Samedi hat geschrieben:Gestern nach langer Zeit wieder "Es war einmal in Amerika" gesehen. Der Film ist inzwischen zu meinem absoluten Lieblingsfilm aufgestiegen und hat somit auch "Der Pate" abgelöst.
Irgendwie hab ich das Gefühl, dass der Film aufgrund seiner melancholischen Elemente umso besser wird, je älter man selbst wird.
Leones abschliessender Film schlägt stilistisch sicherlich in die gleiche Kerbe wie die Pate-Trilogie und bewegt sich an manchen Stellen auch mühelos in derselben Liga. Als grosser Leone-
undCoppola-Fan hatte ich entsprechend grosse Erwartungen, warum es bei mir dann doch nicht ganz geklappt hat kannst du hier nachlesen:
GoldenProjectile hat geschrieben:Once upon a Time in America (1984, Sergio Leone)
Bemerkenswert, dass mir die Kombination aus einem meiner Lieblingsregisseure und meinem absoluten Lieblingsdarsteller bisher immer entgangen ist. Und umso schöner, dass ich diesen Film gestern für mich zum ersten mal entdeckt und erlebt habe. Ein weiterer Hauptgrund für meine Vorfreude war zudem die von mir erwartete Ähnlichkeit zum Jahrtausend-Meisterwerk The Godfather 2. Und da hatte ich zum Glück nicht Unrecht, gerade in der ersten Hälfte ist Leones letzter Film in Sachen Stil, Thematik und Inszenierung oftmals herrlich nahe bei meiner geliebten Coppola-Perle. Aber der Reihe nach: Leone erzählt hier ausgedehnt auf eine stolze Laufzeit von vier Stunden eine Geschichte um Kriminalität, Freundschaft, Liebe, Lügen und Verrat, die Handlung erstreckt sich dabei über Jahrzehnte und wechselt in ihrem komplexen Erzählsystem zwischen drei Zeitebenen. Oder zum Vergleich: man könnte Once Upon a Time in America tatsächlich als eine Art (vorweggenommene) Kombination aus The Godfather 2 und Goodfellas bezeichnen, veredelt mit der typischen Leone-Stilistik in einem neuen Gewand. Dem Film gelingt es aber nicht ganz, die Klasse all dieser genannten Meisterwerke zu erreichen.
Aussergewöhnlich und besonders stark ist vor allem eben dieses Zusammenspiel aus Leones kraftvoller Langsamkeit beim Szenenaufbau, den an Coppola erinnernden Farben und Settings mit einem Schuss Scorsese-Thematik in der ersten Hälfte. Eingerahmt von den späteren Zeitebenen werden zunächst die Kindheit und der langsame Aufstieg der Protagonisten in den 1920er-Jahren aufgerollt. Visuell ist dieser Teil des Films atemberaubend, mit den aufwändigen Szenenbildern und einem Hauch von körnigem Sepia ist jede Einstellung ein Genuss, ausserdem sind die Szenen gespickt mit subtilem Humor, Spannung, brillanten Dialogen und einer raffinierten Erzählweise. Der beste Filmkomponist aller Zeiten, Ennio Morricone, hat wieder einmal einen einzigartigen Score geschmiedet, und wenn die Musik auf wundersame Weise mit den Bildern und deren Inhalt Hand in Hand geht, kann das schon mal durch Mark und Bein fahren, in einer Schönheit, wie es sie nur beim Film gibt. Aufregend ist des Weiteren diese Vertrautheit der Geschichte, die erneut Erinnerungen an die Godfather-Trilogie weckt. Dieselben Charaktere, Orte, gewisse Anspielungen und Gegenstände immer wieder über den Zeitraum von einem halben Jahrhundert zu zeigen lässt einen förmlich in diese Welt eintauchen und Teil des gezeigten werden. In Verbindung mit der Musik und der Inszenierung ist dieses Element grossartig. Einen grossen Teil tragen auch die Darsteller zum Vergnügen bei. Es mag sich bei weitem nicht um De Niros beste Leistung handeln, aber beim alten Bob ist das Jammern auf einem sehr hohen Niveau. De Niro steht ein ausgezeichneter James Woods gegenüber, der den Film fast genauso sehr trägt, allerdings werden beide beinahe noch von Scott Tiler und Rusty Jacobs in den Schatten gestellt, welche die Rollen von De Niro und Woods als Jugendliche spielen und ihren älteren Vorbildern mehr als gerecht werden. Ein Mafiafilm ohne Joe Pesci ist natürlich kein Mafiafilm und so habe ich mich als Freund des Genres sehr über seinen Auftritt gefreut - schade, dass es bei einem grösseren Cameo geblieben ist.
All diese Lobhudeleien, unter die ich ohne zu zögern eine 10 setzen würde, beziehen sich aber leider Gottes vor allem auf die ersten zwei Stunden, in denen die gesamte Zeitebene 1920 und erste Teile der Ebene 1933 erzählt werden (immer wieder umrahmt von der sehr schönen 1968er-Ebene). Die zweite Hälfte, die zwischen den Jahren 1933 und 1968 hin- und herpendelt ist zwar auch noch sehr gut, aber nicht überwältigend wie die erste. Insgesamt ist mir die Geschichte im zweiten Teil besonders in ihrer Auflösung etwas zu konfus und hatte auch nicht wenige Längen. Besonders der Subplot um die Figur von Elizabeth McGovern (bzw. Jennifer Connelly) will nicht so ganz überzeugen und zieht sich stellenweise etwas. So bleibt Once Upon a Time trotz aller Qualität etwas hinter den von mir aufgezählten Genrekollegen zurück und ist als Gesamtpaket auch nicht so überwältigend wie andere Leone-Filme. Ein bisschen Schade - die ersten zwei Stunden wären es nämlich gewesen.
8 / 10