9741
von AnatolGogol
Agent
Der Schakal (Michael Caton-Jones)
In der zweiten Hälfte der 90er waren Remakes noch deutlich seltener anzutreffen als in der heutigen Zeit, aber dennoch gab es sie. So wagte sich Michael Caton-Jones, der kurz zuvor mit dem atmosphärisch-packenden Rob Roy auf sich aufmerksam gemacht hatte, an Fred Zinnemanns Klassiker "Der Schakal" und spendierte ihm eine zeitgemäße Neu-Interpretation.
Wobei Remake bei Caton-Jones Schakal eigentlich kaum der richtige Begriff ist, denn außer einem titelgebenden Killer und dem Versuch diesen bei seinen Attentatsbemühungen aufzuhalten gibt es keinerlei Berührungspunkte zum Vorgänger von 1973. Und das macht dann auch den Reiz der 90er Vesion aus, nämlich dass er aus einer bekannten Prämisse einen ganz neuen und eigenständigen Film macht. Dabei geht die Neu-Interpretation deutlich weniger subtil vor als der Zinnemann-Schakal und setzt viel mehr auf vordergründige, knallige Action und Tempo denn auf ruhig-präzisen Spannungsaufbau.
Die 1997er Version wartet dabei mit einer prominenten Besetzungsriege auf, die ihren Job durch die Bank hervorragend macht. Bruce Willis ist in der Titelrolle zwar weit entfernt von der chamäleonartigen, undurchsichtigen schauspielerischen Glanzleistung des Ur-Schakals Edward Fox, dafür gibt er hier aber eine Gala-Vorstellung in Sachen Coolness. Richard Gere macht als Gegenspieler und Protagonist ebenfalls einen guten Job und punktet wie so oft vor allem durch sein Charisma und seine hohen Sympathiewerte. Schauspielerisch herausragend ist Diane Venora, die mit ihrer eindrucksvollen Darstellung dem Film sogar eine gewisse Tiefe zu verleihen weiss. Und mit dem gewohnt souveränen Sidney Poitier als FBI-ler ist der Schakal dann am Ende sogar sowas wie die inoffizielle Fortsetzung zu Roger Spottiswoodes Survival-Kracher Mörderischer Vorsprung, da Poitier im Grunde mit seiner Rolle direkt an seinen Warren Stantin aus dem früheren Film anknüpft.
Vorwerfen kann man dem 97er Schakal sicher, dass er eigentlich ein recht oberflächlicher Film ist mit vergleichsweise wenig "inneren Werten", aber angesichts seines hohen Unterhaltunsgwertes ist das nicht so wirklich zielführend (da der Film nie mehr sein will als knalliges Popcornkino). Die Dreiecksbeziehung zwischen Willis, Gere und Mathilda May ist auch ziemlich weit hergeholt und unglaubwürdig, aber immerhin effektiv eingebaut und die daraus resultierende Schlusspointe wird sogar recht subtil von langer Hand vorbereitet. Von daher gibt es angesichts des hohen Spass-Faktors eigentlich wenig zu meckern, der 97er Schakal macht auch heute noch ordentlich Laune und ist auch wenn er den Standard des Vorgängers nie erreicht eine würdige, da extrem eigenständige, Neu-Interpretation.
Wertung: 8 / 10
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"