453
von 00T
Agent
Winnetou und sein Freund Old Firehand(1966)
Mit diesem Film wollte Horst Wendtland endgültig an die immer populärer werdenden Italowestern anknüpfen und stellte dazu die May-Figur Old Firehand in den Vordergrund. Dieser sollte an der Seite des Apachenhäuptlings die Stadt Miramonte vor dem Banditen Silas verteidigen. Als Regisseur wurde Alfred Vohrer ausgewählt, der schon zwei May-Filme gedreht hatte. Für die Filmmusik wurde erstmals nicht Martin Böttcher genommen, sondern Peter Thomas, mit dessen neuer Musik man den Neuanfang ebenfalls signalisieren wollte. Das Ergebnis war ledier ganz anders als erwünscht, der Film schnitt an den Kinokassen überraschend schlecht ab. Allgemein wurde die Tatsache kritisiert, dass der Film nichts mehr mit Karl May zu tun hatte. Ein durchaus berechtigter Vorwurf.
Vohrer inszeniert seinen Film durchweg sehr nüchtern und brutal. Die Landschaft irgendwie romantisch einzubinden, lag ihm völlig fern, allerdings spielt der Film einen Großteil auch nur in der Stadt Miramonte. Peter Thomas´ Musik mag vielleicht nicht unbedingt an einen May-Film erinnern, aber das tut sowieso fast nichts hier, und für sich ist die Musik durchaus stimmig, vor allem das flotte Banditen-Thema. Zudem wäre Böttcher eher langsame Musik bei diesem Film auch eher fehl am Platz gewesen.
Der Film baut anfangs noch eine gute Hauptstory, nämlich die um den gefangenen Billy-Bob Silas, den Bruder des Banditenchefs Silas. Das ist noch ganz interessant, aber sobald dieser ermordet wird, dreht sich der Film nur noch um Angriffe auf die Stadt und die Verfolgung der Banditen. Währenddessen gibt es noch das Drama um Firehands unbekannten Sohn, deren Ausgang man dummerweise schon ahnt, ehe sie richtig begonnen hat. Da hilft auch der Nebenbuhler in Gestalt von Viktor de Kowa nichts.
Darstellerisch ist dieser Film solide, aber nicht berauschend. Pierre Brice, spielt seinen Winnetou wie immer schön, wenn er auch mehr als einmal etwas fehl am Platz wirkt. Überhaupt kommt einem der Film eher so vor, als hätte man einen Italowestern gedreht und dann noch schnell den Apachenhäuptling dazu gedichtet. Rod Cameron als Old Firehand fehlt leider eindeutig das Charisma eines Lex Barker oder das Talent eines Stewart Granger, kann aber doch überzeugen. Eine gute Wahl war Harald Leipnitz, dessen Bösewichts-Rolle sich hier ziemlich von der seines Ölprinzen unterscheidet. Er ist kein geschniegelter Dandy, sondern ein zerzauster Bandenchef, der knallhart zu Werke geht und von Rache erfüllt ist. Und den spielt er ebenso gekonnt wie schon den Ölprinzen vorher, wenn er auch nicht viel Raum zum Entfalten erhält. Rik Battaglia, der erst ein Jahr vorher Winnetou erschossen hatte, kämpft nun an der Seite des Apachenhäuptlings. Auch er kann als Polizeichef Mendozza gut überzeugen. Erwähnenswert ist einerseits noch Mihail Baloh, der den anderen Bandenchef Capitano Quilvera wie immer solide spielt und andererseits Vladimir Medar und Todd Armstrong. Medar als bärbeißiger Trapper und Armstrong als junger Don Juan bringen etwas Schwung in den Film. Marie Versini als Nscho-tschi ist hier kaum mehr als ein Mittel zum Zweck, bringt die Handlung nicht voran und ist fast nur das Dummchen, das den Trapper Tom anhimmelt. Victor der Kowa ist für den Humor zuständig. Das ist teilweise schon hart an der Grenze des Ertragens, manchmal aber auch ganz witzig.
Der Film beginnt schon mit dem größten Logikfehler der May-Filme überhaupt: Nscho-Tschi, die ja bekanntlich am Ende des Films „Winnetou I“ stirbt, lebt hier noch, aber Winnetou ist bereits Häuptling, obwohl zu der Zeit noch Intschu-Tschuna Häuptling sein müsste. Aber dennoch steigt der Film mit dem Angriff der Banditen auf die Apachen ziemlich rasant ein und der Schusswechsel zwischen Firehand, Winnetou und Co. kann durchaus überzeugen.
Silas zeigt schon seine Härte, indem er einem seiner Leute, der einen Pfeil in den Arm bekommen hat, diesen, ohne mit der Wimper zu zucken, aus dem Arm zieht.
Die Helden kommen in die Stadt und werden Zeuge einer hitzigen Auseinandersetzung zwischen den Bewohnern der Stadt, ob man Billy-Bob Silas laufen lassen soll, oder nicht. Er wird erst einmal in das Gefängnis gebracht.
Der Faustkampf zwischen Tom und Mendozza ist kurz, aber kein Murks. Er überzeugt und ist recht nett anzusehen.
Nachdem man sich überlegt hat, wie man sich im Notfall für Silas verteidigen könnte und man von Firehands Sohn erfährt, wird Billy-Bob Silas freigelassen, damit Silas keinen Grund hat, die Stadt anzugreifen. Das wird aber bemerkt und nach einer kurzen, guten Verfolgung wird Billy-Bob erschossen.
Dann wird Puglia, der Mann, der Billy-Bob befreit hat, auf der Flucht aus Miramonte von Silas erwischt und getötet.
Nun folgt der erste Angriff auf die Stadt. Aber trotz durchaus gelungener Explosionen vermag Vohrer nicht mit dem Angriff zu überzeugen. Viel mehr Härte und Brutalität als in den anderen May-Filmen trägt auch nicht zum besseren Gelingen bei.
Das nächtliche Warten auf den nächsten Angriff zieht sich in die Länge. Es gibt zwar eine gute Unterhaltung zwischen Old Firehand und seinem Sohn Jace, aber es wird doch ziemlich zäh.
Und der folgende Angriff bringt dann mal ein bisschen mehr Abwechslung und ist insgesamt recht ordentlich inszeniert, aber eine richtig tolle Schlacht bringt Vohrer hier nicht zustande.
Winnetou holt Hilfe – oder will sie holen. Jedoch lässt er sich reinlegen und ganz einfach in eine Grube hinunterstürzen. An dieser Stelle muss man sich fragen: Was ist nur aus dem Apachenhäuptling geworden? Es schmerzt geradezu, wie Winnetou hilfloser als sonst einfach in die Grube hinunterstürzt.
Noch einmal darf ein Bösewicht einen seiner Männer erschießen, die Szene überzeugt vor allem durch das gute Spiel von Leipnitz und Aleksander Gavric.
Der letzte Angriff auf die Stadt ist allerdings kaum nennenswert, den kann man getrost übergehen.
Nun kommt auch noch ein Dynamit liefernder Winnetou, der in dieser Kleidung ziemlich befremdlich wirkt.
Es kommt zum finalen Showdown. Die Verfolgung und das Ende von Silas kann sich sehen lassen und ist gut umgesetzt.
Das Ende kommt fast wie erwartet: Old Firehand bleibt bei seiner Geliebten und seinem Sohn und sein Nebenbuhler verliert die Erinnerung an seine Werbung und zieht von dannen. Und von Winnetou hört man auch nichts mehr. Ende gut, alles gut!
Obwohl der Film oft als absoluter Tiefpunkt der Reihe angesehen wird, ist er das nicht für mich. Die Action des Films ist größtenteils ordentlich inszeniert und die Darsteller leisten meist gute Arbeit. Der Soundtrack überzeugt ebenfalls und die Hauptstory ist anfangs noch gut, später verkommt sie halt zu Aneinanderreihung der Action-Szenen. Jedoch ist der Film für einen May-Film eindeutig zu brutal und zu hart, für einen Italo-Western dann aber wieder zu seicht und zu harmlos. Dazu kommt noch ein absolut überflüssiger Winnetou, der hier kaum die Story voranbringt und mehr als einmal einfach nur in den Film hineingeschoben wirkt. Wendlandts Versuch, Karl May in die Welt des Italowestern zu überführen, muss man als gescheitert ansehen, was sich schließlich auch an den Kinokassen zeigte. Es ist wirklich Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet Wendlandts Konkurrent Artur Brauner, der zudem den schwächsten May-Film von allen produziert hatte, die Serie noch einigermaßen würdevoll zu Ende brachte.
Punkte: (5/10)
"East, West, just points of the compass, each as stupid as the other."
(Joseph Wiseman in Dr. No)