hält den Welt in Atem" von 1966 komponierte. Hat mir und meiner Begleitung im Kino gut gefallen. Obwohl ich Elfman liebe (und "Batman Returns" nicht nur der beste Batman-Score, sondern auch Elfmans beste Arbeit überhaupt ist), war es von Giacchino richtig, etwas ganz anderes zu machen, und neue Fahrwasser zu erkunden.
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Re: Der Batman-Thread

542
Jetzt bin ich doch etwas verwirrt, denn vor kurzem hast du noch folgendes geschrieben:
Casino Hille hat geschrieben: 21. Januar 2022 14:14 eine Spur Danny Elfman hört man ebenfalls recht einfach raus
Bei einem ganzen Soundtrack sind bestimmt auch andere Einflüsse rauszuhören, aber die Elfman-Anleihen sind da schon sehr prominent und auch nicht zu leugnen.
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Re: Der Batman-Thread

543
Nö, nicht wirklich. Das Theme (das aus drei Noten besteht) hat tatsächlich was von Elfman (ist auch keine Kunst, weil du diese Abfolge genauso bei Elfman – und Walker – findest, perfiderweise aber auch bei Zimmer), der Rest des Scores quasi gar nicht. Habe ich auch noch nirgendwo gelesen – weil es schlicht nicht stimmt. "Chinatown" hörst du in vielen Tracks sehr prominent raus (nicht kopiert, aber angelehnt), insbesondere in "It's Raining Vengeance", "Moving in for the Gil", "Meow and You and Everyone We Know" und "An Im-purr-fect Murder". Anleihen an Herrmann und Walker findest du bei "Can't Fight City Halloween", "Don't Be Voyeur with Me" und sehr prägnant in "World's Worst Translator". In "Are You a Kenzie or a Can't-lie?" findest du die Reminiszenz auf Nelson Riddle und auf die Musik von Howard Shore für "Se7en". "Highway to the Anger Zone", der beste Track des Films, webt subtil "Something in the Way" von Nirvana mit ein. Muss man alles nicht mögen (oder hören), aber das ist mehr als nur der Versuch einer Elfman-Kopie, wie du es beschreibst.

Übrigens schrieb ich schon damals, das Main Theme erinnere mich zwar enorm an Danny Elfman, "noch mehr aber an die fabelhafte Shirley Walker". Wenn schon, dann bitte auch vollständig und korrekt zitieren und nicht nur die Rosinen rauspicken, die zum eigenen Narrativ passen.
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Re: Der Batman-Thread

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Samedi hat geschrieben: 4. März 2022 13:43 Also vor allem "Escaped Crusader" klingt total nach Elfman. Und nicht nur ein paar Noten.

Aha. Du hast aber bei 2:28 ein verdrehtes Zitat aus "The Dark Knight" von Hans Zimmer und James Newton Howard.
Und bei 1:31 bedient sich Giacchino direkt bei Christopher Drake und seinem Soundtrack zum Videospiel "Batman: Arkham Origins".

Du wirst im Score kaum Elfman finden, weil da schlicht nichts ist. Es hört sich für dich halt einfach nur ähnlich an. Das ist auch okay, darfst du so empfinden. Aber richtige Zitate oder "Kopien" wirst du nicht ausmachen können. Lies dir mal ein paar Kritiken zum Soundtrack oder schlicht Kommentare unter den Videos durch, bevor du hier noch mehr verlinkst, oder gar Interviews mit Michael Giacchino, dann wirst du merken, wie vielseitig der Maestro hier vorgegangen ist. Golden Projectile hat ganz recht: Der Score allein ist die Kinokarte wert, es ist eine von Giacchinos besten Arbeiten. Kein Mixtape und trotzdem voll von Querverweisen auf die offensichtlichen filmischen Vorbilder, die Matt Reeves im Sinn hatte und voller Respekt für die vielseitigen Vorgänger, die "Batman" bereits vertont haben, nur immer mit eigenem Spin.
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Re: Der Batman-Thread

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Casino Hille hat geschrieben: 4. März 2022 13:56 Du hast aber bei 2:28 ein verdrehtes Zitat aus "The Dark Knight" von Hans Zimmer und James Newton Howard.
Das sind aber wirklich nur ein paar Noten. Der ganze Klang des Soundtracks (und darauf kommt es ja an) ist an Elfman und Walker orientiert.
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Re: Der Batman-Thread

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GoldenProjectile hat geschrieben: 4. März 2022 12:30 Die Darsteller und Figuren sind grösstenteils exzellent. Pattinsons Batman-Präsenz ist eine Wucht (und sein erster Auftritt inszeniert ihn bei aller Schlichtheit wie eine alptraumhafte Urgewalt) und sein eremitischer Bruce Wayne ergänzt das. Zoë Kravitz finde ich von der Besetzung und der Rolle her perfekt, Catwoman scheint direkt einem Comic von Jeph Loeb entsprungen. Ein Highlight ist natürlich auch Colin Farrells Penguin, der erfreulicherweise präsenter und prominenter Auftritt als erwartet. Paul Dano als Riddler ist trotz überwältigender (und im Nu verfliegender) Laufzeit von drei Stunden nicht immer ganz zu Ende gedacht, bzw. wirkt es als ob man hier nicht Zeit und Raum hatte, wirklich alles zu zeigen wie beispielsweise bei Ledgers Joker, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Die einzige Besetzung, die für mich zumindest etwas gewöhnungsbedürftig war, ist John Turturro als Falcone.
Pattinson ist "der Schwachpunkt" im Ensemble, obwohl er mich nicht stört, aber sein Bruce Wayne ist komplett 'one note' als Charakter. Wann immer er nicht im Anzug steckt (und das ist zugegeben nicht so oft), ist er irgendwo zwischen lethargisch und komatös. Affleck war in "Batman v Superman" ähnlich unterwegs, tumb und ohne viel Variation im Spiel. Für "The Batman" ergibt das charakterlich und dramaturgisch sehr viel mehr Sinn und ich mochte es sogar, wie sie Bruce Wayne anlegen, aber viel zu tun hat er nicht. Er ist größtenteils einfach nur da. Kein Vergleich zum überragenden Michael Keaton oder dem starken Christian Bale – aber die hatten eben auch mehr Material zum Spielen.

Beim Rest bin ich dabei: Kravitz ist richtig gut und Farrell ist als De Niro Verschnitt absolut sensationell. Ich mochte auch John Turturro, da spielt Reeves auch interessant mit dem Typecasting, in dem Turturro sonst so unterwegs ist. Dano ist gut, hat aber streng genommen nur eine echte Szene und ist in der zwar intensiv, aber eben auch nur sehr temporär. :) Andy Serkis hat übrigens auch kaum zu tun, spielt seine eine richtige Szene aber bärenstark. Der Star des Films ist dennoch in meinen Augen Jeffrey Wright, der schlagartig mein liebster Gordon geworden ist: Ein Partner auf Augenhöhe mit Batman, ein rechtschaffener, cleverer, aber verschlossener Typ – der vielleicht deshalb im geheimnisvollen Kapuzenrächer seinen wahren Verbündeten erkennt.
GoldenProjectile hat geschrieben: 4. März 2022 12:30 Der Ansatz ist eine moderne und aktuelle Verarbeitung des Batman-Mythos, die selbigen aber trotzdem akkurater erfüllt als die Nolan-Verfilmungen, die (ganz besonders The Dark Knight - denn so homogen wie sie oft gemacht werden sind die drei Filme nicht) eher daran interessiert sind, Batman in einer möglichst realen Welt zu verorten. Der Batman-Kosmos war aber immer schon, trotz nur punktueller Fantasy-Elemente, eine die Grenzen auslotende, bizarre Reflektion einer realen Welt, und darin ist Reeves' Film sehr stark und stimmig.
Jain. :mrgreen: Verarbeitung des Mythos – okay. Aber vor allem ist der Film eine Kritik am Heldentum oder besser: Er versucht medienkritisch, die Popularität des Superheldenkinos zu hinterfragen. Vieles davon wird erst im dritten Akt ersichtlich (und das darf dem Film als Vorwurf ausgelegt werden, da er sich in Teilen in dem suhlt, was er später als kritisch zeigen will), aber letztlich zeigt Reeves hier, warum Superhelden als Vorbilder (und sie sind DIE popukulturellen Vorbilder des 21. Jahrhunderts bislang) vielleicht nicht so ideal sind wie man meinen könnte. Sein Film ist voller aktueller Bezüge, erinnert an Christchurch oder den Sturm auf das Kapitol vom 6. Januar 2021 und hinterfragt Batman als Katalysator dieser Gewalteskalationen. Nolan hat das auch zu erzählen versucht, aber bei ihm überwog immer der Glaube an das Gute. "The Dark Knight" beispielsweise ist wie eine griechische Tragödie aufgezogen (mit einem Batman, der sich opfern muss, um die Ordnung aufrecht zu erhalten), aber dieses persönliche Opfer verstärkt ja nur sein Heldentum für uns allwissende Zuschauer.

Reeves hingegen zeigt auf, warum jeder Versuch, eine soziale Ordnung durch Gewalt zu erhalten, zwangsläufig zu einem gewalttätigen Machtdiktat führen wird. Und genau das hat er schon in den "Planet of the Apes"-Filmen verhandelt. Auch da war Caesar trotz seiner noblen Absichten Teil des Problems und konnte nicht Teil der Lösung sein. Während Bruce Wayne als Milliardär bei Nolan also stets als Vertreter des Establishments mit der Faust die althergebrachte Ordnung verteidigte oder in "The Dark Knight Rises" gar zurück erprügelte, werden in "The Batman" seine Privilegien immer wieder in Frage gestellt und sein Status als möglicher Dunkler Ritter für die Gerechtigkeit klar angegriffen. Seine Schuhe (Springerstiefel), sein Auftreten aus den Schatten in seiner ersten Szene, seine Wirkung auf die Zivilbevölkerung, seine Behausung (ein riesiger Turm, in dem er die Stadt alles sehend überragt), all das ist einerseits Macho-Kino, andererseits aber auch bedrohlich und teils dem Horrorfilm entnommen. Ist das noch Batman als Dektektiv oder schon Batman als Faschist?

Stark war diesbezüglich eine tolle Szene mit Catwoman, die seine bekannte "Eine Regel", nämlich, dass er nie tötet, thematisiert. Statt im alten moralischen Duktus zu verharren, nachdem Batman durch seine Abscheu tödlicher Konsequenzen erst zum Helden werde (wie es Nolan darstellte), lässt Reeves durch Selina Kyle eine andere Wahrheit formulieren: Niemanden zu töten und sich immer rechtschaffen und gesetzestreu zu geben, muss man(n) sich erstmal leisten können. Und Bruce Wayne kann sich vieles leisten.

Macht (und Reichtum) kann niemals unschuldig sein. Mit der Erkenntnis geht man finde ich aus dem Film und das ist ein großes Glück und ein neuer Ansatz, den andere Superheldenfilme noch nicht einmal im Ansatz begriffen haben. Wenig überraschend zitiert Reeves in einer Szene fast 1:1 einen ikonischen Moment aus der Graphic Novel "Watchmen" von Alan Moore und Dave Gibbons, die schon 1986 die Superhelden-Erzählmuster ähnlich kritisch unter die Lupe nahmen. Und Reeves hat auch verstanden: In einem Post-Trump-Amerika, in einer Zeit nach Irak und Afghanistan, sind unsere Helden alles, aber definitiv nicht mehr unschuldig.
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Re: Der Batman-Thread

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Casino Hille hat geschrieben: 4. März 2022 14:56 Affleck war in "Batman v Superman" ähnlich unterwegs, tumb und ohne viel Variation im Spiel.
Sehe ich genauso. Während Bales/Nolans Batman stets auch sein öffentliches Image als nutzloser und hedonistischer Glamour-Promi pflegt versucht Snyders Batman gefühlt gar nicht erst, irgendeine Form von Fassade aufzusetzen (und Snyders Superman auch nicht, was noch blöder ist). Pattinsons Wayne macht das zwar auch nicht so wie Bale, aber im Gegensatz zu Afflecks Wayne kann er sich das leisten, weil er eben in dieser Welt als Eremit, als Howard-Hughes-Figur gilt.
Casino Hille hat geschrieben: 4. März 2022 14:56 Jain. :mrgreen:
Schön argumentiert, mag alles stimmen, aber das meinte ich eigentlich alles gar nicht. Worauf ich hinaus wollte ist nur die Welt, die portraitiert wird. Das Batman-Universum sozusagen. Und da bin ich immer noch der Meinung, dass es nur zwei DC(und Marvel)-Verfilmungen gibt, die in der realen Welt spielen wollen und können (nicht als die übliche Floskel, sondern buchstäblich gemeint): TDK und Joker. BB und TDKR nicht ganz, aber auch da versucht Nolan in diese Richtung zu gehen. TDK spielt nicht in Gotham, sondern in Chicago das Gotham genannt wird. Ein richtiger Robin wäre bei Nolan undenkbar gewesen, ähnlich viele der Schurken. Eine gewisse Theatralik und Bizarrheit des Batman-Kosmos konnte Nolan nach der Art, wie seine Batman-Version funktioniert gar nie erreichen, womit ihm auch viele Figuren und Geschichten verwehrt geblieben wären. Reeves' Batman, obwohl immer noch sehr bodenständig und wie du sagst sehr an jüngeren Entwicklungen in der realen Geschichte und Gesellschaft orientiert, kann da weiter gehen und fühlt sich deutlich mehr nach der Batman-Welt eben z.B. aus Loebs Comics an.
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Re: Der Batman-Thread

550
Casino Hille hat geschrieben: 4. März 2022 14:56 Der Star des Films ist dennoch in meinen Augen Jeffrey Wright, der schlagartig mein liebster Gordon geworden ist: Ein Partner auf Augenhöhe mit Batman, ein rechtschaffener, cleverer, aber verschlossener Typ – der vielleicht deshalb im geheimnisvollen Kapuzenrächer seinen wahren Verbündeten erkennt.
Edit: Wie konnte ich Wright vergessen, sein Gordon ist natürlich auch sehr stark und passend. Für mich liegt wohl Gary Oldman immer noch vorne, alleine aus dem Grund dass er eine grössere Bandbreite auffahren durfte, aber Wright muss sich nicht verstecken.
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Re: Der Batman-Thread

551
iHaveCNit: (2 Times) The Batman (2022) – Matt Reeves – Warner
Deutscher Kinostart: 03.03.2022
gesehen am 02.03.2022 in Dolby Atmos und 05.03.2022 in Dolby Atmos
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 1 – Reihe 8, Platz 25 – 20:00 Uhr
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kino 1 – Reihe 14, Platz 19 – 16:15 Uhr


Natürlich habe ich es mir nicht nehmen lassen aus dem aktuellen Wochenende einen der wohl wichtigsten und besten Filme des Kinojahres 2022 zu sehen - „The Batman“ von Matt Reeves. Vorweg möchte ich sagen, dass alle filmischen Ansätze über Batman für mich einen gewissen Reiz ausüben und geübt haben, so dass ich jeden filmischen Ansatz schätze – von Tim Burtons bizarrer und morbider Düsternis über Joel Schumachers knallbunten Trash bishin zum epischen Realismus eines Christopher Nolan und der philosophischen Ästethik eines Zack Snyders in den Ensemble-Stücken „Batman v Superman: Dawn of Justice“ und „Justice League“. Vor allem Nolans Trilogie gehört zu einer der für mich besten Trilogien. Umso gespannt war ich dann, was uns Matt Reeves nun mit Robert Pattinson in der Hauptrolle liefert, nachdem sich aufgrund eines dynamischen kreativen Prozesses die Pläne für einen Solo-Batman von und mit Ben Affleck geändert haben. Für mich auf jeden Fall liefert Reeves einen großartigen Film, der wieder etwas komplett neues bietet.

Bruce Wayne ist als Batman seit 2 Jahren dabei, die Verbrechen im Moloch voller Gewalt und Korruption Gotham zu bekämpfen, was vom Gotham City Police Department nur eher widerwillig geduldet wird und er zu manch einem Tatort gerufen wird um Verbrechen aufzuklären. Einer dieser Tatorte ist die Wohnung von Gothams Bürgermeister, der inmitten seines Wahlkampfes an Halloween ermordet wird. Der Täter hinterlässt für Batman ein Rätsel am Tatort, das er gemeinsam mit James Gordon lösen muss – ohne zu ahnen, dass er damit wie tief er in die Unterwelt Gothams und auch seine eigene Vergangenheit abtauchen muss.

An manch einer Stelle wird die Bezeichnung „Biest“ für diesen Film verwendet. Dem kann ich mich zweifelsohne direkt anschließen und sagen, dass „The Batman“ ein wahres, beeindruckendes Biest von einem Film geworden ist. Dieses Biest ist sehr finster, fies, düster, diffus, dreckig, nass und auch emotional geworden. Matt Reeves macht offenkundig betrachtet in seinem Ansatz aus „The Batman“ eine klassische Detektiv-Story, die sogar in die Richtung eines Neo-Noir-Crime-Psychothriller geht und sogar ein wenig Coming-Of-Age beinhaltet. Der diffuse, regnerische Look lässt sicherlich Erinnerungen an David Finchers „Sieben“ und auch Ridley Scotts „Blade Runner“ aufkommen, die Geschichte mit ihrem Plot und teilweise enthaltenen Elementen und Schauspielern auch noch dazu Finchers „Zodiac“, Villeneuves „Prisoners“ und „Saw“. Dabei erschafft Reeves und der DOP Greig Frasier mit der gewählten Kameraführung und den Einstellungen Bilder für die Ewigkeit, die im Kino die volle Wirkung entfalten. Im gesamten handwerklichen Bereich ist der Film einfach großartig geworden. Der Look im Gesamten von Kostümen, Sets und auch die visuellen Effekte unterstreicht und ergänzt die stimmige Atmosphäre des Films perfekt. „The Batman“ erschafft damit auch etwas für sich selbst stehendes und eigenes. Dazu gehört auch der großartige Soundtrack von Michael Giacchino. Mir hat auch die Art und Weise gefallen, mit welcher Tiefe und Vielschichtigkeit der Film unterfüttert worden ist. Vor allem im Bezug auf Gotham selbst und das Wesen von Batman bzw. Bruce Wayne, gerade wenn es um die eigene Rolle als Held geht und welche inneren Konflikte bedingt durch ihm noch unbekannte Themen aus seiner eigenen Vergangenheit sich damit ergeben. Die Art und Weise wie das im Film integriert worden ist finde ich großartig. Gerade diese eigene Unsicherheit inmitten des undurchsichtigen, diffusen Molochs voller Gewalt und Korruption kombiniert mit dem noch nicht voll verarbeiteten Kindheitstrauma verkörpert Pattinson großartig und mit einer gewissen Zurückhaltung. Für ihn ist die Bekämpfung der Verbrechen ein Ventil als Getriebener sowohl vor der Vergangenheit und dem eigenen Trauma zu flüchten als auch damit fertig zu werden. Aus der Vergangenheit wissen wir ja auch, dass Batman immer gut funktioniert, wenn er es mit einem Gegner zu tun hat, der ihn nicht auf körperlicher, sondern mentaler Ebene überlegen zu sein scheint. Und Paul Danos „Riddler“ mit seinem Ansatz ist ein perfider und großartiger Antagonist, dessen Lebensgeschichte Ähnlichkeiten zu der von Bruce Wayne aufweist und durchaus als Spiegel funktioniert, der die gesamte Entwicklung im Film unterstützt. Mir hat auch die Chemie zwischen Pattinson und der von Zoe Kravitz gespielten Selina Kyle gefallen, deren persönlicher Hintergrund auch sehr interessant in die gesamte Story integriert worden ist. Ergänzt wird das Ensemble von einem großartigen Jeffrey Wright, der als scheinbar einziger ehrlicher Cop Gothams selbst den Überblick im diffusen Moloch Gotham verloren zu haben scheint – und einem bis auf die Unkenntlichkeit maskierten und sehr schmierigen und fiesen Colin Farrell als Gangster und Clubbesitzer „Oz“ bzw. „Pinguin“. Darüber hinaus passt auch Andy Serkis als Alfred Pennyworth gut ins Gesamtbild des Films. Insgesamt hat Matt Reeves mit seinem neuen Ansatz in „The Batman“ ein wahres, beeindruckendes Biest von einem Film geschaffen, das in seiner knapp dreistündigen Laufzeit einen handwerklich nahezu perfekten Film bietet und einen fiesen, diffusen, düsteren, bodenständigen Neo-Noir-Crime-Psychothriller liefert, der sich perfekt von den bisherigen filmischen Ansätzen über den dunklen Ritter abhebt. Ein Film, der mich komplett in seinen Bann gezogen hat und sicherlich über Jahre, Jahrzehnte hinweg eine Rolle in meinem Herzen spielen wird. Auch wenn 3 Stunden bereits eine Hausnummer sind, ich hätte dem ganzen Treiben noch gerne länger zugesehen.

„The Batman“ – My Second Look – 10/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Der Batman-Thread

552
Auch gesehen jetzt. Nur ein paar Assoziationen. Ist kein Review.
Starker Film, aber nicht ohne Schwächen. Die Serienkiller-Atmosphäre und -Storyline ist ein Pluspunkt, das funktioniert sehr gut und ist im Batman-Kosmos eine frische Note. Die Besetzung ist auf den Punkt, keiner ragt heraus, aber alle sind sehr konzentriert und fokussiert. Das Problem ist, dass die Figuren etwas zu sehr Schablonen und Chiffren bleiben, das schränkt die Mimen dann natürlich ein. Pattinson macht seine Sache wirklich gut, kommt aber an Bale und Keaton nicht heran. Insgesamt ist der Film zu lang geraten. Er will ein Epos sein, ist aber in seiner ganzen Anlage ein Antiepos. Er will ein Antiheldenfilm sein, ist aber zu lange ein Heldenfilm. In der Filmmitte tauchen dann auch zu viele Namen auf und machen den Fall komplizierter, als er eigentlich ist. Auf der Ratte wird viel zu lange herumgeritten bzw. um sie herum geschlichen.

Der Score ist grandios und ganz anders als die von Elfman und Zimmer. Er ist unterschwellig bedrohlich, permanent nagend, treibend und dennoch melancholisch. Der Riddler ist ein fieser und daher sehr guter Antagonist, weit besser als der am Ende eher lächerliche Bane in TDR. Leider musste ich manchmal an Wallaces Frosch mit der Maske denken und schade, dass er nach der Demaskierung nur eine richtige Gelegenheit hatte, um so richtig zu schocken. An Ledgers Joker kommt er zumindest für mich nicht heran.

In der Grundanlage gibt es Ähnlichkeiten zu Nolans Bestem, TDK. Batman selbst wird hinterfragt, das was er ist, das was er tut. Auch dass er (Riddler) Gotham für sein Moloch-Sein bluten lassen will, ist sehr ähnlich. Aber während Nolan sich im Finale von TDN zur großen Tragödie aufschwingt (was auch prächtig funktioniert), ist Reeves hier subtiler unterwegs (was aber ebenfalls funktioniert). Der Vergleich hinkt allerdings auch wieder, weil erste und Mittelteile einer Trilogie (und zweifellos wird es wieder eine werden) anderen Gesetzmäßigkeiten folgen und in dieser Hinsicht sind beide Filme klassisch.

Das größte Plus für mich: ich will noch mehr davon sehen. Erwarte aber auch noch mehr. Wenn ich punkten müsste, was ich immer weniger gern mache, würde ich 8/10 vergeben.
http://www.vodkasreviews.de

https://ssl.ofdb.de/view.php?page=poste ... Kat=Review

Re: Der Batman-Thread

555
Die 3 Stunden bei den 3 Filmen sind ja noch gnädig, weil recht sinnvoll gefüllt.
Im Überschwang wollte ich es heute mit Zack Snyders Justice League probieren (4h). Nach 1:15h habe ich kapituliert und danach die Normalversion „zuende“ geschaut (Finale gegen Steppenwolf im Schnelldurchlauf). 1:45h fremdschämen…

Sicherlich könnte man The Batman auch auf 2h kürzen ohne, dass die Story leidet. Aber das Flair, die Stimmung würde leiden.
❤️☮️🧘🏻‍♂️