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Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 21. Februar 2010 14:48
von danielcc
Maibaum hat geschrieben:Der Unterschied ist wahrscheinlich das du dich stärker mit den Filmen beschäftigst, während ich die Bonds eher von außen betrachte.
Da kommen dir die Abweichungen bedeutsamer vor, als sie es für mich sind.
Das kann gut sein. Ich meine aber eben, dass sich der Gesamteindruck eines Bondfilms auch und vor allem aus der Summe der vielen Details ergibt, ergo führen viele kleine "Neuerungen" oder "Abweichungen" auch zu einem gänzlich anderen Gesamteindruck, zumindest bei mir.

Ein ganz anderes Thema ist für mich aber folgendes: Ich finde es gut und wichtig, dass Bonds Eingreifen dadurch gerechtfertigt wird, dass er eine konkrete Krise verhindert oder entschärft. Beste Beispiele sind sicher DN, GF, TB, YOLT, TSWLM, MR. Dieser Punkt ist für mich auch ein Grund, warum FIlme wie TMWTGG oder eben FYEO nicht wirklich zünden. Bei FYEO denke ich halt am Ende: "Ok, wenn Bond nichts getan hätte, dann hätten die Russen jetzt den ATAC Aparat. So what?" Man hätte irgendwelche Codes oder das System geändert. Für mich ist die Bedrohung die sich daraus vielleicht ergibt, nicht konkret genug.
(jetzt wirst du sagen, das ist béi FRWL oder CR ähnlich, und du hast Recht)

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 21. Februar 2010 14:53
von Maibaum
Das sind für mich die Dinge, die Hitchcock MacGuffins nannte.
Ohne sie gäbe es keine Handlung, aber was es dann konkret in dem jeweiligen Film ist, ist nicht wirklich von Bedeutung. Es ist nur der Auslöser.

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 21. Februar 2010 15:04
von danielcc
Maibaum hat geschrieben:Das sind für mich die Dinge, die Hitchcock MacGuffins nannte.
Ohne sie gäbe es keine Handlung, aber was es dann konkret in dem jeweiligen Film ist, ist nicht wirklich von Bedeutung. Es ist nur der Auslöser.
Als Hitchcock Fan weiß ich das natürlich aber es muss ja nicht so sein, dass das bei Bond gleichermaßen fnktioniert. Bei Hitchcock ist ja vor allem der Weg das Ziel, sprich: der MacGuffin ist ihm vollkommen egal, er will eine Geschichte über Charaktere erzählen. Was will man also bei FYEO? Eine Geschichte über das ATAC erzählen oder über Charaktere? Wenn welche???

Kurzum, ich finde FYEO in Sache Erzählweise, Charaktere usw. zu schwach, als das es die fehlende konkrete Bedrohung durch den macguffin ersetzen könnten. Dies ist dann auch der Unterschied zu FRWL und CR. Im Grunde ist FRWL ja erstmal ähnlich: Es geht um einen typischen Spionage MacGuffin, hier die Lecter, dort das ATAC. Doch bei FRWL (trotz der gewiss vorhandenen Schwächen des Films) ist eben ein Grant eine großartige, permante Bedrohung, SPECTRE im Hintergrund ein spannender Aspekt...

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 24. September 2010 22:25
von Casino Hille
Da ich neulich DN und TLD bewertet habe nun zu FYEO

In tödlicher Mission ist der 12.te Bond-Film und der fünfte mit Roger Moore.
Zuerst das negative:
Erst mal hat der Film einen uninteressanten Nebenplot.Nämlich die Columbo/Kristatos Geschichte.So etwas kann man einbauen aber hier geht Bond irgendwie ein bisschen unter.Ebenso hat es zur Folge das der Hauptgrund von Bonds Ermittlungen (das A.T.A.C) etwas in den Hintergrund gerät.(Da lobe ich mir doch Dr.No.)Das kalte Krieg Thema wird hier nicht stark genug ausgearbeitet was viel Potenzial gehabt hätte.Die PTS ist langweilig und sogar unlogisch.Außerdem führt Sie weder einen Charakter ein noch gibt sie das Tempo/Stimmung an.Kristatos wird von Julian Glover sehr langweilig,lustlos dargestellt und überzeugt in nicht einer Szene.Der Wurf des Motorrades von Erich Kriegler und der angriff auf Bond von den Eishockeyspielern passen nicht in einen sehr realistischen Film.Moore ist für die Bond-Rolle auch schon ein bisschen zu alt.

Nun das positive:
Die Klettertour am Ende von Bond ist sehr spannend und der klare Höhepunkt des Films.Toll geschnitten,klasse inszeniert und gute Stuntarbeit.Bravo!Auch die Skiszenen sind klasse und ich bin wahrscheinlich der einzige im Forum der diese für besser hält als in OHMSS.Ebenso liebe ich den Film auch deswegen das er wieder realistisch wurde.John Glens Regie ist hier von seinen 5 Filmen die beste.Der film ist für einen Moore-Bond sehr brutal z.B Loques Tod und Bond tötet aus eigener Entschlossenheit.Moore gibt seine meiner Meinung nach beste Leistung als 007 ab.Dies lässt mich den letzten negativ Satz schon fast vergessen.Die Verfolgung im Citroen 2V ist lustig und trotzdem spannend.Die Bedrohung fehlt in diesem Film völlig da es nur ums A.T.A.C geht.och das war auchin FRWL so und da beide Filme spannend sind ist dies verschmerzbar.Die Locations in FYEO sind schlicht weg atemberaubend.Wunderschön und exotisch.Das Finale im Kloster ist zwar etwas unspektakulär aber eine große Massenbalerei ala Lewis Gilbert hätte den Film nur weiter runtergezogen.Die Aufnahmen unter Wasser sind toll und durch die Tatsache dass sich Bond und Melina unterhalten können stellt sich beim Zuschauer keine Langweilie wie bei TB ein.Die Szene in der Bond und Melina durchs Wasser gezogen werden ist zwar etwas lächerlich aber spannend und toll inszeniert.Also ist die Szene doch perfekt.Columbo wird von Topol genial dargestellt und kann es schon fast mit Kerim Bey aufnehmen.

Fazit:Ein toller,spannender,humorvoller und doch recht brutaler Bond-Streifen mit einem tollen Moore,vielen anderen guten Darstellern und spektakulären Action-Szenen.Er hat seine Schwächen aber für mich überwiegen halt die Stärken.

9/10

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 10. Dezember 2010 16:25
von AnatolGogol
FYEO ist in meinen Augen zweifelsohne einer der drei besten Beiträge der Serie. Der back-to-Earth-Ansatz nach MR war der einzig richtige Schritt, nicht etwa weil MR nicht funktioniert hätte, sondern weil es zu diesem BigBudget-Spektakel keine weitere Steigerungsmöglichkeit mehr gab in Bezug auf noch abgehobenere Stories, noch größere larger-than-life-Schurken, noch exotischere Locations. Schon allein deswegen war der Ansatz sich wieder den frühen Filmen zu nähern unvermeidlich. Wobei ich die damalige Kurskorrektur nie als derart drastisch empfand, da die meisten bekannten Zutaten ja durchaus vertreten waren. Aber der Reihe nach.

Die Story ist unverkennbar angelehnt an den Plot von FRWL, ein „Objekt der Begierde“ (hier ATAC, damals Lector) als Zankapfel zwischen Ost und West. Kein Weltbedrohungsszenario, und genau das empfand ich schon immer als angenehme Abwechslung, welche dem Film nach all den Formel-Bonds beginnend ab Mitte der 60er eine erfreuliche Frische verlieh. Eben mal was anderes. Das gerade das Fehlen eines „bond-typischen“ Bedrohungsszenarios häufiger als Negativkritikpunkt angeführt wird kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Ebenfalls als großen Pluspunkt der Story empfand ich schon immer die undurchsichtige Gegner-/Verbündeten-Situation. Gerade weil es sich um einen Bondfilm handelt tappt man beim Erstkontakt doch viel leichter in die dramaturgische Falle, dass eben nicht wie bis zur Hälfte des Films vermittelt Columbo sondern der undurchsichtige Kristatos Bonds Gegenspieler ist. Hier gilt für mich das gleiche wie beim Grundsszenario: mal was erfrischend anderes.

Die Grundstimmung des Films ist ja doch um einiges ernsthafter als in den Vorgängerfilmen, aber nichtdestotrotz handelt es sich ja immer noch um einen Film aus der Mooreschen Ära. Und folgerichtig ist der Film auch nicht im Stile eines LTK oder gar der jüngsten Craigfilme angelegt, sondern glücklicherweise trotzdem immer mit einem Augenzwinkern und hier und da auch mit der ein oder anderen Albernheit. Einen harten, ernsthaften Thriller ohne jedes Augenzwinkern mit einem eiskalten James Bond dargestellt durch den zum damaligen Zeitpunkt bereits zum eigen Klischee gewordenen Roger Moore hätte meines Erachtens nie funktioniert und wäre auch nie glaubwürdig gewesen. Ihm stattdessen zusätzlich zu seinem Gentleman-Image die ein oder andere härtere Facette zu verpassen (wie die Beseitigung Loques) funktionierte hingegen sehr gut und war für die Mooresche Bondfigur eine echte Bereicherung. Ebenfalls als ganz großen Pluspunkt empfand ich schon immer die Tatsache, dass Moore in FYEO endlich mal als Agent wirklich gefordert wird. Bei seinen früheren Einsätzen kam es einem immer eher so vor, als ob er zwischen Wodka Martinis und Schäferstündchen so nebenbei auch mal noch ein bisschen seine Gegenspieler ausgeschaltet hat. Anders in seinem 81er Einsatz: hier sieht man ihn endlich auch mal als gehetzten, geforderten und eben nicht immer völlig überlegenen Agenten. Auch die hintergündigeren Facetten der Bondfigur werden hier mal tiefer beleuchtet: Bonds Sympathie zu Columbo und Ferrara, seine glaubwürdige Bestürzung nach den Ermordungen Lisls/Lisas und Ferraras, seine Nachdenklichkeit am Grab Teresas. All das im Paket mit der gewohnten Souveränität und humorvollen Leichtigkeit macht FYEO für mich zur schauspielerisch besten Leistung von Roger Moore als 007.

Passend zu den anderen FRWL-Anleihen wurde mit Topol in der Rolle des Columbo auch eine Figur in der Tradition eines Kerim Bey eingeführt. Und genauso wie einst Pedro Armandariz verstand es auch Topol eben diesen rustikalen, jovialen Charme rüberzubringen (in der deutschen Fassung sogar noch verstärkt durch die großartige Synchronisation von Wolfgang Hess). Dieses Charisma kann Julian Glover als Kristatos nicht bieten, aber dafür verkörpert er mM perfekt den zwielichtigen, undurchschaubaren Doppelagenten. Kein angenehmer Typ, keiner der überall auffällt: aber gerade das macht die Figur ja aus. Natürlich wirkt eine solche Schurkenrolle blass im Vergleich zu den larger-than-life-Widersachern a la Goldfinger, Bolfeld oder Stromberg. Aber das ist nun mal rollenbedingt erforderlich (so wie es zB Lonsdales blasierte, gelangweilte Art in MR auch war). Carole Bouquet spielt den Racheengel Melina überzeugend, einziger Kritikpunkt: ihre kühle Ausstrahlung steht etwas im Kontrast zu ihren feurigen Racheplänen.

Die Actionszenen sind abwechslungsreich und nahezu durch die Bank erstklassig. Einzige Ausnahme: die Tauchszenen sowie die anschliessende U-Boot-Verfolgung. Ich fand schon immer, dass der Film in diesen knapp 10 Minuten das hohe Tempo nicht halten konnte und etwas einbrach. Aber der Rest ist famos: der Helistunt in der PTS, die Verfolgungsjagd mit der Ente, die Skiverfolgung mit dem Höhepunkt in der Bobbahn und natürlich die abschliessende atemberaubende Kletterpartie. Wobei letztere wohl eher eine Spannungs- denn eine Actionszene ist (aber was für eine! Angesichts des sichtbaren Abgrunds stockt mir heute noch der Atem. Spektakulärer in Bezug auf die wahrgenommene Gefahr des Stunts empfand ich eigentlich nur noch den Skisprung vom Asgard in der PTS von TSWLM).

Der musikalische Wechsel von Barry zu Conti ist für mich vielleicht die gravierendste Veränderung zu den Vorgängerfilmen. Als Dauerlösung hätte ich mir das sicherlich auch nicht gewünscht (hätte wohl eine ähnlich monotone Entwicklung genommen wie bei David Arnold), aber als einmaligen Einsatz finde ich es absolut ok. Zeitlose Musik ist sicherlich etwas anderes, Contis Score repräsentiert eben genau die Zeit aus der er stammt. Als musikalisch schwach will und kann ich die Musik von FYEO nicht einstufen, ich sehe keine wirklichen Schwächen. Ihm den Kontrast zum Barryschen Stil als Schwäche anzukreiden ist wohl eher eine Geschmacks- den eine Qualitätsfrage. Gerade die musikalische Untermalung der Actionszenen (Entenverfolgung oder auch die Skijagd) ist fetzig und treibt die Szenen bis zum jeweiligen Höhepunkt unterstützend voran. Dass man der Musik ihre Entstehungszeit anhört ist für mich genauso wenig ein Kritikpunkt wie Moores Schlaghosen in TSWLM oder seine Riesenkrägen in MR. Im Gegenteil empfinde ich es als immer wieder schön dadurch eine Art Zeitreise zurück in die Entstehungszeit des jeweiligen Filmes zu machen. Mag aber durchaus sein, dass man um diesen Effekt wirklich wahrzunehmen und genießen zu können die betreffende Epoche auch miterlebt haben muss.

Was die liebgewonnenen Klischees anbetrifft, so ist glücklicherweise vieles beim alten geblieben: der Flirt mit Moneypenney, die Missionsbesprechung mit Grey und Tanner in Vertretung für den verstorbenen Bernard Lee, die obligatorische Werkstattszene bei Q. Auf Gadgets wurde weitestgehend verzichtet, ich habe es nicht wirklich vermisst. Achja, die PTS fand ich immer schon witzig und im Hinblick auf das Blofeld/Teresa-Motiv sehr schlüssig. Eine wunderbare Verbindung zu den früheren Filmen, gerade weil Bond am Grab seiner Frau war konnte eigentlich niemand anderes als Blofeld den Anschlag ausüben.

Mein Fazit: auch nach fast 30 Jahren hat der Film für mich nichts an Reiz verloren. Die Rückbesinnung auf alte Tugenden aus der Anfangszeit der Serie, die ernsthaftere Herangehensweise bei gleichzeitiger Beibehaltung der Stärken der Moore-Ära wie humorvolle Leichtigkeit lassen FYEO eine Ausnahmestellung innerhalb der Moore-Bonds wie auch in der gesamten Serie einnehmen. Für mich ganz klar volle Punktzahl 10/10.

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 10. Dezember 2010 17:01
von danielcc
Willkommen im Forum!

Bei einer so exzellenten Kritik als Einstieg hoffe ich auf weitere beiträge von dir!

Allerdings kann ich inhaltlich vieles von dem was du sagst nicht teilen. So halte ich die Story und einige der Charaktere für schlicht nicht Bond-tauglich. Wie ich in meiner Kritik geschrieben habe, wirkt der Film auf mich wie "Onkel Roger macht Urlaub am Mittelmeer und nimmt es mit ein paar Schmuggel-Schurken auf".
Im prinzipiell seriösen Kontext des Films, fallen auch einige alberne Elemente besonders schwerwiegend auf:
- der komplette Bibi Charakter
- die Eiskunstlauftrainerin, die keinen Sinn macht
- die alberne Eiskhocky Einlage
- die teilweise übertriebene Enten-Verfolgung am Anfang
- die Discomusik

Nichtsdestotrotz, FYEO unterhält mit tollen Actionszenen und einem Roger Moore, der vielleicht seine beste Schauspielleistung abliefert.

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 10. Dezember 2010 19:10
von AnatolGogol
Hallo danielcc,

vielen Dank für die Blumen und die netten Worte zur Begrüßung. Ich denke schon dass ich noch einige Beiträge folgen lassen werde, ich wundere mich selbst dass mir das wunderbare Forum hier als jahrzehntelangem 007er bislang verborgen blieb. Ich habe mir den Thread zu FYEO vor meinem Post durchgelesen und ich habe natürlich auch deine sehr fundierte Kritik nicht überlesen. Ich denke, was man als bond-tauglich einstuft ist sicherlich immer eine sehr persönliche Ermessenssache, wie du dir nach meinem Eingangspost denken kannst sind unsere Definitionen da scheinbar nicht so ganz deckungsgleich -). Aber gerade der Meinungsaustausch ist es ja, der in so einem Forum Spass macht. Daher versuche ich mal meinen Standpunkt zu deinen Kritikpunkten zu formulieren:

Wie in meinem ersten Post ja schon schrieb empfinde ich auch die albernen Momente nicht als einen Stilbruch, da bei aller ernsteren Herangehensweise ich FYEO nie als einen wirklich ernstgemeinten harten Thriller im Stile zB von LTK verstanden habe. Ich denke als solcher war er von der EON-Crew auch nie wirklich konzipiert gewesen, evtl. ganz zu Beginn als noch unklar war ob Moore weitermacht. Bei einer Neubesetzung durch zB Lewis Collins hätten wir vermutlich einen weit drastischeren Stilwechsel erlebt. Aber ich denke nachdem Moores Weitermachen in trockenen Tüchern war, stand dies nicht mehr zur Debatte aufgrund Rogers Rollenprägung in den vorangegangen vier Filmen. Von daher sehe ich den Film in erster Linie als humoristisch-unterhaltsamen Moore-Bond mit ernsthafteren Moment aber nicht als ernsthaften Agententhriller mit Klamaukelementen, in dem zufällig Moore den 007 gibt. Vielleicht ist genau das der Punkt, in dem sich unsere Betrachtung unterscheidet. Über einzelne Charaktere/Elemente lässt sich natürlich immer diskutieren. Die Bibi-Geschichte lockerte das Ganze halt etwas auf, ich finde es schon amüsant wenn sich Bond, der nie ein Kostverächter war dieses eine mal sich förmlich dagegen wehren muss, dass ihm sich eine Biene an den Hals schmeisst. Die Geschichte bot in jedem Fall schönen Spielraum für Moores trockenen Humor („Ich kauf Ihnen jetzt erst mal ein Eis zur Abkühlung“). Jacoba Brink macht handlungstechnisch zumindest insofern Sinn, als dass sie im Showdown Bond im Kloster hilft. Die Eishockeyeinlage ist halt typsich für einen Moorebond, sehr dick aufgetragener Humor. Ich kann allerdings deine Kritik verstehen im Hinblick auf die anschliessende Ermordung von Ferrara, da das schon ein recht drastischer Wechsel ist. Aber wie gesagt: es ist halt ein Moore-Bond, you get what you pay for. Ebenfalls 100% Mooretypisch: die Entenverfolgung. Diese Szene steht in direkter Tradition zB zur Verfolgung von Scaramanga zusammen mit Pepper in TMWTGG. Ohne Moores Kalauer würde für mich hier einfach was fehlen, es sass halt nicht Dalton oder Craig am Steuer. Zur Conti-Musik kennst du meine Meinung ja schon, ich empfinde sie nicht störend. Störend empfinde ich zB die penetranten Techno-beats bei nahezu allen Actionszenen in David Arnolds Scores ab TWINE. Aber das ist eine andere Geschichte.

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 11. Dezember 2010 09:56
von simon
Hey. Na endlich mal was los hier :-)
Auch ich heiße unseren Neuzugang herzlichst im Forum willkommen und freue mich zugleich über die ausführliche Kritik! (dachte bloß Dannie und ich machen das so ) (ein wenig Schleichwerbung muss sein). Doch muss auch ich natürlich Kontra geben was diese durch und durch gelungene Kritik betrifft:

Der FRWL Vergleich liegt natürlich nicht fern. Ganz klar. Doch missglückt das angestrebte Prinzip des bodenständigeren Agententhrillers bei FYEO wie ich finde. FRWL wirkt wie aus einem Guss erschaffen. FYEO wirkt hingegen eher unausgegoren.
Ich ziehe da eher den TLD und FRWL Vergleich vor.
Erster Kritikpunkt meinerseits ist die PTS von FYEO. Wie Plump hier mit Bonds Vergangenheit abgerechnet wird finde ich fast erstaunlich. Mal kurz ans Grab der längst nicht mehr erwähnten Frau, Blofeld mal schnell von einem Hubschrauber geworfen, um sich dann plötzlich ernsthafterem zu widmen. Doch weder Bonds Frau noch Blofeld wurden seit der Connery Ära erwähnt. Warum gerade jetzt, wenn man ohnehin nicht näher darauf eingehen will? Das gefiel mir persönlich nie. Das wären meiner Ansicht nach Themen gewesen die eine tiefgründigere Auseinandersetzung verlangt hätten. Oder man hätte sie gleich dem Zahn der Zeit bzw. der Vergessenheit überlassen sollen…so wie man es zuvor schon tat. Das ganze aber nach über 10 Jahren plötzlich wieder hervor zu kramen passt eben gerade in einen Film wie FYEO überhaupt nicht finde ich. Und da liegt zusammenfassend mal der Kern meiner negativen Meinung diesen Film betreffend.

Bei FYEO stimmt der Abgleich der Elemente einfach nicht. was bei FRWL stimmig war wirkt bei FYEO aufgesetzt und macht auf mich einen lieblosen Eindruck. Als hätte man den Film unter Zeitdruck erdacht. Lieblos und verkrampft fotografierte Locations nehmen dem Film jene Ästhetik die für Bond einfach maßgeblich ist (das Hotel in dem Bond wohnt hat mehr etwas von einem Seniorenheim am Land, finde ich). Der Humor wurde (obgleich ich verstehe dass man nicht gänzlich auf typische Moore Werte verzichten wollte) insofern deplatziert genutzt dass er eher Spannung rauß nimmt wo gerade eine aufgebaut wurde (Autoverfolgungsjagt nach Melinas Anschlag) und dadurch den angestrebten ernsthaften Elementen keine Chance mehr gibt sich zu entwickeln. Blasse Charaktere oder völlig unnötige Charaktere lassen den Zuseher obendrein nie wirklich eintauchen. Man könnte eher mit Melina mit fiebern als mit Bond. Deren Geschichte gehört zu jenen Elementen die auch Stimmig sind was die Ernsthaftigkeit betrifft. Obwohl auch diese Tragik sich im Verlauf völlig verliert. Ich würde FYEO nicht mit FRWL gleichstellen da ich ihn für einen für Bond Verhältnisse zu farblosen Film halte der trotz der aufwendigen Produktion eher etwas von einem TV Film hat. Ich finde dass man an FYEO viel verschenkt hat. Doch auch nicht am Potential des Stoffes. Denn selbst dieser an sich ist meiner Meinung nach nicht sonderlich herausragend der gar einfallsreich. Man hätte zumindest das Flair erhalten und in bodenständigeren Kontext bringen können. Doch eben dieses fehlt dem Film völlig! was ich als einen der maßgeblichen Negativ Punkte zu FYEO empfinde. Ich bevorzuge TLD wenn es um die sogenannten „Down to Earth“ Bond Filme geht weil man da alles richtig gemacht hat was bei FYEO eben nicht funktioniert hat. Der Film wirkt ausgebrannt und lieblos arrangiert. Einzig dem Lob an den Charakter des Columbo und den damit verbundenen Vergleich zu Kerim kann ich mich wirklich anschließen. Und nocheinmal muss ich zu meinem Punkt kommen: FRWL wirkt quasi aus einem Guss geschaffen. FYEO nicht.

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 11. Dezember 2010 10:21
von danielcc
Zu Vergleich mit FRWL hatte ich in meiner Kritik von damals auch was, weil mir da auch die Gemeinsamkeiten aber eben auch der große Unterschied aufgefallen ist:
"zunächst halte ich selbst bei bondfilmen die story für wichtig. es muss zumindest eine klar erkennbare bedrohung geben. diese gibt es hier nicht! stattdessen muss eine macguffin szenerie herhalten (das ATAC). nun könnte man sagen, dass war ja bei FRWL nicht anders, ist eben eine spionage geschichte. ja aber dort gibt es eben doch die bedrohung durch spectre, die immer wieder auftauchen und im hintergrund die fäden halten. dies fehlt hier vollkommen! "

Bei FRWL gibt es den ganzen Film über also einen klaren Gegenspieler (Grant) und daneben eine Organisation, die hinter allem steckt, und u.a. Bond ja nur als Marionette benutzt für etwas größeres. All das fehlt in FYEO. In FRWL wird der Plan am Anfang aus Sicht der Bösewichte geschildert:
- Die Einführung von Grant
- Die Einführung von Lenyas Charakter
- ihre Auswahl von Grant
- ihre Auswahl von Tatiana
...

In FYEO gibt es lange keinen Gegenspieler und nur blasse Charaktere die Bond schon deshalb nicht gefährlich werden können

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 11. Dezember 2010 11:38
von AnatolGogol
So sehr ich eure Kritikpunkte nachvollziehen kann, so wenig kann ich sie teilen. Der auch von mir gezogene Vergleich zu FRWL hinkt in sofern, als dass zwar einzelne Handlungsmomente sehr ähnlich sind, die Filme als ganzes sich aber schon von der Grundstimmung und auch wohl von den Filmmachern beabsichtigten Wirkung deutlich unterscheiden. FRWL war klar ein klassicher Agententhriller ganz im Zeichen des Kaltenkrieges. Die ganzen Überdrehtheiten und Albernheiten der späteren Filme wurden hier höchstens angedeutet. Ich finde auch der Vergleich TLD mit FRWL hinkt in sofern, als das TLD bei aller neuhinzugekommenen "Ernsthaftigkeit" doch noch deutlich in der Tradition der vorangegangenen Moorebonds steht, anders als zB LTK, der hier wesentlich eigenständiger daherkommt. Ich kann mich nur wiederholen: FYEO ist ein Kind seiner Zeit und als solches auch bei aller realistischeren Herangehensweise immer noch ein typischer Moorebond. Realistischer und Ernsthafter sind ja immer relativ zu verstehen; ernsthafter als Moonraker? sicherlich! ernsthaft wie FRWL? sicherlich nein! Was dann letztlich zur Geschmacksfrage führt: möchte ich ernsthaftere Elemente in einem Moorebond sehen? Möchte ich Abweichungen vom Baukastenschema der Filme seit Mitte der 60er (Überschurke, Superfestung, Weltbedrohungsszenario) in einem Bondfilm sehen? Das ist dann halt eine subjektive Ermessenssache, aber kein objektives Werturteil. Den von euch häufiger genannten TV-Vergleich kann ich wirklich nicht nachvollziehen, FYEO mag vielleicht optisch nicht soviel hermachen wie TSWLM oder MR, aber ist dennoch noch auf hohem Niveau. Ich empfand zB die Schauwerte in TLD immer deutlich niediger als in vielen anderen Teilen der Serie.

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 16. Dezember 2010 17:14
von simon
AnatolGogol hat geschrieben: Den von euch häufiger genannten TV-Vergleich kann ich wirklich nicht nachvollziehen, FYEO mag vielleicht optisch nicht soviel hermachen wie TSWLM oder MR, aber ist dennoch noch auf hohem Niveau. Ich empfand zB die Schauwerte in TLD immer deutlich niediger als in vielen anderen Teilen der Serie.
Nun finde ich gerade die Schauwerte von TLD um klassen interessanter und in erster linie erfrischender als jene von FYEO. Warum: Passend zum recht kühlen Realismus und der härteren Gangart des Films hat man sich recht konsequent und mit viel Liebe zum Detail darum bemüht die Optik generell diesem Konzept an zu passen. Alles an der Optik zu TLD ist erfrischend anders, sehr geerdet und kalt und doch abenteuerlich. Die Schauwerte von FYEO wirken auf mich lieblos und uninspiriert in Szene gesetzt. Ideenlos. Wie auch der Film selbst mir eher wie eine art lückenfüller vorkommt. TLD strotzt meiner ansicht nach vor optischem einfallsreichtum und netten gegensätzen. So sehe ich das eben. vom grau in grau zu beginn. bratislava bzw. wien über Schneeweise Bond typische Verfolgungsjagt zum exotisch hellen tanga bis nach afganistan ist da einfach genug an bisher noch nicht gezeigtem dabei. ich finde der film hat eine ganz eigene optik und ist trotzdem als bond zu erkennen weil trotz geerdeter Schauwerte sehr spektakulär. FYEO war mir stets als Bond ohne schlüssigen optischen Eindruck in erinnerung. als der Film der reihe dem einfach alles fehlt was Bond ausmacht. das war schon als kind so in meinem eindruck und ist es nach wie vor.

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 17. Dezember 2010 10:48
von AnatolGogol
Ich kann dir da nicht folgen, im Gegenteil finde ich Cortina und die Ägäis als Locations um einiges exklusiver und mit mehr Flair umgeben als zB Tanger oder Bratislava. Und gerade dieses „Flair“ ist für mich ganz typisch und elementar für die Atmosphäre der Bondfilme.

Ob eine ernsthaftere Herangehensweise an die Thematik Bond zwingendermaßen auch eine andere, weniger opulente visuelle Umsetzung mit sich bringen muss halte ich übrigens für mehr als fraglich. Mein Ansatz ist da ein anderer: ein James Bond-Film braucht zwingend dieses exklusive Flair und die exotischen Locations, denn das war es unter anderem, was die Serie jahrzehntelang von „normalen“ Thrillern unterschieden hat und was im Laufe der Jahre zu einem meiner Meinung nach unverzichtbaren Trademark der Serie wurde.

Bei TLD fällt dies noch nicht so ins Gewicht, da bei aller Bodenständigkeit trotzdem noch genug von diesem „Flair“ durch den Film weht. Wenn ich mir aber hingegen QOS anschaue, kann ich sowohl was den Stil des Films als auch seine Optik angeht keinen Unterschied mehr feststellen zB zu einem Film der Bourne-Reihe. Ich halte das für einen großen Fehler und denke, dass diese fehlende Abgrenzung zur Konkurrenz mittelfristig sogar zum Ende der Serie führen könnte, weil ein Bondfilm mittlerweile nur noch ein Actionfilm unter vielen ist. Wie gesagt, es ist nicht der ernstere Ansatz den ich für problematisch ansehe, sondern dessen Umsetzung auf Kosten von jahrzehntelangen Traditionen. Hier fehlt mir dann wirklich so ziemlich alles, was Bond immer ausgemacht hat. Bei FYEO hingegen ist für mich alles da, wo es hingehört.

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 17. Dezember 2010 13:08
von simon
Deinen vergleich von QOS zu den Bourne Filmen kann ich was die schauwerte betrifft nicht nach vollziehen. zumindest nicht was das Set Design betrifft. kameraführung etc. - klar! Doch ist in meinen augen gerade QOS ein film der immens an bond flair versprüht und durchaus sehr exotisch wirkt. Die ungewöhnlich exklusive Innenaustattung des Hotels in bulivien?! Völlig künstlerisch, zeitlos fast gänzlich in schwarz/weiß gehalten...,

das hotel in der wüste?!
also wenn das mal nicht obskur und sehr exotisch anmutet?!
die bregenz - festspiel Szenen sind an optischer exklusivität kaum zu überbieten!
und generell hat man dem film eine sehr edle, fast silbrige farbgebung verpasst. also ich finde wie bereits gesagt dass gerade QOS sehr bondig, weil sehr exklusiv daher kommt. eben erwähntes gibt es in den bourne filmen keines wegs zu sehen!

FYEO wirkt meiner ansicht nach - die bildsprache betreffend eher wie ein extrem konventioneller ferientrip. nichts daran versprüht für mich bond flair. als hätte ein gealtertes touristenpaar für die schauwerte gesorgt. (verzeih mir die krasse umschreibung!)

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 17. Dezember 2010 13:47
von AnatolGogol
Da unterscheiden sich unsere Ansätze als auch unser Verständnis von „Exklusivität“ wohl grundsätzlich. Um nochmals das QOS-Beispiel aufzugreifen: sämtliche Schauplätze in diesem Film erscheinen völlig beliebig und austauschbar. Alle Szenen in Bolivien hätten genauso gut in Mexiko, Tunesien oder irgendwo in Spanien spielen können. Es gibt nichts, was einen wirklichen Wiedererkennungswert für die Location Bolivien bewirkt hätte. Gleiches gilt für die restlichen Schauplätze, es wird durch die Weltgeschichte gehetzt, ohne dass wirklich was hängen bleibt (vielleicht mit Ausnahme der Bregenz-Oper). Daher auch der Vergleich zu den Bourne-Filme, bei denen ich auch nicht mehr wirklich erinnern kann in welchen Ländern und Städten die gespielt haben. Anders FYEO: Cortina mit seinen olympischen Stätten, die Ägäis mit ihren typischen Tempeln, Märkten, Klöstern. Hier wird die Identität der Drehorte bewusst als Stilmittel im Film benutzt und in die Handlung miteinbezogen.

Re: Filmbesprechung: "For Your Eyes Only"

Verfasst: 27. Januar 2011 16:51
von danielcc
Ich kann beide Punkte gut verstehen, tendiere aber selbst zu simons Meinung.

In der Tat hat FYEO an und für sich tolle Drehorte und macht fast mehr als die meisten Filme der Reihe davon Gebrauch. Selten ist der Anteil an location shoots höher gewesen als bei FYEO. Darüber hinaus nimmt der Film sich auch die Zeit, die man braucht, um ein Gefühl für diese Locations aufzubauen. Es entsteht eine gute Atmosphäre (die Szene auf dem Markt, die Tauchgänge, das Kloster, die Kutschfahrt). FYEO hat hier ein sehr angenehmes Tempo.

Dennoch, ganz subjektiv, ist mir FYEO in dieser Hinsicht viel zu gewöhnlich, eben nicht exklusiv. Woran liegt es?
1. Sowohl die Winterdrehorte als auch die Mittelmeer-Drehorte kommen einem als Mitteleuropäer sehr bekannt und eher gewöhnlich als exotisch vor
2. Der Film wirkt schon durc Story und Handlung eher gewöhnlich als exklusiv. Keine Weltbedrohung, keine Super-Schurken usw. Das überträgt sich auch auf die Wahrnehmung der Orte, finde ich.

Zudem finde ich, dass (Bond)filme, die ihre Locations durch das Abarbeiten oder Aufzeigen von Wahrzeichen und Touristenattraktionen zur Schau stellen, nicht besonders exklusiv. Typischer Phönomen der 80er Bonds, noch schlimmer bei AVTAK (Eifelturm, Golden Gate Bridge). Die wahre Exklusivität besteht doch darin, an einem fremden, fernen Ort zu drehen, aber eben keine Klischees zu zeigen. Umso mehr, als das viele Zuschauer heute ohnehin "die Welt kennen". In dieser Hinsicht finde ich QOS deutlich aufregender ABER leider reist Bond dort viel zu schnell und man bekommt fast kein Gefühl für die Drehorte (angenehme Ausnahme: die Anreise zu und die folgende Szene mit Mathis)