Re: Filmbesprechung: "SPECTRE (SP)"
Verfasst: 6. November 2015 23:27
Gestern Abend habe ich den Film endlich zum ersten mal gesehen. Spoiler gibt es folgend vereinzelt. Die Handlung wird aber nicht wiedergegeben. Ich orientiere mich grob an den Schauplätzen über Kritik und Lob vereinzelt zu formulieren.
Als Leaks-Kenner habe ich das Forum die letzte Woche weitgehend gemieden, um den Film mit etwas Abstand zu den ganzen schon bekannten Infos zu sehen. Zuvor schaffte ich es noch CR und QOS anzusehen. Für SF reichte es nicht.. Insgesamt waren die Leaks dann auch nicht sonderlich präsent während des Kinobesuchs.
Vorweg: SP ist ein starker Bond. Die Kritik ist schon Jammern auf hohem Niveau.
Mexiko. Wunderbar inszeniert und gedreht. Spannend und gleichzeitig mit dem ein oder anderen netten Gag zwischendrin, mal offensiver (Sofa), mal subtiler (Stock). Dieses Wechselspiel aus offensichtlichen gelungenen Gags und anderen gelungenen subtileren – die nicht alle erkennen – zieht sich durch den ganzen Film. Das Humor-Level ist hoch, allerdings so gut integriert, dass es den ernsten Ton des Film nicht untergräbt. SP schafft darin über die gesamte Laufzeit den Spagat zwischen ernster Handlung und richtig lustigen Momenten. Die Planseqenz ist richtig atmosphärisch und passt perfekt.
Die Titelsequenz ist ein weiteres Meisterstück von Daniel Kleinman. Sie ist wie die von SF ein surreales Meisterwerk und schon allein den Ticketpreis wert. Möglicherweise finde ich sie sogar noch besser, als die von SF. Sam Smiths Song wird dadurch deutlich aufgewertet und passt somit im Kontext des Gesamtwerkes sehr gut. Auch das spätere Aufgreifen der instrumentellen Version passt wunderbar. Ich kann nur hoffen, dass Kleinman EON noch lange erhalten bleibt.
Auch was nach der Titelsequenz folgt ist äußerst stark. Es wird Tempo rausgenommen, die Story vorangebracht ohne dass zu viel Tempo abhanden kommt. Vielmehr baut sich geradezu der nächste Abschnitt auf: Rom. Was dort stattfindet ist nahe an der Perfektion (kleine Ausnahme bzgl. Inszenierung in ein paar Szenen, siehe unten). Ob eine Zeile die mir beim Lesen des Drehbuchs Magenschmerzen bereitete („Mickey Mouse“), die Versammlung oder die Action: Bravo! Das gleiche gilt auch für Österreich und dann auch Marokko. Die angetrunkene Madeleine las sich der Erinnerung nach nicht so toll, im Film passt alles aber sehr gut.
Österreich ist ebenso wie Rom extrem gut. Hier fällt allerdings erstmals der Soundtrack ab und kann mit der Grandezza des Films selbst leider nicht mithalten (dazu unten mehr). Die Action ist sehr schön inszeniert. Rom und Österreich dürfen sich um den Titel des Action-Perle des Films streiten. Die Szenen mit Mr White sind toll und sinister. In diesen Momenten ist SP ein Suspense-Thriller.
Marokko ist ein gutes Stichwort hinsichtlich der Beziehung zwischen Bond und Madeleine. Diese wird gut aufgebaut. Im Laufe der Zugfahrt und dann vor allem im Hideout wird sehr schön rübergebracht, dass beide mehr zu verbinden beginnt, als die Situation in der sich beide wiederfinden. Spätestens in der Folterszene wird auch von Bonds Seiten klar, dass da mehr ist als der übliche Flirt oder zumindest das sehr starke Potential für mehr. Noch vor der Folter ist ein großes Highlight allerdings die Szene im Überwachungsraum... quasi die Folter Madeleines. Hier flackert schon Bonds einfühlsamere Seite auf. Diese sah man ähnlich bisher zuletzt am Ende von QOS (Camille damals „Der muss sitzen.“), wenn auch eher im Kontext des Themas „Erlösung“.
Der Hideout und was dort stattfindet war wohl mit seinen Änderungen die größte positive Überraschung. Das Design ist unglaublich gut und Dennis Gassner ist ebenso hoffentlich noch lange dabei für kommende Bonds. Der Hideout mitten in der Wüste als abgespacetes Refugium ist wunderbar entworfen, ohne allerdings für heutige Verhätlnisse übertrieben zu sein. Wieder ein Punkt in dem der Film den Spagat meistert. Die „große Enthüllung“ dort ist weniger spektakulär als in früheren Skripten und Outlines, aber im fertigen Film passt sie sehr gut: Nicht gezwungen oder so theatralisch, dass es von anderen Dingen des Films ablenken würde. Das Thema ESB integriert der Film sehr organisch und selbst die Mieze wirkt nicht klischeehaft. Man wollte wohl keinen sog. John-Harrison-Moment wie in „Star Trek into Darkness“. Die Enthüllung des Kahn ist nunmehr ja schon ein ähnliches Negativbeispiel geworden für eine misslungene Enthülllung, dass es im englischsprachigen Sprachraum schon Begriffsbildend ist. Da bin ich froh, dass die ESB-Sache insgesamt sehr natürlich rüberkommt. Dass Theatralik bei der Enthüllung falsch am Platz gewesen wäre zeigte auch die Reaktion des Kinopublikums. Im Saal mit mehreren hundert Menschen habe ich bzgl. der Nennung des Namens höchstens eine Reaktion bei einer Handvoll Leuten mitbekommen.
Leider fällt das Finale in London etwas ab. Beim Kinobesuch selbst fiel die Spannung kaum ab, dennoch spürte man, dass etwas kleines fehlte. Wie schon im Leak-Thread vor Wochen diskutiert hätte das eine größere Bedrohung sein, die mehr als die Hauptcharaktere umfasst. Ein Versuch eines großen Terroranschlages verbunden mit dem was im Film ist wäre z.B. passend gewesen. Auch kommt es einem im Nachhinein vor, als wüsste man mit einigen Figuren nicht so wirklich etwas anzufangen. Das ist gerade bei Waltz’ Charakter immanent.
Die Endszene ist schon fast zu unspektakulär. Schön ist sie und passend zum Film. Hier finde ich es etwas schade, dass man nicht mit mehr Aufnahmen gearbeitet, z.B. man mehr von Bond, Madeleine und dem DB5 sieht, z.B. wie sie durch London oder sogar ins Land fahren, während der Abspann beginnt. Ich vergleiche der fertigen Film nicht hinsichtlich meiner Wertung mit dem Drehbuch, aber die Zeile aus OHMSS hätte hier ein kleinen Kniff gegeben, ohne das Happy End zu zerstören.
Ausgewählte Schauspieler in der Einzelkritik:
Craig – Er trieft vor „Bondness“ und liefert eine tolle Performance ab. An vielen Stellen blitzt sein Talent den internen gedanklichen Dialog Bonds zu spielen auf. Dies war in der Form zuletzt bei CR so gelungen und stark ausgeprägt.
Seydoux – Ein tolles Bondgirl und schauspielerisch ein weitere Highlight. Sie spielt die verletzliche, wie auch die starke Seite der Figur sehr gut. Leider wird mit ihr am Ende in London auch nur wenig mehr angefangen, als ein MacGuffin zu sein. Etwas mehr prägnanter Dialog über die erste Verabschiedung nach der Ankunft hätte gerne sein dürfen.
Waltz gibt einen tollen Bösewicht, wobei er allerdings in Marokko schlicht mehr zu tun hat. In London ist er vorwiegend „nur da“ und flüchtet gleich. Sein Spiel finde ich dahingehend durchweg gleichwertig stark. Die Schwäche sehe ich eher darin, dass im London-Finale das Skript ihm weniger hergibt als es der Charakter an Aktivität brauchen würde.
Bautista – Ein großartiger Henchman, die beste Henchperson seit Xenia Onatopp in GE.
Belucci – Kommt nicht lange im Film vor, aber gibt eine gute Leistung ab. Sie hat auch eine außerordentlich gute Chemie mit Daniel Craig. Vielleicht ist ja zukünftig noch ein Cameo-Auftritt drin.
Fiennes – Vertieft seine Rolle als M gegenüber SF weiter. Das gleiche gilt für Naomi Harris als Moneypenny. Die Frotzeleien zwischen ihr und Bond während er durch Rom jagt sind allein schon ein fest ^^
Wishaw – Er ist ein grandioser Q. Die Hass-Liebe zwischen ihm und 007 ist irgendwie ganz anders als beim alten Q, aber gleichzeitig auch vertraut. Hoffentlich bleibt er der Reihe noch lange erhalten.
Noch etwas zu einzelnen Disziplinen:
Inszenierung – Dem Film merkt man die Inszenierung auf Film positiv an. SF hatte in einzelnen Szenen mit dem digitalen Look sich keinen allzu großen Gefallen getan (gerade in den Szenen mit Neon-Beleuchtung der Sets, wie dem MI6-Bunker), wobei SF trotzdem noch sehr gut fotografiert war – jammern auf extrem hohem Niveau halt SP hat wieder sehr viel edle Anmutung gewonnen und bietet rein subjektiv auch wesentlich mehr „Farbe“ als SF. An die richtig satte Farbenpracht eines CR kommt der Film allerdings auch wieder nicht heran. In einzelnen Szenen ist man für meinen Geschmack etwas zu stark in die dunkle Ausleuchtung gegangen. So beispielsweise in der ganzen Episode in Lucias Villa. Eine nette Überraschung war auch, dass das Color Grading in Mexiko z.B. in den Trailern wohl brutaler aussah. Im Film war es nicht störend und wirkte dezenter. Kann natürlich auch am unterschied zwischen Bildschirmen und der großen Leinwand hängen.
Soundtrack – Das ist eine schwere Sache. Newmans Score ist in den ruhigen Szenen, sowie in Mexiko und Rom super. Ab Österreich fällt er aber deutlich ab. Die musikalische Begleitung der Flugzeugverfolgung klingt verhältnismäßig generisch und uninspiriert. Wieso wurde das Bond-Thema zuvor in Mexiko angedeutet später aber so gut wie nicht mehr? Gerade die Flugzeugverfolgung hätte einen Score von der epischen Größe der Rom-Verfolgung benötigt. Das Bond-Theme wäre nicht einmal nötig gewesen, wie der ein oder andere Acion-Track von CR oder QOS beweist. Der Soundtrack ist daher in Summe schwer zu bewerten. Vielleicht ändert es sich aber mit den nächsten Sichtungen.
Production Design – Gassner ist der beste Designer der Serie seit Ken Adam. Seine Entwürfe haben einen typischen Stil der einerseits Larger Than Life ist wenn benötigt, gleichzeitig aber auch wie aus der Zeit gefallen wirken. Der Hideout hätte so auch in den 60ern gepasst oder vielleicht auch erst in 50 Jahren. Dabei wird Gassner aber auch nie zu einer Ken Adam Kopie. Der Spirit ist da, ohne ein Plagiat zu sein.
Schnitt – Gut, wobei mir manche Actionszenen irgendwie minimal „unrund“ geschnitten vorkamen. Manche sehr schöne Einstellungen waren subjektiv sehr kurz, während andere die eher für „dazwischen“ taugten länger gezeigt wurden, Vielleicht aber auch nur eine subjektive Täuschung. An mangelndem Material kann es nicht gelegen haben, so viel, wie gedreht wurde.
Effekte – Diese sind bei SP grandios und wohl die besten Computereffekte in einem Bondfilm bisher. Wüsste ich nicht wo das reale Set des Hideouts in etwas aufhört oder dass Waltz’ Narben später hinzugefügt wurden – ich würde es für real halten.
Insgesamt hat der Film sehr positiv überrascht. Ich hatte zwar schon einen starken Film erwartet. Allerdings wurde die Erwartung übertroffen. Allerdings schafft es für mich der Film auch nicht an CR als Craigs besten Film – und möglicherweise der beste der ganzen Reihe – heran. Nach ein paar Tagen Abstand ist mein Eindruck nach der ersten Sichtung, dass der Film für mich derzeit gleich gut wie SF ist – gleichzeitig sind beide Filme aber sehr verschieden. SF leidet unter gewissen Logiklücken die mitunter schon sehr groß sind, bietet dafür aber eine hochemotionale Geschichte. Den emotionalen Punch bietet so stark SP nicht, aber dafür weniger stark auffallende Logiklücken (die Integrierung von CR, QOS und SF finde ich gelungen), und auf ¾ der Laufzeit etwas das zwischen "sehr gut" und "fast perfekt" liegt. Der letzte Abschnitt drückt die Wertung, aber nicht so sehr weil er dennoch durchaus unterhalten konnte. Es war halt nur kein Herzschlagfinale.
Meine vorläufige Wertung nach der ersten Sichtung: 8,5 von 10 Punkten.
Als Leaks-Kenner habe ich das Forum die letzte Woche weitgehend gemieden, um den Film mit etwas Abstand zu den ganzen schon bekannten Infos zu sehen. Zuvor schaffte ich es noch CR und QOS anzusehen. Für SF reichte es nicht.. Insgesamt waren die Leaks dann auch nicht sonderlich präsent während des Kinobesuchs.
Vorweg: SP ist ein starker Bond. Die Kritik ist schon Jammern auf hohem Niveau.
Mexiko. Wunderbar inszeniert und gedreht. Spannend und gleichzeitig mit dem ein oder anderen netten Gag zwischendrin, mal offensiver (Sofa), mal subtiler (Stock). Dieses Wechselspiel aus offensichtlichen gelungenen Gags und anderen gelungenen subtileren – die nicht alle erkennen – zieht sich durch den ganzen Film. Das Humor-Level ist hoch, allerdings so gut integriert, dass es den ernsten Ton des Film nicht untergräbt. SP schafft darin über die gesamte Laufzeit den Spagat zwischen ernster Handlung und richtig lustigen Momenten. Die Planseqenz ist richtig atmosphärisch und passt perfekt.
Die Titelsequenz ist ein weiteres Meisterstück von Daniel Kleinman. Sie ist wie die von SF ein surreales Meisterwerk und schon allein den Ticketpreis wert. Möglicherweise finde ich sie sogar noch besser, als die von SF. Sam Smiths Song wird dadurch deutlich aufgewertet und passt somit im Kontext des Gesamtwerkes sehr gut. Auch das spätere Aufgreifen der instrumentellen Version passt wunderbar. Ich kann nur hoffen, dass Kleinman EON noch lange erhalten bleibt.
Auch was nach der Titelsequenz folgt ist äußerst stark. Es wird Tempo rausgenommen, die Story vorangebracht ohne dass zu viel Tempo abhanden kommt. Vielmehr baut sich geradezu der nächste Abschnitt auf: Rom. Was dort stattfindet ist nahe an der Perfektion (kleine Ausnahme bzgl. Inszenierung in ein paar Szenen, siehe unten). Ob eine Zeile die mir beim Lesen des Drehbuchs Magenschmerzen bereitete („Mickey Mouse“), die Versammlung oder die Action: Bravo! Das gleiche gilt auch für Österreich und dann auch Marokko. Die angetrunkene Madeleine las sich der Erinnerung nach nicht so toll, im Film passt alles aber sehr gut.
Österreich ist ebenso wie Rom extrem gut. Hier fällt allerdings erstmals der Soundtrack ab und kann mit der Grandezza des Films selbst leider nicht mithalten (dazu unten mehr). Die Action ist sehr schön inszeniert. Rom und Österreich dürfen sich um den Titel des Action-Perle des Films streiten. Die Szenen mit Mr White sind toll und sinister. In diesen Momenten ist SP ein Suspense-Thriller.
Marokko ist ein gutes Stichwort hinsichtlich der Beziehung zwischen Bond und Madeleine. Diese wird gut aufgebaut. Im Laufe der Zugfahrt und dann vor allem im Hideout wird sehr schön rübergebracht, dass beide mehr zu verbinden beginnt, als die Situation in der sich beide wiederfinden. Spätestens in der Folterszene wird auch von Bonds Seiten klar, dass da mehr ist als der übliche Flirt oder zumindest das sehr starke Potential für mehr. Noch vor der Folter ist ein großes Highlight allerdings die Szene im Überwachungsraum... quasi die Folter Madeleines. Hier flackert schon Bonds einfühlsamere Seite auf. Diese sah man ähnlich bisher zuletzt am Ende von QOS (Camille damals „Der muss sitzen.“), wenn auch eher im Kontext des Themas „Erlösung“.
Der Hideout und was dort stattfindet war wohl mit seinen Änderungen die größte positive Überraschung. Das Design ist unglaublich gut und Dennis Gassner ist ebenso hoffentlich noch lange dabei für kommende Bonds. Der Hideout mitten in der Wüste als abgespacetes Refugium ist wunderbar entworfen, ohne allerdings für heutige Verhätlnisse übertrieben zu sein. Wieder ein Punkt in dem der Film den Spagat meistert. Die „große Enthüllung“ dort ist weniger spektakulär als in früheren Skripten und Outlines, aber im fertigen Film passt sie sehr gut: Nicht gezwungen oder so theatralisch, dass es von anderen Dingen des Films ablenken würde. Das Thema ESB integriert der Film sehr organisch und selbst die Mieze wirkt nicht klischeehaft. Man wollte wohl keinen sog. John-Harrison-Moment wie in „Star Trek into Darkness“. Die Enthüllung des Kahn ist nunmehr ja schon ein ähnliches Negativbeispiel geworden für eine misslungene Enthülllung, dass es im englischsprachigen Sprachraum schon Begriffsbildend ist. Da bin ich froh, dass die ESB-Sache insgesamt sehr natürlich rüberkommt. Dass Theatralik bei der Enthüllung falsch am Platz gewesen wäre zeigte auch die Reaktion des Kinopublikums. Im Saal mit mehreren hundert Menschen habe ich bzgl. der Nennung des Namens höchstens eine Reaktion bei einer Handvoll Leuten mitbekommen.
Leider fällt das Finale in London etwas ab. Beim Kinobesuch selbst fiel die Spannung kaum ab, dennoch spürte man, dass etwas kleines fehlte. Wie schon im Leak-Thread vor Wochen diskutiert hätte das eine größere Bedrohung sein, die mehr als die Hauptcharaktere umfasst. Ein Versuch eines großen Terroranschlages verbunden mit dem was im Film ist wäre z.B. passend gewesen. Auch kommt es einem im Nachhinein vor, als wüsste man mit einigen Figuren nicht so wirklich etwas anzufangen. Das ist gerade bei Waltz’ Charakter immanent.
Die Endszene ist schon fast zu unspektakulär. Schön ist sie und passend zum Film. Hier finde ich es etwas schade, dass man nicht mit mehr Aufnahmen gearbeitet, z.B. man mehr von Bond, Madeleine und dem DB5 sieht, z.B. wie sie durch London oder sogar ins Land fahren, während der Abspann beginnt. Ich vergleiche der fertigen Film nicht hinsichtlich meiner Wertung mit dem Drehbuch, aber die Zeile aus OHMSS hätte hier ein kleinen Kniff gegeben, ohne das Happy End zu zerstören.
Ausgewählte Schauspieler in der Einzelkritik:
Craig – Er trieft vor „Bondness“ und liefert eine tolle Performance ab. An vielen Stellen blitzt sein Talent den internen gedanklichen Dialog Bonds zu spielen auf. Dies war in der Form zuletzt bei CR so gelungen und stark ausgeprägt.
Seydoux – Ein tolles Bondgirl und schauspielerisch ein weitere Highlight. Sie spielt die verletzliche, wie auch die starke Seite der Figur sehr gut. Leider wird mit ihr am Ende in London auch nur wenig mehr angefangen, als ein MacGuffin zu sein. Etwas mehr prägnanter Dialog über die erste Verabschiedung nach der Ankunft hätte gerne sein dürfen.
Waltz gibt einen tollen Bösewicht, wobei er allerdings in Marokko schlicht mehr zu tun hat. In London ist er vorwiegend „nur da“ und flüchtet gleich. Sein Spiel finde ich dahingehend durchweg gleichwertig stark. Die Schwäche sehe ich eher darin, dass im London-Finale das Skript ihm weniger hergibt als es der Charakter an Aktivität brauchen würde.
Bautista – Ein großartiger Henchman, die beste Henchperson seit Xenia Onatopp in GE.
Belucci – Kommt nicht lange im Film vor, aber gibt eine gute Leistung ab. Sie hat auch eine außerordentlich gute Chemie mit Daniel Craig. Vielleicht ist ja zukünftig noch ein Cameo-Auftritt drin.
Fiennes – Vertieft seine Rolle als M gegenüber SF weiter. Das gleiche gilt für Naomi Harris als Moneypenny. Die Frotzeleien zwischen ihr und Bond während er durch Rom jagt sind allein schon ein fest ^^
Wishaw – Er ist ein grandioser Q. Die Hass-Liebe zwischen ihm und 007 ist irgendwie ganz anders als beim alten Q, aber gleichzeitig auch vertraut. Hoffentlich bleibt er der Reihe noch lange erhalten.
Noch etwas zu einzelnen Disziplinen:
Inszenierung – Dem Film merkt man die Inszenierung auf Film positiv an. SF hatte in einzelnen Szenen mit dem digitalen Look sich keinen allzu großen Gefallen getan (gerade in den Szenen mit Neon-Beleuchtung der Sets, wie dem MI6-Bunker), wobei SF trotzdem noch sehr gut fotografiert war – jammern auf extrem hohem Niveau halt SP hat wieder sehr viel edle Anmutung gewonnen und bietet rein subjektiv auch wesentlich mehr „Farbe“ als SF. An die richtig satte Farbenpracht eines CR kommt der Film allerdings auch wieder nicht heran. In einzelnen Szenen ist man für meinen Geschmack etwas zu stark in die dunkle Ausleuchtung gegangen. So beispielsweise in der ganzen Episode in Lucias Villa. Eine nette Überraschung war auch, dass das Color Grading in Mexiko z.B. in den Trailern wohl brutaler aussah. Im Film war es nicht störend und wirkte dezenter. Kann natürlich auch am unterschied zwischen Bildschirmen und der großen Leinwand hängen.
Soundtrack – Das ist eine schwere Sache. Newmans Score ist in den ruhigen Szenen, sowie in Mexiko und Rom super. Ab Österreich fällt er aber deutlich ab. Die musikalische Begleitung der Flugzeugverfolgung klingt verhältnismäßig generisch und uninspiriert. Wieso wurde das Bond-Thema zuvor in Mexiko angedeutet später aber so gut wie nicht mehr? Gerade die Flugzeugverfolgung hätte einen Score von der epischen Größe der Rom-Verfolgung benötigt. Das Bond-Theme wäre nicht einmal nötig gewesen, wie der ein oder andere Acion-Track von CR oder QOS beweist. Der Soundtrack ist daher in Summe schwer zu bewerten. Vielleicht ändert es sich aber mit den nächsten Sichtungen.
Production Design – Gassner ist der beste Designer der Serie seit Ken Adam. Seine Entwürfe haben einen typischen Stil der einerseits Larger Than Life ist wenn benötigt, gleichzeitig aber auch wie aus der Zeit gefallen wirken. Der Hideout hätte so auch in den 60ern gepasst oder vielleicht auch erst in 50 Jahren. Dabei wird Gassner aber auch nie zu einer Ken Adam Kopie. Der Spirit ist da, ohne ein Plagiat zu sein.
Schnitt – Gut, wobei mir manche Actionszenen irgendwie minimal „unrund“ geschnitten vorkamen. Manche sehr schöne Einstellungen waren subjektiv sehr kurz, während andere die eher für „dazwischen“ taugten länger gezeigt wurden, Vielleicht aber auch nur eine subjektive Täuschung. An mangelndem Material kann es nicht gelegen haben, so viel, wie gedreht wurde.
Effekte – Diese sind bei SP grandios und wohl die besten Computereffekte in einem Bondfilm bisher. Wüsste ich nicht wo das reale Set des Hideouts in etwas aufhört oder dass Waltz’ Narben später hinzugefügt wurden – ich würde es für real halten.
Insgesamt hat der Film sehr positiv überrascht. Ich hatte zwar schon einen starken Film erwartet. Allerdings wurde die Erwartung übertroffen. Allerdings schafft es für mich der Film auch nicht an CR als Craigs besten Film – und möglicherweise der beste der ganzen Reihe – heran. Nach ein paar Tagen Abstand ist mein Eindruck nach der ersten Sichtung, dass der Film für mich derzeit gleich gut wie SF ist – gleichzeitig sind beide Filme aber sehr verschieden. SF leidet unter gewissen Logiklücken die mitunter schon sehr groß sind, bietet dafür aber eine hochemotionale Geschichte. Den emotionalen Punch bietet so stark SP nicht, aber dafür weniger stark auffallende Logiklücken (die Integrierung von CR, QOS und SF finde ich gelungen), und auf ¾ der Laufzeit etwas das zwischen "sehr gut" und "fast perfekt" liegt. Der letzte Abschnitt drückt die Wertung, aber nicht so sehr weil er dennoch durchaus unterhalten konnte. Es war halt nur kein Herzschlagfinale.
Meine vorläufige Wertung nach der ersten Sichtung: 8,5 von 10 Punkten.