Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 2. November 2016 15:58
von AnatolGogol
Herausragend sind (außer den dir bekannten):
Ride the High Country - Western
The Ballad of Cable Hogue - Westernkomödie
Junior Bonner - Rodeofamiliendrama
The Getaway - Actionroadmovie/Thriller
Bring me the Head of Alfredo Garcia - Actionroadmovie/Drama
Cross of Iron - Kriegsfilm/Drama
Der Rest ist mindestens gut - mit Ausnahme des vergessenswerten Osterman-Weekend.
Ich persönlich würde dir Alfredo Garcia ans Herz legen.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 2. November 2016 16:16
von vodkamartini
Einspruch. Cross of Iron ist kein sonderlich guter Kriegsfilm.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 2. November 2016 16:20
von Casino Hille
Einspruch gewährt. Kann man unterschreiben.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 2. November 2016 16:43
von AnatolGogol
Von sonderlich gut war hier ja auch gar nicht die Rede, meine Herren! Ich sprach von "herausragend" und genau das ist Cross of Iron sowohl innerhalb seines Genres als auch generell als "normaler" Film. Steiner ist für mich als Genreliebhaber die Messlatte, die nahezu alle Kriegsfilme spielerisch sicher zu reissen wissen.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 2. November 2016 22:27
von Maibaum
AnatolGogol hat geschrieben:
The Ballad of Cable Hogue - Westernkomödie
Komödie ist etwas irreführend. Drama mit komödiantischen Elementen trifft es besser.
The Osterman Weekend ist auch ein guter Film, aber auch einer der besser sein könnte, besser sein müsste. Ein intelligenter Beitrag zu Orwell Thematiken. Peckinpah hat nie einen schwachen Film gedreht, nichts unter 6/10.
Und Steiner, das eiserne Kreuz ist natürlich ebenfalls ein hervorragender Film. Ein paar Klischees schon, ein paar prätentiöse Dialoge, aber auch viel intelligentes Material, viel Arbeiten gegen die Klischees, und natürlich auch wieder viele virtuose Szenen.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 22. Januar 2017 13:55
von GoldenProjectile
The Getaway (1972)
Peckinpahs Roadmovie über einen Bankraub, der mehr und mehr aus den Fugen gerät und immer gewalttätigere Folgen nach sich zieht, kann kurz und simpel in zwei Worten zusammengefasst werden: Fantastisches Filmerlebnis. Alleine die Struktur der Geschichte ist ausserordentlich, entzieht sie sich doch konventionellen Erzählmustern und baut stattdessen auf Zufällen und narrativ organischen Wendungen auf, um sich immer weiterzuentwickeln. Am deutlichsten wird Peckinpahs Kunst aber wiederum in den Action- und Spannungsszenen, in denen der Filmemacher nach The Wild Bunch erneut spektakulären Gebrauch vom raffinierten Schnitt mit vielen kurzen Einstellungen macht und seinen Szenen damit eine Dynamik und filmische Intensität einhaucht, die nicht mehr von dieser Welt scheint. Die Virtuosität der Action- und auch der allgemeinen Inszenierung offenbart sich spätestens in der ausgeklügelten Bankraubszene, und scheint im Anschluss bis zum elegischen und temporeichen Shootout und auch darüber hinaus nicht mehr nachzulassen. Und das ist es, was The Getaway zu so einem fantastischen Filmerlebnis macht. Das und Ali MacGraws nasse Klamotten.
Wertung: 9 / 10
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 22. Januar 2017 13:57
von Casino Hille
GoldenProjectile hat geschrieben:Ali MacGraws nasse Klamotten
Wertung: 9 / 10
Das reicht ja eigentlich schon als Review.
Stimme dir ansonsten größtenteils zu, ein schöner Film vom Altmeister, zum Ende hin einfach nur Spannung pur.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 22. Januar 2017 14:22
von vodkamartini
Den mag ich auch, obgleich ich da eher bei 8/10 landen würde.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 8. Februar 2017 00:08
von GoldenProjectile
Ich habe mir jetzt auch den kopflosen Freddy angeschaut, und der ist mal wieder Peckinpah-Kost vom Feinsten. Der Film setzt sich aus vielen typischen Bloody-Sam-Ingredienzen zusammen, ohne dass man je den Eindruck hat, das Rezept schon zu kennen. Es gibt den abgewrackten, tragischen aber auch einfach nur saucoolen Helden in Gestalt eines fantastisch aufspielenden Warren Oates, eine farbige Kulisse mit viel mexikanischer Folklore, einen starken Road-Movie- und Westerntouch und natürlich atemberaubende Actionszenen, die aber - ebenfalls sehr Sam-typisch - sparsam und an den richtigen Stellen gesetzt sind. Es ist zwar wohl für niemanden hier etwas Neues, aber ich möchte doch noch einmal betonen wie herausragend Peckinpah seine Schiessereien in Szene setzt: Der Stil, die Zeitlupe, die pittoreske Westernkulisse, die rasanten Perspektivenwechsel, die komplexen Schnittfolgen, das ist einfach nur ein Genuss zum anschauen und wie bereits angetönt dramaturgisch gewohnt klug gesetzt, nämlich immer brillant aufbereitet und als Höhepunkte. Zugleich spielt Alfredo Garcia geschickt mit narrativen Erwartungen und fliesst von einer eher hellen und romantischen Atmosphäre gnadenlos in einen gespenstischen und horrorartigen Racheactioner über. Schwarzer Humor, wo welcher sein muss, gefühlsvolle Momente, wo sie passen und jetzt muss ich mal aufhören mir die Finger fusselig zu schreiben denn der Freddy ist einfach nur ein weiteres betörendes Peckinpah-Werk. Nicht ganz so hypnotisierend wie The Wild Bunch und den Seydor-Cut von Pat & Billy würde ich wohl auch noch einen Hauch höher einstufen, aber das Peckinpah-Gemecker findet hier eindeutig auf hohem Niveau statt.
Wertung: 9 / 10
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 8. Februar 2017 08:50
von AnatolGogol
Freut mich, dass der Alfredo dir so gut gefallen hat. Ich sehe ihn sogar noch ein bisschen besser und auf einer Stufe mit Wild Bunch. Habe ihn just am Wochenende gesehen und war wieder hin und weg. Es beeindruckt mich immer wieder aufs Neue, wieviel Sorgfalt und Details Peckinpah in sein wohl persönlichstes Werk gesteckt hat, so ist mir jetzt zum ersten mal aufgefallen, dass man in der anfänglichen Szene in der Bar genau in dem Moment, als Oates Bennie das erste mal Interesse an Gig Youngs und Robert Webbers unmoralischem Angebot zeigt im Hintergrund einen Auffahrunfall hören kann – quasi als eindeutiges Omen von dem, was Bennies weiteres Schicksal sein wird. Tempo und Dramaturgie halte ich schlicht für perfekt, keine Szene ist Füllmaterial, alles dient dazu Figuren und Handlung in die beabsichtigte Richtung zu manövrieren auf ihrer Reise in den Untergang. Die Action ist roh und ungebändigt und dennoch kunstvoll durchgetaktet und stilisiert – ein erstaunlicher Widerspruch. Bemerkenswert ist auch die liebevolle Zeichnung von Land und Leute ohne dass Peckinpah hier romantisiert (der Dreck ist jederzeit spürbar, nicht zuletzt durch Bennies weissen Leinenanzug, der im Lauf des Films in Analogie zu seinem Träger einen mehr und mehr derangierten Zustand annimmt) – wiederum ein Widerspruch in sich. Von der herausragenden Besetzung will ich gar nicht erst anfangen, erwähnt werden muss aber unbedingt Oates, der als filmischer Peckinpah-Doppelgänger eine absolute Wucht ist. Und Fieldings Soundtrack ist ein einziges Gedicht, in Kombination mit Sams Inszenierung ist das reinste Poesie. Für mich einer der allerbesten Filme.
Beseelt von der einmal mehr großartigen Alfredo-Sichtung waren dann vor zwei Tagen auch Pat und Billy zu Besuch – bei mir in der Turner-Fassung. Ebenfalls ein starker Film, der für mich jedoch vor allem in der zweiten Hälfte den allerbesten Peckinpah-Werken dann doch etwas hinterherhinkt. Der Film meändert mir hier etwas zu stark und hat auch einige Szenen, die man besser kürzen oder gleich ganz weglassen hätte sollen (von daher verstehe ich den Ansatz des umstrittenen Seydor-Cuts durchaus, wenngleich die veränderten Anfangs- und Endsequenzen für mich inakzeptabel sind und bei der Sterbeszene am Fluss zwingend Knockin on Heaven’s Door ohne Gesang laufen muss). Die erste Hälfte ist aber nahezu perfekt und ich schiebe die von mir empfundenen Probleme der zweiten Hälfte einfach mal auf die turbulente Post-Production und die Tatsache, dass Sam dem Film keinen Feinschliff verpassen konnte (der Turner-Cut ist ja letztlich nur seine erste Schnittfassung, der mit größter Wahrscheinlichkeit weitere Anpassungen gefolgt wären).
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 8. Februar 2017 11:22
von Maibaum
Die sogenannte Turner Version war eine noch unfertige Version die für eine Testvorführung genutzt wurde.
Anatol, das ist genau mein Punkt, da stimmt der Rhythmus noch nicht, und das ist ein viel größeres Problem als fehlende oder veränderte Szenen. Tatsächlich funktioniert sogar die KF für mich besser als die Turner Fassung, und deswegen ist der Seydor Cut bislang die beste Version.
So ist zum Beispiel die wunderschöne Floßszene an einer völlig verkehrten Stelle, nicht nur was den Rhythmus betrifft, sondern auch in ihrer inhaltlichen Einordnung in das Erzählte. Ehrlich gesagt finde ich es sogar enttäuschend, auf eine künstlerisch bewußte Gestaltung eines Filmes hoffend, das diese Szene da an dieser Stelle auftauchen kann.
Wie man die noch wunderschönere Knockin Szene lieber ohen Gesang haben will, das werde ich auch nie verstehen.
Aber GP, dann findest du also den Seydor Cut (der vielleicht gar nicht so heißen dürfte) doch gelungener?
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 8. Februar 2017 11:57
von AnatolGogol
Für mich haben beide Versionen (die Kinofassung lasse ich jetzt mal bewusst aussen vor, da sie zu weit davon entfernt ist, was Sam eigentlich wollte – seine damalige Reaktion (er pinkelte auf die den Kinocut zeigende Leinwand) spricht Bände) ihre Probleme und ich kann letztlich keiner den Vorzug geben. Der Seydor-Cut hat seine Vorteile in einer strafferen und teilweise auch sinnigeren Abfolge vor allem der zweiten Filmhälfte, nicht zuletzt weil er auch bewusst auf einiges an (imho redundantem) Material verzichtet (zB die Szene, in der Poe den alten Säufer zusammenschlägt). Die beiden hinzugefügten Szenen bereichern den Film wie ich finde zudem, vor allem die Szene mit Pats Frau. Aber wie schon im vorigen Post angesprochen enthält der Seydor-Cut auch einige elementare Dinge, die für mich den Film massiv verschlechtern. Dazu gehört auch die gekürzte Szene mit R.G. Armstrongs Ollinger, eine der besten Szenen des ganzen Films. Die finde ich im Turner-Cut absolut perfekt, während der Seydor-Cut hier einige Sätze von Armstrong und Kristofferson unterschlägt (und u.a. auch die zweite Salve, die Billy auf den toten Ollinger abfeuert). Auch fehlt mir im Seydor-Cut Pats herrlich zynische "what you want and what you get"-Replik an Poe im Finale des Films, von dem fehlenden "full-circle"-Schluss ganz zu schweigen. Die ideale Fassung liegt daher für mich irgendwo in der Mitte – und selbst hier ist immer noch die Frage, wieviel der Film davon profitiert hätte, wenn Sam die Möglichkeit gehabt hätte den Feinschliff selbst durchzuführen. Denn sowohl der Turner- als auch der Seydor-Cut sind letztlich halt nur Annäherungen an das, was Sam mit dem vorhandenen Material angefangen hätte.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 8. Februar 2017 12:48
von GoldenProjectile
Maibaum hat geschrieben:Aber GP, dann findest du also den Seydor Cut (der vielleicht gar nicht so heißen dürfte) doch gelungener?
Ich glaube ich kenne nur den Seydor Cut, auf jeden Fall habe ich nur eine Fassung des Films zweimal gesehen und die hast du doch als ich hier zum ersten Mal meine Eindrücke geschrieben habe als Seydor Cut identifiziert oder nicht? Es ist die DVD der "Süddeutsche Zeitung Cinemathek", läuft 110 Minuten und wird auf der Verpackung als "Ursprünglich von Sam Peckinpah geplante Schnittfassung" angepriesen. Auf jeden Fall stirbt Slim Pickens zu Dylans Gesang und die Szene ist geradezu übermenschlich. Kaum vorzustellen, dass das auch ohne gehen soll.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 8. Februar 2017 13:22
von AnatolGogol
GoldenProjectile hat geschrieben: Es ist die DVD der "Süddeutsche Zeitung Cinemathek", läuft 110 Minuten und wird auf der Verpackung als "Ursprünglich von Sam Peckinpah geplante Schnittfassung" angepriesen.
Das ist der Seydor-Cut.
GoldenProjectile hat geschrieben: Auf jeden Fall stirbt Slim Pickens zu Dylans Gesang und die Szene ist geradezu übermenschlich. Kaum vorzustellen, dass das auch ohne gehen soll.
Das geht sogar ganz hervorragend und ist wohl eine reine Geschmacksfrage, da sich hier die Geister daran scheiden. Für mich ist die gesangslose Variante einfach die subtilere und dadurch die Bessere. Aber wie gesagt, reine Geschmacksache.
Re: Passion & Poetry - Die Filme von Sam Peckinpah
Verfasst: 8. Februar 2017 16:02
von Maibaum
Nein, nein das geht gar nicht, ich kann die Szene ohne Dylans Genöle nicht schauen. Schon gar nicht auf deutsch, weil die da noch Geräusche hinzugefügt haben (Jurado schluchzt, und noch etwas), wo nichts zu hören sein soll außer der Musik.