Re: Zuletzt gesehener Film

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GoldenProjectile hat geschrieben:Deine Meinung zum Hillybilly teile ich, aber sowohl darstellerisch als auch narrativ ist Tarantinos Hommage in PF da sogar noch besser, nur um den Bogen zur jüngsten Diskussion zu schlagen.
McKinney hat danach ja eine ähnlich gemeine Performance als Gegenspieler von Eastwood in Josey Wales hingelegt. Ob Tarantinos Hommage der Vergewaltigungs-Szene tatsächlich überlegen ist, da bin ich mir gar nicht so sicher. Beide Filme sind trotz der Gemeinsamkeiten dann gerade was die Inszenierung angeht doch wieder sehr unterschiedlich finde ich. Bei Boorman zieht sich die Folter und Vergewaltigung so lange hin, dass man als Zuschauer den Eindruck bekommt dieses Marytrium wird nie enden.
Spoiler
Um so überraschender ist es, als Reynolds dann plötzlich lautlos auftaucht und die Situation in sekundenschnelle bereinigt - jedenfalls vermeintlich
Bei Tarantino fehlt dieses "quälende" Element, auch weil er seine Hommage von Anfang an mit einem bizarren Augenzwinkern (wie man es so oft bei ihm in ähnlichen Momenten erleben kann) anlegt. Der Höhepunkt der Szene
Spoiler
wenn Willis von Waffe zu Waffe streift
steht dann auch ganz in dieser Tradition. Beide Herangehensweisen empfinde ich als vortrefflich und perfekt im Sinne des jeweiligen Films.
GoldenProjectile hat geschrieben: Das dürfte wohl auch der Film sein, den du bei deiner Mulholland-Drive-Sichtung als vergleichbar und desselben Jahrganges angedeutet hast, oder?
Nein, das war ein anderer Film, den ich da im Sinn hatte. :) Aber DD passt in der Tat in die gleiche Schubalde, obwohl der Film den im ich im Sinn habe die Heranführung an den Paukenschlag deutlich eleganter löst wie ich finde.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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AnatolGogol hat geschrieben:McKinney hat danach ja eine ähnlich gemeine Performance als Gegenspieler von Eastwood in Josey Wales hingelegt.
Sieh einer an, das wusste ich gar nicht. Der Outlaw wäre sowieso mal wieder fällig bei mir.
AnatolGogol hat geschrieben:Bei Boorman zieht sich die Folter und Vergewaltigung so lange hin, dass man als Zuschauer den Eindruck bekommt dieses Marytrium wird nie enden.
A propos; wie sieht es mit dir als Bigelow-Fan und dem oben angetönten Detroit aus? Der ist über grosse Teile so aufgebaut, bei der Kinosichtung musste ich oft an die Brunnenszene aus Clockwork Orange denken, weniger in Bezug auf Kontext und Ästhetik sondern vielmehr in Hinsicht auf das Empfinden. Die Szene aus Deliverance passt auch als Vergleich. Wichtig ist dass ich den Film gerade durch diese endlosen Qualen und Ungerechtigkeiten als sehr intensiv und spannend empfunden habe (wie auch die beiden Beispiele), während zum Beispiel Aronofskys Polanski-Abklatsch Mother! für mein Empfinden nur noch geschmackslos und abstossend war.
AnatolGogol hat geschrieben:Nein, das war ein anderer Film, den ich da im Sinn hatte. :) Aber DD passt in der Tat in die gleiche Schubalde, obwohl der Film den im ich im Sinn habe die Heranführung an den Paukenschlag deutlich eleganter löst wie ich finde.
Dann bin ich mit meinem Latein am Ende, wenn du mir den Film also nicht verrätst stehen die Chancen schlecht, dass ich ihn sehen werde. :wink:
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Re: Zuletzt gesehener Film

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GoldenProjectile hat geschrieben:A propos; wie sieht es mit dir als Bigelow-Fan und dem oben angetönten Detroit aus? Der ist über grosse Teile so aufgebaut, bei der Kinosichtung musste ich oft an die Brunnenszene aus Clockwork Orange denken, weniger in Bezug auf Kontext und Ästhetik sondern vielmehr in Hinsicht auf das Empfinden. Die Szene aus Deliverance passt auch als Vergleich. Wichtig ist dass ich den Film gerade durch diese endlosen Qualen und Ungerechtigkeiten als sehr intensiv und spannend empfunden habe (wie auch die beiden Beispiele), während zum Beispiel Aronofskys Polanski-Abklatsch Mother! für mein Empfinden nur noch geschmackslos und abstossend war.
Danke für den Tipp! Da ich mich zusehens vom aktuellen Kinogeschehen entferne habe ich von den beiden Filmen von dir erstmals gehört. Werd mich mal über den Bigelow-FIlm schlau machen. Wobei ich dir widersprechen muss, dass ich ein Begelow-Fan wäre. Dafür hat die gute dann doch zu wenig rausgehauen, was mich wirklich vom Hocker gehauen hat. Klar, Point Break ist die Granate schlechthin und Strange Days halte ich immer noch in sehr hohen Ehren - obwohl er nie wieder das grandiose Erlebnis der Erstsichtung bestätigen konnte. Der Rest ihres Schaffens spielt sich in meiner geschmacklichen Wahrnehmung aber eher im leicht überdurchschnittlichen Bereich ab.
GoldenProjectile hat geschrieben:Dann bin ich mit meinem Latein am Ende, wenn du mir den Film also nicht verrätst stehen die Chancen schlecht, dass ich ihn sehen werde. :wink:
Ist kein böser Wille, ich will nur vermeiden, dass du den Film bereits mit der Erwartung eines wie-auch-immer-gearteten-Twists (und die Erwähnung im Zusammenhang mit Mulholland Drive gibt da schon einen recht konkreten Hinweis, mit was man da in etwa rechnen kann) anschaust. Mir hat es bei Erstsichtung (und erstaunlicherweise auch bei den beiden folgenden Sichtungen, da ich den Inhalt irgendwie komplett verdrängt hatte) da regelrecht den Boden unter den Füssen weggezogen und da möchte ich ungern auch nur den Hauch eines Spoilers setzen. Wenn du jetzt sagst: wie soll ich dann jemals den Film bemerken? Er wurde hier von mir in der Vergangenheit bereits in höchsten Tönen gepriesen und das ist dir damals nicht entgangen. Wir können es aber natürlich auch einfacher machen und ich sage einfach, um welchen heissen Brei ich hier rumrede - aber gib mir bitte erst aus den genannten Gründen das Kommando dazu! :D
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Re: Zuletzt gesehener Film

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AnatolGogol hat geschrieben:Danke für den Tipp! Da ich mich zusehens vom aktuellen Kinogeschehen entferne habe ich von den beiden Filmen von dir erstmals gehört. Werd mich mal über den Bigelow-FIlm schlau machen. Wobei ich dir widersprechen muss, dass ich ein Begelow-Fan wäre. Dafür hat die gute dann doch zu wenig rausgehauen, was mich wirklich vom Hocker gehauen hat. Klar, Point Break ist die Granate schlechthin und Strange Days halte ich immer noch in sehr hohen Ehren - obwohl er nie wieder das grandiose Erlebnis der Erstsichtung bestätigen konnte. Der Rest ihres Schaffens spielt sich in meiner geschmacklichen Wahrnehmung aber eher im leicht überdurchschnittlichen Bereich ab.
Ich habe die Diskussion um deine praktisch pauschale Abwendung vom aktuellen Kinogeschehen verfolgt und kann die Argumente und den Frist zwar durchaus nachvollziehen, auch für mich ist Vieles was aktuell so abgeht untragbar, eher die Einstellung der Filmemacher und des Publikums zu den Werken und zum Markt als einzelne Filme per se. Aber abseits des Mainstreams gibt es ja immer noch genug Sachen die selbst für dich nicht völlig katastrophal sein dürften. Ob dir der Bigelow-Film gefällt vermag ich gar nicht zu sagen, aber es wäre wohl generell keine schlechte Idee für dich bei diesem und ähnlichen Filmen trotzdem noch einen halben Fühler am Puls der Zeit zu halten.
AnatolGogol hat geschrieben:Ist kein böser Wille, ich will nur vermeiden, dass du den Film bereits mit der Erwartung eines wie-auch-immer-gearteten-Twists (und die Erwähnung im Zusammenhang mit Mulholland Drive gibt da schon einen recht konkreten Hinweis, mit was man da in etwa rechnen kann) anschaust. Mir hat es bei Erstsichtung (und erstaunlicherweise auch bei den beiden folgenden Sichtungen, da ich den Inhalt irgendwie komplett verdrängt hatte) da regelrecht den Boden unter den Füssen weggezogen und da möchte ich ungern auch nur den Hauch eines Spoilers setzen. Wenn du jetzt sagst: wie soll ich dann jemals den Film bemerken? Er wurde hier von mir in der Vergangenheit bereits in höchsten Tönen gepriesen und das ist dir damals nicht entgangen. Wir können es aber natürlich auch einfacher machen und ich sage einfach, um welchen heissen Brei ich hier rumrede - aber gib mir bitte erst aus den genannten Gründen das Kommando dazu! :D
Keine Idee mal wieder. Null. Hau also raus, ich gehe nämlich davon aus dass der durchaus etwas für mich sein könnte. Übrigens ist MD für mich immer noch so kryptisch und eigenwillig, dass ich nicht glaube dass das Wissen um eine gewisse Vergleichbarkeit mir zu viel verrät.
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Re: Zuletzt gesehener Film

8302
Der Film, den ich meinte ist Femme Fatale von Brian De Palma.

bzgl. Kino-Frust: ich denke, dass ich das ein Stückweit auch wieder legen wird. Momentan hab ich aber wenig Lust was neues zu sehen. Ich denke, dass ich den einen oder anderen aber spätestens Anfang nächsten Jahres mal nachholen werde. Nocturnal Animals steht zB auch noch auf der Liste.
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Re: Zuletzt gesehener Film

8303
AnatolGogol hat geschrieben:Der Film, den ich meinte ist Femme Fatale von Brian De Palma.
Ah ja, alles klar. Ich will ja sowieso mal ein bisschen De Palma aufarbeiten, da habe ich mir den neben seinen Klassikern der 70er und 80er auch schon vorgenommen. Habe grade noch einmal nachgelesen, du hast damals geschrieben der Film wäre zeitgleich entstanden, ich habe an 2001 (Mulholland Drive) gedacht.

Nocturnal Animals fand ich super-mega-hyper-gut, drei Mal im Kino gesehen. 11 / 10. Ich könnte noch etwas anmerken, aber da du bei mir mit FF so vorsichtig warst was mögliche Vorahnungen angeht lasse ich das jetzt lieber auch.
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Re: Zuletzt gesehener Film

8304
Ich habe jüngst übrigens mal wieder Alan Parkers Angel Heart gesehen. Der Film ist einfach klasse und gewinnt mit jeder zusätzlichen Sichtung. Faszinierend, wie der Film die unheilvolle Atmosphäre zu vermitteln weiss, hier greifen Inszenierung, Kamerarbeit, Schnitt, Ausstattung und Soundtrack wirklich wie ein Rädchen ins andere. Die vielen kleinen in der Story zunächst scheinbar willkürlich verteilten Mosaiksteinchen (wie etwa Harrys Probleme mit Hühnern :) ) ergeben erst ganz am Ende und teilweise auch erst bei wiederholten Sichtungen ein verblüffendes Ganzes. Darstellerisch ist Angel Heart Meisterklasse, Rourke und De Niro liefern sich einen atemberaubenden darstellerischen Showdown, zwei Ausnahmekönner auf der absoluten Höhe ihrer Kunst.
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Re: Zuletzt gesehener Film

8305
Eric: Aber unbedingt solltest du das probieren. Femme Fatale ganz besonders, ein wirklich vortrefflicher Film, der - typisch für De Palma - sehr gut als Hitchcock Hommage funktioniert, diese aber kongenial mit der Ironie von Welles würzt. Ein sehr schönes Werk, dass zugleich als Zusammenfassung seiner vorherigen Filme als auch als Genre-Kommentar funktioniert. Und ist stimme Anatol zu, viel mehr sollte man vorher nicht wissen, um den Erstgenuss nicht zu trüben.
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

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Re: Zuletzt gesehener Film

8307
iHaveCNit: Detroit (2017)

Als 3. Film aus dem aktuellen Kinowochenende ist nun „Detroit“ für mich angesagt gewesen, den ich mir aufgrund der Regie von Kathryn Bigelow, dem interessanten Thema und des Casts ansehen wollte. Und der Film hat mich nicht enttäuscht, auch wenn das große Erlebnis ausgeblieben ist.

Detroit ist im Jahre 1967 ein Pulverfass der Aggressionen zwischen der weißen und der afroamerikanischen Bevölkerung, so dass Polizeigewalt und Rassismus an der Tagesordnung ist. Als aus Spaß im Algiers Motel mit einer Spielzeugpistole gefeuert wird, bricht die Hölle über eine Gruppe Afroamerikaner herein, die die Nacht eigentlich ruhig im Motel verbringen wollten, weil Polizisten und die Nationalgarde das Gebäude stürmen.

Der Film hat irgendwie die Angewohnheit, einen einfach eiskalt mit dem notwendigsten an Exposition ins Geschehen zu werfen. Bei all der sehr hektisch und unruhig von Barry Ackroyd gefilmten Handlung werden noch Originalaufnahmen von damals reingeschnitten, um dem Film einen semidokumentarischen Anstrich zu geben. Das macht den Film eben sehr hektisch, unruhig und unbehaglich – genau wie die Situation in der die Afroamerikaner im Algiers sind. Gerade, dass wir es hier mit einer wahren Begebenheit zu tun haben, die Erinnerungen und Aufzeichnungen bruchstückhaft (eine Einblendung zum Ende des Films weißt darauf hin) sind, sorgt natürlich dafür, dass der Film plötzlich anfängt, eine richtige Bindung nicht aufgebaut werden kann und natürlich eine klare Konklusion ausbleibt. Wenn es Bigelow darauf aber nicht ankam, sondern genau das gleiche Gefühl dieser Hilflosigkeit, Wut, Unruhe, Hektik und Unbehagen zu erzeugen, so ist ihr das gut, aber nicht perfekt gelungen. Man ist sogar manchmal regelrecht angewidert von dem Verhalten der Polizisten, das nicht nur in manchen Momenten extrem rassistisch und manipulativ ist, sondern auch extrem sexistisch. Das Thema des Films ist extrem aktuell und auch wichtig. Weiterhin möchte ich an dieser Stelle 3 Leute positiv erwähnen: John Boyega habe ich noch nie so gut gesehen wie hier und auch Algee Smith als quasi Schlüsselcharakter der Handlung macht einen guten Job. Aber wie fies und unberechenbar hier ein Will Poulter ist, den ich bisher nur als Volldepp in „Wir sind die Millers“ und als schwächlichen Trapper neben Tom Hardy in „The Revenant“ in Erinnerung habe – könnte ich mir durchaus vorstellen, dass seine Nebenperformance bei den Awards eine kleine Rolle spielen könnte.

„Detroit“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Zuletzt gesehener Film

8308
Maibaum hat geschrieben:De Palmas Filme haben mich nur selten wirklich überzeugt, obwohl sie durchaus interessant sind, jedoch gehört Femme Fatale zu seinen Gelungensten.
Ästhetisch ist De Palma oftmals etwas "too much".
Ehrlich! Hey Ehrlich! Ich will Dich wirklich nicht beleidigen, wenn ich zugebe, dass ich mit Dir über de Palma d'Accord bin!
Man merkt sein Bemühen, aber irgendwie wirkt er immer unbeholfen und einfach nur peinlich. Er will hithcokiger als Hitchcock sein, und das macht ihn unfreiwillig lächerlich.
Denke ich da an "Dressed to Kill", der allerdings m.M.n. sein bester Film ist.
"There is sauerkraut in my lederhosen."
Bild

Re: Zuletzt gesehener Film

8309
NickRivers hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben:De Palmas Filme haben mich nur selten wirklich überzeugt, obwohl sie durchaus interessant sind, jedoch gehört Femme Fatale zu seinen Gelungensten.
Ästhetisch ist De Palma oftmals etwas "too much".
Ehrlich! Hey Ehrlich! Ich will Dich wirklich nicht beleidigen, wenn ich zugebe, dass ich mit Dir über de Palma d'Accord bin!
Keine Sorge das sind wir ganz und gar nicht, denn seine Filme sind nicht peinlich und alles andere als unbeholfen, und der Hitchcock Einfluß wird allgemein gerne überschätzt.

Nur ich bin selten wirklich beeindruckt von seinen Filmen. Kann aber gut verstehen wenn andere das sind.

Und gemessen an prätentiösem Durchschnitt wie Marathon Mann oder A Dandy in Aspic sind De Palmas Filme überwiegend noch Gold. Denn die sind beide wirklich gewollt, aber nicht allzu gekonnt. Und das in beiden Fällen von Regisseuren die es eigentlich besser können, oder konnten.