Re: Zuletzt gesehener Film

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Ich kann ja nur eine Seite der Unterhaltung lesen, würde aber gerne zusammenfassen:

Tom Cruise hat versagt, denn das Kino ist tot. Niemand geht mehr ins Kino, die Leute bleiben lieber daheim und streamen. Man sieht diese unbestreitbare These daran, dass "Barbie" und "Oppenheimer" ausverkaufte Säle haben und die Leute, die dort keine Tickets mehr kriegen, stattdessen sogar lieber in andere Filme wie "Mission: Impossible" oder "Indiana Jones" gehen, statt zuhause zu bleiben. Alles klar?
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Re: Zuletzt gesehener Film

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danielcc hat geschrieben: 23. Juli 2023 14:16
Mein Punkt ist ja, dass in MI und Indy nur mehr Leute reingehen, weil die eigentlich in Barbie wollten. Jetzt also notgedrungen im falschen Film sind. Das hat ja dann mit Kunst auch nix zu tun
Du glaubst doch nicht im Ernst, dass Leute, die keine Karte kriegen notgedrungen in Indy gehen? Never. Nicht heutzutage. Das ist absurd. gibt es keinerlei Hinweise darauf. Zumal heute keiner mehr ins Kino rennt und merkt: "Oh, shit, gibt keine Karten mehr." Das wird alles online bestellt, also schon vorher.
Würde zudem suggerieren, dass die Leute heiß auf Kino sind und einfach irgendwas schauen, was definitiv nicht der Fall ist, sonst hätten wir kein Problem.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10653
Nun ja, so schreibt es aber gerade Mark von Insidekino - und der kennt sich etwas aus.

Ein nicht unwesentlicher Teil der Leute geht auch heute ins Kino ohne vorbestellt zu haben, und entscheidet dann spontan worein sie gehen, wenn der Wunschfilm ausverkauft ist.
Das habe ich immer wieder so erlebt. Stehe vor mir an der Kinokasse und diskutieren was sie schauen wollen.

Völlig absurderweise kostet übrigens zB die Onlinebestellung im Cinemaxx MEHR als die Karte vor Ort.


Ich würde ja gerne auf Hille antworten, aber der kann ja eh nicht mehr lesen was ich schreibe.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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danielcc hat geschrieben: 23. Juli 2023 14:16 Grundsätzlich hat jeder genug Zeit jeden Film zu sehen. Aber Barbie ist der Star der Stunde. Da wollen jetzt ganz viele ganz schnell rein. Früher lief dann ein solcher Film auf 5 von 10 Leinwänden. Bei mir im Cinemaxx läuft Barbie auf einer Leinwand - und zudem heute Abend nur im OV. Das ist komisch finde ich.
Da läuft gerade vermutlich manches komisch. Ich war vor einer Woche überrascht, dass Mission Impossible am Sonntag nicht ein einziges Mal im großen Saal lief. Am Mittag und Nachmittag lief da Miraculous Ladybug und Abends Insidious The Red Door. Mag sein, dass MI in Deutschland nicht so gut läuft wie andernorts, aber besser als Insidious läuft er definitiv und er profitiert auch mehr von einer größeren Leinwand. Dennoch hat sich unser Kino dafür entschieden ihm keine ganz große Leinwand zu geben. Und an den Tagen davor jeweils nur einmal. Das ist doch blöd...
vodkamartini hat geschrieben: 23. Juli 2023 14:15 Schön, ich war sehr häufig nachmittag im Kino, mache das auch immer noch gerne.
Nicht nur du. Ich auch. Zumindest wenn ich Zeit habe. Und wenn ich die Ticketvorverkäufe von heute anschaue, dann ist Oppenheimer um 15:50 Uhr fast genauso voll wie Barbie um 20 Uhr. Zumindest am WE gehen auch viele Am Nachmittag. Unter der Woche sieht es da sicherlich anders aus, da kommt es dann schon mal vor, dass man zu zweit im größten Saal sitzt...
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Re: Zuletzt gesehener Film

10655
Aber was wäre denn die Gegenforderung? Alle wollen "Barbie" und "Oppenheimer" sehen, also den Rest gar nicht mehr zeigen? Und wenn eure Kinos bestimmte Filme vor anderen priorisieren, wird das entweder mit Vorgaben, Abkommen oder Erfahrungswerten zu tun haben, in die ihr keine Einblicke habt.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10656
Sicherlich, Hille. Ich würde diese Erfahrungswerte oder Vorgaben nur halt gerne verstehen. Denn ich sehe wirklich keinerlei vernünftigen Grund Insidous (in dessen zweiter Woche, wenn ich mich nicht irre) vor MI an dessen ersten WE zu positionieren. Da hat mich ja nur die Saalverteilung gewundert. Dass beide Filme gleichzeitig laufen ist sicherlich sinnvoll, sie sprechen ja auch unterschiedliche Zielgruppen an. Aber der Film, den potentiell mehr sehen wollen, sollte im größeren Saal laufen und das ist halt nicht geschehen.
Was Oppenheimer und Barbie angeht seh ich bei uns tatsächlich keine großen Anomalien, die Situation in danielccs Kino kann ich nicht beurteilen.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10657
Vielleicht waren die Vorverkäufe für "Insidious" bei dem Kino einfach höher als für "Mission: Impossible" und dementsprechend bekommt der Film den größeren Saal. Im Kino bei mir um die Ecke läuft "Barbie" in der OV im großen Saal und die deutsche Tonfassung vom "Barbie" im Kleinsten. Das hat mich auch gewundert, aber es lag genau daran: Schon im Vorfeld wurden mehr Tickets für die OV verkauft, also wurden die Säle entsprechend gewählt.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10658
Ich bin mir sehr sicher, dass das nicht so war zumal Vorverkäufe bei uns soweit ich weiß erst dann gehen, wenn die Laufzeiten und Sääle feststehen (vielleicht irre ich mich da aber auch, ich bestelle nie vor). Aber ich denke ich habe dann auch die Sitzplatzvergabe online gecheckt und Insidious war quasi leer, während für MI zwar nicht extrem viele aber definitiv mehr Plätze vergeben waren. Wenn mich die Saalvergabe wundert checke ich das normalerweise nämlich gleich. Und das hat damals keine Erklärung geliefert.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10659
Ja, Vorverkäufe gehen erst, wenn die Säle feststehen. Buchen aber signifkant mehr Leute Karten für den Film im kleineren Saal als für den im großen, kann die Saalreihenfolge auch noch geändert worden. Aber sei es drum: Frag doch in deinem Kino mal nach. :)
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Re: Zuletzt gesehener Film

10660
Sonntag ist ja auch der Tag vor Montag und bei 3 Stunden Laufzeit, überlegen dann viele ob sie um 20 Uhr in einen solchen Kinofilm gehen, wenn um 5.30Uhr der Wecker geht.

@Hille: Naja, die Kinos haben ja auch schon Filmstarts mit 2 Mio gewuppt, da können 700 Tsd von Barbie ja nicht so das Problem sein. Viellecht liegt es auch am Personal? Ich sehe aktuell insgesamt nicht so viele Vorstellungen am Tag wie das früher der Fall war.

Übrigens, auch mal eine nette Story wie man auch noch dem letzten Fan das Kino verderben kann. Am Krefelder Cinemaxx kann man praktisch nur im benachbarten Parkhaus parken. Dieses wird Abends praktisch ausschließlich von Kinobesuchern besucht. Aber anstatt da ein attraktives Paket zu schnüren, werden diese Besucher voll abgezockt. Bei den aktuell angesagten Filmen mit fast 3 Stunden Laufzeit, plus 30 Minute (!) Werbung vorab, ruft der Ticketautomat des Parkhauses am Ende 9 (!) EUR auf. Als ob das noch nicht reiche, gibt es keine Möglichkeit zur Kartenzahlung, und selbst die Scheine funktionieren oft nicht. Nun frage ich: Wer hat in 2023 noch Cash? Welcher Familienvater kennt mit der Familie ins Kino, zahlt für Tickets und teure Getränke, und hat dann noch 9 EUR in Münzen im Portmonnaie?
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Re: Zuletzt gesehener Film

10662
Mein fast zuletzt gesehener Film war "Basquiat" (1996) - ich hatte mich so gefreut, den am Wochenende endlch mal wieder zu sehen. Jeffrey Wright, Gary Oldman, David Bowie, Dennis Hopper, Willem Dafoe, Christopher Walkem, Courtney Love, Benicio del Toro, Regie Julian Schnabel - besser geht's nicht. Und dann ist dieser Film einfach komplett verschwunden. Nicht mal Prime streamt den. Nicht mal deutschsprachige DVD's sind käuflich, höchstens zu absurden Mondpreisen. Wie kann das denn bitte sein - Frage an die Kenner der Filmwirtschaft?
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Re: Zuletzt gesehener Film

10663
„Life in plastic - it’s fantastic“

Bis vor zwei Wochen waren alle schlauen Analysten und Box Office Experten davon ausgegangen, dass Superstar Tom Cruise seine 2022 so glorreich gestartete Mission zur Rettung der globalen Kinokultur zum krönenden Abschluss bringen würde. Mit seiner siebten unmöglichen Mission würde er das Unmögliche möglich machen, so die Theorie. Nun, es kam bekanntlich anders und dass das an der verflixten 7 lag, darf getrost bezweifelt werden. Ironischerweise wurde ihm von einer Altersgenossin (sie erblickte lediglich 3 Jahre früher das Licht der Glamour-Welt) der Rang abgelaufen, die ebenfalls durch absoluten Perfektionismus und ein strahlendes Peroxid-Lächeln zur Ikone aufgestiegen war. Die Rede ist natürlich von der Barbie-Puppe, die 2023 endlich ihren eigenen Kinofilm beschert bekam.

Aktuell zertrümmert der bonbonbunte Streifen jedenfalls sämtliche Rekorde mindestens seit Corona und es wird spannend sein zu beobachten, ob er auch die „Top Gun: Maverick“ Schallmauer des vergangenen Jahres durchbrechen kann. Bösartiger formuliert könnte man sagen, dass nach dem letztjährigen Siegeszug der Macho-Kultur nun die Feminismus-Keule zurück schlägt. Aber im Prinzip überwiegen die Gemeinsamkeiten, die ein erhellendes Bild des aktuellen Zeitgeist zeichnen ...

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Eine Biiiiiiiene hat ihn gepiekt!

10664
Ich pack es mal hier rein, stelle gleichzeitig aber die Frage an die Mods in wieweit es sinnvoll wäre den inhaltlich etwas unterrepräsentierten Airport-Thread zum allgemeinen Katastrophenfilm-Thread umzufunktionieren.


Eines meiner absoluten Lieblingsgenres ist das des Katastrophenfilms. Die Mischung aus Action, Drama und Übertreibung hat es mir schon in jungen Jahren angetan und ich kann mich ihrer Faszination bis heute nicht entziehen. Auch wenn sich das Genre bis zum heutigen Tag gehalten hat (und durch Landsmann Roland durchaus einige nennenswerte späte Highlights aufweisen kann), so sind doch die 70er Jahre fraglos die Blütezeit des Katastrophenfilms. Dabei ist es durchaus bemerkenswert, dass das 1970 beginnend mit Airport durchstartende Genre als eine der wenigen Ausnahmen sich in Mitten des auch kommerziell den Takt angebenden New Hollywood behaupten konnte. Durch ihren gemeinhin hohen Aufwand und ihre starke Effekt- und Actionaffinität nahmen die Katastrophenfilme in gewisserweise das vorweg, was ab Spielbergs Jaws und mehr noch Lucas Star Wars zum modernen Blockbusterkino werden sollte. Daher ist es in gewisser Weise auch logisch, dass mit Aufkommen dieser Blockbusterfilme im Verlauf der zweiten Hälfte der 70er Jahre die große Ära des Katastrophenfilms dann zu Ende ging.

Typisch für das Genre ist eine gewisse Formelhaftigkeit oder um es etwas positiver zu formulieren das Vertrauen auf ein gemeinsame Erfolgsformel. Anhand dieser Formel möchte ich heute ein paar Worte über einen der späteren Katastrophenfilme verlieren, der aber dennoch in vielen Dingen ein absolut typischer Verteter des Genres ist.


The Swarm (Irwin Allen) – 1978

Das Szenario
Ein Schwarm von Millionen mutierter Killerbienen fällt über Texas her, sorgt für allerlei Verwüstung und Tod und droht sofern sie nicht gestoppt werden mittelfristig die Menschheit auszurotten. >> Man sieht schon an der Prämisse, dass ein lausiger Hochhausbrand oder ein vom Absturz bedrohtes Flugzeug hier bei weitem nicht mehr genug waren, letztlich ging es hier mit dem Überleben der Menschheit ums Ganze. Der Film spielt ganz geschickt mit dieser latenten Bedrohung, da er neben den persönlichen Schicksalen auch die große Skala bedient, sei es mit dem im letzten Viertel vollumfänglich tobenden Krieg zwischen Militär und Insekten, aber auch durch die Bedrohung kritischer Infrastruktur wie einer nuklearen Atombasis oder einem Kernkraftwerk. Klar, das ist alles aufs Äusserste ausgereizt und nicht selten (vorsichtig ausgedrückt) wenig glaubwürdig, funktioniert im Rahmen des Films aber gar nicht so schlecht. Und wenn man mal ehrlich ist, dann ist die exploitative Einbindung von (potenzieller) Massenvernichtung ja gar nicht mal so weit weg von dem, was die Bondfilme seinerzeit als Szenario auffuhren. Und gleichzeitig ist die Einbindung der tierischen Killer natürlich ein durchaus gekonnter Zug um die durch Jaws entfachte Begeisterung des Publikums für Tierhorror zu bedienen, was The Swarm in gewisser Weise zu einem Cross-over aus Katastrophenfilm und Tierhorror macht.

Die Action
Ein elementarer Bestandteil eines jeden Katastrophenfilms sind natürlich die Actionszenen bzw. die Szenen, die sich ausgiebig der mit dem jeweiligen Szenario einhergehenden Zerstörung widmen. Und hier lässt The Swarm keine Wünsche offen. Mit großem Aufwand werden diverse Zerstörungsorgien zelebriert, sei es wenn „im Kleinen“ eine Familie beim Picknick von den Bienen „erlegt“ wird, mehrere Hubschrauber von den fliegenden Killern vom Himmel geholt werden, ein ganzer Zug entgleist und in eine Schlucht rast, ein Kernkraftwerk in die Luft fliegt oder es im letzten Teil des Films dann zu einer ausgewachsenen Schlacht um Houston kommt (inklusive militärischer Spezialeinheiten, die mittels Flammenwerfer den Kampf gegen die fliegenden Gesellen aufnehmen). Ja, es rummst und kracht hier aus allen Rohren und die Effekte sind auch heute noch durchaus ansehnlich und (halbwegs) überzeugend. In jedem Fall wird hier der große (auch finanzielle) Aufwand des Films deutlich. Ob man wirklich jede Szene, in denen die Killer-Bienen ihre Opfer meucheln dann unebdingt in Zeitlupe „zelebrieren“ musste (nicht, weil es dadurch so brutal, sondern eher, weil es auf Dauer etwas monoton wirkt) steht auf einem anderen Blatt (wobei auch diese Vorgehensweise ihre Erklärung innerhalb des Genres findet: so findet in einer der packendsten Szenen von Regisseur/Produzent Allens größtem Erfolg, Flammendes Inferno, eines der Opfer den Tod, indem es brennend vom Hochhaus in die Tiefe stürzt – alles natürlich in Zeitlupe. Ganz offensichtlich hat Allen das zum Anlass genommen dann in The Swarm gleich jeden Todeskampf in Zeitlupe zu inszenieren :D ).

Die Stars
Jeder zünftige Katastrophenfilm braucht Stars – und zwar möglichst eine ganzes Grossaufgebot! Hier ist The Swarm keine Ausnahme, wenngleich man – gerade im direkten Vergleich zu Allens direktem Vorgänger Flammendes Inferno oder anderer Genre-Grosstaten wie Erdbeben – schon konstatieren muss, dass die „Starqualität“ nicht aus dem allerobersten Regal kommt. Michael Caine ist nun mal kein Paul Newman, Charlton Heston oder Steve McQueen und Katherine Ross keine Faye Dunaway oder Ava Gardner. Immerhin fährt man mit Old Henry Fonda einen wirklich großen Namen auf (auch wenn die 70er sicherlich nicht gerade als Henrys Karrierehöhepunkt anzusehen sind) und stellt ihm mit Richard Widmark einen weiteren gerngesehen (früheren) Publikumsliebling an die Seite. Dazu gibt es eine ganze Reihe an netten Sidekicks von dem gewohnt soliden Brad Dillman über den darstellerisch glänzenden Slim Pickens, den souveränen Richard Chamberlain bis hin zu dem romatischen Trio Inernal des Films bestehend aus Ben Johnson, Fred McMurray und Olivia DeHavilland (auf welches noch gesondert einzugehen ist). In Summe ist die Starpräsenz dann also doch ok, wenn auch wie gesagt alles eine Nummer kleiner abläuft. Dennoch: Caine als unterkühler Wissenschaftler ist wie immer sein Geld wert und in Mitten des überdrehten Insektenaufstandes bleibt erstaunlicherweise dennoch immer auch etwas Platz für darstellerische Ausrufezeichen (der bereits erwähnte Slim Pickens, aber auch Caine, wenn er Old Widmark in den Senkel stellt).

Die Figuren
Mindestens so wichtig wie die Stars sind für einen Katastrophenfilm ein Haufen möglichst farbiger Figuren. Und hier kann man The Swarm nichts vorwerfen: farbige und oftmals geradezu lachhaft überzogene Figuren findet man hier in Hülle und Fülle. Caines oftmals völlig entrückter Wissenschaftler, der trotz aller Bedrohung dennoch genügend Zeit für ein Techtelmechtel mit Katherine Ross findet, Widmarks merkwürdig zerissen zwischen Ernsthaftigkeit und Überzeichnung anlegter knurriger General, Old Fondas selbstlos-sich-aufopfernder (und an den – quietschenden! – Rollstuhl gefesslter) Wissenschaftler. Dazu ein Dreikäsehoch, der seine den Bienen zum Opfer gefallen Eltern mit der Hilfe von zwei weiteren Dreikäsehochs mittels roher Gewalt und Molotowcocktails rächen will. Und am schönsten die wahrlich herzergreifende Amour Fou zwischen den Oldtimern DeHavilland (als resolute Schuldirektorin), McMurray (als tattriger Bürgermeister) und Johnson (als weltbester Ingenieur im Ruhestand), die Mitten im Film nach diversen vorbereitenden Szenen dann recht herzlos und ohne figürlichen Nachhall beendet wird. Hier merkt man dann auch den gravierenden Unterschied zB zu dem figürlich erheblich konsistenteren Flammenden Inferno: in The Swarm hat man oft den Eindruck, dass die Figuren lediglich dazu da sind, die Zeit zwischen den Actionszenen zu überbrücken. Ob das figürlich dann letztlich irgendwo hinführt bzw. eine Entwicklung erkennbar ist, spielt dagegen eine absolut untergeordnete Rolle. So darf man sich dann zB schon fragen, warum es dem Film wichtig genug war die kleine „Liebelei“ zwischen dem Landarzt und der hochschwangeren Diner-Bedienung (die just ihren Mann an die Bienen verloren hat, wtf!?) einzuführen, nur um sie nach dem „Liebesgeständnis“ der Serviererin einfach wieder über Bord zu werfen. Oder warum es dem Film wichtig genug ist den Boss der Serviererin sich während eines Bienenangriffs feige im Kühlhaus verstecken zu lassen (und Caine & Co. vor der Tür „schutzlos“ zurückzulassen), nur um diese prekäre Situation innerhalb von 15 Sekunden aufzulösen.

Der Rest
Nachdem Allen in seinen vorangegangenen, Genre-definierenden Erfolgen Die Höllenfahrt der Poseidon und Flammendes Inferno Ronald Neame und John Guillermin die Regie überlassen hatte (allerdings im Inferno – zumindest nominell – die Actionszenen in Szene gesetzt hatte), übernahm er in The Swarm dann gleich ganz den Regiesessel. Und so unterhaltsam und amüsant das kunterbunte Treiben letztlich auch für den (zumindest den geneigten Genre-) Zuschauer ist, man merkt eigentlich in jeder Szene, dass Allens Talent als Regisseur nur begrenzter Natur war. Dies wird vor allem im direkten Vergleich mit den beiden angeführten Vorgängerfilmen auffällig, die sowohl dramaturgisch als auch figürlich erheblich besser austariert sind. Die Actionsinszenierung hingegen sieht gut aus – sieht man mal vom bereits erwähnten übertriebenen Faible für Schöner Sterben in Zeitlupe ab. The Swarm hat aber einen entscheidenden Faktor, den man gar nicht hoch genug einschätzen kann: Maestro Jerry Goldsmith liefert einen sagenhaften Soundtrack ab, der aus allen Rohren bläst. Und so werden nicht selten visuell eigentlich gar nicht sonderlich beeindruckende Szenen durch ihre geniale musikalische Untermalung in erheblichem Maße aufgewertet wie auch der gesamte Film um mindestens eine Stufe besser wird.

Fazit: Wer Spass am Genre hat und gerade auch an dessen Übertreibungen und oftmals freiwillig-bis-unfreiwillig-komischen Elementen, für den dürfte auch The Swarm das richtige sein. Beachtlicher Aufwand und eine epische Darbietung (mit stattlichen 156 Minuten) sorgen zudem für eindrucksvolle Schauwerte. Wirtschaftlich schmierte der Film hingegen böse ab und leutete das Ende des Genres ein. Allen sollte sich dennoch in den beiden Folgenden Jahren noch zwei weitere Male innerhalb des Genres versuchen, allerdings ohne nochmals qualitativ wie wirtschaftlich auch nur annähernd an seine früheren Erfolge heranreichen zu können. Doch das ist eine andere Geschichte…

Wertung: 8 / 10

"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Pretty in Plastic

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Casino Hille hat geschrieben: 21. Juli 2023 17:46 Barbie (Greta Gerwig, 2023)

Als es hieß, dass ausgerechnet Greta Gerwig die Regisseurin für den ersten großen "Barbie"-Kinofilm werden wird, durfte man gespannt sein. Gerwig hat sich mit ihren ersten zwei Filmen einen Namen gemacht: Sowohl ihr offenherziges Teenie-Drama "Lady Bird" als auch ihre hintersinnige Literaturadaption "Little Women" waren ungewöhnliches, kluges Kino. Und tatsächlich beginnt ihr "Barbie"-Projekt auf eine Art und Weise, wie es nur Greta Gerwig einfallen kann – mit einer Parodie auf die Anfangsszene des legendären Sci-Fi-Kunstfilmklassikers "2001: Odyssee im Weltraum".

"2001" eröffnete mit einer Horde von Menschenaffen in der frühzeitlichen Savanne, die durch die Begegnung mit einem schwarzen, rechteckigen Monolithen ein erweitertes Bewusstsein erlangen – quasi der erste Schritt zur Menschwerdung. In "Barbie" sitzen zu Beginn kleine Mädchen in der Wüste und spielen mit Babypuppen. Helen Mirren erklärt als Stimme aus dem Off, dass in den 50ern Mädchenspielzeug nur dazu da war, die Kinder früh aufs Muttersein vorzubereiten. Dann erscheint ihnen kein Monolith, sondern eine riesige Margot Robbie im originalen Barbie-Outfit. Begeistert zerdeppern die Kids ihre Babypuppen auf den harten Steinen und sehen zu Barbie auf. Ein schräger, surrealer, grandioser Einstieg – doch Gerwig kann diesen Einfallsreichtum nicht lange aufrechterhalten.

Dabei ist "Barbie" unter einem Gesichtspunkt ein absoluter Kracher: das Setdesign sieht fantastisch aus. Gerwig, Produktionsdesignerin Sarah Greenwood und Kostümdesignerin Jacqueline Durran haben mit der pinken Fiebertraumwelt namens Barbieland ein Meisterstück abgeliefert. In dieser rosafarbenen Idylle leben alle Barbies (neben Margot Robbie noch u.a. Dua Lipa, Alexandra Shipp, Emma Mackey) in Traumhäusern ohne Wänden, sodass sie sich jeden Morgen ein beherztes "Hallo, Barbie!" zurufen können. Es finden sich quasi alle Barbie-Puppen, die Spielzeughersteller Mattel je auf den Markt brachte: Bauarbeiter-Barbie, Flugzeugpiloten-Barbie, Physiker-Barbie, Astronauten-Barbie und Oberster-Gerichtshof-Barbie, sie alle wuseln durch die aufwendig gestalteten Sets.

Barbieland ist eine weibliche Utopie in pastellfarbenem Plastik – und die erste halbe Stunde, die als Einführung in diese Welt dient, ein unerwarteter greller, alberner Spaß. Famos gelingt es Margot Robbie, eine Puppe zum Leben zu erwecken. Sie spielt – so nennt der Film sie – die "stereotypische Barbie". Jeden Morgen wacht sie unter ihrer glitzernden rosa Bettdecke auf, zieht sich ein Outfit aus ihrem riesigen Kleiderschrank an, und frühstückt – allerdings nicht wirklich, schließlich kann eine Barbie-Puppe ja nicht tatsächlich essen oder trinken. Wenn sie am Strand aus ihren High-Heels schlüpft, bleiben ihre Fersen auch barfuß in der Luft hängen – denn Puppen-Füße sind fest geformt. Bei all dem hat sie das breiteste Lächeln im Gesicht, dass sich nur je jemand vorstellen könnte. Keine Frage: Margot Robbie ist die perfekte Barbie.

Jede Barbie hat auch einen Ken. Doch die Kens (u.a. Kingsley Ben-Adir, John Cena und Simu Liu) haben nicht viel zu sagen. Dies gilt auch für den Freund der stereotypischen Barbie, "Beach Ken" (Ryan Gosling) – seine ganze Existenz dreht sich einzig und allein um Barbie. Gosling ist das schauspielerische Highlight des Films. Wann immer Robbie ihm in die Augen sieht, strahlt er sie mit so viel staunender Bewunderung an, und ist zugleich tief geknickt, wenn er jeden Abend von Barbie versetzt wird ("Jeder Abend ist Girls Night"), dass es zugleich rührend und brüllend komisch ist. Bei aller Albernheit: Greta Gerwig und ihrer Besetzung gelingt es fantastisch, filmisch nachzuahmen, wie kleine Mädchen mit "Barbie"-Puppen spielen. Grandiose pinke Bilder, herzlich verrückte Dialoge und sogar opulente Tanzszenen, die einen Gene Kelly beeindrucken würden, sorgen in Barbieworld für viele Lacher.

Leider aber bleibt "Barbie" nicht in Barbieland. Robbies Barbie wacht nämlich eines Morgens auf und stellt fest, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Sie muss ständig an den Tod denken, ihre perfekt gewölbten Füße sind plötzlich platt und an ihren Beinen hat sie Cellulite. Die "komische Barbie" (Kate McKinnon) verrät ihr, dass sie diese Probleme nur in der echten Welt lösen kann – und so macht sie sich, unfreiwillig von Goslings Ken begleitet, in die Realität auf. Dort erlebt sie einen Kulturschock: Männer glotzen ihr nach, betrachten sie nur als Objekt und beherrschen im Grunde die Welt, selbst im Vorstand ihres Herstellers Mattel sind der CEO (Will Ferrell) und der Rest des Vorstands nur alt und männlich. Während sie durch eine Mutter (America Ferrera) und deren Tochter (Ariana Greenblatt) ins wahre Leben und die vielen Probleme echter Frauen eingeführt wird, hat Ken das gegenteilige Erlebnis. Er erfährt vom Patriarchat, in dem Männer das Sagen haben und den Ton angeben – und bricht allein zurück nach Barbieland auf, um dort mit den anderen Kens die Macht an sich zu reißen.

Jetzt muss Barbie mit etwas Hilfe vom Mama-Tochter-Gespann also Barbieland vor dem Patriarchat retten – und ab hier fällt es dann schwer zu glauben, dass dieser konfuse Mischmasch aus "Verwünscht", "Pleasantville" und Kasperle-Theater wirklich von Greta Gerwig und ihrem Ehemann Noah Baumbach ("Marriage Story") geschrieben wurde. Von deren eigentlich subtilen Art, feministische und sozialkritische Themen zu verhandeln, ist nichts zu erkennen, wenn "Barbie" auf plakativste Weise vor sich her predigt. Negativ-Höhepunkt ist ein Monolog von America Ferrera, in dem sie in abgedroschenen Plattitüden von unfairen gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen redet – und die Barbies damit auf den Kampf gegen die Kens anstimmt. Aus "Barbie" eine Symbolfigur für weibliche Selbstermächtigung zu machen, ist im Kern eine gute Idee, doch dann sollte vom Skript mehr kommen als eine Aneinanderreihung von seichten Motivationsreden, die so eher bei Instagram-Influencern zu erwarten wären.

Für eine ernstzunehmende Satire zu aktuellen Gender-Diskussionen bleibt "Barbie" schlicht zu arg an der Oberfläche, hat kaum bis keinerlei Biss und findet auf seine angesprochenen Probleme immer nur banale Lösungen, die zudem mit überzogenem Slapstick präsentiert werden. Den Zeigefinger erhebt Gerwig mit diesem Film in große Höhen und lässt ihre Figuren viele Phrasen dreschen – aber wirklich etwas zu sagen hat sie leider nicht. Im hyperaktiven Finale, in dem der Geschlechterkampf dann eine nochmal besonders absurde und surreale "tanzende Wendung" nimmt, bleibt gänzlich unklar, worauf das alles hinauslaufen soll. Ist das als krudes Empowering-Statement gemeint, selbstironische Persiflage auf den eigenen Film oder nur ein alberner Ulk, über den man gar nicht allzu viel nachdenken sollte?

Eigentlich hat Greta Gerwig letztlich hinter der feministischen Fassade einen lupenreinen Werbefilm produziert. Die vielen kleinen Spitzen, die insbesondere gegen Mattel ausgeteilt werden, sind da Teil des Konzepts: Man gibt sich selbstkritisch und aufgeklärt, ohne dabei über Gesten hinauszukommen. Gleichzeitig macht Gerwig genau das, was sie Mattel "vorwirft": Im Film wird beispielsweise mehrfach darüber gewitzelt, dass Mattel einst eine schwangere Barbie namens Midge (im Film: Emerald Fennell) verkaufte, diese jedoch schnell wieder aus dem Sortiment nahm, weil eine schwangere Puppe aus Sicht einiger Eltern als "bedenklich für Kinder" bezeichnet wurde. Der Vorwurf ist klar: Mattel hatte oft genug nicht den Schneid, Barbie modern und divers erscheinen zu lassen. Nur: Hat Gerwig nicht gleichzeitig selbst einen Film gedreht, in dem mit Margot Robbie die klassische weiße, blonde "stereotypische" Barbie im Mittelpunkt steht und die vielen anderen diverser besetzten Barbies nur Nebenrollen haben? Eine Barbie etwa, die im Rollstuhl sitzt, ist nur in zwei Szenen ganz kurz zu sehen, bekommt aber gar keinen eigenen Charakter.

So ist der progressive, anarchische Wind, der durch "Barbie" wehen soll, die meiste Zeit leider nur ein laues Lüftchen. Am Ende ist im Barbieland natürlich alles wieder pink, grell und schön, alle haben sich wieder lieb und die anfangs noch Barbie-kritische Teenie-Tochter, die der stereotypischen Barbie sogar Faschismus vorgeworfen hat, hat ihre Liebe zu den Spielzeugen wieder entdeckt. Schade. Vom aufbegehrenden Geist der kleinen Mädchen aus der Anfangsszene, die ihre altbackenen Püppchen noch mit Herzenslust an Steinen zerschmetterten, ist nach zwei Stunden nicht viel übriggeblieben.

Hille, da stimme ich fast komplett zu.

Es beginnt schräg und wird dann zunehmend konventioneller. Obwohl der Film visuell eine Wucht ist benötigt er die ganze Zeit viele verbale Erklärungen um eine Handlung zu entwickeln, und zum Schluß hin wirkt er sehr oft wie ein bebildertes Thesenpapier.
Das Potential für einen sehr viel aufregenderen Film war aber zu jeder Sekunde vorhanden. 6/10

Ich bin mir nicht sicher ob Barbie jetzt einen Wiedersehenwert hat oder nicht. Erst dachte ich kaum, aber mit etwas Abstand ...

Und wird er auch ganz viele Oscars gewinnen, außer dem für den pinkigsten Film?