Re: Filmbesprechung: The Spy who loved me
Verfasst: 26. Januar 2012 15:35
In der ersten Hälfte der 70er Jahre waren die Bondfilme etwas orientierungslos in eine Krise geschlittert. Zwar konnte man mit Connerys kurzzeitiger Rückkehr in DAF und mehr noch durch Moores gelungenen Einstand in LALD wieder Boden gutmachen, den man durch das missglückte Lazenby-Intermezzo verloren hatte - dennoch lag gerade nach dem 1974er Output TMWTGG der Verdacht nahe, dass sich die Bondfilme zusehends in eine Sackgasse manövriert hatten. Vorwürfe wie Ideenarmut und zu viele sich wiederholende Elemente machten die Runde und erschwerend kamen noch der Ausstieg von Co-Produzent Saltzman nach TMWTGG und rechtliche Probleme durch die ab 1975 sich konkretisierenden Pläne eines Konkurrenzbondfilms unter der Ägide von Kevin McClory und Sean Connery hinzu. Doch wie so häufig in der Geschichte der EON-Bondfilme nutzte Cubby Broccoli diese kritische Situation zu einem fulminanten Befreiungsschlag in Form des 1977 erschienenen TSWLM. Wagemutig wie er eigentlich immer war legte Cubby diesmal in Punkto Scope und Scale nocheinmal eine deutliche Schippe drauf. Und es zahlte sich aus, TSWLM wirkt deutlich aufwendiger und schauwertreicher als seine vier direkten Vorgänger. Dies äußert sich zum einen in den großartigen Locations (Grönland, Ägypten, Sardinien), die durch die tolle Kamerarbeit von Claude Renoir enorm eindrucksvoll und edel festgehalten wurden. Und zum anderen hauen die phantastischen Sets von Ken Adam, allen voran natürlich das spektakuläre Innere der Liparus, in genau die gleiche Kerbe wie seinerzeit das grandiose Vulkanset in YOLT. In TSWLM wirkt als Resultat alles eine ganze Ecke beeindruckender und spektakulärer - eine Entwicklung die im Nachfolger MR dann sogar nocheinmal gesteigert werden sollte.
In Bezug auf die Handlung ging man wenig Risiko ein, indem man unverkennbar Dahls YOLT-Drehbuch als direkte Blaupause für die neue Geschichte benutzte. Von den zahlreichen zT recht ambitionierten Drehbuchentwürfen die im Vorfeld von TSWLM als mögliche Handlung in Erwägung gezogen wurden blieb kaum etwas übrig. Das wirkt sich aber überhaupt nicht negativ auf den fertigen Film aus. Der Vergleich zu YOLT, so offensichtlich er in vielen Dingen auch sein mag, drängt sich durch die wesentlich geschmeidigere Inszenierung und Handlungsentwicklung nie wirklich auf. Das eigentlich Erstaunliche ist ja, dass TSWLM genau betrachtet ein um die Höhepunkte herumgestrickter Film ist und mindestens eben so viele Handlungsschwächen und Ungereimtheiten aufweist wie alle anderen Bondfilme auch. Und trotzdem hat man nie den Eindruck einzelne Episoden zu sehen sondern einen zusammenhängenden, in sich stimmigen Film. Hierfür gebührt mM nach ein Großteil der Ehre Regisseur Lewis Gilbert, dem es gelang praktisch jede Szene derart unterhaltsam und spektakulär in Szene zu setzen, dass die diversen Handlungslücken eigentlich nie wirklich auffallen. Das ist schon toll: obwohl vieles nicht so wirklich schlüssig ist (wie zB die konstruierte Posse um die Pläne des U-Boot-Ortungssystems) hinterfrägt man diese Dinge nie ernsthaft, weil alles so herrlich unterhaltsam und flüssig inszeniert ist.
Die unübersehbaren Parallelen zu YOLT wurden ja bereits genannt, entsprechend verwundert es auch nicht, dass TSWLM ganz klar ein typischer Vertreter der Over-the-Top-Bondfilme im Stile von TB und ähnlichen Serienvertretern ist. Darüber hinaus ging man in TSWLM aber recht clever vor, indem man gleichzeitig auch etwas ernstere Aspekte berücksichtigte - wobei hier natürlich in erster Linie der Subplot um die Ermordung von Anyas Geliebten durch Bond zu nennen ist. Old Rog darf hierzu in einem sehr gelungenen Monolog sogar einige tiefgründige Überlegungen zum Beruf eines bezahlten Killers von sich geben. Das verleiht zum einen seiner Figur mehr Konturen und gleichzeitig gibt es dem Ganzen Film etwas Tiefe. Außerdem sind solche Szenen natürlich auch ein toller und notwendiger Kontrast zu dem restlichen Hochgeschwindigkeitsspektakel (wie sehr das Fehlen solcher Szenen ins Gewicht fällt kann man sehr gut bei TND erkennen).
TSWLM ist ganz klar als Kind seiner Zeit zu erkennen, er ist unter den 70er Jahre Bondfilmen eindeutig derjenige, der die damaligen typischen Modeerscheinungen am exzessivsten auf die Leinwand brachte. Schlaghosen, Riesenkrägen, dicke Koteletten, knallbunte Outfits: alle 70er Jahre Klischees werden bedient. Selbst das Bondcar ist in Form des Lotus Esprit die motorisierte Verkörperung dieses in vielen Dingen recht extremen Jahrzehnts. Trotzdem wirken all diese zeitgenössischen Elemente auch heutzutage nicht wirklich störend, was vermutlich daran liegt dass die "Modetorheiten" der 70er in ihrer teilweise sehr skurrilen Überdrehtheit letztlich sehr gut ins Over-the-Top-Universum von James Bond passen.
Nachdem er in seinen beiden ersten Einsätzen als Doppelnull bereits überzeugen konnte, perfektioniert Roger Moore in TSWLM endgültig seine Darstellung. Moore trumpft von Anfang bis zum Ende auf und überzeugt gleichermaßen als furchtloser Actionheld wie auch als charmanter Liebhaber oder humorvoller Witzbold. Sein Darstellung wirkt wie aus einem Guss und auch wenn er gerade in den Kampfszenen doch deutlich unspektakulärer agiert wie seine beiden Vorgänger, so fand er auch hier seine ganz eigene augenzwinkernde und überzeugende Art. Ihm zur Seite steht mit Curd Jürgens einer der charismatischsten Gegenspieler der Bondgeschichte. Besonders bemerkenswert ist, wie leise und nuanciert Jürgens seinen Superschurken anlegte. Ganz anders wie sein berühmter Vorgänger Fröbe sind es eher die leisen Töne und die kleinen Gesten, die seine Figur angsteinflössend wirken lassen. Wenn er etwa mit ruhig monotoner Stimme seiner gerade den Haien zum Fraß vorgeworfenen verräterischen Mitarbeiterin die Leviten liest, dann wird dem Zuschauer schnell klar was die Stunde geschlagen hat. Jürgens teilweise fast schon minimalistische Darstellung funktioniert auch ohne die großen Gesten und lautes Gepolter. Barbara Bach gibt ein gutes Bondgirl ab und ist genau genommen sogar eine echte Überraschung. Denn für ein schauspielerisch weitgehend unbelecktes Model spielte sie das für damalige Verhältnisse gar nicht mal so eindimensionale Bondgirl erstaunlich überzeugend. Für mich gehört Barbara Bach zu den allerbesten Bondgirls, weil sie gleichermaßen als sexy Blickfang wie auch als handlungsrelevanter Charakter zu überzeugen weiss. Die hohe Qualität der Besetzung wird komplettiert durch den zur Henchman-Ikone gewordenen Richard Kiel. Natürlich ist seine Figur klar als Variation des eisenbearmten TeeHee aus LALD zu erkennen, aber die Wirkung des Beissers in TSWLM übertrifft die von TeeHee bei weitem. Das liegt vor allem am wortlosen, stoischen Auftreten von Kiel, was dessen ohnehin schon imposante Erscheinung noch mehr zur Geltung kommen lässt. Darüberhinaus machte der gekonnte Wechsel zwischen enorm angsteinflössenden Szenen (wie die schaurig-genial inszenierte Ermordung von Fekkesh) und parodistischen Szenen den Beisser zu einem der unbestritten besten und beliebtesten Henchmen der Bondgeschichte.
TSWLM macht eigentlich alles richtig - wirkliche Schwächen lassen sich bei diesem Film keine ausmachen. Hervorzuheben ist vor allem der enorm hohe Unterhaltungswert des Filmes, nur ganz wenige andere Serienvertreter können hier mithalten. Auch gelang es Gilbert einige richtig spannende Passagen zu integrieren (Ermordung Fekkesh, Demontage Sprengkopf, Bonds Gondelfahrt auf dem Kameraball), was in Bondfilmen bekanntlich auch nicht immer usus ist. Die vielen gelungenen Details - sei es nun der Sprung vom Asgard, die Tauchfahrt mit Wet Nellie oder Bonds Spritztour mit dem Wasser-Bike - tragen enorm zum stimmigen Gesamtbild bei. Tolle Schauspieler, edel gefilmte Locations, spektakuläre Sets und eine wirklich gekonnte Inszenierung machen TSWLM zu einem der Top-Bond-Filme. Dass es bei mir dennoch nicht zur Höchstnote reicht liegt einzig daran, dass mir persönlich noch ein Fitzelchen zur Perfektion fehlt. Aber 9,5 / 10 sind so schlecht ja nun auch nicht.
In Bezug auf die Handlung ging man wenig Risiko ein, indem man unverkennbar Dahls YOLT-Drehbuch als direkte Blaupause für die neue Geschichte benutzte. Von den zahlreichen zT recht ambitionierten Drehbuchentwürfen die im Vorfeld von TSWLM als mögliche Handlung in Erwägung gezogen wurden blieb kaum etwas übrig. Das wirkt sich aber überhaupt nicht negativ auf den fertigen Film aus. Der Vergleich zu YOLT, so offensichtlich er in vielen Dingen auch sein mag, drängt sich durch die wesentlich geschmeidigere Inszenierung und Handlungsentwicklung nie wirklich auf. Das eigentlich Erstaunliche ist ja, dass TSWLM genau betrachtet ein um die Höhepunkte herumgestrickter Film ist und mindestens eben so viele Handlungsschwächen und Ungereimtheiten aufweist wie alle anderen Bondfilme auch. Und trotzdem hat man nie den Eindruck einzelne Episoden zu sehen sondern einen zusammenhängenden, in sich stimmigen Film. Hierfür gebührt mM nach ein Großteil der Ehre Regisseur Lewis Gilbert, dem es gelang praktisch jede Szene derart unterhaltsam und spektakulär in Szene zu setzen, dass die diversen Handlungslücken eigentlich nie wirklich auffallen. Das ist schon toll: obwohl vieles nicht so wirklich schlüssig ist (wie zB die konstruierte Posse um die Pläne des U-Boot-Ortungssystems) hinterfrägt man diese Dinge nie ernsthaft, weil alles so herrlich unterhaltsam und flüssig inszeniert ist.
Die unübersehbaren Parallelen zu YOLT wurden ja bereits genannt, entsprechend verwundert es auch nicht, dass TSWLM ganz klar ein typischer Vertreter der Over-the-Top-Bondfilme im Stile von TB und ähnlichen Serienvertretern ist. Darüber hinaus ging man in TSWLM aber recht clever vor, indem man gleichzeitig auch etwas ernstere Aspekte berücksichtigte - wobei hier natürlich in erster Linie der Subplot um die Ermordung von Anyas Geliebten durch Bond zu nennen ist. Old Rog darf hierzu in einem sehr gelungenen Monolog sogar einige tiefgründige Überlegungen zum Beruf eines bezahlten Killers von sich geben. Das verleiht zum einen seiner Figur mehr Konturen und gleichzeitig gibt es dem Ganzen Film etwas Tiefe. Außerdem sind solche Szenen natürlich auch ein toller und notwendiger Kontrast zu dem restlichen Hochgeschwindigkeitsspektakel (wie sehr das Fehlen solcher Szenen ins Gewicht fällt kann man sehr gut bei TND erkennen).
TSWLM ist ganz klar als Kind seiner Zeit zu erkennen, er ist unter den 70er Jahre Bondfilmen eindeutig derjenige, der die damaligen typischen Modeerscheinungen am exzessivsten auf die Leinwand brachte. Schlaghosen, Riesenkrägen, dicke Koteletten, knallbunte Outfits: alle 70er Jahre Klischees werden bedient. Selbst das Bondcar ist in Form des Lotus Esprit die motorisierte Verkörperung dieses in vielen Dingen recht extremen Jahrzehnts. Trotzdem wirken all diese zeitgenössischen Elemente auch heutzutage nicht wirklich störend, was vermutlich daran liegt dass die "Modetorheiten" der 70er in ihrer teilweise sehr skurrilen Überdrehtheit letztlich sehr gut ins Over-the-Top-Universum von James Bond passen.
Nachdem er in seinen beiden ersten Einsätzen als Doppelnull bereits überzeugen konnte, perfektioniert Roger Moore in TSWLM endgültig seine Darstellung. Moore trumpft von Anfang bis zum Ende auf und überzeugt gleichermaßen als furchtloser Actionheld wie auch als charmanter Liebhaber oder humorvoller Witzbold. Sein Darstellung wirkt wie aus einem Guss und auch wenn er gerade in den Kampfszenen doch deutlich unspektakulärer agiert wie seine beiden Vorgänger, so fand er auch hier seine ganz eigene augenzwinkernde und überzeugende Art. Ihm zur Seite steht mit Curd Jürgens einer der charismatischsten Gegenspieler der Bondgeschichte. Besonders bemerkenswert ist, wie leise und nuanciert Jürgens seinen Superschurken anlegte. Ganz anders wie sein berühmter Vorgänger Fröbe sind es eher die leisen Töne und die kleinen Gesten, die seine Figur angsteinflössend wirken lassen. Wenn er etwa mit ruhig monotoner Stimme seiner gerade den Haien zum Fraß vorgeworfenen verräterischen Mitarbeiterin die Leviten liest, dann wird dem Zuschauer schnell klar was die Stunde geschlagen hat. Jürgens teilweise fast schon minimalistische Darstellung funktioniert auch ohne die großen Gesten und lautes Gepolter. Barbara Bach gibt ein gutes Bondgirl ab und ist genau genommen sogar eine echte Überraschung. Denn für ein schauspielerisch weitgehend unbelecktes Model spielte sie das für damalige Verhältnisse gar nicht mal so eindimensionale Bondgirl erstaunlich überzeugend. Für mich gehört Barbara Bach zu den allerbesten Bondgirls, weil sie gleichermaßen als sexy Blickfang wie auch als handlungsrelevanter Charakter zu überzeugen weiss. Die hohe Qualität der Besetzung wird komplettiert durch den zur Henchman-Ikone gewordenen Richard Kiel. Natürlich ist seine Figur klar als Variation des eisenbearmten TeeHee aus LALD zu erkennen, aber die Wirkung des Beissers in TSWLM übertrifft die von TeeHee bei weitem. Das liegt vor allem am wortlosen, stoischen Auftreten von Kiel, was dessen ohnehin schon imposante Erscheinung noch mehr zur Geltung kommen lässt. Darüberhinaus machte der gekonnte Wechsel zwischen enorm angsteinflössenden Szenen (wie die schaurig-genial inszenierte Ermordung von Fekkesh) und parodistischen Szenen den Beisser zu einem der unbestritten besten und beliebtesten Henchmen der Bondgeschichte.
TSWLM macht eigentlich alles richtig - wirkliche Schwächen lassen sich bei diesem Film keine ausmachen. Hervorzuheben ist vor allem der enorm hohe Unterhaltungswert des Filmes, nur ganz wenige andere Serienvertreter können hier mithalten. Auch gelang es Gilbert einige richtig spannende Passagen zu integrieren (Ermordung Fekkesh, Demontage Sprengkopf, Bonds Gondelfahrt auf dem Kameraball), was in Bondfilmen bekanntlich auch nicht immer usus ist. Die vielen gelungenen Details - sei es nun der Sprung vom Asgard, die Tauchfahrt mit Wet Nellie oder Bonds Spritztour mit dem Wasser-Bike - tragen enorm zum stimmigen Gesamtbild bei. Tolle Schauspieler, edel gefilmte Locations, spektakuläre Sets und eine wirklich gekonnte Inszenierung machen TSWLM zu einem der Top-Bond-Filme. Dass es bei mir dennoch nicht zur Höchstnote reicht liegt einzig daran, dass mir persönlich noch ein Fitzelchen zur Perfektion fehlt. Aber 9,5 / 10 sind so schlecht ja nun auch nicht.