Re: Zuletzt gesehener Film

9392
Da schließe ich mich der allgemeinen Begeisterung doch gerne direkt an:


Knives Out

Das nenne ich mal einen Start ins Kinojahr 2020! Was schon in den Trailern äußerst vielversprechend aussah entpuppt sich im Kinosaal schließlich als noch viel besser als vermutet. Rian Johnson präsentiert mit „Knives Out“ ein von einem Star-Ensemble vorgetragenes Krimi-Kammerspiel, dass mit Elementen von Agatha Christie spielt, aber so viel mehr als eine bloße Kopie davon ist.
Denn „Knives Out“ ist viel mehr als ein klassischer „Whodunnit“ wie „Mord im Orient-Express. Zwar deutet er das im Trailer an und startet auch vergleichbar, doch im Laufe der Zeit erfindet Johnson das Genre zwar nicht neu, aber er verlässt doch die ausgetretenen Pfade. Erstaunlich früh wird die gesamte Struktur des Films über den Haufen geworfen, immer wieder werden kleine Überraschungen eingestreut, ständig erfährt man neue kleine Details. Man hängt durchgehend an den Lippen der Charaktere, der Film weiß über sein über zwei Stunden Laufzeit jede Sekunde zu unterhalten und eben auch zu überraschen. Und so bleibt man auch dann, als die Fronten geklärt zu sein scheinen, immer noch angespannt, weil Johnson bewiesen hat, dass er immer noch ein Ass im Ärmel hat und man nie weiß, wann er seinen letzten entscheidenden Zug im Spiel mit seinen Figuren und dem Zuschauer ausgespielt hat.
Allerdings beweist er nicht nur mit dem Drehbuch ein hohes Maß an Kreativität, sondern auch mit seiner Regiearbeit ein untrügliches Gespür für Tempo und Dramaturgie, die durch den weiteren Stab hinter der Kamera perfekt umgesetzt wurde. Die Kameraführung ist meist klar und ruhig und folgt, wenn sie doch einmal schnell und unruhig wird klar erkennbar einem Ziel und verstärkt die Wirkung der entsprechenden Szenen exzellent. Die Ausstattung ist hervorragend, allein das schon im Trailer und auf Postern zu sehende „Messerrad“ hinter einem wie ein Thron anmutenden Stuhl brennt sich ins Gedächtnis doch auch der Rest des Herrenhauses weiß zu überzeugen.
Der Cast überzeugt durchweg von den Haupt bis zu den kleinen Nebenrollen. Zwar sind keine oscarreifen Performences dabei, aber auf einem überdurchschnittlichen Niveau bewegen sich alle.
Der Film erfindet das Rad nicht neu, aber er beweist, dass genau das auch überhaupt nicht notwendig ist um einen denkwürdigen und eigentlich perfekten Film auf die Leinwand zu zaubern, der nichts anderes verdient als die Höchstwertung!

10/10
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Zuletzt gesehener Film

9393
Gestern habe ich im Heimkino Suspiria in der Neufassung von 2018 nachgeholt. Ein Wahnsinnstrip, auch wenn das Finale nur noch eine abstruse Aneinanderreihung völlig überkandidelter WTF?-Momente ist ... was man sich in der Form aber auch erst mal in der gezeigten Konsequenz trauen muss. Ich liebe den Film!

9 von 10 Punkte
"Nelly, I'm about to get neck-ed back here. So: No peekin'! ... I said: No peekin'!"
(Joe Bang)

Re: Zuletzt gesehener Film

9394
Passiert denn auch was in "Knives Out" oder wird die ganze Zeit da nur geredet? Mich interessiert der Film nämlich sehr, aber ich habe Angst, dass das nur wieder so ein dialoglastiger Film ist wie z.B. "Gosford Park". Den fand ich furchtbar langweilig, es dauerte eine Ewigkeit bis der Mord überhaupt geschah und dann wurde die ganze Zeit nur geredet und am Ende war es mir egal, wer der Mörder war. Ich wollte nur noch, dass der Schund endlich endete.
"Verstehen Sie mich nicht falsch es ist nichts persönliches, es ist was rein geschäftliches."

Re: Zuletzt gesehener Film

9395
Naja, in Gosford Park spielt der Mord und die Mördersuche aber auch nur eine untergeordnete Rolle. Wenn du hauptsächlich da drauf spekuliert hast ist es eigentlich klar, dass dir der Film nicht gefallen hat. Das whodunnit war für Altman doch eigentlich nur ein Aufhänger einen typischen Altman-Film mit vielen Figuren und eben viel (Durcheinander-)Gerede zu drehen. Ein starker Film, aber sicherlich kein Popcorn-Rätselspass.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Zuletzt gesehener Film

9398
Knives Out ist ein Whodunnit im Stil alter Agatha Christie Stories. Also wird der Mord relativ weit am Anfang stehen, wenn dich das tröstet.

Gosford Park ist übrigens bockstark. Muss ich dringend wieder sehen.
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

9399
Maibaum hat geschrieben: 3. Januar 2020 15:41 Ohne Christoph Waltz ... was kann da noch schief gehen?
Und Eva Green ist auch nicht dabei ;)

Ich kann deinen Filmgeschmack zu schlecht einschätzen um das zu beurteilen, Mr.Chrismas Jones. Aber ich glaube ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass der Film gleich zur Sache kommt, gleichzeitig aber doch in erster Linie viel geredet wird. Natürlich passiert auch etwas, und oft wird das Erzählte mit Rückblenden untermalt, aber es ist definitiv ein sehr dialoglastiger Film.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Zuletzt gesehener Film

9400
Also so schlimm wie Waltz finde ich Eva Green jetzt nicht. In "Spectre" hätte ich mir sogar gewünscht, dass sie von den Toten aufersteht um Waltz endlich zum Schweigen zu bringen. Aber lassen wir das. Wenn er zumindest nicht so ist wie "Gosford Park" kann ich ja mal einen Blick reinwerfen. Das Cast finde ich nämlich super.
"Verstehen Sie mich nicht falsch es ist nichts persönliches, es ist was rein geschäftliches."

Re: Zuletzt gesehener Film

9401
Oh je... Gosford Park hatte ich damals auch gesehen. Glaube das war auch kurz bevor als Clive Owen in die nähere Auswahl für Bond kam oder?

Gosford Park: 80% Sozialkritik/drama, 20% whodunnit
Knives Out: 80% whodunnit, 20% Sozialkritik

Das faszinierende an Knives Out war für mich, dass ich wirklich jede einzelne Sekunde spannend fand, weil erstens alles toll geschrieben ist, zweitens die Darsteller alle so toll sind, und drittens Johnson jede Szene des Films spannend inszeniert.
Action gibt es nicht, allerdings spielt der Film auch nicht nur im Haus.
Ich hatte 130min lang ein breites Grinse im Gesicht, und in einzelnen Szenen platze es laut aus mir heraus.


Für alle die den Film gesehen haben: Fandet ihr auch den "Donut-Monolog" am Besten?

Und was anderes:
Spoiler
Ich weiß nicht, ob Johnson diese Frage schon gestellt worden ist, aber für mich lege es auf der Hand, ein Sequel zu planen, bzw. eine neuen Fall für Benoit Blanc. Wo sogar Brannaghs nicht halb so guter Hercule Poirot eine Fortsetzung bekommt.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Zuletzt gesehener Film

9402
danielcc hat geschrieben: 3. Januar 2020 17:09 Für alle die den Film gesehen haben: Fandet ihr auch den "Donut-Monolog" am Besten?
Ich glaube ich will mich nicht festlegen, was ich am besten fand, da würde man zu vielen Szenen, Dialogen oder Elementen unrecht tun. Aber der Donut-Monolog zählt definitiv zu den absoluten Highlights.
Spoiler
Ein Sequel wurde schon an anderer Stelle von Kritikern angesprochen, weil die Idee einfach auf der Hand liegt, aber ich weiß nicht ob Johnson selbst schon darauf angesprochen wurde.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Zuletzt gesehener Film

9403
Ich will mich auch nicht festlegen.
Spoiler
Aber richtig interessant finde ich den Umstand dass wir trotz der Tatsache bereits schon relativ früh alles was passiert ist zu wissen dann doch am Ende alles anders kommt und die eigentliche Auflösung nochmal um 360 Grad gedreht wird.
Die Schlusseinstellung ist genial und allgemein liefert der Film schon ein paar Bilder für die Ewigkeit. Nicht zu vergessen der "Thron" mit den Messern im Hintergrund.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

9404
Knives Out (2019, Rian Johnson)

Es klingt wie ein Traum: Star-Wars-Querdenker Johnson schnappt sich in einer unplanmässigen Bondpause wegen kreativen Differenzen den Hauptdarsteller Craig, trommelt ein Staraufgebot zusammen und verfilmt in einem abgelegenen Herrenhaus ein knifflig-cleveres Whodunit-Puzzle, das sich vor Agatha Christie und dem Brettspiel Cluedo verneigt. Weiter angeheizt wurde die Vorfreude in den vergangenen Wochen und Monaten durch die geradezu unverschämte Veröffentlichungsplanung, die Knives Out im deutschsprachigen Raum wesentlich später starten liess als überall sonst, was heisst dass der Film hierzulande sogar an der französischen Sprachgrenze über einen Monat früher in den Kinos lief und ich mir schon ernsthaft überlegt hatte, für einen verfrühten Kinogenuss nach Lausanne zu fahren.

Wie erhofft wartet Johnson mit einem cleveren und verzwickten Drehbuch auf, dass zwar insofern gar nicht dem urklassischen Whodunit entspricht, dass man nicht bis zur letzten Minute über eine ganze Schar Verdächtiger rätselt, aber durch sein geschicktes Spiel mit Wahrheit und Lüge sowie dem Wissen der unterschiedlichen Charaktere immer wieder gekonnt die Erwartungen unterläuft. Das verwinkelte und skurril ausgestattete Landhaus des verstorbenen Krimiautoren sorgt zudem für die ideale Kulisse, die man sich für einen Film, der mit dem klassischen Whodunit-Genre spielt überhaupt wünschen kann. An vorderster Front agiert natürlich Johnsons Regie, die ein perfektes Gespür für Tempo und Timing, für Rückblenden und Parallelmontagen beweist und die sehr dialogliste Geschichte wunderbar visuell erzählt.

Was die prestigeträchtige Besetzung angeht so trieft der Spass der Darsteller an Johnsons Mord- und Erb-Spiel und der Skurrilität der Charaktere förmlich aus der Leinwand, was durch den Ensemblecharakter weiter verstärkt wird. Besonders die überkandidelt-nervende Toni Collette, der diabolisch-verschlagene Don Johnson, Chris Evans (der abseits seines Schulknaben-Captains immer sehenswert ist) als schmieriger, missratener Bengel und Daniel Craig als spleeniger Privatdetektiv mit meterdickem Südstaatenakzent sorgen für einige Grinser. Ana de Armas ist etwas bieder und brav in der (nicht wirklich) geheimen Hauptrolle, soll sie aber auch sein und macht ihre Sache gut. Ein sehr gelungener Auftakt ins neue Kinojahr, so darf es gerne weitergehen.

Wertung: 8,5 / 10


Noch zu eurer Spoilerdiskussion, obwohl ich nicht genau kapiere, warum das ein Spoiler sein soll, aber egal:

Johnson will tatsächlich weitere Blanc-Fälle mit Craig drehen, wenn das BO stimmt, und ich sass gestern in einem ausverkauften (!) Saal. Ich finde diese ständige Sequelisierung kaum ist ein Film erschienen ja komplett blöd, hier aber passt es weil es sich nicht wirklich um Sequels handeln würde sondern halt um weitere eigenständige Abenteuer des Ermittlers. Ich wäre bei weiteren Blanc-Fällen sicher dabei, obwohl bisher nicht wirklich wegen Blanc selber. Der ist (noch?) keine besonders dreidimensionale oder eigenständige Figur, er ist Detektiv, er raucht Zigarre, er hat einen dicken Akzent und er ist halt Craig, mehr weiss ich kaum über ihn. Aber was nicht ist kann ja noch werden, Knives Out ist auch mehr auf den Fall an sich und dessen eigene Charaktere konzentriert und weniger auf den Ermittler, ich kann mir vorstellen, dass Blanc in einem weiteren Kriminalfall stärker ins Zentrum gerückt wird der Film mehr aus seiner Sicht erzählt wird. Alleine wegen Johnson bin ich aber durchaus interessiert an weiterem Blanc-Material.
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

9405
Nach Daniels enthusiastischer Wertung habe ich meine Erwartungen erst mal heruntergeschraubt ;) , aber wenn er in der Mitte zwischen dem spannenden Gosford Park und den üblicherweise etwas banalen Agatha Christie Stoffen landet, dann sollte Knives Out zumindest Spaß machen. Schauen wir mal ob doch mehr drin ist ...









(hübsch geschrieben, doch)