Patrice hat geschrieben:Wofür ist die erste Stunde essenziell?
Ich halte eine ausführliche Einführung von Charakteren und ihren Beziehungen zueinander in einem charaktergetriebenen Film für essenziell. Die Aktionen von und der Konflikt zwischen Farrell, Gleeson und auch Fiennes im zweiten Teil des Films ergeben sich ja schließlich auch aus dem, was der Film uns vorher über sie erzählt, und ich denke nicht, dass die Abhandlung dieser Entwicklungen in 15 Minuten funktioniert hätte. SIcher kannst du alles noch kürzen, aber dadurch gehen dann auch wichtige Sachen verloren. Um zB den Schmerz des Farrell-Charakters ordentlich aufzuzeigen, reicht die Szene in der Kirche nicht. Ich muss auch sehen, wie er daran leidet, wie er versucht, wieder an etwas Freude zu finden. Der Zwiespalt, in den Brendon Gleeson gestürzt wird, als die wahre Intention hinter dem Brügge-Aufenthalt klar wird, dominiert ja die erste Hälfte des Films, und lässt die letztliche Entscheidung des Killers, seinen Kollegen nicht umzubringen, so schwerer wiegen. Zudem gibt es so einige tolle Dialoge in der ersten Hälfte, die ich bestimmt nicht missen möchte.
Patrice hat geschrieben:
von richtigen Lachern und Humor (wie z.B. bei Hot Fuzz) ist es für mich meilenweit entfernt
Ist ja auch nicht diese Art von Humor. Die Komik steckt ja oft in den teils rabenschwarzen Dialogen und absurden Situationen. So halte ich die Absurdität eines Berufskillers, der seinen Freund umbringen möchte und ihn dann aber am Selbstmord hindert, für sehr komisch. Der Witz ist ja gerade, dass einem das Lachen oft im Halse stecken bleibt, weil die SItuation es eigentlich verbietet. Das ist keine Schenkelkloper-Komödie à la Hot Fuzz. Aber wenn du da die Komik nicht drin sehen kannst, werde ich dir das kaum erläutern können. Über den eigenen Sinn für Humor zu streiten hat bekanntlich wenig Sinn.
Patrice hat geschrieben:
Auch der Charakter von Fiennes ist gegen Ende einfach dumm geschrieben „Man muss zu seinen Prinzipien stehen“… kompletter Nonsens.
Das ist kein Nonsens, sondern ergibt sich klar aus dem, was Fiennes vorher selbst über sich sagt. Ich finde das sehr geschickt, wie der Film diese SItuation aufbaut.
Casino Hille hat geschrieben:
Ja, stimmt, aber "Brügge" finde ich auch eher wenig gelungen, weil zu sehr spürbar ist, dass McDonagh in Quentin-Tarantino- und Guy-Ritchie-Gefilden hausieren gehen will.
Interessant, das würde ich am ehesten noch über "7 Psychos" sagen. Dass auch der Brügge-Film sich da, gerade in den Dialogen, durchaus an Tarantino und Co. orientiert, würde ich gar nicht bestreiten, aber ich finde schon, dass dort auch bereits eine eigene Handschrift erkennbar ist. Gerade diese Mischung aus Humor und Tragik, wo ja oft die lustigen Szenen eigentlich sehr tragisch sind und die tragischen Szenen eine gewisse Komik beinhalten, lässt sich doch hier auch schon gut erkennen, auch wenn er das in seinen späteren FIlmen sicher noch mehr ausspielt.
Bei den Banshees stimme ich dir aber uneingeschränkt zu, der Film hat mich absolut begeistert.