Re: Zuletzt gesehener Film

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vodkamartini hat geschrieben:Hab es damals praktisch live mit bekommen und wenig Lust das ein weiteres Mal mit zu erleben. Einmal hat gereicht.
ich fand Ex Machina auch nicht so toll...

















... sorry für den Kalauer, aber der rollte ja schon auf der Torlinie. :) Kann ich gut verstehen, dass man kein Bedürfnis hat den doch recht schweren Stoff nochmal anzuschauen, zumal sich gerade was die mediale Berichterstattung von solchen Ereignissen angeht bis heut kaum etwas verändert hat - leider (und in gewisser Weise gehört die neue Verfilmung da auch dazu).

Hab gestern abend noch in einem Rutsch die 99er-Verfilmung Ein großes Ding angeschaut und die unterschiedliche Aufbereitung des gleichen Stoffs gegenüber „Gladbeck“ ist schon bemerkenswert. Ein großes Ding ist deutlich mehr konventioneller Thriller und entwickelt nie auch nur annähernd die beklemmende Wirkung der neuen Verfilmung. Dafür punktet Ein großes Ding aber mit deutlich höherer Homogenität und kommt weitgehend ohne Hänger aus (hier muss ich meine gestrige Aussage auch revidieren: Teil 2 ist hier sicherlich nicht schwächer als Teil 1). Und die größten Pluspunkte sind sicherlich die beiden Hauptdarsteller. Richy Müller und Jürgen Vogel ziehen eine beeindruckende „Show“ ab, zwar verschwinden sie nie hinter ihren Rollen, aber das macht noch nicht mal etwas angesichts ihrer eindrucksvollen Vorstellung. Unterm Strich nehmen sich die beiden Verfilmungen qualitativ trotz der erstaunlichen Unterschiede aber kaum etwas, Ein großes Ding ist zwar deutlich runder, dafür erreicht Gladbeck in der Spitze eine erheblich höhere Qualität.
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Re: Zuletzt gesehener Film

8602
Casino Hille hat geschrieben:Anatol: Wie findest du denn Ex Machina? Dann sag ich dir auch, wie ich Gladbeck fand. :wink:
ich zitiere mich mal kurz selbst:
AnatolGogol hat geschrieben: Ex_Machina - 6/10
Interessante Grundidee um die Gefahren künstlicher Intelligenz sowie gelungene Charakterstudie. Leider auch recht unspektakulär und wenig fesselnd.
Ist jetzt leider recht wenig was ich dir dazu sagen kann, aber mehr ist halt wirklich nicht hängen geblieben. Ich weiss nur noch, dass ich die zweite Hälfte wirklich recht zäh fand.
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Re: Zuletzt gesehener Film

8603
Interessant. Danke! :D

Ich sehe "Gladbeck" als Zweiteiler wesentlich kritischer als du. Für mich ist das über weite Strecken schlicht zu träge. Teil 1 entwickelt sich zwar dramaturgisch zielgerichtet, aber doch sehr erwartbar und stereotyp zugespitzt, mir fehlen da die Zwischentöne, die erzählerischen Feinheiten. Auch die Schauspieler haben mir durch die Bank eher wenig gefallen, mir war gerade der von dir gelobte Alexander Scheer viel zu gekünstelt in der Rolle. Würde rund zwei Punkte weniger vergeben, mir hat das insgesamt nichts gegeben.
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Re: Zuletzt gesehener Film

8604
In der ersten Hälfte fand ich"Ex Machina" noch durchaus faszinierend und interessant. Aber in der zweiten Hälfte zog sich alles so dermaßen hin, dass ich irgendwann das Interesse verlor und mich schließlich auch alles kalt ließ. Da kann ich wieder Mal nur sagen, Potential verschenkt.
"Verstehen Sie mich nicht falsch es ist nichts persönliches, es ist was rein geschäftliches."

Re: Zuletzt gesehener Film

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Casino Hille hat geschrieben:Ich sehe "Gladbeck" als Zweiteiler wesentlich kritischer als du. Für mich ist das über weite Strecken schlicht zu träge. Teil 1 entwickelt sich zwar dramaturgisch zielgerichtet, aber doch sehr erwartbar und stereotyp zugespitzt, mir fehlen da die Zwischentöne, die erzählerischen Feinheiten. Auch die Schauspieler haben mir durch die Bank eher wenig gefallen, mir war gerade der von dir gelobte Alexander Scheer viel zu gekünstelt in der Rolle. Würde rund zwei Punkte weniger vergeben, mir hat das insgesamt nichts gegeben.
Ebenfals interessant! Als Thriller hat mich Teil 1 wie bereits geschrieben wirklich sehr gefesselt, der Film liess mich kaum zur Ruhe kommen und hatte einige wirklich grossartige Momente (z.B. als man zum ersten mal die Entführer sieht mit ihren wirklich angsteinflössenden Masken - diese Einstellung hat schon sehr starke Horrorelemente wie ich finde und verstärkt dadurch den Schrecken der Situation enorm). Teil 2 hat mich dann auch angesichts meiner Begeisterung für die erste Hälfte eher etwas enttäuscht und hier stimme ich dann deiner Kritik bezüglich der fehlenden Zwischentöne und erzählerischer Feinheiten auch zu. Gerade die Momente mit den Angehörigen waren mir auch oft zu "effekthascherisch" und gezielt emotionalisierend, ohne dass sie eine wirklich erzählerische Bindung zur Kernhandlung hatten.
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Re: Zuletzt gesehener Film

8606
Zu "Ex_Machina" -

Für mich ist es hier ein relativ kühles, distanziertes und psychologisch ausgefeiltes Konzept eines Kammerspiels, in dem Themen wie Menschlichkeit und künstliche Intelligenz (auch anhand des Turingtests) im Vordergrund stehen. Das kann für den einen unglaublich intensiv und spannend sein, für andere auf jeden Fall auch stinklangweilig !
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

8607
HCN007 hat geschrieben:in dem Themen wie Menschlichkeit und künstliche Intelligenz (auch anhand des Turingtests) im Vordergrund stehen
Joa, aber eben sehr oberflächlich und ohne große Eigennote in der Diskussion. Garland rennt mit dem Film eher offene Türen ein, als das er mir interessante Denkanstöße gibt. Ein bisschen Turingtest hier, ein bisschen Asimov da, dazu ein bisschen Pygmalioneffekt und Theodizee. Und dann natürlich das erwartbare, und in diesem Genre fast schon obligatorische, leider aber auch ziemlich platte Ende. Die erste Hälfte ist in der Tat die etwas interessantere, gerade weil sie die sexuellen Komponenten der Thematik erforscht (wobei auch hier schade ist, dass die Dialogführung wirklich mit dem Holzhammer kommt). Für die große Philosophie, um die es später gehen soll, ist mir das Resultat aber zu langatmig - und ich habe nichts gegen eine ruhige Erzählung, nur müsste sie eben mit (mehr!) Substanz gefüllt sein.
AnatolGogol hat geschrieben:grossartige Momente (z.B. als man zum ersten mal die Entführer sieht mit ihren wirklich angsteinflössenden Masken
In der Tat, das ist inszenatorisch ein geglückter Moment (und ich würde den ersten Teil auch für den leicht besseren halten im Vergleich zum Vorgänger). Trotzdem ist mir da zu viel Trägheit im Tempo, das Pacing überzeugt mich nicht. Oder anders gesagt: Die Erzählgeschwindigkeit ist ziemlich stromlinienförmig, es gibt imo im Tempo kaum Variationen. Mir fällt es schwer, meine Kritik noch genauer zu adressieren, aber vielleicht weißt du worauf ich hinauswill.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Casino Hille hat geschrieben:
HCN007 hat geschrieben:in dem Themen wie Menschlichkeit und künstliche Intelligenz (auch anhand des Turingtests) im Vordergrund stehen
Joa, aber eben sehr oberflächlich und ohne große Eigennote in der Diskussion. Garland rennt mit dem Film eher offene Türen ein, als das er mir interessante Denkanstöße gibt. Ein bisschen Turingtest hier, ein bisschen Asimov da, dazu ein bisschen Pygmalioneffekt und Theodizee. Und dann natürlich das erwartbare, und in diesem Genre fast schon obligatorische, leider aber auch ziemlich platte Ende. Die erste Hälfte ist in der Tat die etwas interessantere, gerade weil sie die sexuellen Komponenten der Thematik erforscht (wobei auch hier schade ist, dass die Dialogführung wirklich mit dem Holzhammer kommt). Für die große Philosophie, um die es später gehen soll, ist mir das Resultat aber zu langatmig - und ich habe nichts gegen eine ruhige Erzählung, nur müsste sie eben mit (mehr!) Substanz gefüllt sein.
Also, wenn ich neue Impulse in der KI-, Robotik- oder Transhumanismus-Diskussion brauche, dann belege ich entsprechende Seminare und Frage die Informatiker, Philosophen, Kybernetiker usw. meines Vertrauens (oder lese halt Bücher entsprechender Fachleute), aber bemühe da nicht primär die Filmkunst. Ich sehe mir doch keinen Film an, um mich am Ende seiner Betrachtung für den intellektuellen Hecht im Karpfenteich zu halten - oder nur, um mich schlimmstenfalls als Cineasten-Snob fast schon reflexhaft gegen "den Hype" oder "die Filmkritiker" oder "das Publikum" zu stellen, um meinen "interessantistischen" Distinktionswillen zu demonstrieren. Meiner Meinung nach sollte man versuchen, einen Film gewissermaßen empathisch-kritisch (beides zugleich) zu schauen, weil das am Ende meiner Erfahrung nach deutlich mehr emotionalen und intellektuellen Gewinn abwirft, als wenn man sich z. B. an einer "intellektualistischen" Imitation von Wolfgang M. Schmitt versuchen würde (den ich nicht übel finde, dessen Perspektive mir doch insgesamt zu sehr auf Ideologiekritik verengt ist). Ich sehe mir "Ex Machina" deswegen so gerne an, weil er so viele Impulse formal und inhaltlich so gekonnt miteinander zu einem sehr stimmigen Kunsterlebnis verbindet. (Unter bestimmten Prämissen kann ich auch Tarkovskys "Stalker" oder Kubricks "2001" - zu Recht anerkannte Großwerke - inhaltlich für unglaublich platte, prätentiöse Scheiße, der man bestenfalls nur eine formal-ästhetische Pionierleistung zubilligen muss, halten, wenn ich das will - und strenggenommen das ist gar nicht so schwer.)
"Nelly, I'm about to get neck-ed back here. So: No peekin'! ... I said: No peekin'!"
(Joe Bang)

Re: Zuletzt gesehener Film

8609
Ich habe keine Ahnung, worauf du mit deinem Kommentar hinaus willst. Nur, weil mir Ex Machina zu wenig Substanz hat, und zu sehr in Genre-Klischees verweilt, empfiehlst du mir Seminar-Besuche? :D Vielen Dank, aber ich schaue Filme primär zur Unterhaltung. Und Ex Machina unterhält mich nicht, weil er mich zu sehr mit Gequatsche langweilt - und dann ist es noch nicht mal interessantes Gequatsche. Das ist doch gerade der Punkt: Andere Filme behandeln dieselben Themen, unterhalten mich dabei aber. Scotts Blade Runner zum Beispiel, Kubricks 2001, die derzeitige HBO Serienversion von Westworld, der Ur-Terminator, Spielbergs Minority Report usw. da könnte ich noch einige aufzählen (und wenn man nur Determinismus vs. Freier Wille als Thematik sieht, losgelöst von K.I. Variationen, dann könnte man auch Filme wie Lola rennt oder Matrix aufführen). Die haben auch viele Dialoge mit philosophisch-intellektuellen Werten und Ideen, aber eben zusätzliche interessante Charaktere, eine eigenwillige filmische Sprache, geglückte Dramaturgien und machen deshalb Spaß. Ex Machina schafft das bei mir nicht. weil es ihn an all dem mangelt - der fühlt sich dann wirklich wie ein Seminar an, aber dafür geh ich nicht ins Kino.

Wie gesagt, was deine Antwort bedeutet, habe ich schon verstanden, aber sie hat eigentlich wenig mit dem zu tun, was meine Probleme an Ex Machina betrifft. :D
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Re: Zuletzt gesehener Film

8610
Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten. Ich finde z. B. deine Kritik an den Dialogen in "Ex Machina" überraschend. Erst einmal ist Nathan nicht das typische Nerd-Genie mit Gottkomplex, sondern einfach ein höchstbegabter egozentrischer Hipster-Kotzbrocken, der denkt, ihm gehöre die Welt. Caleb hingegen ist so ein typischer Twentysomething, der seinem Idol begegnet. Nathan gibt sich als ultracooler Dude und Caleb will vor Nathan nicht als trotteliger Fanboy dastehen (obwohl er genau das bis zu einem gewissen Grad auch ist) - und so reden beide zum Teil halt miteinander in diesem "Ich bin das totale Brain, aber habe zugleich auch voll den swag"-Duktus, um sich voreinander zu beweisen. Ich kenne so einige Leute in ihren späten 30ern, die tatsächlich ganz genau so reden, wie die beiden es tun.

P.S.: Ich finde z. B. Garlands "Ex Machina" tatsächlich einen Zacken besser als Scotts "Blade Runner" (der bei mir übrigens sehr hoch im Kurs steht).
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