Obwohl die Brosnan-Bonds von der breiten Masse geliebt werden, werden sie von uns "Experten" ja häufig belächelt..schwache Stories, keine Charakterentwicklung, keine Gemeinsamkeiten mit Fleming-Bond etc.
Doch eigentlich muss man sagen, dass Brosnan in seinen ersten drei Filmen drei verdammt interessante Drehbücher hatte, mit drei sehr interessanten Schurken und Hintergrundgeschichten. Und TWINE ist in meinen Augen der bis dato am meisten charaktergetriebene Bond überhaupt. Hier gibt es persönliche Motive für die Handlung von M, Bond selber, aber auch Elektra und Renard sind sehr interessante Charaktere mit ihrer ganz speziellen Vergangenheit und Motivation. Und das alles wurde verpackt in einen typischen Bond-Action-Film.
Die PTS ist für meinen Geschmack deutlich zu lang geraten, hier hätte man nach Bilbao einen Cut ziehen sollen. Aber so bekommen wir erstmals Action mitten in London gezeigt, eine Bootsverfolgungsjagd auf der Themse. Diese ist natürlich leicht übertrieben, aber dennoch nett anzusehen...und auch der Humor kommt nicht zu kurz (Q's Fischerboot, die Polizisten, Dive-Function etc.). So sind wir eigentlich schon mitten drin in der Haupthandlung, als der Film von der Titelsequenz unterbrochen wird. Ich finde den Song von Garbage sehr gut und er harmoniert auch schön mit den Credits, welche ja seit GE wieder regelmäßig innovativ und interessant sind.
Danach nimmt das Tempo deutlich ab und dem Zuschauer wird auch nicht wirklich klar, was es jetzt mit den 5 Mio. Dollar bzw. den 3 Mio. Pfund, dem Bericht und Elektras Entführung auf sich hatte. Dafür wird uns der Charakter Renard eingeführt. Ein Terrorist, der nicht nur wie frühere Villains ein optische Besonderheit aufweist, sondern durch die Kugel in seinem Kopf von Tag zu Tag stärker wird. Besonders schön, gerade im Hinblick auf LLewelyns Tod, ist die Sequenz mit Q und R. Hier bekomme ich regelmäßig eine Gänsehaut. Schön, dass Llewelyn (ungewollt) einen so schönen Abschied erhält an Brosnans Seite, mit der in meinen Augen auch das beste Verhältnis hatte.
Bonds Auftrag lautet also Elektra zu beschützen und dazu muss er nach Aserbaidschan reisen, wo ihre Pipeline gebaut wird. Interessant finde ich auch, dass es eigentlich gar nicht um den Rohstoff Erdöl als solchen geht, sondern nur um die Transportwege gen Westen. Als Bond und Elektra die Pipeline überprüfen kommt es zu einem Anschlag und zu einer Skiszene welche zwar vom Aha-Effekt nicht an OHMSS, TSWLM oder FYEO rankommt, aber das erste Mal vollkommen realistisch wirkt und meiner Meinung nach auch gut inszeniert ist.
Als kleines Highlight des Films sehe ich die Schießerei im Bunker, gerade in Kombination mit dem sehr starken Dialog zwischen Bond und Renard, wo Bond Elektras wahres Gesicht durchschaut. Danach wird nochmal deutlich Tempo rausgenommen, vor allem die Zerstörung von Zukovksys Kaviarfabrik und die Explosion in der Zentrale des russischen Geheimdienstes sind inhaltlich völliger Blödsinn und hinterlassen auch als Actionszenen keinen bleibenden Eindruck.
Richtig Fahrt nimmt TWINE dann aber noch einmal auf mit Bonds Ankunft in dem Jungfernturm in Istanbul, sowohl dramaturgisch als auch actionmäßig. Wie Bond von Elektra gefoltert und dann von Zukofsky (so sehr ich Coltrane's Figur auch schätze, irgendwie war sie in diesem Film, abgesehen von ihrem Tod, vollkommen überflüssig) befreit wird, nebenbei M rettet und dann Elektro ohne mit der Wimper zu zucken erschießt, ist schon sehr stark und hat man so auch noch nicht bei Bond gesehen. Der Endkampf mit Renard ist dann auch noch ganz ordentlich, zumal Bond ja zuerst besiegt scheint. Das Ende mit Dr. Christmas Jones könnte in der Form auch direkt aus einem Roger Moore Film entnommen sein und rundet den stellenweise doch heftigen Film ab.
Brosnan gefällt mir auch in TWINE als James Bond sehr gut, er bringt seine Emotionen rüber und bleibt trotzdem die ganze Zeit der leicht arrogante und eiskalte Geheimagent. Sophie Marceau spielt ihre Rolle souverän, am meisten loben möchte ich jedoch Robert Carlyle's Darstellung des Victor Zokas. Auch wenn er nicht so viel Screentime hat wie manch vorherige Schurken, sind doch sämtliche Szenen mit ihm ein Genuss (mit Bond im Bunker, mit M, mit Elektra). Carlyle ist einfach ein verdammt guter Schauspieler und verkörpert den gefühl und schmerzlosen Terroristen perfekt und verleiht ihm dennoch das nötige Maß an Emotionen. Zu Denise Richards muss ich nicht viel sagen, auch wenn man hier eher den Drehbuchautoren den schwarzen Peter zuschieben muss. So wie die Rolle der Dr. Christmas Jones geschrieben und schlussendlich auch ausgelegt worden ist, hätte auch eine super-Schauspielerin nicht mehr aus der Rolle rausholen können. Denise Richards sieht immerhin noch gut aus und bietet Angriffsfläche für ein paar dumme Doctor bzw. Christmas Jokes

Im großen und ganzen gibt es auch zu viele Nebenfiguren wie rund um Elektra und Renard, da verliert man schnell den Überblick und es wirkt auch nicht gerade glaubwürdig, wenn Renards Komplizen Bond einfach so als Ersatz für Davidov akzeptieren, wo dieser doch selber erst sein ein paar Stunden die Rolle des Dr. Arkov einnehmen sollte.
Alles in allem ist TWINE ein sehr guter Bondfilm, einige kleine Schwächen im Drehbuch und der Spannungsabfall in der Mitte des Filmes verhindern eine höhere Wertung. Mit 8,5 Punkten siedelt er sich als zweitbester Brosnan-Bond leicht hinter GE an