craigistheman hat geschrieben:Ich werde in absehbarer Zukunft eine lange Kritik zu Quantum of Solace schreiben.
Viele werden mich jetzt für verrückt halten aber QoS ist tatsächlich in meinen Top 3. Ich hab den Film 2008 mit 6 Freunden und meiner Schwester in einem großen Kino angeschaut. Als der Film zu Ende war, war die Stimmung im Saal durchwegs positiv.
Ich wurde selten so gut unterhalten und wusste gleich dass der Film einen sehr hohen Stellenwert in meinem persönlichen ranking bekommen würde.
In QoS wirkt alles wie aus einem Guss. Die Action (und davon gab es bei Bond selten so viel auf einmal) treibt die Handlung voran, was ich sehr schätze. Der angeblich so
katastrophale Schnitt hat mich überhaupt nicht gestört, im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, am Geschehen selbst beteiligt zu sein. Die Actionszenen haben aus meiner Sicht die Messlatte so hoch gelegt, dass der Nachfolger Skyfall im direkten Vergleich nur scheitern konnte. Genauso verhält es sich mit den Locations. Selten gab es in einem Bondfilm so viel Abwechslung. Von
grau und hässlich bis traumhaft und exotisch ist alles vertreten. Was den Film aber so besonders macht, ist der Fokus. Wir sehen alles aus der Sicht von Bond,
seine Gefühlslage bestimmt den Grundton des Filmes. Dieser ist sehr düster, man hat aber mit all den bunten Farben (Panama als Double für Haiti und Bolivien) einen fantastischen Kontrast zu der ganzen Gewalt.
Der Film fühlt sich oft wie ein
Arthaus-Film an, alles ist
auf das Notwendigste reduziert. Dennoch findet man an den richtigen Stellen unheimlich viele Anspielungen auf frühere Bondfilme, oder zumindest auf den alten Stil. Dennis Gassner hat sich sehr an Ken Adam gehalten, eine willkommene Abwechslung zu Peter Lamont.
Der Showdown findet in einem Hotelkomplex in der bolivianischen Wüste statt. Diese spiegelt
Bonds Gefühle wieder. So verhält es sich auch mit der
Kameraarbeit.
Selten wurden bei Bond derart subtile Mittel eingesetzt um eine Geschichte zu erzählen. Die Handlung um Greene, Quantum und den Rohstoff Wasser ist eigentlich völlig nebensächlich, wenn auch sehr aktuell und innovativ (was man von der Handlung in SF leider nicht gerade sagen kann). Sie bietet einen guten Ausgangspunkt um die eigentliche Story, welche im Vorgänger ihren Ursprung findet, fort zu führen, nämlich die
Vollendung von Bonds Charakterentwicklung zu dem was wir unter Bond verstehen. Er agiert hier zwar oft sehr
drastisch und rücksichtslos, andererseits merkt man dass er aus seinen Fehlern lernt. Seine
Beziehung zu M rückt mehr in den Vordergrund, sein Sarkasmus und seine Unantastbarkeit ebenfalls. Dennoch ist er sehr
menschlich und fehlbar, Daniel Craig vermag das perfekt zu verkörpern.
Ich habe dieses permanente Rumgehacke auf QoS nie wirklich verstanden. Es war von vornherein klar dass es sich um ein Sequel zu CR handeln würde. Dann schaut man sich CR doch nochmal an wenn man ein schlechtes Gedächtnis hat und alles vergessen ist. Klar war auch dass es in dem Plot um
Bonds Rachegefühle geht (welche eigentlich viel milder und vor allen Dingen begründeter sind als in LTK. Bond rächt sich zum Schluss nicht, er zeigt sich seinem Opfer gegenüber menschlich und rettet auf diese Art seine Seele). Klar war auch dass es sich um einen sehr kurzen, actiongeladenen Thriller handeln würde. Zimperlich war der Craig-Bond auch noch nie.
Manche Kinogänger, darunter auch Bondfans haben derartige Vorurteile gegenüber diesen Filmen, dass sie sich auf nichts anderes mehr als IHRE Erwartungen einlassen können. Sobald der fertige Film dann mal etwas
aus der Reihe tanzt, künstlerischer, ungewohnter aber vor allen Dingen anspruchsvoller und komplizierter in seiner Aussage ist als die übliche 007-Suppe, sehen alle rot. Dass man den sehr hektischen Schnitt derart kritisiert, ist mir genauso rätselhaft. Bei Bourne ist es legitim und realistisch (fand den Schnitt beim Bourne Ultimatum übrigens einfach nur
epileptisch und grauenhaft), bei QoS, wo der schnelle Stil ja auch inhaltlich eine Berechtigung hat, beschweren sich dann alle.
Dann dieser grauenhaft dumme Vorwurf, QoS wäre kein richtiger Bond mehr, weil running gags oder Elemente wie "The name is Bond, James Bond..." fehlen... Ich meine was ist denn ein richtiger Bond?! Für mich eindeutig mehr als nur der Versuch die Liste mit den "typischen" Elementen abzuhaken. Aber das versteht der 08 15-Kinogänger halt nicht wirklich. Überhaupt glaube ich fast
dass vielen QoS ein Stück zu hoch war. Da nehme ich auch kein Blatt mehr vor den Mund. Wenn man sich dann den Hype um den lauwarmen Nachfolger ansieht, ich sage dazu nur
GoldenEye-recycling und
pseudo-Batman-Kindheitstrauma-Ich komme zurück-Hans Zimmer-Ein Sturm zieht auf-Gedöns, kann man auch echt die
Wut kriegen. Sieht ganz so aus als hätten die Produzenten aufgrund der vernichtenden Kritik zu QoS kalte Füße bekommen, und einen anbiedernden Film abgeliefert der alle Gelegenheits-Bondfans zufrieden stellt. Tja, Pech für mich, mir gefiel nämlich eben genau diese
raue unkonventionelle Art, bekannt aus CR und QoS. Das ist anspruchsvolles Actionkino. So fühlt sich Bond im 21. Jahrhundert an, und Bond ist immer mit der Zeit gegangen ohne zu nostalgisch zu werden.
Die Stimmen die sagen QoS sei kein Film für Kinder haben übrigens recht, aber seit wann war James Bond auch für Kinder gedacht?
David Arnold möchte ich an dieser Stelle noch loben, er hat mit dem Soundtrack zu QoS, seine wohl beste Arbeit bis jetzt, das
fast unmögliche geschafft: Einen unkonventionellen und hochmodernen Score zu komponieren, jedoch voll mit Verweisen auf John Barry, der den Film perfekt untermalt und stellenweise sogar ergänzt. Die angebliche Abwesenheit des 007-Themas ist eine dreiste
Lüge der Presse, es kommt nur in einer etwas dezenteren und aus meiner Sicht interessanteren und zeitgemäßen Version zum Einsatz.
Jetzt habe ich doch mehr geschrieben als ich wollte

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