Während ich dem ersten Teil trotz nicht allzu euphorisierter Begeisterung (Review siehe
hier) einiges abgewinnen konnte, sieht es beim Sequel erheblich düsterer aus.
The Lost World: Jurassic Park
Autsch. Oft muss man ja gerade als überzeugter Cineast gegen das beliebte Vorurteil ankämpfen, Sequels könnten nie mit ihrem Vorgänger mithalten. Denn es gibt durchaus genug filmische Beispiele, die diese These spielend leicht widerlegen konnten. "The Lost World: Jurassic Park", die vier Jahre nach dem Über-Erfolg des Erstlings von 1993 erscheinende Fortsetzung, gehört nicht zu dieser ehrenwerten Runde. Und das trotz der erneuten Regie von Kino-Magier Steven Spielberg.
Wodurch wurde "Jurassic Park" zu einem Meilenstein der Filmgeschichte? Sicher, der Film brachte Kinderaugen auf der ganzen Welt zum strahlen. Doch weniger die etwas flachen und oft gesehenen Stereotypen zeichneten sich dafür verantwortlich, als die beeindruckenden optischen Spezialeffekte, welche ohne wenn und aber authentisch ausgestorbene Dinosaurier lebhaft in Szene setzten. Es war der Reiz, diese Kreaturen zu entdecken und zu erleben, der nicht nur die Handlung, sondern auch den Zuschauer antrieb. Leider war es wohl von Vornherein unmöglich, diesen Zauber ein zweites Mal so überwältigend zu verpacken. Und so ist es ärgerlicherweise auch gekommen. Ja, erneut ist die Leistung der Effektabteilung so gut, dass man vor Anerkennung den Hut ziehen muss. Begeisterung kommt in der Wiederholung allerdings kaum auf, auch wenn die Dinos selbstverständlich das Highlight des Filmes sind. Jedoch vermisst man die Schockwirkung oder das überraschende Moment, welches der erste Teil gelungen transportierte. Der erste Freizeitbesuch ist eben der, der am ehesten imponierend ausfällt. Ähnlich verhält es sich auch mit John Williams musikalischer Arbeit in diesem Ableger, der das beliebte Thema des Vorgängers merkwürdigerweise komplett ignoriert und in den neuen Themen oft selbstkopierend klingt, jedenfalls auf keinen Fall eine ähnliche Wirkung erzielen kann.
Doch abseits der erwarteten tollen Optik (obwohl das 1,85:1 Bildformat viele Szenen merkwürdig blass wirken lässt), ist "Lost World" nett formuliert eine bodenlose inszenatorische Frechheit, bei der man kaum glauben mag, dass wirklich Steven Spielberg hierfür verantwortlich sein soll. Die eindimensionalen Charaktere des Erstlings mochte man akzeptieren, doch was einem hier geboten wird, ist jenseits von Gut und Böse. Während Jeff Goldblum seine bereits im Vorgänger angenehm humorvolle Rolle routiniert herunterkurbelt, darf man an seiner Seite einer schrecklich unmotivierten Julianne Moore und einem sichtlich gelangweilten Vince Vaughn in so schon x-fach gesehenen Charakteren geschlagene zwei Stunden dabei zugucken, wie sie durch lustlos ohne erkennbaren Zusammenhang aneinandergeschnittene Szenen wandeln. Doch damit noch zu wenig der Worte: "Lost World" ist schlicht und ergreifend einfach erschreckend dumm und mies erzählt. Sämtliche Protagonisten verhalten sich häufig völlig unnötig dämlich und unprofessionell (einer Paläontologin darf während des Filmes sogar Heisenberg erklärt werden), auch etablierte Regeln über die Dinos werden nach Belieben fallengelassen (warum hört man einen T-Rex mal von Weitem und mal nicht?). Ganz gruselig ist aber besonders, dass wohl niemanden am Set die vielen Kontinuitäts- und Anschlussfehler aufgefallen sind. An und für sich ist der Zuschauer, der sich einen Fantasy-Abenteuer-Film zum Thema "Mensch trifft Dinosaurer" ansieht natürlich bereit, so manches logische Problem zu akzeptieren, doch Spielberg verwendet derart viele abgenudelte langweilige Klischees, dass man irgendwann gar nicht mehr drumherum kommt, sich an den vielen Peinlichkeiten und Naivitäten zu stören. Das Spielberg zudem erneut in den diesmal überraschenderweise blutigeren Film leidige Familenthemen und eine mimisch leider limitierte Kinderdarstellerin (Vanessa Lee Chester) integrieren musste, verschärft den Kopfschütteleffekt nur noch.
Aber woran genau liegt es nun, dass das "Höher Schneller Weiter"-Prinzip dieser Fortsetzung nicht aufgeht? Die Antwort ist denkbar einfach: Spielberg findet einfach keinen Aufhänger für den Film und der Zuschauer somit keinen Zugang. Praktisch von Beginn an ist man nur neutraler und später arg gelangweilter Betrachter, der sich in dem Wirrwarr an Vorhersehbarem und Bekanntem verliert. Das Hauptproblem ist aber, dass das Script von David Koepp thematisch zu keinem Zeitpunkt durchdacht erscheint. Schon das Original konnte die intelligenten Aspekte des als Vorlage dienenden Romanes von Michael Crichton nicht immer ganz umsetzen, doch waren die Chaostheorie und die interessante Öko-Botschaft zumindest durchaus vorhanden und stellenweise eine Bereicherung der Geschichte. "Lost World" stürzt sich jedoch mehrmals in ein moralisches Dilemma. Denn Spielberg will hier doch ernsthaft erzählen, dass die Menschen nicht störend in ökologische Entwicklungen eingreifen sollen, macht daraus resultierend aus dem Vince Vaughn Charakter allerdings höchst plump einen ökoaktivistischen Terroristen, der bereitwillig viele Menschenleben aufs Spiel setzt, womit die Hauptfiguren erheblich an Sympathie einbüßen und das jugendliche Publikum moralisch fragwürdige Botschaften vermittelt bekommt. Gleichzeitig scheitert die Regie auch damit, Mitgefühl für die betroffenen Dinos zu entwickeln, da ausgerechnet diese (während der erste Teil darauf bedacht war, sie als Tiere zu zeigen und zu begreifen) sie hier zu puren Monstern stilisiert und als Ungetüme darstellt. Schade, das daran auch die tatsächlich erneut kreativen Actionszenen (z.B. der erste T-Rex-Auftritt) und so manch beeindruckender Pyroeffekt nicht viel ändern kann.
Fazit: Harte Worte, die vielleicht manchmal über das Ziel hinausschießen, mögen bis hier gefallen sein, doch beim Sequel zu "Jurassic Park" glaubten wohl sämtliche Beteiligten ernsthaft, dass die fantastischen Dinosaurier alleine ausreichen würden, um das Publikum zu unterhalten. Doch eine stümpferhaft entwickelte Handlung, langweilige Charaktere und eine erschreckende Lustlosigkeit der Regie, die zu vielen Anschluss- und Inhaltsfehlern führt, lassen nur allzu deutlich erkennen, dass deutlich mehr Engagement nötig ist, um am Ende Anerkennung zu ernten. So mögen die wieder einmal brillanten technischen Qualitäten "Lost World" vor der ganz großen Abstrafung retten, können aber nicht verbergen, was für ein blass aufgeblasenes B-Movie sich hinter Spielbergs Abenteuerfilm verbirgt.
3/10