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von 00T
Agent
Captain America: The First Avenger(2011)
Das langwierig vorbereitete Crossover der Marvel-Helden war fast erreicht, als man 2011 schon drei Helden vorgestellt hatte. Jedoch blieb noch einer vorzustellen, bei dem eine etwas größere Problematik vorlag. Denn um Captain America vorzustellen, musste man fast 70 Jahre in die Vergangenheit reisen und zwar in die Zeit des zweiten Weltkrieges. Des in dieser Zeit seinen Ursprung findenden Helden mit seiner sehr patriotischen Erscheinung nahm sich Regisseur Joe Johnston an und ließ ihn im Jahr 1942 gegen die Nazis vorgehen – oder eben gerade nicht.
Natürlich kann man von einem Film, wie „Captain America“ einer ist, keine ernsthafte Auseinandersetzung mit den politischen Verwicklungen der damaligen Zeit erwarten. Die Nazis jedoch als Gegenspieler zu benutzen, ist beileibe keine neue Idee und hat sich schon in der Vergangenheit als effektiv erwiesen. Von diesen ganzen Sachen scheint sich Johnston allerdings komplett distanzieren zu wollen, da die Gegenspieler dieses Films einer Forschungsabteilung der Nazis angehören, deren Anführer jedoch die Nazis hintergeht und sich abkapselt, um selbst die Weltherrschaft zu erlangen. Schon jetzt hapert es mit der Glaubwürdigkeit der Gegner.
Die Tatsache, dass der Antagonist Johann Schmidt und seine Leute merkwürdige Waffen verwenden, die eine Art Laser ausstrahlen, der die Getroffenen zur Gänze verschwinden lässt, ist dem Geschehen und vor allem der Action auch nicht wirklich hilfreich. Diese wirkt hier nämlich teilweise ziemlich angestaubt und künstlich steril, woran vor allem die überladenen Effekte Schuld tragen. Das führt dann unweigerlich dazu, dass man sich in den Sequenzen kaum zurecht findet und so leider relativ unberührt von diesen bleibt.
Auf der anderen Seite kann Johnston visuell in der Hinsicht überzeugen, dass er durch die Optik der Schauplätze tatsächlich eine angenehm abenteuerliche Stimmung erzeugt, dazu gewinnt der Film auch einiges durch Alan Silvestris Soundtrack, der mittelmäßigen Szenen manchmal immer noch helfen kann. Außerdem steht der Film zumindest humoristisch seinen Vorgängern kaum nach, da es auch hier wieder von Wortwitz und anderem typischen Humor wimmelt.
Chris Evans stellt den Protagonisten Steve Rogers solide, aber relativ austauschbar dar, da die Rolle selbst auch nicht besonders viel hergibt. Zum einen fehlt seiner Figur von Anfang irgendeine Art von Ausstrahlung und zum anderen entwickelt sich, abgesehen von seinem Körper, nichts an ihm, weshalb er bis zum Ende der unscheinbare und langweilige Protagonist bleibt. Auch seine Beziehungen zu seinem Freund Bucky Barnes, der von Sebastian Stan recht überzeugend gespielt wird, oder zu seiner Liebe Peggy Carter, die ihrerseit von der entzückenden Hayley Atwell gespielt wird, ändern etwas daran. Ein ähnliches Problem hat der Bösewicht des Films. So holt Hugo Weaving aus seiner unspannenden Rolle als abtrünniger Nazi heraus, was herauszuholen ist, was jedoch nicht sonderlich viel ist und scheint von seiner Rolle selber genervt zu sein. Die Tatsache, dass er sich in der Mitte des Films einer twistigen Gestaltsänderung unterziehen darf, ändert leider nichts an diesem Umstand, sondern eher im Gegenteil. Überhaupt sind es hier die Nebencharaktere, die zu überzeugen wissen. So liefern die besten darstellerischen Leistungen des Films Tommy Lee Jones als herrlich mürrischer Colonel und Dominic Cooper als Tonys Vater Howard Stark, dessen Darstellung des Milliardärs sehr schön dem Vorbild des Sohnemannes ähnelt. Zudem hat auch Stanley Tucci einen netten Auftritt, in dem er überzeugt.
Die Hoffnung, dass Joe Johnstons Film als Entschädigung für die bisher genannten Schwächen eine interessante Story zu bieten hat, ist leider nur teilweise wahr. Was Johnston hier nämlich eigentlich tut, ist, eine deutlich erkennbare Schema F-Handlung herunterzufilmen, was natürlich funktionieren kann, aber ziemlich begeisterungslos geschieht.
So ist die Origin-Story von Rogers an sich noch interessant umgesetzt, auch wenn dem Protagonisten im Grunde jedwede Motivation für sein Verhalten fehlt, abgesehen von der Tatsache, dass er eben durch und durch Amerikaner ist. Seine Ausbildung zieht sich zwar etwas, aber durch Tucci, Atwell und Jones weiß sie dann doch noch zu überzeugen.
Die nach Rogers Verwandlung stattfindende Verfolgungsjagd kann dagegen noch recht überzeugen.
Gelungen ist nun allerdings die Show des Captain America, des „star-spangled man with a plan“. Vor allem durch das dazugeschriebene Musikstück wird hier mit viel Witz der Patriotismus der Amerikaner in einer fast Satire-ähnlichen Form dargestellt.
Weniger gelungen ist die große Actionsequenz, die in Italien folgt. Um seinen Freund Bucky zu befreien, bricht der Captain in eine Fabrik der Organisation „Hydra“ ein, um Gefangene zu befreien, wo er auch die erste Begegnung mit dem Bösewicht hat. Diese langwierige Actionsequenz ist mit dem vielen CGI, das verwendet wird, eher mäßig unterhaltsam.
Leider weiß der Film nun nicht wirklich von der Stelle zu kommen, da die Beziehungen der Charaktere sich nur andeutungsweise entwickeln und mehr oder weniger eine mäßige Actionszene an die nächste gehängt wird. Hierbei überzeugt am meisten noch der Überfall auf einen Zug, bei dem Schmidts führender Wissenschaftler gefangen genommen wird.
Dies ist dann auch die Überleitung zum Showdown, dem Angriff auf die Hauptbasis Schmidts. Auch dieses große Gefecht leidet unter den zu starken Effekten, wobei der finale Zweikampf zwischen Captain America und Red Skull immerhin einigermaßen überzeugt, wobei das Ende des Bösewichts wiederum recht enttäuschend ist.
Nun musste man den Captain noch in die heutige Zeit bekommen, was in den folgenden Szenen relativ gut erzählt wird und den Film zu einem einigermaßen zufriedenstellenden Abschluss bringt.
Die Beurteilung des Films klingt wohl schlechter, als dieser es tatsächlich ist. Die meisten Darsteller überzeugen, einige sogar überaus, dazu steht der Film humoristisch gesehen seinen Vorgängern auch in nichts nach. Dazu besitzt er eine ansprechende Optik und der Soundtrack reißt auch einiges. Leider stehen auf der anderen Seite die schwache Helden- und vor allem Bösewichtsdarstellung, die unspannende Handlung und die zu effektgeladene und meist ziemlich substanzlose Action, die leider dafür sorgt, dass man sich in mehr als nur einer Szene langweilt und wenn Filme eines nicht dürfen, dann das. Allerdings kann man sich auch mit dem Captain durchaus mal einen Filmabend gönnen, ohne nachher komplett enttäuscht zu sein. Das nach dem Abspann bereits vorgestellte Crossover „The Avengers“ sollte allerdings deutlich mehr als nur das sein, jedoch ist die Hoffnung, dass die Qualität sich nun wieder steigert, nicht wirklich abwegig.
Punkte:(6/10)
"East, West, just points of the compass, each as stupid as the other."
(Joseph Wiseman in Dr. No)