Das James Bond 007 Forum

Nico hat geschrieben:Puh... Kennt jemand das Sacha Gervasi-Biopic?

ja und ich finde es recht gelungen. Die Besetzung ist vortrefflich und das historische Ambiente gut getroffen. Hopkins sieht ähnlich wie schon als Nixon (abgesehen vom Fatsuit) überhaupt nicht wie das Original aus, er spielt aber auch hier wieder brillant und hat die typischen Eigenarten des Meisters perfekt drauf. Für filmhistorisch interessierte eigentlich genau der richtige Film.

Darüberhinaus wäre als Abschluss deines Marathons auch die Psycho-Fortsetzung (Psycho II) von Richard Franklin einen Blick wert, da eine respektvolle Hommage an den Meister und das Original, das gleichzeitig aber auch seine eigene Duftmarke zu setzen versteht.

Fand den irgendwie etwas unentschlossen, da hätte man mehr draus machen können. Johannson und Mirren fand ich super, Hopkins eher weniger.

Ein Psycho-Marathon (Original, 2-4 und Remake) steht als nächstes an.

Ich sehe das wohl mehr wie Anatol. Hopkins ist richtig großartig als Hitch (auch wenn er in der Tat überhaupt nicht so aussieht wie das Vorbild), und das Zusammenspiel mit Helen Mirren ist ganz exquisit. James D'Arcy ist auch richtig gut, während Scarlett Johansson halt ein typischer Fall von Stunt-Casting ist, aber verschmerzbar. Schön ist, dass der Film sich selbst mehr als Hommage denn als ernsthaftes Biopic mit aufklärerischer Funktion sieht und das Feeling seiner Zeit in schön knackigen Farben einfängt. Das Buch dazu ist wohl etwas informativer, dafür aber natürlich weitaus trockener.

Den Film mit Hopkins als Hitch hab ich bisher erst einmal gesehen und werd ihn mir mal wieder gönnen müssen.

Mein aktuelles Manöver, um mich gekonnt vom AVTAK-Review abzulenken:

Ich habe neulich endlich, finalmente und zum aller-ersten Mal überhaupt Notorious geschaut, und zwar auf Leinwand, wie es sich gehört. Ein schöner Film mit einer tollen Geschichte, die geschickt die Grenzen zwischen Spionagethriller und romantischem Drama verschwimmen lässt. Von Hitch elegant und mit viel Gespür für spannende Bilder gefilmt. Und ich mag ja bekanntlich Filmenden, in denen sich ganz banal eine Tür schliesst, und auch in Notorious ist diese leicht offene Schlusseinstellung absolut wunderbar. Ingrid Bergman ist eine Wucht und Cary Grant ist als cooler Hengst absolut grandios. Ich mochte ihn hier lieber als in Catch a Thief und ja, ich glaube auch als in North by Northwest, sein weltmännisches Auftreten und stilvolles Erscheinungsbild passt besser, wenn er selber noch etwas jünger aussieht (andersrum mochte ich ihn im noch späteren Charade dann aber wieder mehr). Von mir 9 Punkte für diesen gelungenen Hitch.

HCN007 hat geschrieben: 29. Oktober 2017 12:39 iHaveCNit: Marnie (1964)

Einer der Filme, den ich hier schon ewig herumliegen hatte – aber noch nicht gesehen habe – ist „Marnie“ von Alfred Hitchcock aus dem Jahre 1964 mit Tippi Hedren und Sean Connery in den Hauptrollen. Da ich als Bond-Fan die Beteiligung vom guten Sean Connery relativ interessant fand, hatte ich überhaupt erst Lust auf diesen Film, der das Potential von Hitchcock erkennen lässt, aber auch einige Makel hat.

Marnie Edgar ist eine Kleptomanin, die sich immer wieder neu erfindet und Geschäftsmänner spielend um deren Vermögen erleichtert. Der Unternehmer Mark Rutland soll der nächste sein, doch er scheint mehr an einer Läuterung von Marnies zwanghaftem Verlangen interessiert zu sein als ihr die rechtlichen Konsequenzen für ihr Verhalten aufzubürden.

„Marnie“ will für mich ein bisschen zuviel – Die Mischung aus Gaunerstück, Ehedrama und Psychoanalyse will für mich nicht in Gänze zünden. Dafür werden diverse psychologische Ansätze viel zu breitflächig und oberflächlich in Dialogen ausgebreitet. Dafür ist die Symbolik und die letzendliche Konklusion aus Marnies Vergangenheit viel zu vorhersehbar, gewöhnlich und zu einfach. Dafür legt sich Bernard Herrmanns Musik zu überdominant und nervig über die ganzen Bilder. Dafür ist das stellenweise auftretende Overacting einer Tippi Hedren – und auch eines Sean Connery oder Louise Latham zu aufdringlich. Und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass nicht alles tricktechnisch einwandfrei geschnitten und gefilmt worden ist. Doch es gibt einige Szenen, deren Wirkung sich vielleicht damals zur Zeit, als dieser im Kino gesichtet werden konnte, zur Gänze entfalten und auch eine gewisse Form der Spannung aufbauen konnten. Dabei wäre auch von der Charakterzeichnung Marnies und auch von Mark Rutland definitiv noch ein bisschen mehr drin gewesen, weil beide von ihrem Charakter, den Motivationen und dem eigenen Hintergrund bereits interessant ambivalent genug sind. Wenn die Intention Hitchcocks jedoch war, dass man sich bei der Sichtung des Films auch nervend durchquälen muss, wie Marnie mit der Verarbeitung ihrer Vergangenheit und Mark mit seinen engagierten und nicht immer uneigennützigen Handlungen versucht an das Geheimnis Marnies heranzukommen – ja dann hat Hitchcock sein Ziel erreicht.

„Marnie“ - My First Look – 7/10 Punkte.

Um mich mal kurz selbst zu zitieren - Ich werde mir diesen Samstag im Rahmen der aktuellen Saison von "MetOpera im Kino" eine auf "Marnie" basierende Oper ansehen und bin mal gespannt, wie sich der Film als Oper aufbaut.

Heute Abend hat ein Münzwurf über North by Northwest oder Family Plot entschieden, und die Münze hat den Plot gewählt. Ich finde den Film immer noch toll, vor allem weil er so unglaublich leichtfüssig, heiter und vergnüglich angelegt, ohne albern zu wirken. Im Gegenteil, die verwobene Verwechslungsgeschichte ist auf ihre simple und humorvolle Art recht spannend, einfach weil sie clever und gewitzt strukturiert ist. Grandios auch die Darsteller, vor allem Derns kauzig-verschrobener Amateurdetektiv und Billy Devanes über alle Massen schmierig-schleimiges aber galantes Verbrecher-Ar$chloch sind zum Jauchzen (Schau sich einer diesen Halunken an!). 8 Punkte für den Family Plot.

Was mich aber besonders erstaunt hat ist dass der Score von John Williams ist, hatte ich gar nicht mehr im Kopf. Bei Williams denkt man ja in erster Linie an seine orchestralen Eskapaden für Star Wars und co, die popkulturell so tief verwurzelt sind dass man sie kaum mehr hören mag. Dagegen ist seine Musik in Family Plot angenehm "hausgemacht" und spielt auf schöne Art mit den Detektiv-, Mystery- und Spiritualismus-Themen des Films, aber halt auf seine leichtfüssig-galante Art, die zu Hitchs Inszenierung passt.

Heute also noch die Kehrseite der Münze, sprich North by Northwest. Hitchcocks kaputten Kompass hatte ich zuvor auch schon ein paar Jahre nicht mehr gesehen, und er hat umso mehr Spass gemacht. Die Geschichte ist ein tolles Nonstop-Puzzle und das Spiel mit Täuschung, Identität und falschen Wahrheiten nimmt durch Hitchs Hand teils beinahe schon surreale Züge an in der Art wie mit dem Wissen des Zuschauers und der Figuren sowie mit der filminneren Wahrheit gespielt wird. Es ist sicher auch sein üppigster Film in Scope und Scale und auch nach 60 Jahren noch sehr modern und da passt es, dass ein Superstar vom Format Cary Grants an Bord ist und den auf dem Papier recht oberflächlich-funktionalen Protagonisten mit Leben füllt. Immer noch ein sicherer Top 5 Kandidat von 22 zu meinen Lebzeiten gesichteten Hitchcocks.

Was mir aber aufgefallen ist, ist dass ich auf die Szene, in der sich die Vertreter vom Geheimdienst über die Nichtexistenz des Spions Kaplan unterhalten, eher verzichtet hätte. Die schlägt für mich in eine ähnliche Kerbe wie der lange Erklärbär-Monolog von Normans Psychiater kurz vor dem Ende von Psycho. In NBN hätte ein Auslassen dieser Szene natürlich mehr Gewicht, weil dadurch der Wissensvorteil des Zuschauers gegenüber dem Protagonisten fehlen würde, aber genau das wäre für mich der interessante Punkt. Wie sehen das die Hitch-Fans?

Mein Lieblings Hitchcock, ohne wenn und aber. 10/10 Die Szene stört mich nicht so sehr, denn man tappt ja dennoch eine ganze Weile zusammen mit Roger im Dunkeln.

GoldenProjectile hat geschrieben: 22. Mai 2019 23:54 In NBN hätte ein Auslassen dieser Szene natürlich mehr Gewicht, weil dadurch der Wissensvorteil des Zuschauers gegenüber dem Protagonisten fehlen würde, aber genau das wäre für mich der interessante Punkt. Wie sehen das die Hitch-Fans?

Mich stört die Szene eigentlich auch nicht. Sie hat finde ich auch nicht ganz den starken “Erklärbär”-Charakter wie die finale Psycho-Sequenz, vermutlich auch weil sie besser in die Handlungsentwicklung eingebettet und damit fester Bestandteil dieser ist, während sich die Erläuterungen des Spezialisten in Hitchs 60er Output immer etwas abgetrennt vom Rest anfühlen. Ich bin allerdings insofern bei dir, dass die Jagd auf den „unsichtbaren Dritten“ mit der Geheimdienst-Sitzung ein Stück weit entwertet wird, damit hätte man durchaus auch noch länger spielen können. Ein großes Handicap ist das aber eigentlich nicht, da stattdessen durch die neu gewonnenen Informationen die Frage beim Zuschauer auftaucht, um wen es sich denn bei dem eingeschleusten Agenten handelt. Komischerweise wäre ich da im Leben nicht auf Eve gekommen, vermutlich auch wegen meines klischeehaften Geschlechterdenkens.

Das Wegfallen des Caplan-Mysteriums macht sich auch deshalb nicht wirklich negativ bemerkbar, da Hitch und Lehman den Zuschauer ja trotzdem noch genügend im Dunkeln tappen lassen und das Gesamtbild erst nach der Mount Rushmore-Szene deutlich wird. Von daher: ja, man hätte das sicher anders machen können, aber ob man es auch besser hätte machen können, da habe ich doch ernsthafte Zweifel.

P.S. Da du solch großen Spass mit NBN und Family Plot hattest solltest du vielleicht mal ein Auge auf den stark artverwandten "The Prize" von Mark Robson aus dem Jahr 1963 werfen, in welchem Ernie Lehman auf vergnüglichste Weise Elemente seines NBN-Drehbuch wiederverwertet und einen dauerverkaterten Paul Newman in ein Nobelpreis-Spionage-Komplott verfrachtet.

Das Hitch uns diese Szene so früh im Film zeigt ist ein Geniestreich! NBN ist großartig, und diese Szene wegzulassen, das wäre gewesen als wenn wir in Cocktail für eine Leiche erst am Ende erfahren hätten, dass tatsächlich eine Leiche in der Box liegt. Kann man so machen, ist dann aber ein komplett anderer Film.

Ich sage ja, dass ein Auslassen der Szene schon ein paar grössere Auswirkungen hätte, aber der Vergleich mit Rope zieht meines Erachtens doch nicht ganz, da das Wissen um die Leiche im 48er-Jahrgang mehr elementarer Clou ist als die etwas verfrühte Auflösung eines von mehreren untereinander verwinkelten Geheimnissen in der nordwestlichen Schnitzeljagd. Es wäre halt ein etwas anderer Ansatz der einem als Zuschauer länger mit Grant im Dunkeln tapsen lässt. Mir ist klar, dass dies das klassische Hitchcock-Suspense-Modell ist, aber - und da liegt für mich der grosse Unterschied zu Rope - zieht NBN seinen Wert nicht unbedingt daraus dass man als Zuschauer dem Protagonisten beim Ertüfteln der Infos mit deren Vorwissen zuschaut.

Besser hätte man den Film vielleicht schon machen können, aber dann hätten Jimmy Stewart und Grace Kelly die Hauptrollen spielen und die ganze Handlung nur in einem Apartment gedreht sein müssen.

Ohne Flachs: 9 Punkte für North by Northwest und 8 für Family Plot, was ungefähr meinen alten Wertungen entspricht. Wobei der Fliegerangriff so sensationell inszeniert ist dass er den Film an einem guten Tag auch locker auf 9,5 heben könnte.

The Prize behalte ich mal im Hinterkopf, danke dafür, und wenn wir schon beim verkaterten Paul Newman sind, ich habe auch The Hustler noch nie gesehen, aus dem Scorsese später das vergnügliche Quasi-Sequel Colour of Money abgeleitet hat, in welchem Neumann-Paule und ein junger Tom Cruise in verruchten Kneipen um die Wette poolen.

Ein Hitch kommt vielleicht auch bald noch dran.

GoldenProjectile hat geschrieben: 23. Mai 2019 09:06 Besser hätte man den Film vielleicht schon machen können, aber dann hätten Jimmy Stewart und Grace Kelly die Hauptrollen spielen und die ganze Handlung nur in einem Apartment gedreht sein müssen.

Dein launiger Vorschlag hat mich kurzzeitig ins Grübeln gebracht, mich dann aber zu dem Schluss kommen lassen, dass der Austausch Grant/Stewart bei den meisten Hitch-Filmen nicht funktioniert. NBN braucht genauso wie Notorious und TCAT (ich merke gerade zum ersten mal, dass der Film abgekürzt ja Robies Spitzname ergibt, coole Sache) elementar den Charme von Grant, genau wie Vertigo, Rear Window und Rope Stewarts Normalität und disses gewisse Kauzig/Merkwürdige brauchen, dass der Jimmy ganz natürlich inne hatte (während der Cary so etwas immer stark mit Overacting ins Lächerliche zog wie bei Bringing up Baby oder Arsenic & Old Lace). Bei Man who knew too much würde ein Tausch eher funktionieren, wobei Grant als spiessiger Familienvater eigentlich auch nur in überzeichneten Komödien funtkioniert (und dann auch noch mit der Day Doris). Bleibt eigentlich nur Suspicion, der wäre dann aber mit Stewart ein ganz anderer Film geworden. Aber hier hätte es mit ihm auch gut funktionieren können, nur dann eben dass man nicht vom Charmeur um den Finger gewickelt worden wäre, sondern vom sympathischen Normalo.

Was dem Fürst Rainer (alter Dietl-Gag aus Kir Royal) seine Angetraute angeht: die ist in ihren drei Hitch-Filmen schon sehr gut aufgehoben, in NBN brauche ich die nicht unbedingt. Zumal es ein großer Verlust wäre, hätte die bezaubernde Eva Marie in keinem Hitch mitgespielt.

Ja, die Saint ist hier toll und gefällt mi vom Typ in dieser Rolle auch besser als mich Kelly vorstellen kann.

Das war eigentlich nur eine (un-)lustige Anspielung auf Rear Window als in meinen Augen womöglich bester Hitchcock-Film (bzw. einer von mehreren besten). Also dass NBN noch besser wäre, wenn er Rear Window wäre. Ich würde Grant auch nicht gegen Jim tauschen wollen, das hätte in keinem der Filme so recht gepasst (Suspicion habe ich nie gesehen). Der Cary ist schon ein cooler Zeitgenosse für diese Art von leads, auch wenn er mir in junger Form (noch) besser passt als der etwas graumelierte Typ den er in NBN und Charade darstellt, aber auch da mag ich ihn. Er sieht halt nur einfach ein bisschen aus wie ein junger Rabauke, der optisch deutlich älter geworden ist, wenn das Sinn macht.

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Von Suspense & MacGuffins: Die Filme des Alfred Hitchcock

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