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von HCN007
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iHaveCNit: Last Night In Soho (2021) – Edgar Wright – Universal
Deutscher Kinostart: 11.11.2021
gesehen am 03.11.2021 in OmU im Rahmen der Spotlight-Arthouse-Sneak
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 4, Platz 9 – 21:00 Uhr
gesehen am 13.11.2021 Premium-Sessel
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kinosaal 12 – Reihe 17, Platz 17 – 17:15 Uhr
Bereits Anfang des Monats wurde ich im Rahmen der Spotlight-Arthouse-Sneak der Arthouse-Kinos Frankfurt mit der OmU-Fassung überrascht. Da ich jedoch noch einer anderen Person versprochen habe, den Film mit ihm im Kino zu sehen, habe ich ihn mir noch wie auch geplant in der deutschen Fassung angesehen und bis heute noch keine schriftliche Meinung zum Film niedergeschrieben. Und es tat sehr gut, mal etwas länger über einen Film nachdenken zu können. „Last Night In Soho“ ist es auch wert. Der neue Film von Edgar Wright nach seinem grandiosen „Baby Driver“ versetzt uns auf eine Tour De Force von 2 großartigen Hauptdarstellerinnen in einem grandiosen und unfassbar cleveren Mysterythriller, der eines der großen Highlights des Jahres 2021 ist.
Die junge aus Cornwall stammende Eloise Turner liebt wie ihre bereits verstorbene Mutter Mode, die 60er-Jahre und London. Mit Vorfreude tritt sie ihr Studium für Modedesign in London an, muss jedoch schnell feststellen, dass das moderne Studentenleben nichts für sie ist, was sie zur Entscheidung treibt eine eigene Dachgeschosswohnung im Haus einer Miss Collins zu mieten. Die Wohnung scheint auch eine positive Wirkung auf Eloise zu haben, denn nachts träumt sie sich in das London der 60er und trifft dort auf die junge Sandie, die dem großen Traum Sängerin zu werden nachjagt. Die sehr lebendigen Träume scheinen Eloise Selbstbewusstsein und Inspiration für ihr Studium geben, doch je mehr sie sich darin verliert, scheinen sich die Träume in einen Albtraum zu entwickeln.
Auch wenn es bereits zuletzt „Baby Driver“ bei mir geschafft mein favorisierter Film von Edgar Wright zu werden muss dieser nun seinen Platz räumen, denn „Last Night In Soho“ hat mich richtig positiv überrascht. Auch wenn durchaus einiges an der Faszination des Films bereits über den Trailer sich erkennen hat lassen, schafft der Film sogar das Versprechen des Trailers mehr als nur einzulösen. Die Reise auf die uns der Film mitnimmt ist überraschend, hart, faszinierend und sehr clever. Wir durchleben hier 2 regelrechte Tour de Forces von sowohl Thomasin McKenzies Eloise Turner als auch die von Anya Taylor-Joy gespielte Sandie. Die Faszination für die 60er-Jahre, die Musik, die Kleidung, die Kultur und das Nachtleben von London ist audiovisuell ein Genuss, wenn er sich auf der Leinwand entfaltet. Das großartige auch an „Last Night In Soho“ ist, dass er sich gerade wenn es um den inszenatorischen Stil eines Edgar Wright geht am natürlichsten und homogensten anfühlt und der Stil mit der Handlung komplett verschmilzt. Wie sich Musik, Bild, Schnitt und auch Tanzchoreographie entfaltet sowie einen regelrechten Sog entwickelt ist großartig. Gerade bei seiner Handlungsentwicklung und seinem allgemeinen Stil wirkt er wie eine perfekte Mischung aus Horror-, Psycho- und Mysterythriller mit Neo-Noir und Giallo-Anleihen. Gerade wenn es um den Horror und entsprechende Schockeffekte geht ist der Film sehr effektiv, intensiv und gerade Wright versteht es, diese Schockeffekte perfekt aufzubauen und auszulösen. Die Twists und Turns des Films sind sehr clever und überraschend herausgearbeitet worden. Darüber hinaus bieten sowohl Thomasín McKenzie als auch Anya Taylor-Joy zwei unfassbar gute Performances, bei denen ich hoffe, dass beide dafür bei der kommenden Award-Saison einigermaßen berücksichtigt werden. Neben den beiden großartigen Hauptdarstellerinnen wartet der Film mit einigen tollen Darstellungen in den Nebencharakteren auf, die das Ensemble abrunden – von Matt Smith über Terence Stamp, Rita Tushingham, Margaret Nolan und vielen mehr. Vor allem war ich bei der Erstsichtung überrascht, dass uns hier die letzte große Performance einer der großen Damen des britischen Films, Diana Rigg geboten wird. Interessant ist auch, dass Edgar Wright das goldene Zeitalter der 60er-Jahre in London nur zum Anfang romantisiert und genau diese Faszination langsam entzaubert – genau wie das Bild des typischen britischen Gentlemans, der sich nicht immer wie ein Gentleman gegenüber Frauen verhalten hat und die Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse auf allen Ebenen ausgenutzt und missbraucht hat. Mit Emerald Fennells „Promising Young Woman“ und Ridley Scotts „The Last Duel“ ist Edgar Wrights „Last Night In Soho“ sogar ein hochaktueller Beitrag zur filmischen Aufbereitung des #metoo-Themas im Kinojahr 2021 gelungen, der sogar über reguläres Strafmaß hinaus geht und die letzte Konsequenz der Genugtuung geht. Für mich ist „Last Night In Soho“ einer der besten Filme des Kinojahres 2021 und Teil meiner aktuellen Top5.
„Last Night In Soho“ - My Second Look – 10/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "