Re: Zuletzt gesehener Film

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iHaveCNit: (Str8 2 HC): Upgrade (Release: 11.04.2019 / First Look: 2019)
14.04.2019


Wie lange ich wohl darauf gewartet habe ? Gefühlt extrem lange ! Als ich im Laufe des letzten Jahres erste Infos über „Upgrade“, den Trailer und auch Kritiken aus den vereinigten Staaten gesehen habe, konnte ich es gar nicht erwarten, den Film endlich auch in Deutschland zu sehen. Und das Warten hat sich wirklich gelohnt.

Grey Trace restauriert in einer fernen Zukunft Oldtimer. Bei einem brutalen Überfall wird seine Frau getötet und er querschnittsgelähmt zurückgelassen. Daraufhin bekommt er von einem Erfinder das Angebot einen Chip implantiert zu bekommen, der ihm das Laufen wieder ermöglichen soll. Mit der Zeit findet er jedoch heraus, welche Fähigkeiten er mit dem Chip noch bekommt und nutzt diese, um Rache an den Mördern seiner Frau zu nehmen.

„Upgrade“ ist ein Science-Fiction-Action-Rachethriller und ein richtiges Brett geworden. Irgendwie erinnert der Film gerade durch seinen Hauptdarsteller Logan Marshall-Green und dessen Ähnlichkeit zu Tom Hardy an den im letzten Jahr erschienenen „Venom“ - nur mit dem Unterschied, dass sich kein Virus im Körper breit macht sondern eine künstliche Intelligenz, die den Körper und dessen Fähigkeiten verbessert. Gerade durch das Design des Films, seinen Soundtrack, seine Kameraführung auch in Actionsequenzen, den Spezialeffekten macht der Film für sein eher kleines Budget einen richtig hochwertigen und tollen Eindruck. Auch darstellerisch ist Logan Marshall-Green eine richtig gute Wahl für die Hauptrolle. Und in den Actionsequenzen geht der Film auch nicht zimperlich mit der Darstellung von Gewalt um. Klar hätte der Film auf der Antagonistenseite etwas mehr Profil vertragen können, aber die formelhafte Rachestory kann dann doch zum Ende hin mit einer relativ konsequenten und mutigen Konklussion punkten.

„Upgrade“ - My First Look – 9/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Kritik: "The Circle" (2017)

Schon 1949 präsentierte uns George Orwell mit seinem Roman „1984“ die Idee des Überwachungsstaates. Auch der Roman „The Circle“ von Dave Eggers aus dem Jahre 2013 versuchte diese Idee der umfassenden Überwachung und Transparenz neu zu interpretieren. Der Film „The Circle“ von 2017 versucht das in Form einer cineastischen Umsetzung auf die Leinwand zu bringen.
Nun stellt sich mir die Frage, in wie weit dieser Film im Rahmen dieser Thematik Qualität aufweist und als Neuinterpretation eines solchen Gedankens angesehen werden kann oder sich mit dieser Thematik selbst zu stark belastet und dem Thema nicht gerecht wird, welchem er sich angenommen hat. Das gilt es zu untersuchen.
Grundsätzlich muss man sagen, dass die Handlung bzw. die Grundthematik dieses Filmes aktueller denn je ist, allein schon durch die Situation der modernen Medien, sozialer Netzwerke wie Twitter oder Instagram und aufgrund der angehäuften Datenskandale bei Facebook der letzten Jahre. Hier wurden Daten gesammelt und zum Beispiel extern ausgewertet, um diese für politische Zwecke auszunutzen. Auch der Fall des Edward Snowden und der Überwachungsskandal der NSA dürfte vielen noch im Gedächtnis stehen.
„The Circle“ versucht sich an einem Ansatz der Analyse einer hier heraus entwickelnden Dystopie. Der Film präsentiert uns einen Konzern, der von seinen Charakteristiken und den Ideen und der Organisation eine bunte Tüte aus Google, Facebook, Amazon und Apple in sich vereint. Der Film möchte zeigen, wie Menschen in diese Systeme hinein geraten, die von solchen Konzernen entwickelt werden, und im Zuge dessen sich einer gewissen Abhängigkeit aussetzen. Folge dieser Abhängigkeit ist die totale Überwachung des Individuums, bis in seine intimsten Ecken. Dieser müssen sich hier die Menschen zwangsläufig ergeben, ansonsten droht ihnen die Diffamierung als Lügner. Der Film entwickelt hier eine Art digitalen Faschismus. Die Motive der handelnden Personen entwickeln sich hier vor allem aus sozialen Problematiken, denen sie genauso hilflos ausgesetzt sind. Diese Schwäche nutzen die Netzwerke bzw. Konzerne gnadenlos aus, behaupten es sei ihre moralische und humanistische Pflicht. Das diese Pflicht eigentlich beim Staat liegt, wird hier nicht genannt. Der Staat wird als schwach angesehen, der Konzern muss helfen, ja gleich die ganze Welt verbessern. Dem gegenüber stehen die an Burnout leidenden Mitarbeiter, die allerdings nach außen hin nicht auftreten.
Der Konzern verkauft sich als humanistisches Leuchtfeuer, überwacht Mitarbeiter allerdings durch sozialen Druck über Socialmedia-Kanäle. Ignoriert man diese, wird man schnell dumm angestarrt. Hier kennzeichnet sich die gesellschaftskritische Seite des Films, die in einer Orgie der Befragung der Hauptperson mündet, warum sie denn die Socialmedia-Kanäle nicht bespielen würde. Dabei ist die Hauptperson, Mae Holland, eine Metapher für unsere naive Gesellschaft, die den technischen Fortschritt nicht hinterfragt, sondern die Entwicklung stillschweigend hinnimmt.
„The Circle“ versucht viele Ideen und Ansätze anzureißen, allerdings werden Ideen, wie die Integration privater Konzerne in staatliche demokratische Systeme, in einem Meeting kurz ab gefrühstückt, aber nicht weiter verfolgt. Sie bleiben an der Oberfläche angekratzt. Der Film versucht zwar leicht unterzutauchen, traut sich aber nicht Wasser zu schlucken und konsequent den Zuschauer mit aller Härte, mit den Folgen zu konfrontieren. In einer einzigen Szene versucht der Film genau das, die betroffene Person ist dem Zuschauer allerdings gleichgültig, die Hauptperson bleibt relativ unberührt.
„The Circle“ versucht eine Dystopie anzureißen, lässt allerdings viele gute Punkte im Raum stehen und führt sie nicht weiter aus. So etwas kann in einem Roman vielleicht durch die Fantasie des Lesers weitergesponnen werden, im Film hätte man hier aber weiter darauf eingehen müssen. Ein Film muss nicht immer alles beantworten und den Zuschauer komplett aus der Pflicht nehmen sich Gedanken dazu zu machen, trotzdem wirkt „The Circle“ etwas leidenschaftslos, da nur Gedankenansätze hintereinander abgebildet werden. „The Circle“ scheint sich dabei gar nicht den Anspruch gestellt zu haben, die nötige Tiefe zu erreichen, die die behandelte Thematik abverlangt.
Die schauspielerischen Leistungen sind insgesamt solide. Tom Hanks spielt, wenn er dann mal einen Auftritt erhält, sehr gut. Mir drängt sich allerdings die Frage auf, ob Emma Watson möglicherweise fehlbesetzt ist oder ob sich hier Schwächen des Drehbuchs auftun. Mit der Hauptperson konnte ich nämlich emotional kaum mitfühlen.
So versucht „The Circle“ eine unglaublich wichtige Thematik aufzugreifen, versteht die Relevanz dieser Thematik, vor allem in unserer heutigen modernen Welt des „Digitalen Zeitalters“, schafft es allerdings nicht die nötige Tiefe, zur Zeichnung einer konkreten Dystopie, zu erreichen und lässt dadurch viel Potenzial bei den angerissenen Themen und Ideen liegen. Ich hatte allgemein weniger große Erwartungen an den Film, allerdings hat er diese letztlich noch unterboten und erhält somit 5/10 Punkten.

In den kommenden Tagen bzw. diese Wochenende erreichen euch wahrscheinlich noch weitere Kritiken von mir, da ich echt selten hier was von mir hören bzw. lesen lasse. Aktuell habe ich Ferien und kann die Zeit nutzen fleißig Filme nicht nur zu schauen, sondern auch ausführlich zu reflektieren, in Form eben einer solchen Rezension.
Es folgen erst einmal Kritiken vermutlich zu „Das Leben des Brian“ (1979) und „Ghostbusters“ (1984), da diese Filme offiziell in diesen Tagen, den sogenannten „stillen Feiertagen“, von der FSK verboten sind bzw. zensiert werden. Um dem entgegenzuhalten möchte ich auf diese Filme aufmerksam machen und ein Zeichen für die Kunstfreiheit setzen. Über Kunstgeschmack lässt sich streiten, über die Freiheit der Kunst nicht.

Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende und entspannte Feiertage. Man liest sich :)

Re: Zuletzt gesehener Film

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Lloronas Fluch

Ehrlich gesagt bezweifle ich, dass es eine gute Idee war, die Zugehörigkeit von „Lloronas Fluch“ zum Conjuring-Horror-Universum so lange geheim zu halten. Es hätte die Werbekampagne weitaus einfacher gemacht, und für Aufmerksamkeit gesorgt, so wie sie auch die anderen Spin Offs bekommen haben. Doch während „Annabelle“, „Annabelle 2“ und „The Nun“ Selbstläufer an den Kinokassen waren dürfte es der neuste Ableger deutlich schwerer haben. Ehrlich gesagt hätte man allerdings auch gleich auf die Verbindunge zu den Conjuring-Filmen verzichten können, denn außer dem Pater aus „Annabelle“ gibt es keinerlei inhaltliche Verknüpfung.
Stilistisch merkt man dann schon deutlich stärker die Gemeinsamkeiten, immer wieder erkennt man Stilmittel aus Conjuring 1 und 2 wieder, was gut und schlecht zugleich ist. Denn auch wenn einiges nach wie vor effektiv und gelungen ist, wirken andere Elemente zu uninspiriert und wie bloße Kopien.
Das ist schade, zeigt der Film doch an vielen Stellen großes Potential, sowohl inhaltlich als, auch beim Talent der Leute hinter der Kamera. Die Geschichte rund um den Geist einer mexikanischen Schönheit, die einst in einem Eifersuchtsanfall ihre Kinder ertränkte und nun aus Verzweiflung an ihrer eigenen Tat dazu getrieben wird andere Kinder zu ertränken und „zu sich zu holen“ hätte neben dem gruseligen auch einen großen tragischen Aspekt haben können, der allerdings deutlich zu kurz kommt. Auch die Ausarbeitung der Charaktere hätte weitaus ausführlicher stattfinden können, schließlich handelt es sich dabei um eines der Markenzeichen und vor allem eine der größten Stärken der Conjuring-Filme. Und der Film schafft es zwar, dass man sich für die Hauptfigur interessiert, für mehr aber auch nicht. Linda Cardellini trägt die Handlung mit ihrem hervorragenden Schauspiel zwar meist, doch nahezu jede Szene ohne sie funktioniert maximal mittelmäßig. Die Kinderdarsteller (ebenfalls bislang eine Stärke des Franchises) sind unglaublich schwach und bekamen in der deutschen Fassung auch noch unfassbar emotionslose Synchronstimmen. Das passt zwar zum Schauspiel, sorgt aber hin und wieder eher für unfreiwillige Komik.
Dennoch ist Lloronas Fluch kein wirklicher Reinfall. Der Film ist kompetent inszeniert, versteht es, neben den Jumpscares auch über lange Zeit Atmosphäre aufzubauen und zeigt auch das Talent des Regisseurs Michael Chaves, sowie seines Kameramannes Michael Burgess. Etwas mehr Steadicam, statt der Handkamera hätte den oftmals lange ungeschnittenen Szenen aber sehr gut getan.
Letztenendes bleibt Lloronas Fluch doch mehr oder weniger Horror von der Stange und weiß sich nur in wenigen Momenten wirklich davon abzusetzen. Das ist, aufgrund des geschilderten Potentials, sehr schade, denn der Film hätte weitaus mehr sein können als das. Eigentlich wollte ich einen halben Punkt mehr geben, aber dann wäre er mir zu nah an den beiden Annabelle-Filmen gewesen, die ich doch klar besser sehe.

5,5/10
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Zuletzt gesehener Film

9259
After Passion
das Fan-Fiction Niveau (Vorlage war ein Schulmädchen-Roman über einen Teenie-Star Sänger) merkt man dem Film in jedem Dialog deutlich an („Hardin ist kompliziert“ „Ja aber mir gegenüber ist er anders!“!). Er ist nichts anders als „Love Story“ auf Schulaufsatz-Level. Die Dialoge sind unglaublich platt, und bei aller Nachvollziehbarkeit der Rollen in diesem Millieu, dieses Coming of Age von College Girls, wie sie sich von ihrer Mutter und Freund daheim loseisen und neue Bekanntschaften und Liebschaften knüpfen, bleiben die Figuren unglaublich seicht. Diese Anmaßung, Tess und Hardin mit Elisabeth Bennett und Mr. Darcy aus „Stolz und Vorurteil“ zu vergleichen, tut weh. Weder mit denen noch mit irgendwem anders im Film kann man sich identifizieren. Es bleibt eine Liasion wie zig andere unter Studierende halt.
Bemerkenswert ist, dass ich der einzige männliche Gast im Publikum war, zudem im gesetzteren Alter. Der Rest bestand allesamt aus Gören im Teenie und Twen-Alter.
Positiv hervorzuheben ist, dass die Umsetzung, also Regie, Kamera, Schnitt, Score und Musik guter moderner Standard sind. Das rettet dem Film einiges an Punkten!
Daher 7/10 Punkte
"There is sauerkraut in my lederhosen."
Bild

Re: Zuletzt gesehener Film

9260
iHaveCNit: Der Fall Collini (2019)
18.04.2019


Basierend auf dem Roman „Der Fall Collini“ von Ferdinand von Schirach, den ich jedoch noch nicht gelesen habe, bringt uns Marco Kreuzpaintner ein spannendes Justizdrama mit Elyas
M´Barek, Heiner Lauterbach, Alexandra Maria Lara und Franco Nero in die Kinos, den ich mir gestern Abend angesehen habe. Ich habe mich bewusst von vornherein vielen Informationen über den Film und die Handlung ferngehalten. So hatte der Film mich richtig bekommen, weil sein Anliegen sehr eindringlich und interessant ist.

Der Industrielle Hans Meyer wird in einem Hotelzimmer vom italienischen Gastarbeiter Fabrizio Collini getötet. Der junge, unerfahrene Anwalt Caspar Leinen wird ihm als Pflichtverteidiger zugeteilt. Was Leinen zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht weiß, ist dass genau der Hans Meyer ermordet wurde, der ihm jahrelang als Ersatzvater diente. Trotz dieser Konflikte und einem scheinbar aussichtslosen Kampf macht sich Leinen auf der Suche nach dem Motiv für diese Tat und deckt einen großen Justizskandal und die dunkle Vergangenheit Hans Meyers auf, die eng mit der Geschichte Collinis verknüpft ist.

Zunächst mal muss ich sagen, dass der Film unglaublich gut gefilmt wurde und einen tollen Look hat, der sich vor internationalen Produktionen nicht zu verstecken braucht. Der Film selbst wird zum Teil auch in Rückblenden erzählt und liefert uns so einen Blick in die Zeit des jungen Leinen und auch des jungen Collini. Der Film selbst braucht in seinem Aufbau etwas Zeit um in Fahrt zu kommen, bis der volle Umfang des hochkomplexen Themas dargestellt wird und damit eindringlich auf Themen wie Selbstjustiz, Gerechtigkeit, Verjährung und auch natürlich persönliche Bindungen der Charaktere untereinander eingegangen wird, die dem Film eine sehr emotionale Note geben und ein extrem spannenden Film schaffen. Er verlangt auch natürlich noch einem ab, darüber selbst ein eigenes Urteil zu fällen. Die für Justizthriller bekannten, messerscharfen und intelligenten Dialoge sind auch hier vorhanden, nur kann ich nicht ganz beurteilen, wie authentisch diese sind und ob sie 1:1 dem Buch entnommen worden sind, denn manches wirkt auf mich etwas gestelzt weil hier für mich ein wenig gewollt den Charakteren Sätze in den Mund gelegt werden, die im Normalfall so nie gesagt werden würden. Auch in manchen kleinen Momenten werden hier Dialoge geführt, die später absolut keine Relevant mehr haben. Aber auch trotz in meinen Augen etwas holprigen Dialogen machen die Schauspieler alle ihre Sache sehr gut. Allen voran natürlich Elyas M´Barek, Heiner Lauterbach, Alexandra Maria Lara und Franco Nero.

„Der Fall Collini“ - My First Look – 8/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9261
iHaveCNit: (Flashback 2018): The Guilty (2018)
19.04.2019


Das dänische Kino – reduzierte Filmideen, genau 2 Zutaten, die mich begeistern können. Dementsprechend habe ich nun „The Guilty“ von Regisseur Gustav Möller mit Jakob Cedergren nachgeholt. Und ich wurde nicht enttäuscht, denn der Film liefert eine sehr tolle Filmerfahrung.

Asger Holm ist Polizist und er arbeitet aktuell in der Notrufzentrale. Eines Abends erhält er einen Anruf einer scheinbar entführten Frau. Das weckt den Ehrgeiz von Asger, der nun alle Hebel in Bewegung setzen möchte, um der jungen Frau zu helfen.

Der Film spielt sich vordergründig nur in der Notrufzentrale ab und wir erleben, wie Asger Holm, der toll von Jakob Cedergren gespielt wird, mit dieser Situation vor PC-Bildschirmen und mit einem Headset am Ohr umgeht. Wie auch er erleben wir die Situation nur durch unser Gehör und unsere eigene Vorstellungskraft. Dabei spielt der Film mit unserer eigenen Kreativität und Erwartungshaltung, die an manchen Stellen gebrochen wird. Das erzeugt einen ungemein spannenden Sog eine schöne Filmerfahrung.

„The Guilty“ - My First Look – 8/10 Punkte
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Re: Zuletzt gesehener Film

9262
Kritik: Ghostbusters (1984)

Fragt man einen Filmbegeisterten nach guten Filmen der 80er-Jahre, wird auch dieser Film früher oder später genannt werden: Ghostbusters von 1884. Heute ist dieser Film eine wahre popkulturelle Legende, Neuverfilmungen wie die von 2016 kommen dabei weniger an das Original heran. Was liegt dieser Legende zugrunde? Was macht diesen Film so charakteristisch? Und was halte ich von dem Film?
Nun, um es vorweg zu nehmen: Ich liebe diesen Film. Warum? Kaum ein Film schafft es so intelligent Humor in seine Handlung und Dialoge zu verarbeiten. Fast jeder Satz sitzt, jede Phrase passt. Die Charaktere sind zwar sehr stereotypisch gehalten, doch bleibt jeder Charakter in sich eine schlüssige Person, mit individuellen Eigenschaften. Es sind zwar größtenteils Nerds, seien es verrückte Wissenschaftler oder ein schmieriger Steuerberater. Trotz allem findet man diese Personen, vor allem die Ghostbusters sympathisch, was mit Sicherheit auch mit dem Humor und dem Witz zu tun hat, der über all dem Handeln und Reden der Charaktere liegt.
Ghostbusters möchte dabei gar keinen Ernst versprühen, sondern bewusst übertreiben. Dann befindet sich auf einem Hochhaus in New York City auch mal ein Gottesportal und ein riesiger Marshmallowmann zertrampelt Autos und Gebäude. Aus einem Leichenwagen wird ein schriller lustiger Dienst- bzw. Einsatzwagen um die Toten wieder einzufangen, in einem noblen Hotel wird Chaos gestiftet, bis die Räumlichkeiten nicht mehr ihrem eigentlichen Zustand gleichen. Mit diesen zynischen Bildern spielt der Film und er gewinnt haushoch.
Nun gibt es bestimmt einige Schwächen, die man dem Film ankreiden könnte. Die Art und Weise wie der Film funktioniert und sein Mangel an Realismus könnte manchen Geschmäckern weniger munden. Meinen Geschmack trifft der Film und ich habe jedes Mal aufs Neue Spaß an ihm und möchte ihm hier deshalb 9/10 Punkten geben.

Ich wünsche euch noch ein paar schöne und entspannte Feiertage :)

Re: Zuletzt gesehener Film

9263
Toll geschrieben Niklas, auch wenn ich über den Film jetzt mit dir einen ganz heftigen Streit anfangen könnte - habe ich mich doch neulich erst als beinharter Ghostbusters- und Murray-Verächter hier im Forum geoutet. :wink: Grundsätzlich sehe ich als größten Grund für den Erfolg des Films aber wie du die Zusammensetzung des Teams aus sympathischen Losern, bzw. in diesem Fall mit der Situation eigentlich überforderten Nerds, die auf den ersten Blick nicht wirklich zu klassischen Filmhelden taugen (ein Prinzip, dass bis heute übrigens jede Adam Sandler / Kevin James Klamotte mehr oder weniger gut kopiert). Die Idee, die dem zugrunde liegt, ist simpel formuliert, dass "unphysische Gegner" (wie Geister es nun mal sind) auch nicht von physischen Helden à la Arnie Schwarzenegger besiegt werden können, sondern ein entsprechendes Äquivalent brauchen und da passen Bill Murray und Co. dann natürlich sehr gut ins Bild. Trotzdem: Nicht my cup of tea, aber schön, dass dieser Film dich heute noch begeistern kann.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

9264
Das ist dann tatsächlich ein "Film meiner Kindheit" (ich war noch draussen spielen statt mich mit Disney-Kram abzufüllen, Kinder!). Ich habe ihn letztes Jahr zu Ostern mal wieder gesehen und er war spassig so im 6- bis 7-Bereich. Einige der Dinge, die Ramis, Aykroyd, Murray und Co. vom Stapel lassen sind wirklich herrlich, z.B. der grandiose Fire-and-Brimstone-Monolog, oder "We came, we saw…" und alles mit den Twinkies. Ein nettes und witziges Spektakel, das nicht wehtut aber für mich kein grosses Meisterwerk oder ähnliches darstellt.

We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

9265
Hallo Deutschland, du hast auch ein Kino jenseits von Pennäler-Humor und platten Schöner Wohnen RomComs. Und nein, Schweighöfer ist nicht die Speerspitze teutonischer Schauspielkunst. Genrekino gibt´s auch hier ganz tolles, man müsste halt nur mal vorbeischauen:

Im Kino: Der Fall Collini (2018)

„Genre Made in Germany - Ein hoffnungsloser Fall?“

Selbst schuld. Ständig wird hierzulande lamentiert, der deutsche Film habe außer seichten Komödien und derben Späßen nichts zu bieten. Ein vernünftiges, v.a. qualitativ internationalen Standards stand haltendes Genrekino gäbe es nicht. Wie so häufig handelt sich dabei um eine Scheindebatte, wobei Schein hier insbesondere Scheinheiligkeit meint. Man nehme nur den durch seine Winnetou-Persiflage zum neuen Comedy-King der Kinomassen empor gestiegenen Michael Bully Herbig. Mit dem DDR-Fluchtdrama „Ballon“ legte er vor wenigen Monaten einen superben Historien-Thriller hin, der es in jeder Hinsicht mit der US-amerikanischen Genrekonkurrenz aufnehmen konnte. Ergebnis? ...

https://ssl.ofdb.de/review/323341,78080 ... t0YhIjnsEI
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Zuletzt gesehener Film

9267
Zu Ghostbusters: danke Nikals, für den Flashback ins Jahr 1990, in dem ich Teil 1&2 da erste Mal genießen durfte und den anschließenden Hype (Hasbro oder Mattel Figuren - ich hatte Ray Venkman!) der durch die Zeichentrick Serie aufkam! Schaue diese eindimensionalen Klassiker immer wieder gerne und hab unerwarteterweise sogar das Remake gemocht (Chinaimbiss, Chris Hemsworth als dummeTipse).
TOFANA IOAM

Re: Zuletzt gesehener Film

9268
Halte es da mit Hille. Obwohl ein ausgewiesener Fan des 80er Jahre Kinos und auch der entsprechenden Popkultur, bin ich nie richtig warm geworden mit den Geisterjägern. Fand ich bestenfalls ganz nett. Trotzdem immer wieder schön, wenn jemand seine Leidenschaft in knackige Worte zu packen vermag.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Zuletzt gesehener Film

9269
iHaveCNit: Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit (2019)
20.04.2019


Als nächstes in diesem Filmjahr habe ich mich für biografisches Kunstkino entschieden und den mit reichlich Verspätung in Deutschland gestarteten „Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit“ angesehen. Für diesen Film war Willem Dafoe zurecht für einen Oscar nominiert. In der sehr zahlreichen Auswahl an Filmen über den niederländischen Maler habe ich bisher nur „Loving Vincent“ gesehen und kann zu den anderen Filmen und deren Wirkung nicht viel erzählen. Zu „At Eternitys Gate“ kann ich jedoch sagen, dass wir hier sehr interessantes Kunstkino mit einem toll aufspielenden Willem Dafoe bekommen.

Im grauen und tristen Paris lernt der niederländische Maler Vincent Van Gogh den französischen Maler Paul Gauguin kennen, der ihn auf die Idee bringt nach Südfrankreich nach Arles zu reisen um dort seiner Malerei nachgehen zu können. Dort stößt der Maler jedoch auf nur geringe Gegenliebe und auch seine Kunst scheint nicht wirklich gut anzukommen. Bis er nach einer kurzen Phase in der ihn Gauguin begleitet hat sich in seinem Wahnsinn der eigenen Kunst zu verlieren droht.

Gerade dass Regisseur Julian Schnabel und Kameramann Benoit Delhomme selbst Maler sind kommt dem Film aus visueller Sicht sehr zu gute. Man bekommt sowohl in den Landschaftsaufnahmen, den Kamerafahrten und den Close-Ups, die immer dicht an Willem Dafoe sind, ein regelrechtes Gefühl für die Person Van Gogh und auch dessen Verständnis zur Kunst, so dass wir die Welt aus den Augen Van Goghs sehen können. Das entwickelt einen ungemeinen Sog und hat mir auf jeden Fall richtig gut gefallen. Auch die Nähe zu Dafoe und seinem zerfurchten Gesicht lässt den Wahnsinn und die Verzweiflung Van Goghs zu jedem Zeitpunkt spürbar werden. Da macht es absolut keinen Unterschied, dass der Altersunterschied von Dafoe und Van Gogh schon relativ groß ist – das ist auch hier kein Thema. Gerade mit dem Fokus auf die Wahrnehmung und den Charakter Van Goghs hat man sich jedoch von einer klaren Dramaturgie entfernt, die nur lose vorhanden ist und der Film lässt sich mitweilen auch schon mal etwas in seiner Faszination für Van Gogh gehen.

„Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit“ - My First Look – 8/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9270
iHaveCNit: (Flashback 2018): A Prayer Before Dawn (2018)
21.04.2019


Ein weiterer Film, den ich aus 2018 noch nachholen wollte ist das Knastdrama „A Prayer Before Dawn“ basierend auf den wahren Ereignissen aus dem Leben von Billy Moore, die er im gleichnamigen Buch schriftlich festgehalten hat. Ein schonungsloser und unglaublich authentischer Film hat mich erwartet.

Billy Moore lebt in Thailand und schlägt sich als Thaiboxer und Kleinkrimineller durch. Als der junge Drogenabhängige beim Handeln erwischt wird, landet er im harten Knast Bangkoks. Dort muss sich der Exot unter den Häftlingen behaupten, doch die Tatsache, dass er kein Thai spricht und Drogenprobleme hat, erschweren den Aufenthalt für ihn. Aber sein Talent als Thaiboxer ist für ihn der einzige Strohhalm, nachdem er im Knast greifen kann. Hier geht es jedoch für ihn um alles, denn seine Mitinsassen wetten auf seinen Sieg.

„A Prayer Before Dawn“ ist kein einfaches Filmerlebnis und schonungslose harte Kost, denn die Art, wie der Film inszeniert worden ist, wird eine enorme Authentizität erreicht, die uns den Alltag im harten Knast Bangkoks „Bangkok Hilton“ so spürbar machen, wie es für einen Zuschauer möglich ist. Die Atmosphäre und Authentizität wird insbesondere dadurch auch verstärkt, dass im Film von den Häftlingen nur in seltenen Momenten kein Thai gesprochen wird und wir damit ähnlich wie Billy Moore quasi orientierungslos sind. Dabei hat der Film auch die Nebenrollen mit echten Thaiboxern und Insassen besetzt, um diesen Grad noch weiter zu verstärken. In der Hauptrolle hat Joe Cole eine unglaublich gute Präsenz und spielt Billy Moore extrem gut. Ich kenne ihn eigentlich nur aus seiner Nebenrolle in „Peaky Blinders“ und freue mich für ihn, dass er hier seine erste Hauptrolle spielt.

„A Prayer Before Dawn“ - My First Look – 9/10 Punkte.
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