Re: Zuletzt gesehener Film

4711
Wow. Auf solche Worte von dir hatte ich gehofft. Leider werde ich wohl mein Augenmerk erst noch auf The Imitation Game richten, aber dann versuche ich alles, um ein kleines Independent-Kino zu finden, dass Birdman zeigt. Es wäre wirklich schade, wenn ich den im Kino auslassen müsste, weil es an Vorstellungen mangelt.
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Re: Zuletzt gesehener Film

4712
John Wick

Seit Ewigkeiten bin ich großer Keanu Reeves Fan und mag auch einen Großteil seiner Filme. Als ich den Trailer zu John Wick sah war ich begeistert und versprach mir einen der aufregendsten und besten Actioner des Jahres. Was ich bekam war ein Film der zum besten des Genres zählt und 'Wick' zu einer Kultfigur aufsteigen lässt. Wo 96 Hours damals ein Geheimtipp war und mittlerweile ein moderner Kultfilm ist, da macht John Wick weiter und stell praktisch alles in den Schatten.

John Wick, ehemaliger Killer im Ruhestand, dessen Frau aufgrund einer Krankheit stirbt. Sie war die Rettung für den Rest Mensch den er nach seiner Arbeit noch in sich trug. Als sie verstarb gab sie ihm ein letztes Geschenk damit er lieben kann und nicht alleine ist. Einen wenige Monate alten Welpen. Als russische Gangster ihn überfallen, zusammenschlagen, seinen Wagen klauen und den Welpen töten, begehen sie den größten Fehler. Denn er war nicht bloß ein Killer, er war der beste seines Fachs.

'Dont fuc* with a Man's Puppy'

Keanu Reeves festigt sein cooles Image mit dieser Rolle nur noch mehr. Er blüht in diesem Genre nicht nur auf, sondern setzt beinahe neue Standarts was Coolnes, Unterhaltung und Action angeht. Mit einer starken Präsenz und coolen Aktionen schießt und prügelt er sich durch den Film und will Rache. Die Choreographien sind fantastisch gefilmt und immer großartig anzusehen. Es gibt keine Wackelkamera oder zu schnelle Schnitte, alles bleibt stet's übersichtlich und vieles passiert sogar in einem Take. Als Zuschauer wird einem die Hunde-Story relativ nah gebracht, sodass man keine Probleme damit hat, mit Wick mitzufühlen. Jeder der ein Tier Zuhause hat, weiß sicherlich wovon ich Spreche. Das ist Familie.

Der Film bietet neben dem überragenden Keanu Reeves auch noch Hochkaräter wie Ian McShane oder Willem Dafoe, die trotz ihrer wenigen Szenen großartig sind. Vorallem Defoe verleiht siner im moralischen Kniff befindlichen Figur eine Menge. Auch Adrianne Palicki, Alfie Allen oder Michael Nyqvist haben gute Szenen doch gehen sie neben Reeves und seinen Aktionen doch ein wenig unter. Dieser dominiert diesen Film mit seinen Auftritten, Aktionen und Sprüchen so dermaßen, das praktisch alles andere belanglos sein sollte. Wozu ich trotzdem sagen muss das Nyqvist trotz seiner Klischeehaften 0815-Bösewicht Rolle einige gute Momente hat.

Der Film ist ab 16 freigegeben, spart an Nahaufnahmen von Kopfschüssen und anderen 'heftigeren' Szenen aber gar nicht. Wick geht absolut kompromisslos vor, kennt keine Gnade, was dem ganzen Film wirklich gut tut. Keine Schnitte oder Weichspülerei sondern harte, direkte und wirklich geradlinige Action vom feinsten. Ich würde es nicht hochglanz nennen, denn es gibt verdammt raue und dreckige Momente. B-Star Daniel Bernhardt (Bekannt für Bloodsport 2-4 oder diverse Nebenrollen in Matrix, Parker oder Panem) spielt hier auch eine etwas größere Rolle. Man verheizt ihn Gott sei Dank gar nicht und so darf er seine 'Skills' auch mal auspacken und sich großartige Fights mit Reeves liefern bei denen auch Martial Arts Fans auf ihre kosten kommen. Der Film profitiert ebenso davon das Reeves eine ganze Menge selber gemacht hat. (Er praktiziert Kampfsport und dergleichen)

Großartig ist auch die Aufmache der Gesellschaft im Film. Eine praktisch eigene Welt in der Wick eine Art Legende ist und immer wieder mit größtem Respekt begegnet wird. Das gibt in etlichen Szenen unheimlich viele Schmunzler und lässt erahnen was den Zuschauer erwartet.

Wick ist derjenige den man schickt, wenn man den schwarzen Mann töten will.

Trotz der kalten, kompromisslosen und präzisen Art und Weise von Wick, hat man also Zuschauer nie ein Problem damit ihn zu mögen oder ihn zu verstehen. Er ist die Leitfigur des Films, er ist der Verletzte, dessen Aktionen nachvollziehbar sind. Reeves ist einfach eine Wucht. Die coolen Autos mit denen Wick fährt, runden das ganze irgendwie perfekt ab. (69 Mustang, Höllenmaschine)

John Wick ist nicht nur ein verdammt guter, harter und beinahe meisterhafter Actionfilm, nein, er ist die Geburt eines Kultstars. Reeves festigt seinen Status als Actionstar und übertrifft seine Perfomance und Coolnes der Matrix Trilogie um Welten. Das ist ein Film der Kultpotenzial hat. Definitiv ein Actionkracher der problemlos zu den 10 besten der letzten 2 Dekaden gehört. Danke für dieses Werk. Mehr davon.

9,5/10

Re: Zuletzt gesehener Film

4713
Reeves ist als Schauspieler aber gerade mimisch doch recht limitiert unterwegs. Er hat Charisma und passte daher in Actionrollen wie "Speed" oder "Matrix" gut rein, blieb aber auch immer etwas austauschbar. "John Wick" sieht bislang ganz interessant aus, hat aber nicht die selbe Anziehungskraft wie die große Konkurrenz in diesem sehr sehr starken Kino-Februar.
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Re: Zuletzt gesehener Film

4714
Wick ist in erster Linie natürlich was für Fans des Genres. Bietet da aber dann ein Actionfest vom allerfeinsten und punktet enorm durch Reeves der sowohl in emotionalen Szenen als auch in den anderen eine gute Figur macht. Als Fan sollte man diesen Film definitiv nicht vermeiden.

Re: Zuletzt gesehener Film

4715
Werde ich nicht. Reicht mir allerdings auf Blu-ray in ein paar Monaten. Obwohl die Aussagen der Regisseure, der Film sei bei Sergio Leone und Akiro Kurosawa inspiriert, durchaus Interesse wecken. Andersrum könnte man auch fragen, welcher Actionfilm nicht irgendwie seinen Ursprung bei den beiden hat. :wink:
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Re: Zuletzt gesehener Film

4716
heute gleich nochmal reingezwirbelt:

Firepower (1979) - Michael Winner

Schon ziemlich cool, das Ding. Lief wesentlich geschmeidiger rein als bei Erstsichtung am Freitag, Coburn ist einfach eine sowas von coole Socke. Mach mal 6,5 Punkte. Muss ich demnächst unbedingt nochmal schauen, vielleicht geht noch mehr. :lol:
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Zuletzt gesehener Film

4717
Es ist zwar schon lange her, daß ich die Filme gesehen habe, aber gestern habe ich mir die 3 Teile in der FSK18 Version auf DVD gekauft. Und den ersten Teil von
The Expendables
habe ich mir auch gleich angesehen.

Sylvester Stallone hat zur Action-Party geladen. Und es kamen viele Helden meiner Jugend.
Ein Traum wurde wahr, wurde doch angekündigt, daß Bruce Willis, Arnie Schwarzenegger und Sly Stallone im gleichen Film mitspielen. Ich war also gehörig gespannt.

Da ich an dieser Stelle den Inhalt beschrieben hatte, ohne die Spoiler-Funktion zu nutzen, werde ich den Teil löschen. Sonst würde der Teil nur aus dem Hinweis "Spoiler" bestehen. :wink:

Es ist ein typischer Actionfilm voller unvollkommener Szenen und kleiner Ungereimtheiten.
Aber:
Es ist die Erfüllung eines Traumes. Sly, Arnie und Bruce in einem Film, sogar in einer gemeinsamen Szene! Das allein war den Film schon wert. :-)

Sly Stallone sieht man sein Alter zwar während des Films deutlich an, aber er macht das schauspielerisch wieder wett. Ja, ich meine tatsächlich schauspielerisch, denn er ist nun mal ein Actiondarsteller, und kein anspruchsvoller dramatischer Schnulzendarsteller. Und in dieser Funktion ist er routiniert und abgeklärt. Sowohl mit den Sprüchen, als auch in den Actionszenen.

Arnie Schwarzenegger hat nur eine Szene in dem Film, aber auch er tritt hier routiniert auf und wird seinem Ruf gerecht, daß seine Rollen oftmals von den Sprüchen und seinen Gegenparts profitieren. Ich hätte mir zwar einen Auftritt á la Jack Slater (Last Action Hero) oder Harry Tasker (True Lies) gewünscht, aber er ist ja auch nicht mehr der jüngste. :-)

Bruce Willis ist und bleibt in all seinen Rollen immer ein bischen John McClane. Und auch hier bestand seine Stärke darin, Barney mit markigen Worten zu drohen, worauf dieser allerdings nicht reinfiel.

Dolph Lundgren habe ich eigentlich nur noch aus "Red Scorpion" in guter Erinnerung, und aus "Universal Soldier". Er hat schon immer dezent kaputte Typen gespielt. Außerdem hat er bei "Rocky IV" den Klischee-Russen gegeben, und, wie ich kürzlich festgestellt habe, eine Rolle in AVTAK gehabt. Schauspielerisch ist er zwar nicht gerade eine Koryphäe, allerdings hat er immer solide Action abgeliefert.

Jet Li kennt man eher aus fernöstlich anmutenden Actionfilmen, aber er paßt gut zu den Expendables, außerdem spielt er die Rolle sehr gut und vor allem selbstironisch.

An Jason Statham kommt ein Actionfilm heutzutage eigentlich nicht mehr vorbei. Er ist zwar eigentlich eher ein ruhiger Beschützertyp, aber auch in der Rolle des impulsiven und brutalen Kämpfers überzeugt er (wie auch schon in Crank 1+2). Seinen Sprüchen merkt man zwar an, daß sie krampfhaft auf die Erscheinung von Sly Stallone zugeschnitten sind, aber er spielt seine Rolle trotzdem ziemlich überzeugend.

Randy Couture & Terry Crews kannte ich bis dahin nicht. Crews hat mich aber vor allem überzeugt, als er mit seinem "Baby" im Keller des Präsidentenpalastes ordentlich aufgeräumt hat. :-) Couture ist für mich immer noch ein unbeschriebenes Blatt, da ich mich aus keinem seiner Filme bewußt an ihn erinnere. Aber er hat die Rolle des Tall Road solide gespielt, nicht zuletzt in dem Showdown mit "Stonecold" Steve Austin.

"Stonecold" Steve Austin ist und bleibt ein Wrestler. Aber das ist, wie eigentlich auch bei Dwayne "The Rock" Johnson, eine gute Voraussetzung für eine Rolle in einem Actionfilm.

Eric Roberts leistet, wie immer, schauspielerisch solide Arbeit ab. Ihn habe ich vor allem aus "American Strays" in Erinnerung. Hier spielt er den Bösewicht, was er auch sehr gut macht. James Munroe hat die ganze Zeit die Fäden in der Hand gehabt, was Roberts sehr überzeugend rüberbrachte. Was aber nicht zuletzt auch das Verdienst von Austin war, der immer wieder die Sprüche von Roberts mit seiner physischen Präsenz bekräftigte.

Zu Giselle Itié kann ich leider gar nichts weiter sagen, außer daß sie die Rolle der vom Drachen bedrohten Prinzessin recht gut gespielt hat. Das liegt aber eher daran, daß die Rolle nicht wirklich mehr hergibt. Aber meiner Meinung nach sollten Frauen in Actionfilmen diese Rollen spielen, und keine Amazonen. Damit man mich nicht falsch versteht, ich habe nichts gegen kämpfende Frauen, aber in reinen Action-Reißern sollten Frauen eher den Grund für das Gemetzel sein, als Teil davon. Aber das ist nur meine Meinung.

Auch zu Charisma Carpenter kann ich nichts sagen, da ich sie nicht kenne. Es kann sein, daß ich schon Filme mit ihr gesehen habe, aber ich kann mich an nichts spezielles erinnern. Gehört habe ich den Namen wohl schon, aber ich kann mit ihm nichts anfangen. Aber bei der Rolle der Lacy kann man auch nicht viel falsch machen, da sie nur zweimal vorkommt. Einmal vor ihrem Haus, und dann als Zuschauerin bei der "Schlägerei" auf dem Basketballplatz.

Es ist etwas länger geworden als geplant, aber das ist meine Meinung zu The Expendables.
Zuletzt geändert von Dirk am 1. Februar 2015 20:13, insgesamt 1-mal geändert.
Mut zur Lücke! (auch wenns die eigenen Zähne sind)

Re: Zuletzt gesehener Film

4719
AnatolGogol hat geschrieben:@Dirk:Du solltest wenn du derart ausführlich auf den Inhalt des Films eingehst die Spoiler-Funktion nutzen. :wink:

insbesondere bei einem Film, der seinen Reiz vor allem aus raffinierten Wendepunkten in der Handlung zieht :-)
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Zuletzt gesehener Film

4720
AnatolGogol hat geschrieben:@Dirk:Du solltest wenn du derart ausführlich auf den Inhalt des Films eingehst die Spoiler-Funktion nutzen. :wink:
danielcc hat geschrieben:insbesondere bei einem Film, der seinen Reiz vor allem aus raffinierten Wendepunkten in der Handlung zieht :-)
Oh, daran habe ich gar nicht gedacht. Ich werde den ersten Teil einfach löschen, und nur die Einzelkritik belassen. Danke für den Hinweis. :)
Mut zur Lücke! (auch wenns die eigenen Zähne sind)

Re: Zuletzt gesehener Film

4721
Mortdecai - Der Teilzeitgauner

Ein überaffektierter Aristokrat mit buschigem Gesichtsaccessoire jettet um die Welt, um ein verschwundenes Gemälde zu retten? Das schreit doch nahezu nach einer Komödie mit Gesichtsakrobatiker Johnny Depp, nicht wahr? So kam es auch, als Regisseur David Koepp für seine Verfilmung der Roman-Trilogie von Kyril Emanuel George Bonfiglioli nach der Idealbesetzung für den schrulligen Protagonisten Ausschau hielt. Dass Depp Grimassen schneiden kann, wie kein anderer in Hollywood, dürfte bekannt sein. Dementsprechend ist "Mortdecai" auch voll und ganz auf seinen Hauptdarsteller zugeschnitten. Stören sollte das allerdings niemanden, denn der ist mit reichlich Spaß bei der Sache und macht wie immer eine gute Show. Das ist auch bitter nötig, denn unterm Strich ist "Mortdecai" ein kurzweiliges Vergnügen, aber leider auch ziemlich ideenlos.

Johnny Depp ist - wie erwähnt - mal wieder bester Laune und albert sich gekonnt und grinsend durch das Abenteuer. Dabei hat er eigentlich mit einem ziemlichen Problem zu kämpfen, denn im Gegensatz zu den charmanten Nebenfiguren ist sein Lord Mortdecai selbst eine recht unsympathische Figur, die wenig Identifikationspotenzial mit sich bringt. Depp gelingt es aber, mit seinem natürlichen Charme das Publikum an sich zu binden und beweist ohnehin ein gutes Timing in den Gags. An seiner Seite begeistert vor allem Ewan McGregor, der als James-Bond-Verschnitt locker aufspielt und in seinen besten Momenten der wunderschönen Gwyneth Paltrow hinterher schmachtet, die hier unter Beweis stellt, dass man auch mit 42 immer noch zu den attraktivsten Frauen des Filmgeschäfts gehören kann. In einigen Dialogen spielt sie Depp förmlich an die Wand, hat aber unabhängig davon meist die schlechteren Witze abbekommen. Als heimlicher Sympathieträger überzeugt außerdem Paul Bettany als Mortdecais Diener Lock, der auf der einen Seite die meisten Actionszenen spielen darf und damit bereits relativ aktiv auf der Leinwand zu sehen ist, dessen Charakter allerdings auch noch für einen amüsanten Running-Gag sorgt, schließlich nagelt der gute Lock in diesem Film häufiger als die Römer im neuen Testament.

Dies mag erst einmal billig klingen und ist es vielleicht auch. Aber deshalb noch lange nicht unwitzig. Fest steht nämlich, "Mortdecai" bedient sich haufenweise am heute typischen Fäkalhumor. Doch Koepps Film ist insgesamt dennoch, auch durch seine britischen Attribute, sehr charmant und verkauft selbst die flachsten Gags mit einer entlarvenden Würde, sodass man sich ungeniert traut, darüber zu lachen. Natürlich funktioniert das aber nicht immer und so gehen etwa 30 Prozent dieser Witze daneben, dafür gibt es aber über die gesamte Laufzeit verteilt auch ungemein clevere Späße. Einige Stellen sind gelungene satirische Bemerkungen, in der zweiten Hälfte erlaubt sich Depps Mortdecai sogar Seitenhiebe auf das moderne US-amerikanische Selbstverständnis, was den britischen Charakter des Filmes enorm steigert. Schön ist auch, dass Koepp eben nicht einfach nur abfilmt, sondern mit bunter Effektspielerei, meist bei der Reise Mortdecais von einer Stadt zur anderen, sich auch hin und wieder mal bemerkbar macht. Was man "Mortdecai" allerdings vorwerfen muss, ist, dass er bei aller Leichtigkeit auch immer etwas gezwungen daherkommt. Besonders in den oberflächlich gesehen dramatischeren Phasen beschreit man die heitere Stimmung des Filmes etwas zu sehr, was den Zuschauer eher stört, als das es das Lachen fördern würde.

Das wirklich gravierende Problem des Filmes liegt aber woanders. Während besonders die erste Hälfte noch ein hohes Tempo bereithält und mit vielen sehr guten Gags aufwarten kann, gerät man im Mittelteil in Not, ein wenig von der Geschichte erzählen zu müssen, um die es oberflächlich gesehen geht. Und eine solche ist hier wirklich nie vorhanden. Da ist ein verschollenes Goya-Gemälde, da sind böse Russen (Gähn!), die dieses stehlen wollen, da sind drei oder vier weitere interessierte Parteien, da tauchen mit Olivia Munn und dem Cameo von Jeff Goldblum wichtige Charaktere viel zu spät auf. Daher muss man leider immer, wenn es Richtung Handlung geht, leidenschaftslos den Kopf schütteln. Eine Komödie wie "Mortdecai" braucht nicht mehr als einen kleinen Anreiz und ein paar schrullige Figuren könnte man meinen, aber nicht einmal das bekommt das Drehbuch vernünftig geordnet. Schlimmer noch, der episodenhaften Aneinanderreihung von Geschehnissen, die meist in - immerhin souverän inszenierten - Actionszenen ihren Höhepunkt finden, fehlt es völlig an einem roten Faden. Wer wo mit wem gerade weshalb was eigentlich erlangen will, wird nie so recht deutlich. Hier hätte man wesentlich kompakter und damit effektiver erzählen müssen, stattdessen verliert man den Zuschauer so zwischendurch immer mal wieder für ein paar Minütchen. Ein Glück, dass nach einer längeren Durststrecke am Ende der Humor wieder goldrichtig sitzt und so der Abschluss versöhnlich geraten ist.

Fazit: Muss man sich fragen, ob man zu hohe Ansprüche gehabt hat, wenn man bei einer Gaunerkomödie wie "Mortdecai" zumindest ein wenig Handlung im Vorfeld voraussetzte? Nein, muss man nicht, denn unterfordert werden will man auch in lustigen Filmen nicht. Unterforderung langweilt. Und zumindest das tut "Mortdecai" nicht. Dies liegt zwar weniger an der Verbindung unzusammenhängender Gags, welches im Abspann fälschlicherweise als Drehbuch bezeichnet wurde, sondern mehr an der spaßigen Atmosphäre des betont britischen Abenteuers, welche einem auch die niveauloseren Witze schmackhaft macht und an den perfekt aufgelegten Darstellern, bei denen zwar ein gewohnt großartiger Johnny Depp heraussticht, sich aber das restliche Ensemble sicher nicht vor ihm zu verstecken braucht. "Mortdecai" ist kurzweilig und amüsant und erfüllt damit genau die Erwartungen seines Publikums. Die wirre Story dürfte daher kaum jemanden stören. In diesem Zusammenhang passen auch die Worte des antiken lateinischen Schriftstellers Aulus Gellius: "Ich sehe einen Bart und einen Mantel, aber noch keinen Philosophen." Dafür sitzen Bart und Mantel immerhin.

6/10
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Re: Zuletzt gesehener Film

4724
John Wick (2014) – Chad Stahelski/David Leitch

John Wick ist am Ende: als ehemaliger Auftragskiller der Russenmafia hatte er sich vor Jahren von seinem alten Leben losgesagt, um neu anzufangen. Dann stirbt ihm die Frau weg und den nun stark Suizidgefährdeten hält lediglich das letzte Geschenk seiner Frau, ein kleiner Welpe, am Leben. Doch auch dieser wird ihm genommen, als ausgerechnet der Sohn seines ehemaligen Bosses ihm, in Unkenntnis wen er da vor sich hat, das Auto klaut und den Hund tötet. Nun hält Wick etwas anderes am Leben: der Wunsch nach Vergeltung – und diesem geht er unaufhaltsam nach.

Der von den ehmaligen Stuntprofis und Regiedebutanten Chad Stahelski und David Leitch inszenierte John Wick ist vordergründig ein lupenreiner Rachereisser, der die gute alte Auge-um-Auge-Mentalität kompromisslos ins Zentrum stellt. Darüberhinaus hat der Film aber auch noch etwas mehr zu bieten, nämlich gut herausgearbeitete Figuren und sogar so etwas wie eine Metaebene. Zwar gibt man sich zu keinem Zeitpunkt wirklich der Frage nach richtig oder falsch von Wicks Rachefeldzug hin (was in diesem wirklich kompromisslosen Werk auch fehl am Platze wäre), jedoch positioniert der Film seine Figuren klug und stellt zumindest unterbewusst die Frage: könnten sie denn wirklich anders handeln? Hat Wick eine andere Chance am Leben zu bleiben, als die abgetötete Liebe zur letzten verbliebenen Verbindung zu seiner toten Frau durch lebenserhaltenden Rachedurst zu ersetzen? Muss der von Michael Nyqvist gespielte Russenboss nicht konsequent gegen Wick vorgehen, um Stärke vor seinen Leuten zu beweisen, obwohl er die scheinbare Aussichtlosigkeit kennt? Hier gleicht der Film fast schon einer griechischen Tragödie, in der die Götter den Lauf der Dinge vorgeben und die Menschen letztlich ihrem unausweichlichen Schicksal entgegensteuern. Diesen Gedanken greift Nykqvist in der vielleicht besten Szene des Filmes – der ersten persönlichen Konfrontation von seinem Russenboss mit Wick – auf, als er Wick aufzeigen möchte, dass alles genau so gekommen ist, wie es kommen musste und dass jeder bekommt, was er verdient.

Trotz all dieser eher tiefgründigen Überlegungen: John Wick ist in erster Linie ein wuchtiges Actionspektakel, das mit durchgängig hohem Tempo punktet. Der Grundton des Films ist sehr grimmig, nach den eher verhaltenen ersten zehn Minuten, in denen die Trauer und die Situation von Wick geschildert werden macht der Film keine Gefangenen mehr – im wahrsten Sinne des Wortes. Was folgt ist ein Feuerwerk an meisterlich choreographierten und inszenierten Actionszenen in allerhöchstem Tempo, von denen jede absolut herausragend ist. Was man zu sehen bekommt ist eine Art Martial Arts mit Kanonen, eine ganz erstaunliche Art Todesballett , ein perfekt durchgetaktetes, geradezu künstlerisches Gegnereliminieren. Hier spielt dem Film enorm in die Karten, dass man mit Keanu Reeves den absolut richtigen Hauptdarsteller an Bord hat, der eine Körperbeherrschung wie wohl kein anderer Hollywoodtopstar hat. Bei ihm sieht alles unglaublich flüssig und elegant aus, gleichzeitig aber auch mit der für die Glaubwürdigkeit dieser Szenen unerlässlichen Durchschlagskraft.

Ja, Reeves brilliert in John Wick in einer Art und Weise, wie er es zuletzt vor knapp 25 Jahren in Bigelows Point Break getan hat. Was seinen Auftritt als Ein-Mann-Armee so überzeugend wirken lässt ist nicht etwa eine übermäßig beeindruckende Körperlichkeit a la Stallone oder Schwarzenegger, sondern eine in jeder Szene förmlich spürbare Zielgerichtetheit mit der er seine Aufgabe erledigt. Darüberhinaus hat er auch darstellerisch ein paar herausragende Momente zu bieten, am eindrucksvollsten wohl in der Schlüsselszene, als er Nykqvist die Motivation seines Handelns erläutert („Er hat es ab-ge-tötet!“), die Dynamik und Intensität in seinem Spiel ist hier absolut faszinierend. Der Film gewinnt aber auch enorm dadurch, dass er mit Nykqvist einen hervorragenden Gegenspieler an Bord hat. Der Schwede hat ebenfalls diverse großartige Szenen, etwa wenn er seinem Sohnemann die Leviten liest oder wenn er seinem Angestellten von John Wicks Vergangenheit erzählt. Nyqvist spielt seine Rolle so gut, dass man fast schon ein bisschen Mitleid mit ihm bekommen kann ob seines Dilemmas. John Wick ist wirklich durchgängig top besetzt, selbst in kleinen Nebenrollen welche durch Kaliber wie Ian McShane und John Leguizamo deutlich aufgewertet werden.

Obwohl der Schwerpunkt – auch zeitlich – eindeutig auf den Actionszenen liegt, nimmt sich der Film genügend Zeit für die Charakterisierung seiner Figuren. Nie hat man das Gefühl es mit konstruierten oder gar schablonenhaften Figuren zu tun zu haben, jede der Hauptfiguren bekommt einen glaubwürdigen Hintergrund und ein ganz persönliches Dilemma. Auch die Einführung des „Mythos“ John Wick ist brillant gelöst, im ersten Filmdrittel ist die Aura die Wick umweht und wie seine Gegner und Freunde über ihn sprechen fast beeindruckender, als das was er dann tatsächlich abliefert (aber eben dann doch nur fast :wink: ). Ein weiterer Pluspunkt ist der perfekt getimte schwarze Humor, der den Film durchzieht und der dennoch die Grimmigkeit nie bricht, sondern eher kongenial unterstützt. Solche Ideen wie der professionelle Cleanerservice, welcher Wicks blutige Arbeit beseitigt oder das Nobelhotel, welches sich auf die Beherbergung von Auftragskillern spezialisiert hat sind einfach großartig. Abgreundet wird John Wick von einem fieberhaften und rhytmisch pefekt abgestimmten Soundtrack zwischen Elektro und modernem Rock, der die Härte der Action punktgenau unterstützt.

John Wick ist ein perfekter Actionfilm, für mich der beste Hollywood-Actionfilm seit über 20 Jahren. Es stimmt einfach alles: Story, Figuren, Darsteller und natürlich die wirklich herausragenden Actionszenen. Hinzu kommen der sehr grimmige Grundton und der erstaunlich hohe Gewaltpegel (wie kommt die FSK hier auf eine 16er Wertung, gerade da sie sich in der Vergangenheit ja immer so schwer mit Selbstjustiz tat?). Das ist schlicht und einfach die volle Punktzahl.
Wertung: 10 / 10
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Zuletzt gesehener Film

4725
Ja! Und Ja!

Schön geschrieben. Stimme in allem zumHast zwar nichts über Dafoe oder diese, wie ich finde, genial aufgebaute Gesellschaft geschrieben aber ich stimme dir zu. :)

Das macht:

Agent 009: 9,5
Vodka: 8
Anatol: 10

Wer ihn nicht gesehen hat muss das nachholen. Eric habe ich nicht umsonst schon mehrmals drauf hingewiesen. Einfach nur eine unglaubliche Wucht, dieser Film. Gibt ja Franchise-Pläne. Muss nicht sein, finde ich. Der Film steht alleine absolut super da und hat Kultpotenzial wie kaum was anderes in den letzten Jahren.