Re: Die Filme des Stanley Kubrick
Verfasst: 7. August 2014 11:45
Paths of Glory (1957)
I apologize, Sir, for not telling you sooner that you're a degenerate, sadistic old man. And you can go to hell before I apologize to you now or ever again!
Hierbei handelt es sich um einen frühen Film des Meisterregisseurs Stanly Kubrick, Jahre bevor er mit der die Grenzen der Vorstellungskraft auslotenden Raum- und Zeitreise 2001 und der bizarren Gesellschaftssatire A Clockwork Orange Filmgeschichte schrieb. Es ist das Jahr 1916, grausamer Stellungskampf in den Gräben der Westfront. Das 701. Regiment unter der Führung von Colonel Dax erhält den undankbaren Befehl, den "Ameisenhügel" zu erstürmen und einen Tag lang gegen den Feind zu verteidigen. Die Verluste wurden beim Entwerfen der Strategie auf rund sechzig Prozent geschätzt, in den Augen der Generäle und Taktiker ein akzeptables Ergebnis. Nicht aber in den Augen der Männer an der Front, die im Kugelhagel die Aussichtslosigkeit des Unternehmens erkennen und sich so bald als möglich zurückziehen. In den Hauptquartieren plädiert man auf Feigheit vor dem Feind, will ein Exempel statuieren und wahllos einige Soldaten zum Tode verurteilen...
Kubrick erzählt in erster Linie eine Geschichte über den Krieg, die Gesetze der Armee, vor allem aber die Männer die im Krieg schalten, walten und kämpfen. Paths of Glory ist ein erfreulich nüchterner, unparteiischer Film, der sich hütet, in den üblichen Pathos und Heldenkitsch abzudriften. Befreit vom surrealen Bilderrausch späterer Kubrick-Filme zeigt er ein ebenso kurzes wie schlichtes Schwarz-Weiss-Drama, welches das Gemetzel an der Front mit dem ebenso dekadenten wie beschaulichen Leben der höheren Offiziere kontrastiert. Die erste Hälfte spielt sich dabei fast ausschliesslich in den Schützengräben ab und bebildert - wenn auch keine Sekunde länger als für die Stimmung und die Geschichte nötig - den grausamen Überlebenskampf der Soldaten in überaus aufwändigen Plansequenzen. Die zweite Hälfte hingegen thematisiert den sowohl lächerlichen als auch traurigen Todesprozess dreier unglücklich ausgewählter Soldaten, die für ihre angebliche Feigheit büssen sollen. Hier ist Paths of Glory Schauspielkino auf allerhöchstem Niveau. Sei es Kirk Douglas' feurige Darbietung des Verteidigers, die verzweifelten Angeklagten oder die scheinbar völlig herzlosen Ankläger und Generäle, jede Darstellung ist gleichermassen intensiv, glaubwürdig, emotional, ehrlich und unpathetisch. So etwas wie eine Moral gibt es nicht, jeder muss selber ins Geschehen eintauchen. Paths of Glory ist kein Heldenkitsch, keine Lobhudelei auf verstorbene Soldaten, keine pathetisch verzerrte Geschichtsstunde und kein erhobener Zeigefinger - nur ein stilles, nüchternes, erzählerisch und schauspielerisch beeindruckendes Drama über Abgründe.
Es mag sich nicht um Kubricks besten Film handeln. Aber die Bronzemedaille ist ja auch nicht schlecht.
9 / 10
I apologize, Sir, for not telling you sooner that you're a degenerate, sadistic old man. And you can go to hell before I apologize to you now or ever again!
Hierbei handelt es sich um einen frühen Film des Meisterregisseurs Stanly Kubrick, Jahre bevor er mit der die Grenzen der Vorstellungskraft auslotenden Raum- und Zeitreise 2001 und der bizarren Gesellschaftssatire A Clockwork Orange Filmgeschichte schrieb. Es ist das Jahr 1916, grausamer Stellungskampf in den Gräben der Westfront. Das 701. Regiment unter der Führung von Colonel Dax erhält den undankbaren Befehl, den "Ameisenhügel" zu erstürmen und einen Tag lang gegen den Feind zu verteidigen. Die Verluste wurden beim Entwerfen der Strategie auf rund sechzig Prozent geschätzt, in den Augen der Generäle und Taktiker ein akzeptables Ergebnis. Nicht aber in den Augen der Männer an der Front, die im Kugelhagel die Aussichtslosigkeit des Unternehmens erkennen und sich so bald als möglich zurückziehen. In den Hauptquartieren plädiert man auf Feigheit vor dem Feind, will ein Exempel statuieren und wahllos einige Soldaten zum Tode verurteilen...
Kubrick erzählt in erster Linie eine Geschichte über den Krieg, die Gesetze der Armee, vor allem aber die Männer die im Krieg schalten, walten und kämpfen. Paths of Glory ist ein erfreulich nüchterner, unparteiischer Film, der sich hütet, in den üblichen Pathos und Heldenkitsch abzudriften. Befreit vom surrealen Bilderrausch späterer Kubrick-Filme zeigt er ein ebenso kurzes wie schlichtes Schwarz-Weiss-Drama, welches das Gemetzel an der Front mit dem ebenso dekadenten wie beschaulichen Leben der höheren Offiziere kontrastiert. Die erste Hälfte spielt sich dabei fast ausschliesslich in den Schützengräben ab und bebildert - wenn auch keine Sekunde länger als für die Stimmung und die Geschichte nötig - den grausamen Überlebenskampf der Soldaten in überaus aufwändigen Plansequenzen. Die zweite Hälfte hingegen thematisiert den sowohl lächerlichen als auch traurigen Todesprozess dreier unglücklich ausgewählter Soldaten, die für ihre angebliche Feigheit büssen sollen. Hier ist Paths of Glory Schauspielkino auf allerhöchstem Niveau. Sei es Kirk Douglas' feurige Darbietung des Verteidigers, die verzweifelten Angeklagten oder die scheinbar völlig herzlosen Ankläger und Generäle, jede Darstellung ist gleichermassen intensiv, glaubwürdig, emotional, ehrlich und unpathetisch. So etwas wie eine Moral gibt es nicht, jeder muss selber ins Geschehen eintauchen. Paths of Glory ist kein Heldenkitsch, keine Lobhudelei auf verstorbene Soldaten, keine pathetisch verzerrte Geschichtsstunde und kein erhobener Zeigefinger - nur ein stilles, nüchternes, erzählerisch und schauspielerisch beeindruckendes Drama über Abgründe.
Es mag sich nicht um Kubricks besten Film handeln. Aber die Bronzemedaille ist ja auch nicht schlecht.
9 / 10