So nun kommt meine halbwegs spoilerfreie Review und ich hoffe, dass diese von ein paar Leutchen gelesen wird und ihr damit etwas anfangen könnt
Als ich „Skyfall" im Kino gesehen habe, hatte ich sehr häufig den Drang dazu aufzustehen und zu klatschen. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass mir hin und wieder ein Tränchen in den Augen stand. Vielleicht wird der ein oder andere jetzt entgeistert lächeln aber keine andere Filmreihe begleitet mich schon so lange und intensiv wie 007. Trotz all der hanebüchenen Plot-Stränge begeisterte mich „Skyfall“ fast in jeder Sekunde, so dass ich ihn gleich vier Mal im Kino anschaute. Die vielen kleinen bondigen Anspielungen, die Wiederkehr der klassischen Bondcharaktere und der (vor allem nach dem mauen „Quantum Of Solace“) wieder so geniale Bösewicht
(Javier Bardem als Silver), trugen zu meiner Glückseeligkeit bei. Als ich heute das zweite Mal aus „Spectre“ kam, war meine Freude zwar all gegenwertig, insbesondere weil mich die erste Sichtung eher mit gemischten Gefühlen zurückließ, aber dieses ganz zufriedene „Skyfall-Gefühl“ konnte mich nicht erfüllen.
Fangen wir von vorne an:
Die PTS von „Spectre“ hat mich sofort gepackt. Die langen Kamerafahrten, die unfassbar vielen kostümierten Statisten und überhaupt die ganze Stimmung der ersten „bunten" Minuten in Mexiko sind sensationell, spannend und lassen die Freude auf die weiteren Stunden mit Bond bis ins unermessliche steigen. Die Prügelei im Heli hat mich zwar kurz an das scheußliche Ende von „Die Another Day“ erinnert, ist aber beileibe besser getrickst und schöner anzusehen. Was soll man sagen, hervorragende Einstieg in einen Bond Film.
Die Titelsequenz von Daniel Kleinman ist ebenfalls gelungen. Sam Smith’s musikalischer Beitrag hingegen ist sicherlich nicht schlecht oder nicht nicht Bond-Würdig aber dieses hohe Gejaule geht mir mehr auf den Zeiger,
als dass es mir wirklich gefällt.
Das zweite Drittel geht dann sofort spannend weiter. Bond bekommt wegen seines explosiven Mexiko-Urlaubes seine Lizenz entzogen. Nun muss er auf eigene Kappe handeln und mit Hilfe von Q und Moneypenny seinen nächsten Tipp verfolgen, während M versucht den klassischen Geheimdienst und die Existenz von 00-Agenten aufrecht zu halten. Im Folgenden trifft Bond auf Monica Bellucci, die die verängstigte und mit dem Leben hardernde Witwe Lucia spielt. Diese sucht Bond als mögliche Kontaktperson auf und, wie kann es anders sein, untersucht sie im Zuge dessen auch noch gründlich. Trotz ihres recht kurzen Auftritts, spielt sie die Rolle aber sehr überzeugend. Im allgemeinen muss man festhalten, dass alle Darsteller in diesem Film hervorragend agieren.
Es wird nach den ersten Minuten schnell klar, dass die Handlung recht überschaubar bleiben wird.
Die letzten Bondfilme waren dann doch etwas tiefgründiger, wenn man die allgemeine Oberflächlichkeit des Genres als Maßstab nimmt. Wenn ein Bondfilm also wieder klassischer und humorvoller wird und viele Anspielungen auf alte Tage mit sich bringt, geht die ernstere und eben „tiefsinnigere" Geschichte nun mal baden, was ich aber gerne in Kauf nehme. 85% aller Bondfilme und mehr funktionieren nun mal genau so.
Bis zum ersten Aufeinendertreffen mit Oberhauser vergeht die Zeit wie im Fluge und auch jene erste Versammlung, wo die beiden sich begegnen, lässt durch die ganze Stimmung das Bondfan-Herz höher schlagen. Die anschließende Verfolgungsjagt durch Rom, mit dem sehr präsenten, beinahe charismatisch bösen Mr. Hinx ist eine wahre Show, wenn auch etwas trocken und altmodisch insziniert. Im weiteren Verlauf entwickelt sich ein durchweg interessantes, fast schon kriminaleskes Suchspiel nach Oberhauser. Die Bergszene, wo Bond das erste Mal auf Swann trifft, hat mich kurz an alte Lazenby-Szenen zurückerinnert. Humor kommt hier aber auch nicht zu kurz. Die anschließende Flugzeug-Auto-Verfolgung ist sehr genredienlich inszeniert. Eine Skieinlage hätte hier vielleicht das i-Tüpfelchen werden können. Das Q in einer Nebenhandlung auch noch eine Rolle spielt, macht die Österreich Szenen noch ein wenig interessanter.
Bonds beginnende Beziehung zur bezaubernden Madeleine Swann bleibt aber durchweg schwer greifbar, weil man sie durch ihre wechselhafte Art nicht ausreichend durchschauen kann. Ein Fakt der sich leider immer wieder durch die gesamten Charaktere im Film zieht. Die Zugefahrt inkl. dem erinnerungswürdigen Kampf mit Hinx, machen dann wieder sehr viel Spaß. Das Bond im Anschluss des sichtlich anstrengenden Kampf über Swann herfällt, ist zwar mit anderen Damen schon in vielen Bond Streifen vorgekommen, wirkt an dieser Stelle aber etwas unpassend.
In der Wüste angekommen, wo Oberhauser sein Quartier haben soll, werden die beiden dann von einem altem Rolls Royce abgeholt. Diese schöne kleine Hommage an einen alten Bondfilm lässt sich nicht von der Hand weisen. Dann geht alles ganz schnell. Im Quartiert angekommen erklärt Oberhauser mit kurzen Worten was er macht, wer für Ihn gearbeitet hat und das er Bond nicht sonderlich ausstehen kann. Bond wird elend gefoltert kann aber im Anschluss quicklebendig entkommen und räumt im gleichen Zuge auch noch kräftig auf. Klingt komisch, ist auch so. Die Szenen mit Walz sind nicht sonderlich lang aber durchaus effektiv und eindringlich. Das die Handlung hier ihre größten Konstruktlöcher hat und einige Fragen offen lässt, hat mich durchaus beeinflusst aber in Relation zu manch anderen Bonds, geht es dann doch in Ordnung. Walz wird mit seiner Rolle sicherlich nicht so polarisieren wie zum Beispiel in „Inglourious Basterds“ aber diabolisch und gut spielt er allemal.
Zurück in London kommt es dann zum Showdown der ebenfalls eindringlich, spannend und mit einem etwas anderen (mehr oder weniger glaubwürdigen) Ende aufwartet. Das wieder zwei Handlungsstränge nebeneinender arbeiten, macht die Sache runder. Schön, dass Q, M, Tanner und später auch Moneypenny ihre ganz eigenen Rolle
im letzten Drittel spielen. Mir gefällt das Ende aber gut und macht den Weg frei für den kommenden Bond.
Festzuhalten bleibt, dass „Spectre“ kurzweilige, intensive und spannende Unterhaltung bietet. Action, Anspielungen und auch der lange vermisste Humor kommen wieder und sorgen dafür, dass einem der Film nicht wie ein 148 Minuten Thriller vorkommt. Leider bleiben wie schon erwähnt einige Fragen offen, Charaktere etwas blass und auch Oberhauser’s Absichten ziemlich mau. Im Großen und Ganzen hat sich nun aber entgültig der große Kreis der Craig-Bond-Filme geschlossen, was aber nicht heißt, dass man hier mit dem nächsten Film nicht wieder anknüpfen kann. Ich würde es mir sogar wünschen, da vielleicht dann alles noch ein wenig schlüssiger erklärt werden könnte.
Trotz alle dem hat mich „Spectre“ emotional nicht so begeistert wie „Skyfall“ und bekommt
7,5/10 Punkten. Das kann sich nach den nächsten Sichtungen aber noch ein wenig dran ändern.