Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

91
Überzeugen wovon? Dass "Wolves" im Prinzip im gleichen Fahrwasser mitschwamm wie die Indianerfreundlichen Filme der 1950er und 1960er Jahre? Nun, das sehe ich nicht so "negativ" und finde durchaus, dass Costner hier ein paar neuere Facetten - und sie es nur das Bemühen um Authnetizität und das Bemühen sich ernsthaft mit der indianischen Kultur auseinanderzusetzen - hinzugefügt hat. So gesehen halte ich "Wolves" absolut für einen bedeutenden Genre-Beitrag, ja.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

92
Das schon, aber er hat das Sub-Genre nicht neu erfunden. Weniger als andere Indianer Western in der Nachfolge von Broken Arrow. Und ein Bemühen um Authentizität ist auch schon in den 50ern öfters zu spüren. Delmer Daves selber hat ja auch noch weitere Indianerwestern gedreht die weniger romantisch waren.
Und das kann man wohl auch A Man Called Horse nicht absprechen, in dem auch glaube ich überwiegend in der Sprache der Indianer gesprochen wird. Oder Ulzana's Raid, der ein sehr nüchternes und gnadenloses Bild der Apachenkriege vermittelt, und dabei die Indianer nicht verklärt, schon weil sie extrem grausam sind, aber diese Grausamkeit verständlich macht, während die Grausamkeit der Weißen eher ratlos macht.

Seltsamerweise hatten damals auch viele Kritiker so getan, und die sollten es eigentlich besser wissen, als sei Costners Film der erste indianerfreundliche Western überhaupt gewesen. Da kamen dann wohl doch die altbekannten Vorurteile gegen den Western an sich durch.
Und seine Bedeutung für das Genre würde ich ihm auch trotzdem nicht absprechen.

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

93
Maibaum, ich glaube wir schreiben hier ein wenig aneinander vorbei. Die meisten deiner Ausführungen würde ich voll und ganz unterschreiben, natürlich war Wolves kein Pionier im Subgenre Indianerfreundlicher Western, zumindest nicht in Bezug auf das Subgenre an sich. Und da bin ich dann auch schon direkt bei dem, worauf ich eigentlich von Anfang an hinaus wollte: kein Pionier in Bezug auf das Subgenre an sich, sehr wohl aber auf die Ausprägung oder wenn man so will Ausgestaltung des Subgenres bzw. der Thematik. Wie ich schon schrieb ist Wolves in erster Linie an Gemeinsamkeiten interessiert und man könnte den Film als eine Art „humanistischen Western“ bezeichnen, da er zum einen die Gemeinsamkeiten der Kulturen unterstreicht und zudem die Tatsache, dass beide Kulturen voneinander profitieren und zu einer besseren Gesellschaftsform finden, wenn man aufeinander zugeht und Einflüsse zulässt. Entscheidend im Hinblick auf die Unterschiede zu thematisch ähnlichen Subgenrevetretern ist in meinen Augen bei Wolves vor allem der Grad, mit welchem die indianische Kultur und ihre Persönlichkeiten gezeigt werden. Gerade im Hinblick auf die Figuren ist das dann schon ein erkennbar anderes Niveau, als zB bei Little Big Man oder bei Eastwoods Texaner, wo die Indianer zwar durchaus charakterstark und eigenständig integriert wurden, aber eben nur bessere Nebenfiguren darstellten – teilweise nicht zuletzt auch wegen der zeitlichen Limitierung der Rollen (Little Big Man).

Auch Man called Horse weist nicht diese Figurentiefe und vor allem Figurenvielfalt auf wie Wolves. Ein Charakter wie der von Strampelnder Vogel – praktisch die zweite Hauptfigur des Films – ist schon bemerkenswert, da er eben nicht als edler Wilder mit im Idealfall hohen Moralvorstellungen gezeigt wird (also dem Klischee des Subgenres), sondern als intellektueller Denker, der oft unsicher in seinen Handlungen ist, immer aber offen für Neues – und trotzdem von Costner zutiefst menschlich gezeigt wird (wenn er beispielsweise Steht mit einer Faust schroff behandelt und sich über ihren Trotz wundert und von seiner Frau darauf hingewiesen wird, dass das Problem wohl eher an ihm liegt: auch das wieder eine wunderbar kulturübergreifende Szene, die nix gemein hat mit der üblichen fremdartig-exotischen Indianerromantik des Subgenres sondern statt dessen die Indianer als „Menschen wie du und ich“ zeigt und damit eine ganz andere Identifikationsbasis für das Publikum schafft).

Das gleiche gilt auch für die zweite starke Indianerfigur Wind in seinem Haar. Erscheint er zunächst wie das übliche Klischee des starken, selbstbewussten und arroganten Kriegers, so offenbart er im Laufe des Films in der Beziehung und sich entwickelnden Freundschaft zu Dunbar immer mehr seine Menschlichkeit, sozusagen den weichen Kern hinter der harten Schale. Nicht umsonst ist es dann im Finale seine Figur, die am emotionalsten auf Dunbars Abschied reagiert. Eine solche Ambivalenz bzw. Charaktertiefe bei einer vordergründig den Regeln des Subgenres entsprechender Figur ist schon bemerkenswert. Bemerkenswert ist generell auch, wie viel Zeit sich der Film für die diversen Indianerrollen nimmt und ihnen jeweils viel an Eigenständigkeit zugesteht. Genau deshalb ist der Film für mich in dieser Ausprägung dann eben doch ein Meilenstein des Genres bzw. Subgenres und das nicht nur in qualitativer Hinsicht, sondern eben auch weil er bewusst neue, tiefere Wege in der Ausprägung der Charakter- und Kulturzeichnung geht.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

94
Aha, ok. Ich denke dafür müsste ich ihn erst noch einmal sehen. Diesen Dingen habe ich bislang in dem Film wenig Beachtung geschenkt. Auch A Man Called Horse liegt schon etwas zurück. Mir sind da vor allem die auffallenden Ähnlichkeiten beider Filme im Gedächtnis geblieben, habe aber den Costner Film trotzdem nie als Abklatsch empfunden.

Allerdings denke ich daß zumindest der alte Häuptling in Little Big Man da schon sehr ähnlich ist. Ansonsten ist Little Big Man auch ein Film der meist andere Ansätze verfolgt als die beiden anderen. Für mich einer der 10 besten Western überhaupt.

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

95
Back in the Game (Trouble with the Curve) BD

Seit 2002 war Robert Lorenz Produzent von einigen Eastwood Filmen, darunter Blood Work, Million Dollar Baby oder Gran Torino. Mit Trouble with the Curve (dt. Titel Back in the Game) feierte er 2012 sein Regiedebut. Zuvor hatte er als Regieassistent bei die Brücken am Fluss, Blood Work, Mystic River & Million Dollar Baby gearbeitet und das merkt man diesem Film auch an.

Eastwood spielt hier einen gealterten Baseball-Scout, bei dem es beruflich derzeit nicht so gut läuft und der sich trotz der ganzen aktuellen, technischen Möglichkeiten immer noch selbst zu jedem Spiel begibt und Spielergebnisse aus Zeitungen liest um sich von jungen und talentieren Spielern ein Bild zu machen. Als Scout ist man sehr auf sein Auge angewiesen, auf das was man sieht und das Gus nun an einer Makuladegeneration leidet, erschwert seinen Beruf sehr. Seine Tochter Mickey, gespielt von Amy Adams steht kurz davor erfolgreich in der Kanzlei in der sie arbeitet aufzusteigen, als gewisse Umstände sie dazu bewegen ihren Vater zu besuchen und ihm zu helfen.

Regisseur Lorenz macht seine Sache stellenweise echt großartig. Er lässt seinen Figuren Zeit um sich "vorzustellen" und gibt auch der Geschichte die Ruhe die sie braucht, um sich zu entwickeln. Er weiß das Darsteller-Ensemble einzusetzen und dort macht auch jeder seine Sache gut. Neben Eastwood, der immer noch ein fantastischer, cooler und beeindrucker Mann und Schauspieler ist wissen in größeren Rollen auch Amy Adams und Justin Timberlake zu überzeugen. Des weiteren sind klasse Leute wie John Goodman, Robert Patrick, Bob Gunton oder Matthew Lillard zu sehen.

Der Film bietet viele dramatische aber auch schöne Momente die sehr emotional und klasse gespielt sind. Dennoch versucht Lorenz es manchmal zu "glatt" und "perfekt" zu machen. Alles muss ein Happy End haben, alles läuft wie geschmiert und gerade diese Sachen schaden dem Film eher als das sie ihm gut tun. Ein paar mehr Ecken und Kanten hätten dem Film gut getan. So wirkt er am Ende zu sauber, zu straff statt das er ein paar raue Stellen hat. Der Film ist immer noch überm Durchschnitt da die Inszenierung ansonsten echt klasse und die Darsteller alle gut aufgelegt sind aber es ist halt doch schade drum, wenn man das Potenzial darin sieht.

Für jeden Eastwood Fan ist dieser Film sicherlich sehenswert, denn es wird wohl seine letzte, größere Rolle sein und der Film kann sich auch nicht viel vorwerfen lassen, bis auf die Tatsache das alles zu glatt und perfekt wirkt. Man darf sehr gespannt sein wo die Karriere als Regisseur hinführt, was Lorenz angeht. Er hat ja schließlich von einem der besten gelernt. Für eine "guten" Film mit verschenktem Potenzial aber einer guten Dosis positiver Energie und klasse Darsteller reicht es für

7/10

:)
Zuletzt geändert von Agent 009 am 20. Oktober 2014 23:26, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

96
Krass, den habe ich auch mal gesehen aber schon wieder vergessen.
Ich fand den damals - grade im Vergleich zu Eastwoods Gran Torino (der Vergleich drängt sich ein wenig auf weil er eine ähnliche Rolle spielt und auch die kleinen Familien-Dramen drum herum ähnlich sind) extrem durchschnittlich, mit wenig Ecken und Kanten und zu simpel. Alles ist irgendwie vorhersehbar und verläuft recht glatt
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

97
Wie ich es auch geschrieben hatte. Die höhere Wertung gab es aber aufgrund eines Eastwoods der gut spielt, einer wundervollen Amy Adams die ihren Part absolut klasse und glaubwürdig auf die Leinwand/den TV bringt und weil es manchmal auch einfach nötig ist, etwas zu sehen das komplett positiv ist, auch wenn der Film als solches drunter leidet. ;) Hab sowas heute mal gebraucht und wurde nicht enttäuscht. Hätte aber auch alles besser sein können.

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

98
Nach deiner (aus meiner Sicht treffenden) Einschätzung der zu vielen Happy Ends und des zu großen Übermaßes an Glückseligkeit und Kitsch bin ich über die hohe Wertung dann doch überrascht. Aus meiner Sicht hat Back in the game diese gerade deshalb nicht verdient und ich würde deine Note mindestens um 1-2 Punkte herabsetzen, da retten auch die darstellerischen Leistungen nichts.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Die Filme von und mit Clint Eastwood

103
Bei Birdman ist es ja ähnlich. Finde die Zeit von Vö's sowieso sehr seltsam. Gerade was Serien angeht ist das extrem schlimm. In Deutschland darf man meist 1 Jahr warten und dann wird sich gewundert warum so viele Leute das im Netz auf gewissen Seiten schauen. Ist keine Rechtfertigung, dennoch nervig wie viel Zeit da vergeht.

Bei Filmen kann das auch mal Monate auseinander sein. Sehr schade sowas.