Re: Die Filme des Oliver Stone
61Ungesehen hier liegen. Wollte den mit meiner Mrs gucken. Ist das eher ein schwer zugänglicher Film oder recht simpel?
Über Platoon zu reden ist durchaus immer eine gute Idee, der Ansatz deiner Interpretation gefällt mir schon mal sehr gut, ich könnte da bei der einen oder anderen Szene auch noch ins Detail gehen. Allerdings würde ich ihn vorher gerne noch einmal sehen, und bin jetzt noch bis Samstagabend weg.AnatolGogol hat geschrieben:GP, wir sollten hier unbedingt mal etwas tiefergehend über Platoon diskutieren (ich war erstaunt, dass in den weiten des Forums keine Kritik von dir zu diesem von dir so hochgeschätzten FIlm zu finden ist). Hab ihn gestern mal wieder gesehen und irgendwie grossen Redebedarf.![]()
Mmmh, das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Schwer zugänglich würde ich nicht sagen, schwere Kost aber schon. Auf der obersten Ebene funktioniert der Film durchaus auch als packender Kriegsfilm, wobei die Action sicherlich nicht dem klassischen Unterhaltungskriegsfilm entspricht. Es sind sehr harte und derbe Szenen dabei wie der Film generell seinen Zuschauer auf emotionaler Ebene stark beansprucht. Also sicher kein Feelgood-Movie (wenn man nicht gerade Frank Drebin heisst http://webmbassy.com/05667Agent 009 hat geschrieben:Ungesehen hier liegen. Wollte den mit meiner Mrs gucken. Ist das eher ein schwer zugänglicher Film oder recht simpel?
Ach stimmt, du hattest es ja gesagt, dass du momentan unterwegs bist. Dann komm erst mal wieder gut zurück und dann können wir ja den Dingen auf den Grund gehen.GoldenProjectile hat geschrieben:Über Platoon zu reden ist durchaus immer eine gute Idee, der Ansatz deiner Interpretation gefällt mir schon mal sehr gut, ich könnte da bei der einen oder anderen Szene auch noch ins Detail gehen. Allerdings würde ich ihn vorher gerne noch einmal sehen, und bin jetzt noch bis Samstagabend weg.
Dass er nie besser war würde ich noch nicht einmal sagen, ich fand ihn in Rough Riders mindestens ebenbürtig. Eine komplett andere Rolle, aber mindestens genau so fordernd und zudem mit dem Handicap eine historisch sehr gut dokumentierte Persönlichkeit glaubhaft verkörpern zu müssen inklusive deren Spleens, aber ohne die Figur dadurch in irgendeiner Form der Lächerlichkeit preis zu geben. Berenger als Roosevelt ist schon ganz, ganz große Darstellerkunst.vodkamartini hat geschrieben:Und Berenger ist in der Tat das finstere Zentrum des Films und war nie besser.
Aber diese Beiden sind trotzdem die noch einmal deutlich faszinierenderen Filme. Und dann wäre da noch Apo Now, außer du hälst den auch für einen den man außen vor lassen sollte. Und was ist mit Full Metal Jacket?AnatolGogol hat geschrieben:
Platoon ist für mich auch nicht frei von (kleineren) Mängeln, aber wie vodka schon schrieb fraglos einer der besten Beiträge zum Thema Vietnam und wenn man man es nur auf "reine" Kriegsfilme bezieht (also Filme wie Born on the 4th of July oder The Deer Hunter außen vor lässt) dann wohl sogar der beste zu diesem Thema.
Der 4.7. und die Hirschjagd in der Hölle sind auch für mich die deutlich fasznierenderen Filme, aber beides sind keine Filme die die "praktische Seite" des Krieges in den Vordergrund stellen. Das ist bei Full Metal Jacket dann schon der Fall, wobei ich den nicht sonderlich mag (ausgenommen den sehr gelungenen Grundausbildungsteil). Apo Now bin ich mir unschlüssig, eigentlich wird der Krieg auch eher als Metapher vermittelt finde ich und daher passt er besser zu Deer Hunter als zu Platoon.Maibaum hat geschrieben:Aber diese Beiden sind trotzdem die noch einmal deutlich faszinierenderen Filme. Und dann wäre da noch Apo Now, außer du hälst den auch für einen den man außen vor lassen sollte. Und was ist mit Full Metal Jacket?
Platoon ist strukturell für mich unter anderem eine Hommage bzw. Variation von Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues. In beiden ist der Protagonist in erster Linie ein "Normalo", ein völlig unschuldiger Kerl, der an die Front eines Krieges gerät und dort mehr und mehr mit dem Grauen, aber auch mit den positiven Seiten der Kameradschaft konfrontiert wird. Bei Platoon ist das klar definiert in den beiden Figuren Barnes und Elias. Barnes ist das Böse, einer der durch den Krieg verdorben wurde und keine Menschlichkeit mehr kennt, eigentlich auch eine tragische Figur, da er dem Unwesen des Krieges nicht standhalten konnte und so auf die "dunkle Seite" gefallen ist. Elias dagegen ist der Gute, der optimistische Kamerad, der Schutzengel der Soldaten, der sich gegen den bösen Barnes erhebt und denen die es wollen Trost und Zuflucht bietet. Seine Figur hat in Bezug auf diese Eigenschaften fast schon surreale Aspekte, etwa in seinem ersten "richtigen" Auftritt, als er wie ein halbnackter Engel vor Chris bzw. der Kamera thront und seltsamerweise sagt "Then the worm has definitely turned for you, man." und "Feelin' good is good enough" (gefolgt von einer noch ikonographischeren Einstellung, als er aus dem Nichts eine Flinte zückt um Chris in den Kreis seiner Anhänger aufzunehmen). Alles nachzusehen im unten verlinkten Video.AnatolGogol hat geschrieben:Interessant ist auch die Hauptfigurenkonstellation und was man da alles hineininterpretieren kann. Ich tendiere mittlerweile dazu, die Hauptfiguren als Stellverteter für Teile der amerikanischen Gesellschaft zu sehen und die Ereignisse des FIlms als Spiegelbild dessen, wie Amerika mit Vietnam und seiner Armee während und nach dem Krieg umging. Mich würde in diesem Zusammenhang interessieren, wie du die Figuren interpretierst, gerade auch Chris und seine finale "Abrechnung" mit Barnes. Ist Chris für dich eine positive Figur?
Dann will ich in der Zwischenzeit ein paar Worte zu The Doors verlieren: Stone zieht alle inszenatorischen Register um ein visuelles Äquivalent zu den psychedelischen und surrealen Klängen der Morrison-Truppe zu liefern. Das ist ihm auf jeden Fall gelungen, seine abstrakten Bilder gehen mit der Musik eine starke Symbiose ein (vor allem die bizarre und glücklicherweise musikalisch ungekürzte The End-Sequenz ist faszinierend) und bauen wiederum den Protagonisten auf. Verglichen mit Morrison sind die übrigen Bandmitglieder lediglich Randfiguren, und auch generell wird der Aspekt der Musikbiografie eher als Aufhänger bzw. Background für die expressive Charakterstudie von Jim Morrison eingesetzt. Der Film folgt damit zwar konsequent seiner Intention, dennoch finde ich die stiefmütterliche Abhandlung von Manzarek, Densmore und Krieger etwas schade, vor allem bei Manzarek. Erstens ist MacLachlan mehr als nur ein grotesk perückierter Agent Cooper, zweitens hätte seine zunehmend bröckelnde Freundschaft zu Morrison Stoff hergegeben, der Stones Vision auch entgegengekommen wäre. Als psychedelischer Morrison-Film ist The Doors aber immerhin weitgehend überzeugend, Kilmer erweckt den Sänger förmlich zum leben und liefert zusammen mit Stone ein eindringliches und vielschichtiges Psychogramm voller menschlicher Abgründe in thematisch wie stilistisch adäquatem audiovisuellem Gewand. In Summe ist The Doors ein gelungener Film mit einem anderen Ansatz als dem von mir erwarteten, einer herausragenden ersten Hälfte und einer guten aber gelegentlich etwas sperrigen zweiten Hälfte. 7,5 Punkte für diesen gelungenen Bruch auf die andere Seite.AnatolGogol hat geschrieben:So lang kann ich nicht warten...
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