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Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 11:42
von Maibaum
vodkamartini hat geschrieben:Ich schlafe immer bei 2001 ein. :lol: Für mich die celluloid gewordene Ödnis in Potenz.
Was hat das mit Karl May zu tun?
Aber nun wieder ernsthaft zum Thema: Kann schon verstehen, dass man das nicht so dolle findet. Hatte aber als eingefleischter May-Fan (Film und Buch) dennoh meinen Spaß und finde, dass das recht gut in die Moderne übertragen wurde.
Neee, finde ich gar nicht. Teil 2 war vollkommen uninspiriert.
Der mit Oscars zugekleisterte "Wolves" ist sicher inszenatorisch besser, aber imo weder handlungs- noch figurentechnisch.


Doch ist er, in jeder Hinsicht. Er hat zwar auch konventionelle Passagen ,aber auch viel Gelungenes.
Karl May ist von Haus aus relativ naiv, märchenhaft und figurentechnisch eindimensional. Wirft man das alles über den Haufen, dann kann ich gleich einen ganz neuen Stoff verfilmen.
Aber auch einfaches oder eventuell auch Naives kann mir trotzdem noch Spaß machen, muß nicht so schwachs ein wie Teil 2.

Im Übrigen passen aber auch die Spätwestern-Dreckatmosphäre aus Teil 1 oder der modern durchgeknallte, seine eigenen Leute metzelnde Chefbandit aus Teil 2 überhaupt nicht zu May. Und auch ohne May passt das nicht zu der ansonsten schlichten Ausrichtung der Filme. Diese inkonsequente Perspektive auf die Stoffe sieht auch nur nach einer fehlenden Vision aus.

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 11:48
von vodkamartini
"Wolves" ist epischer und näher bei seinen Figuren. Ansonsten gibt es da zahllose Parallelen (Shatterhand ist Dunbar, Winnetou ist "Fist" und Nscho-tschi ist keine Ahnung mehr wie die hieß, in Teil 3 kommt dann die Winterlager-Episode etc. etc.), was natürlich bedeutet, dass man da ordentlich abgekupfert hat.

Ist mir alles zu hart. Gegenfrage: Wie hättest du den May-Stoff in die Moderne übertragen? Kritik ist immer sehr leicht. Wir sind uns doch wohl einig, dass eine 1:1 Kopie der Rialto-Filme donnernd gescheitert wäre (und auch die waren seinerezeit im Sinne der 60er modernisiert).

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 11:53
von danielcc
Schaue grade den Silbersee und bin einigermaßen beeindruckt. Wenn doch die Regie nur nicht ausgerechnet bei jeder Art von Action Schwächeln würde.
Die Darsteller sind grandios gewählt. Nie und nimmer hätte ich RTL so etwas "behutsames", tackvolles und atmosphärisches zugetraut. Große Klasse

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 12:00
von Maibaum
vodkamartini hat geschrieben:"Wolves" ist epischer und näher bei seinen Figuren. Ansonsten gibt es da zahllose Parallelen (Shatterhand ist Dunbar, Winnetou ist "Fist" und Nscho-tschi ist keine Ahnung mehr wie die hieß, in Teil 3 kommt dann die Winterlager-Episode etc. etc.), was natürlich bedeutet, dass man da ordentlich abgekupfert hat.
Wolves hat ja auch viel bei anderen abgekupfert, ist aber z.b. gegenüber Ein Mann den sie Pferd nannten, mit dem er so einige Ähnlichkeit besitzt, der klar bessere Film. Der Punkt ist ja nicht was für einen Stoff ich habe, der kann bis zu einem gewissen Grad austauschbar sein, sondern was ich draus mache. Und da ist z.B. 2001 sensationell.
Ist mir alles zu hart. Gegenfrage: Wie hättest du den May-Stoff in die Moderne übertragen? Kritik ist immer sehr leicht. Wir sind uns doch wohl einig, dass eine 1:1 Kopie der Rialto-Filme donnernd gescheitert wäre (und auch die waren seinerzeit im Sinne der 60er modernisiert).

Da ich die alten auch langweilig finde, hätte ich den Stoff ganz ruhen lassen. Aber ich denke trotzdem das man auch aus diesen Stoffen hier locker mehr machen kann in meinem Sinn. Ideen habe ich beim Betrachten von so einem schwachen Film wie Teil 2 im Dutzend. Da sehe ich bei fast jeder Einstellung mindestens 3 Ideen wie es interessanter wäre. Die reichen dann von ebenfalls einfach aber effizient bis zur einer Art Gegenfilm.

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 12:28
von vodkamartini
Natürlich kommt es in erster Linie auf das "Wie" an, da sind wir uns einig. Aber so richtig konkret bist du bei deinen Verbesserungsvorschlägen nicht geworden.

Einstellungen bezieht sich ja zunächst einmal nur auf die Kameraarbeit bzw. -perspektive. Konkret ist aber auch das nicht.

Ich denke, du findest den Stoff per se langweilig, was natürlich legitim, weil Geschmackssache (oder Kindheitserfahrung :D ) ist.

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 12:33
von GoldenProjectile
Maibaum hat geschrieben:Da sehe ich bei fast jeder Einstellung mindestens 3 Ideen wie es interessanter wäre. Die reichen dann von ebenfalls einfach aber effizient bis zur einer Art Gegenfilm.
Das kenne ich, male mir beim Zuschauen manchmal auch alternative Einstellungen aus, die mir besser gefallen hätten. Bei der Zweitsichtung von Rogue One neulich hatte ich ein paar herrliche Tracking-Shots bzw. längere Einstellungen vor Augen.

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 12:46
von Maibaum
vodkamartini hat geschrieben:Natürlich kommt es in erster Linie auf das "Wie" an, da sind wir uns einig. Aber so richtig konkret bist du bei deinen Verbesserungsvorschlägen nicht geworden.

Einstellungen bezieht sich ja zunächst einmal nur auf die Kameraarbeit bzw. -perspektive. Konkret ist aber auch das nicht.
Nein, nicht nur das, auch wie man besser oder auch ganz anders spielen kann, bessere Dialoge, die Charaktere anders konzipieren, einfach alles besser oder anders machen.

Was meine Kindheit betrifft, da fand ich die May Filme klasse, und hatte als 12jähriger auch vor alle May Romane zu lesen, aber ich bin dann schneller älter geworden als ich die mir schenken lassen konnte, aber schon als 18jähriger fand ich die May Filme dann ziemlich schlecht wegen der vielen Simpel-Klischees. Damals wollte ich nur intelligente Western sehen. Jetzt natürlich auch noch, aber mittlerweile definiere ich filmische Intelligenz ganz anders. Die May Filme fallen da aber nach wie vor durch, auch wenn die frühen von Reinl zumindest inszenatorisch was zu bieten haben. An meiner Kindheit lag es jedenfalls nicht ...

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 12:53
von vodkamartini
Ich mochte sie zwischen 18 und 35 auch nicht mehr. Die Altersmilde hat sie mir wieder näher gebracht. :)

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 13:03
von danielcc
Für mich als Zuschauer zählt die Geschichte, die Dialoge, die Charaktere. Im Besten Fall unterstützen Dinge wie Kameraarbeit, Locations, und vor allem Musik das Ganze. Aber mir bringt doch der irrsinnigste Kamera- und Schnitt-Firlefanz nix, wenn man schon Handlung, Dialoge und Charaktere kalt lassen. Das sind so Ersatz-Maßstäbe die ihr euch angelegt habt, da ihr nicht erklären könnt, warum euch manche Filme kalt lassen und andere echt berühren, oder noch schlimmer: Weil ihr schon so viele Filme gesehen habt, dass euch eigentlich nichts mehr berührt.
Ich kenne von den diversen hochgelobten Regie- und Filmreferenzen eigentlich nur Negativbeispiele, wo Kamera und Schnitt einfach nur ablenken und verfälschen. Wer solche Gimmicks als eigenständiges künstlerisches Statement sehen will - gerne.

Aber ansonsten war Silbersee ein handwerklich toll gemachter Film, mit wunderbaren Aufnahmen. Aber vor allem war es eine schöne Geschichte, mit sehr vielen wunderbar geschriebenen Einzelszenen. Im Zentrum steht die Fortführung der Shatterhand-Origins Story und seine sich entwickelnde Freundschaft zu Winnetou. Mir hat es 2-3 mal Tränen in die Augen getrieben und dazu brauch es keinerlei anderer Inszenierung. So einen Film muss man mit dem Herzen sehen, da brauche ich keinen Verstand und da brauche ich auch keine filmischen Referenzen die ich anlege.

Teil 2 hat mir alles in allem sogar besser als der Vorgänger gefallen. Obwohl hier erwähnt wurde, dass die Suche nach dem Silbersee nicht im Mittelpunkt steht, fand ich grade auch diese Haupthandlung spannend - allemal nicht schlechter als beim Original. Anders als im Vorgänger kommt mehr Abenteuergefühl rüber und die Suche nach dem Schatz erlaubt auch mehr Abwechslung bei den Locations, die wiederum atembraubend eingefangen wurden. Zusammen mit ein paar überraschend gut aussehenden Westernstadt Kulissen kommt Teil 2 noch mehr als Teil 1 fast auf Kinoniveau daher.

Doch richtig großartig - und das hat mich teilweise überrascht - fand ich den Cast. Winnetou und Shatterhand haben eine tolle Chemie und schon jetzt wünsche ich mir, dass es viel mehr Filme mit den beiden gibt, da doch in Summe wohl diese Trilogie wie eine große Origins-Story bzw. eine Exposition daherkommt. An manchen Stellen hatte ich schon jetzt einen reiferen, heroischeren Shatterhand erwartet aber offenbar hat man andere Pläne.
Bezaubernd und großartig besetzt ist Nscho-tschi und Sam Hawkins ist glaubhafter als im Original.
Auf Seiten der Bösewichte überzeugte Jürgen Vogel im ersten Teil. Dieses mal überraschte mich Fahri Yardim. Sein Mexikaner geht den schmalen Grad zwischen glaubhaftem Wahsinn und Karrikatur à la Tarantino-Charakter.

Besonders hervorzuheben sind wieder einige Einzelszenen. Die diversen Unterhaltungen zwischen Winnetou und Shatterhand über Liebe und Ehe, die Szene mit Shatterhand bei den eingebildeten "Weißen", auch der Hawkins Charakter bekommt viel mehr Profil durch die Szenen mit der Hure, oder die diversen humoristische Momente (besonders schön, wenn die Apachen in ihrer Sprache spotten).

Fazit:
Leichte Steigerug zum Vorgänger was vor allem daran liegt, dass die Charakter in Stellung gebracht worden sind und ihre Beziehungen weiter ausgebaut werden welche von den tollen Besetzungen profitieren. Mehr Humor, mehr Abenteuer Feeling komplettieren die positiven Aspekte.
Dem gegenüber sind aber auch leichte Längen vorhanden, der Film hätte auch 10min kürzer erzählt werden können.

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 14:40
von Casino Hille
danielcc hat geschrieben:Für mich als Zuschauer zählt die Geschichte, die Dialoge, die Charaktere. Im Besten Fall unterstützen Dinge wie Kameraarbeit, Locations, und vor allem Musik das Ganze.
Ja, Daniel, aber das ist für uns hier mit wenigen Abstrichen überhaupt nicht anders. Du denkst nur immer, irgendwer hier würde das wirklich fundamental anders sehen, in Wahrheit ist dem aber gar nicht so.

Mir ist eben nicht nur wichtig, was erzählt wird, sondern wie es erzählt wird. Für pure Inhalte braucht es keine Filme, da reichen auch Romane. Und selbst bei denen kommt es immer mindestens so sehr auf das Wie wie auf das Was an. Hast du noch nie erlebt, dass dir jemand einen Witz erzählt und du das Gefühl hattest: Hätte mir jemand anders denselben Witz erzählt, hätte ich vermutlich viel mehr lachen müssen? Und hätte mir jemand anderes denselben Witz auf eine etwas andere Art erzählt, hätte ich vielleicht noch viel mehr lachen müssen? In etwa so funktioniert das. Ein Regisseur wie bspw. Alfred Hitchcock ist doch gerade so gut, weil er seine Geschichten eben auch famos erzählen konnte und auch aus schwächeren Geschichten sehr viel rausholen konnte. Und manchmal kann das soweit gehen, dass die Art der Erzählung selbst zur Kunst wird, selbst die eigentliche Geschichte darstellt. Das hat dann eben auch was damit zu tun, sich auf andere Darstellungsformen einlassen zu können, das Besondere darin zu sehen. Einen Guy Ritchie beispielsweise dafür abzukanzeln, dass er seine Geschichten nicht so erzählt, wie andere das tun würden ist wenig sinnvoll. Mehr Spaß macht es doch, Ritchie in den Kaninchenbau zu folgen und einfach mal zu schauen, was sein Antrieb gewesen ist, auf die erzählerischen Mittel zu setzen, die er einsetzt und im Idealfall formen Inhalt und äußere Gestaltung dann eine perfekte Einheit.
danielcc hat geschrieben:Das sind so Ersatz-Maßstäbe die ihr euch angelegt habt, da ihr nicht erklären könnt, warum euch manche Filme kalt lassen und andere echt berühren
Na, aber keinesfalls, sondern das sind die Maßstäbe des Kinos als visuelles Medium. Das ist doch kein Kokolores, den sich irgendwann irgendwer ausgedacht hat, um sich von der Masse abzugrenzen, aber das Kino definiert sich über seine Form, seine optische Gestaltung und das hat es schon in seinen Anfangsphasen, als es noch in den Kinderschuhen steckte. Ohne interessante Geschichten oder Figuren, Handlungen mag das Kino nicht so interessant sein, aber einem langweilig ausschauendem Film helfen auch die tollsten Dialoge kaum weiter. Das ist der Grund, warum ein Kammerspiel wie 12 Angry Men für mich auch vor allem von der Inszenierung lebt, weil dieselbe Geschichte mit denselben Dialogen von jemand anderem umgesetzt extrem langweilig hätte sein können, Sidney Lumet aber ein meisterhaftes Gespür dafür hat, mit Montagetechniken den Raum, den die Handlung braucht, effizient zu nutzen und auszukosten. Andere mögen den Film eher für abgefilmtes Theater halten, aber ich erkenne da eine Menge drin. Und das ist auch okay, wenn jemand anderes das nicht tut (selbes Beispiel auch für The Hateful Eight, ebenfalls ein Kammerspiel, dass maßgeblich durch die Regie für mich zum Meisterwerk wird, während andere es vielleicht nur auf seine Dialoge und Charaktere reduzieren wollen würden - und das für viele vielleicht gar nichts besonderes zu bieten hat, weil sie nicht sehen, was andere darin sehen).
danielcc hat geschrieben: So einen Film muss man mit dem Herzen sehen, da brauche ich keinen Verstand und da brauche ich auch keine filmischen Referenzen die ich anlege.
Jeder Film, der mich wirklich begeistern will, muss mich im Herzen ansprechen und nicht nur im Verstand. Auch hier denkst du fälschlicherweise, es gäbe einen fundamentalen Unterschied zwischen deiner Sichtweise und manchen anderen. Dem ist aber nicht wirklich so. Das Herz ist immer dabei, wenn ich Filme sehe und Herz und Verstand müssen sich nicht ausschließen, sondern gehen im besten Film... äh Fall, natürlich ohnehin Hand in Hand. Sonst könnte ich mich für Filme sicherlich nicht genug begeistern, um so viel Zeit meines Lebens dafür zu opfern. Es ist jedenfalls nicht so, dass hier irgendwer nur eine bestimmte Auswahl an Filmen schaut, um im Internet seine Intellektualität zu präsentieren. Sorry, wenn das hart klingt, aber du scheinst immer genau davon auszugehen und ich kann nicht verstehen, wie dir dieser völlig falsche Gedanke in den Kopf schießen kann.

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 15:34
von danielcc
Dieser Gedanke schießt mir ständig in den Kopf wenn ich eure Rezensionen oder Diskussionen lese, vor allem aber Maibaums Ansichten.

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 15:42
von danielcc
Im Übrigen geht es mir nicht um eine Unterscheidung zwischen "was erzählt wird" vs "wie" sondern eher um die Frage ob sich das "wie" zwangsläufig aufzwingen muss und dominieren muss. Sorry aber Filme in denene es zu stark um das "wie" geht kotzen mich zum Teil an. Ich denke nur an so Zeugs wie Revenant oder noch schlimmer Birdman. Da entsteht für mich keinerlei Unterhaltung, kein Film weil der Regisseur die ganze Zeit im Kinosessel neben mir sitzt und mir ins Ohr brüllt "guck mal was ich Dolles kann". Bringt mir gar nichts.

Da ist dann auch ein himmelweiter Unterschied zu einem Hitchcock, der in erster Linie Geschichteen erzählen wollte und in zweiter Linie überlegt hat, wie er diese Geschichte effektiv inszeniert. Aber seine Kameraarbeit fällt in den allerwenigsten Fällen auf sondern ist eben subtil der Story dienlich - und dort wo die Technik im Vordergrund zu stehen mag (Rope) geht sie doch eine Einheit mit dem Erzählten ein (und dennoch mochte Hitchcock es am Ende nicht so sehr). Da sind die meisten der heute als Regie-Virtuosen gefeierten Galaxien von entfernt.

Um auf Silbeersee zurückzukommen.
Mir hat vor allem das Erzählte Spaß gemacht und das ist es auch was man erwarten sollte wenn Winnetou verfilmt wird. Charakter, Abenteuerhandlung, eine große Freundschaft. Dass das alles noch wunderbar bebildert war ist bei einer TV Produktion aller Achtung wert.
Da ödet es mich an, wenn hier die Filmprofis schon nach 5min wissen, wie sie das selbst alles viel interessanter gefilmt hätten... ist klar

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 15:50
von Casino Hille
danielcc hat geschrieben:weil der Regisseur die ganze Zeit im Kinosessel neben mir sitzt und mir ins Ohr brüllt "guck mal was ich Dolles kann"
Nein, tut er nicht. AGI hat Birdman deshalb so inszeniert, wie er es getan hat, weil er der festen Überzeugung war, dass dies die beste Möglichkeit war, die Geschichte so zu erzählen, wie sie erzählt werden muss. Und weil er damit einen Effekt erfüllen wollte, eine Reaktion. Wenn dir das nicht mundet, ist das völlig okay, weil Birdman auch gar nicht darauf ausgelegt ist, jeden zufrieden zu stellen und weil er sicher nicht bei jedem wirken kann. Was du da aber machst, ist die Intention des Filmes fundamental misszuverstehen, beziehungsweise eine kuriose Vermutung aufzustellen, die bei näherer Betrachtung absolut keinen Sinn ergäbe. Und das ist mir auch schon bei deinen Reaktionen auf Tarantino aufgefallen. Immerhin hätte AGI Birdman auch viel konventioneller erzählen können, sich extrem viel Mühe damit gespart etc., aber dann wäre es nicht so berührend und emotional gewesen und dann hätte er sich als Künstler auch nicht selbst verwirklichen können (und ein guter Künstler sollte sich selbst immer in seinen Werken einbringen und ausdrücken). Mit aufzwingen hat das nichts zu tun, sondern mit einem starken Bewusstsein für die cineastischen Mittel des Mediums. Und da unterscheiden sich heutige Virtuosen kein bisschen von Alfred Hitchcock.

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 16:06
von GoldenProjectile
danielcc hat geschrieben:
Casino Hille hat geschrieben:Es ist jedenfalls nicht so, dass hier irgendwer nur eine bestimmte Auswahl an Filmen schaut, um im Internet seine Intellektualität zu präsentieren. Sorry, wenn das hart klingt, aber du scheinst immer genau davon auszugehen und ich kann nicht verstehen, wie dir dieser völlig falsche Gedanke in den Kopf schießen kann.
Dieser Gedanke schießt mir ständig in den Kopf wenn ich eure Rezensionen oder Diskussionen lese, vor allem aber Maibaums Ansichten.
Wer ist "eure" denn eigentlich? Hille? Maibaum? Das ganze Forum?

Ansonsten hat Hille das Meiste auf den Punkt gebracht, sehe ich eigentlich alles genau so.

Re: Der Karl May Thread

Verfasst: 29. Dezember 2016 16:07
von vodkamartini
Ich weiß nicht, wen du konkret meinst, daniel. Ansonsten würde ich die Ausführungen von Hille unterschreiben. Ich glaube nicht, dass hier ein Intellektualitäts-Schwanzlängenvergleichswettkampf stattfindet. Natürlich hast du Recht, wenn du sagst, der Film muss dich auch berühren. Ist bei mir immer das entscheidende Kriterium für sehr hohe Bepunktung. Dennoch kann man sich darüber hinaus an filmtechnischen Aspekten erfreuen / ärgern. Und sie sind keineswegs unerheblich für die kreierten Stimmungen.

Schön, dass der Silbersee dir gefallen hat. Warst ja gestern bei Yarim noch sehr skeptisch. :wink: Ich fand ihn ebenfalls sehr gut in der Rolle und sehe das beispielsweise ganz anders wie anatol, den hier overacting störte. Und ja, da gab es wunderbare Momente der Freundschaft, die imo genau den Mayschen Ton getroffen haben, ohne kitschig oder peinlich zu sein. Keine schlechte Leistung. Mich störte lediglich das lang gezogene Vorfinale der Suche auf und im See. Der dritte Teil ist imo dann wieder in sich runder. Aber schau ihn dir erst mal an.