AnatolGogol hat geschrieben: 21. August 2023 06:23
Mit Ford in seinen 50ern hätte man wunderbar alle Clancys im 2-Jahrestakt bis zum finalen Bear & Dragon umsetzen können. Petersens Airforce One bestärkt mich eigentlich nur darin, dass Ford als Präsident Ryan absolut ideal gewesen wäre. Man stelle sich vor: 96 (halbwegs) werkgetreu Schattenkrieg, 98 Ehrenschuld, 00 Befehl von Oben und 02 Im Zeichen des Drachens - perfekt! Kein Wunder habe ich beim Lesen der Clancys immer den ollen Harrison vorm geistigen Auge, das war einfach wirklich eine tolle Besetzung. So sehr ich Baldwin generell wie in der Rolle mag, gerade im Wissen um die späteren Romane, erscheint Ford hier ziemlich idealbesetzt. Wobei das natürlich nicht ganz stimmt, da die eigentliche Idealbesetzung im Sinne der Vorlage natürlich Kevin Costner gewesen wäre - gerade auch hinsichtlich Alter und Haarfarbe.
Ja, ja, ja, ja und nicht zu vergessen: Ja! Es ist wirklich fast schon grausam für uns Clancy-Leser, dass es "Air Force One" gibt, in dem Ford mal eben ganz lässig zeigt, wie sein Präsident Ryan ausgesehen hätte. Ich glaube, ich hatte es hier im Forum schon mal geschrieben: Für mich ist Alec Baldwin die beste Ryan-Besetzung in Red October, weil Harrison Ford – so großartig er gerade in "Das Kartell" auch ist – immer ein wenig die Leinwandpersona Harrison Ford ist und nicht "hinter der Rolle Jack Ryan verschwindet", aber ich glaube, dass er spätestens ab Ehrenschuld tatsächlich die Idealbesetzung für den älteren politischen Ryan gewesen wäre. Costner wäre natürlich der Wunschtraum schlechthin gewesen, aber der kam etwas zu spät zur Ryan-Reihe dazu und hatte dann blöderweise auch noch die falsche Rolle.
Revoked hat geschrieben: 20. August 2023 18:44
Aus meiner Sicht sind Stunde und Kartell vom Pacing so langweilig, dass ich das Serienformat wesentlich besser (gerade ab Kartell) für Ryan finde.
Roter Oktober ist an sich schon als Roman viel straffer als die anderen Bücher und ließ sich deshalb gut adaptieren.
Sehe ich anders. Ja, "Jagd auf Roter Oktober" funktioniert als Film unfassbar gut, was sicher mit einer gewissen "Einfachheit" des Romans zu tun hat. Aber gleichzeitig zolle ich den Machern des Films höchsten Respekt, weil ihnen mit "Roter Oktober" eigentlich die Quadratur des Kreises gelungen ist – denn viele ihrer nötigen Kürzungen und Änderungen der literarischen Geschichte funktionieren sogar noch besser als das, was Clancy geschrieben hat. Ein Beispiel: Während im Roman von der ersten Seite an klar ist, welches genaue Ziel Ramius verfolgt, lässt der Film sich da eine ganze Weile nicht in die Karten schauen und gewinnt einen Teil seiner Spannung dadurch, dass Connery genauso auch der böse Russe sein könnte, als der er von der Sowjetunion den Amis verkauft wird. Genauso war es eine großartige Idee, Skip Tylers Part in der Geschichte massiv zu kürzen und dafür den im Roman eigentlich nebensächlich Borodin mehr auszubauen (genial gespielt von Sam Neill). Clancy-Puristen könnten sich daran stören, dass dafür die eigentliche Motivation von Ramius entfällt, allerdings ist die Begründung, die der Film liefer, zwar einfacher, aber dafür umso effektiver. "Jagd auf Roter Oktober" ist für mich ein Musterbeispiel dafür, wie smart und gelungen "werkgetreu" eine Adaption sein kann, obwohl dann doch einiges geändert wurde.
Die späteren zwei Noyce-Filme weichen tatsächlich mehr ab (obgleich ich sie insgesamt immer noch als Clancy-treu bezeichnen würde) und nicht jede Änderung gelingt ihnen. Aber ich würde nicht sagen, dass "Roter Oktober" deshalb besser zu adaptieren war, weil der Roman straffer ist. "Die Stunde der Patrioten" ist als Roman eigentlich auch dankbar für einen zweistündigen Spielfilm, immerhin ist der Basisplot wirklich für Clancy-Verhältnisse sehr unkompliziert und die zugrundeliegende Motivation die gute alte Rache. Noyce macht auch einen guten Job darin, die Essenz der Geschichte herauszuarbeiten, aber du hast recht, mit dem Pacing (und dem völlig überzogenen "Stirb langsam"-Finale) haben die zwei Patriotenstunden ihre Probleme. In Teilen sind diese Probleme aber auch in der Vorlage schon drin und werden im Film durch die Verknappungen nur deutlicher. Das etwas blöde Hollywooende ist dann ein unschöner Makel, über den sich der gute Clancy wohl auch sehr echauffiert haben soll.
Gestern habe ich noch "Das Kartell" angeschaut und es genossen. Noyce mag nicht ganz an McTiernans genialen "Roter Oktober" herankommen, aber über weite Strecken ist das was er abliefert große Klasse. Genau wie im Roman erzählt er die düstere Geschichte sehr angenehm komplex und behält – wieder: trotz zahlreicher Kürzungen und Vereinfachungen – die Komplexität des Stoffs bei. Richtig stark ist, wie atmosphärisch Noyce die Geschichte erzählt, und anders als bei den etwas zäheren Stunden der Patrioten sehe ich beim Kartell auch keine eklatanten Pacing-Probleme. Im Gegenteil: Die Geschichte entwickelt sich flüssig und spitzt sich immer weiter zu, es ist sogar richtig klasse, wie dramatisch der Film ab dem Tod einer gewissen, für Ryan sehr wichtigen Person, wird – um es spoilerfrei zu formulieren.
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Interessanterweise mag ich das Actionfinale im Kartell auch sehr viel lieber als bei den stündlichen Patrioten, obwohl es in Teilen ebenfalls gegen Clancys Intentionen geht und Ryan mehr zum Actionhelden macht als erforderlich. Aber fürs Kino ist es stimmiger. Das eigentliche Ende ist dann vergleichweise naiv, sowas hätte Clancy nicht geschrieben, als "Abschluss" der Trilogie ist es aber auch sehr befriedigend.
Da ihr beide ja auch Clancy-Leser seid: Wie findet ihr Willem Dafoe als John Clark? Ich muss sagen, mir gefällt sein Auftritt in "Das Kartell" hervorragend und er wäre für weitere Clancy-Filme mit Ford / Noyce ein Muss gewesen. Zu Beginn des Films legen sie ihn meines Erachtens deutlich ambivalenter an als im Roman, er ist ein doppelbödigerer Typ, aber Dafoe spielt das eindringlich und ich kann mir gut vorstellen, dass er in späteren Filmen noch mehr an Profil dazu gewonnen hätte. Ich wiederhole mich, aber es ist und bleibt ein Jammer, dass die Kernreihe nach drei Filmen schon endete. "Der Anschlag" ist zwar ein guter Blockbuster, aber nur noch ein halber Clancy (Österreichische Neonazis … Wer macht sowas? Warum macht man sowas?).