Ein drittes Mal Gilbert. Wieder unverkennbar YOLT als Vorlage. Wieder eine vom Bösewicht vorgegebene Gigantomanie. Wieder uniformierte Wachen und ein Massenkampf. Wieder eine Agentin als Bondgirl. Und ein zweites (und letztes) Mal der Beißer.
Leider kommt der Film nach einem flüssigen Auftakt erst spät wieder in Fahrt, als es ins Weltall geht, was nicht heißen soll, dass vorher viel Leerlauf war, sondern bloß, dass nur wenige Szenen wirklich ansprechend waren. Stellenweise setzt die Action ohne Timing ein, wobei diese weniger kreativ daherkommt und sich auch tricktechnisch nicht auf einem allzu hohen Niveau bewegt. Hinzu kommt, dass der Humor wieder klamaukiger wurde und einige Ideen entsprechend entworfen sind (beginnt alles Ende des ersten Drittels in Venedig, ca. 35‘). Andere, eindeutig von der Konkurrenz an Weltraumactionfilmen Ende der 70er inspirierte Ideen sind schlicht und einfach Geschmacksfragen.
Wobei beim Massenkampf und vielen anderen Kampfszenen dabei nicht nur – wie meistens in der Moo7re-Ära – undynamisch (Grüße an den Schnittmeister, John Glen) sind, sondern den Film an der Stelle aufhalten und nicht sinnvoll integriert wurden. Besonders kreative Momente sind auch selten.
Die gigantische Dimension der Handlungen der Figuren wird eindrucksvoll ins Setdesign übertragen, wohingegen dem Bösewicht, gespielt von M. Lonsdale, das Charisma nicht gänzlich fehlt, dafür aber die gewisse Ausstrahlung, die seine Rolle verlangt hätte. Interessanterweise sind seine Beweggründe nicht materiell, sondern auch ideell (wie im Vorgänger).
Interessanterweise kippt das Machtverhältnis erst zugunsten des Helden, als der Bösewicht durch einen Handlungsstrang, der quasi aus dem Nichts kommt und im Fahrwasser des Klamauks des Films schwimmt, über seinen eigenen Plan stolpert. Ansonsten ist die Personenkonstellation recht unspektakulär. Interessant vielleicht der zynische Umgang mit einem Bondgirl am Anfang: Sobald er durch sie an seine Informationen gekommen ist, braucht 007 sie nicht mehr – und der Film auch nicht mehr lange.
Stellenweise überzeugt MR; über die Laufzeit ist jedoch die Fülle an unnötigen wie unangenehmen Szenen zu hoch. Der Weltraum als Bösewichtsversteck (eine der grandiosen Dinge) fühlt sich verschwendet an und hätte vielleicht doch (gerade bei alldem, was der Film ansonsten bietet) einen größeren Teil der Laufzeit einnehmen sollen.
PS: Am Ende sollte noch ein Moment Zeit sein, vor L. Gilbert den Hut zu ziehen, der die gigantische Dimension erkannt und umgesetzt hat, in der Bond spielen kann. Während andere nicht einmal versuchen, so ein Spektakel auszubalancieren, stellt Gilberts Film sich selbst unnötig Dinge in den Weg, die den „colossal fun“ (T. Young) mindern und die Dramaturgie stören.
Thunderball1965 hat geschrieben:Stellenweise setzt die Action ohne Timing ein, wobei diese weniger kreativ daherkommt und sich auch tricktechnisch nicht auf einem allzu hohen Niveau bewegt.
Woran denkst du da konkret? Die Action funktioniert für mich vom Tempo und Timing her in MR genau wie im Vorgänger grandios. Und schwache Tricks habe ich da auch gar nicht entdecken können, außer einigen doch ärgerlichen Rückprojektionen auf der Seilbahn und bei der zweiten Bootsjagd, die man sich erst recht 1979 (!!) nicht mehr in der Form hätte erlauben dürfen. Aber sonst mag ich MR gerade für seine Action und sein durchgehend hohes Tempo in Verbindung mit dieser gigantomanischen, fantastischen Abenteuerstimmung voller Lockerheit und Esprit.
Thunderball1965 hat geschrieben: Interessant vielleicht der zynische Umgang mit einem Bondgirl am Anfang: Sobald er durch sie an seine Informationen gekommen ist, braucht 007 sie nicht mehr – und der Film auch nicht mehr lange.
Hehe, wohl wahr. Gerade der Abgang der guten Dame ist für mich ein Highlight in MR, eine richtig schön düstere Szene mit dieser Musik dazu und irgendwie sehr passend in einen sonst so klamaukigen, abgehobenen Film. Freue mich jedes Mal wieder darauf... sicher, etwas morbide, aber so bin ich.
Ich würde noch die Venedig-Action dazunehmen, die auch keine neuen Erkenntnisse bringt.
Ansonsten finde ich die Spezialeffekte ohne Verbindung zu Action stärker als mit. Etwa die Schwerelosigkeit von 50-100 Leuten ist nicht zuletzt durch die musikalische Untermalung ein beeindruckender Moment.
Venedig rauszulassen und Rio oder LA etwas mehr Raum zu geben oder dort noch 1-2 Szenen spielen zu lassen haetten diesen unterhaltsamen Film sogar noch ein wenig verbessert.
Ich bin mehr, als ich scheine
In mir steckt alle Kraft und Stärke der Welt
In TSWLM zerstörte Bond eine Unterwasserstadt und in Moonraker eine Weltallstation. Gegensätzlicher können die Handlungsorte wohl nicht sein. In diesem Film schwebt Bond in ungeahnte Höhen und mir gefällt das gut, denn das alles passiert mit viel Humor und das auch noch sehr selbstironisch. Und das klappt hier, im Gegensatz zu DAF, hervorragend.
Das hat sicherlich viel mit Moore zu tun, der solch einen Bond eben auch perfekt verkörpern kann.
Die Selbstironie zieht sich durch den ganzen Film und so passt auch Beissers Verwandlung. Einziger Ausreißer die Hundejagdszene. Aber auch die passt in den Film, der ja mit Gegensätzen arbeitet.
Negativ bewerte ich mal wieder die Massenschlacht, das ist auch für mich zu viel des Guten und einige Effekte die man besser hätte tricksen können, wie z.B.die störenden Rückblenden.
Drax war mir von der Ausstrahlung nicht "böse" genug und auch wenn ich die witzigen Szenen mag, hätte ich mir als Abwechslung mehr ernstere Szenen gewünscht.
Insgesamt bewerte ich Moonraker mit 7 Sternen.
"Lasst mich mit Eurer Meinung in Ruhe. Ich diskutiere nur Fakten, die ich selber als solche definiere."
Starlight hat geschrieben: Einziger Ausreißer die Hundejagdszene. Aber auch die passt in den Film, der ja mit Gegensätzen arbeitet.
Einziger Ausreißer vielleicht nicht. Ich finde, es ist allgemein überraschend, wie viel in Moonraker teils ins epische oder bedrohliche übergeht (da soll mal einer sagen, Mendes hätte das erst in SF eingeführt). Die Hundeszene ist in ihrer Intensität sehr sehr außergewöhnlich, aber auch der Flug inklusive Erscheinung der Raumstation aus der Dunkelheit etwa (hier stellt der Film heute noch Nolans Interstellar locker in den Schatten seines Glanzes) ist eine ungewöhnlich dramatische Präsentation eines derartigen Vorgangs nach Bondverhältnissen. Auch in diesen beiden Elementen sind Gilberts TSWLM (der etwa bei den Pyramiden oder durch die Verwendung klassischer Musik in Strombergs Basis ähnliche Szenen aufweist) und MR relativ einzigartig in der Prä-Craig-Zeit - und gehören deshalb auch zu den absoluten Highlights der Reihe. Einzig TB und OHMSS können noch mit ähnlichen Momenten aufwarten, wenig überraschend zähle ich auch diese zur Spitze der Serie.
Mag MR auch sehr.
Was ich einzig gemacht hätte ist Venedig da rauszulassen. Das war einfach zu uberzogen. Die gleiche / eine ähnliche Handlung hätte man fast überall untergebracht.
Z.b. Hätten die Gift Satelliten ja auch bei Drax in Calif. gebaut werden können.
So hätte man entweder Calif. oder Brasilien etwas mehr Handlungzeit geben können.
Oder noch einen anderen Ort/Szene hinzugefügt (Yukon, Absturzstelle der 747 oder Panama?).
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Warum ist Venedig überzogen? Ich kann verstehen, wenn man die Action dort nicht mag oder als aufgesetzt empfindet (ich halte sie für sehr gut getimet), aber die Stadt selbst ist für so einen opulenten Bond (und Gilberts 70er Bonds sind definitiv die opulentesten der Reihe!) doch eine abartig prächtige Kulisse. Während Kalifornien im Film ja nie als Kalifornien erkennbar ist, und ein völlig austauschbarer Handlungsort bleibt.
Revoked hat geschrieben:Man hätte Kal ja als Kal inszenieren können.
Dann hätte man da allerdings drehen müssen. Soweit ich weiß, war man nur für 2-3 Luftaufnahmen in den USA.
Man hätte aber Drax Residenz gleich nach Italien nahe Venedig verlegen können. Wäre ja in etwa derselbe Kompromiss.
Ich nehme allerdings an, dass man auch aus dramaturgischen Gründen nach der direkten Bond-Drax-Konfrontation beim Fasanenschießen einen harten Cut haben wollte. Ein extremer Schauplatzwechsel ist da immer am einfachsten.