Schöne Ideen, GP! Emily Blunt wäre wohl auch meine Wahl, wenn ich einen modernen Bondfilm produzieren dürfte. Aufgrund deiner Vorliebe für die Cornetto-Trilogie hätte mich Wright als dein bevorzugter Regisseur eigentlich nicht überraschen sollen, ich muss gestehen ich hätte bei dir jetzt aber fast doch eher Matthew Vaughn erwartet. Wright ist aber eigentlich die interessantere, weil ungewöhnlichere Wahl. Als du zum Absatz bzgl. Wint & Kidd kamst, war ich mir aber dann doch sehr sicher, auf wen deine Wahl fallen wird.

So spannend ich diese Wahl finde, so schwer fällt es mir aber bei diesem zugegebenermaßen brillanten komödiantischen Duo mir vorzustellen, dass der Film durch sie nicht schwer in die Schiene Quasi-Parodie gehen würde. Wäre auch interessant, aber ich glaube du hattest sie doch eher als zumindest ansatzweise ernsthafte Killer im Sinn, oder? Und hier habe ich so meine Schwierigkeiten mir das vorzustellen, denn Glover und Smith waren bei aller Skurrilität dann doch immer auch irgendwie sehr unberechenbar und dadurch trotz allem Getucke latent gefährlich, etwas was ich bei Pegg und Frost nicht so ganz sehe. Ich könnte mir die beiden eher in einem Film a la NSNA vorstellen, der bewusst in vielen Dingen Standards und Rollen überspitzt und quasiparodiert.
GoldenProjectile hat geschrieben:Erinnert mich an eine Aktion, die Anatol mal im anderen Bondforum gestartet hat. Damals ging es darum sich vorzustellen, man wäre Charles K. Feldman im Jahre 1966. Was würde man aus den Casino-Royale-Rechten herausholen? @Anatol vielleicht kannst du mal deinen Text von damals hier rein kopieren, passt wie ich finde ziemlich gut zum Thema.
Dem Vorschlag komme ich gerne nach, hier das angesprochene Gedankenspiel zum alternativen CR67:
Was wäre wenn…CR67 von euch produziert worden wäre!
Bei unserem gestrigen sehr launigen Chat-Abend streiften wir auch das Thema CR67 und lamentierten über die masslose Vergeudung von Talent und Geld. Dabei kam mir der kühne Wunsch: „am liebsten hätte ich eine Zeitmaschine, das Budget und die Rechte an CR67 und würde den Film nach meinen Vorstellungen drehen!“. Nun gibt es ja in der Realität leider keine Zeitmaschine, aber wie uns der selige Helmut Körschgen lehrte: „In der Fantasie geht alles!“ („In der Fantasie geht alles!? Ich bin ein Regenwurm mit toupierten Haaren und trinke ein riesengroßes Stück Holz!“ – Helge Schneider). Daher mal alle den imaginären Flux-Kompensator anschmeissen und zurück ins Jahr 1966 gejettet.
Meine Überlegungen zu diesem Gedankenspiel sehen wie folgt aus:
Als erstes würde ich die Idee einer Bondparodie ad acta legen und würde ganz den Ansatz eines „normalen“ Bondfilms verfolgen. Warum großartig von der durch Broccoli und Saltzman eingeführten Formel abweichen, wenn diese zum Zeitpunkt 1966 doch offensichtlich bestens funktioniert? Angst vor der Konkurrenz zahlloser Epigonen hätte ich nicht, stünde mir doch ein ungleich höheres Budget zur Verfügung, welches ich in erster Linie in große Stars, exotische Locations und teure Sets stecken würde. In diesem Punkt würde ich also auf die gleiche Strategie wie Charles K. Feldman setzen, denn der immense Aufwand und das daraus resultierende Starspektakel war wohl der einzige Grund, der seinem Film wirtschaftlichen Erfolg bescherte. Stilistisch tendiere ich mit dem heutigen Wissen deutlich mehr in die Richtung Over-the-Top-Spektakel a la TB und YOLT als zum klassischen Agententhrill a la DN, FRWL und bedingt GF, auch hier würde ich mich streng an die Vorgaben der großen EON-Konkurrenz halten, denn ein nüchternerer, wenn man so will „sparanischerer“ Bondfilm hätte das Bondpublikum zu diesem historischen Zeitpunkt wohl eher enttäuscht. Man wollte das große Spektakel sehen, das zeigen die Erfolge von TB und YOLT recht deutlich (auch wenn bei letzterem die Welle etwas am abebben war, was meiner Einschätzung nach aber definitiv nicht am Stil lag, siehe OHMSS) – also soll das Publikum es bei meinem CR67 auch bekommen!
Die Kernfrage des ganzen Projekts wäre natürlich: wer soll Bond spielen? Mit dem heutigen Wissen wäre es wohl wirtschaftlich am sichersten Broccoli, Saltzman und Connery mit jeder Menge Geld zu einer Kooperation a la TB zu bewegen. Das wäre aber zu einfach und würde den Spass an einem Was wäre wenn-Szenario deutlich mindern. Also schliesse ich diese Möglichkeit für mich gleich mal aus. Moore käme wegen seiner The Saint-Verpflichtung ebenfalls nicht in Frage, Lazenby verkauft zu dem Zeitpunkt noch Autos (oder war es schon Schokolade?) und Dalton ist kaum den Kinderschuhen entwachsen, diese Alternativen fallen also alle weg. Vermutlich würde ich Englands große Nachwuchshoffnung Oliver Reed als Bond casten, zum einen da ich ihn als Darsteller bewundere, zum anderen da seine wilde off-screen-Persona wie ich denke auch seiner Wirkung als Bond zu Gute käme. Dass Reed als klassischer Held in einem großen Spektakel hervorragend funktioniert bewies er 1968 eindrucksvoll an der Seite von Diana Rigg, Telly Savals und Curd Jürgens in „The Assassination Bureau“. So in etwa stelle ich ihn mir auch als Bond in meinem CR67 vor: elegant, gewitzt, charmant, aber unter der Oberfläche auch voller brodelnder Energie und dunkler Agressivität.
Wer spielt Vesper, wer Le Chiffre? Für mich steht außer Frage, dass ein Konkurrenzbond nur mit Starpower funktioniert, zumal mit Reed ein zwar bereits durch Hammer- und TV-Erfolge halbwegs dem Publikum bekannter Hauptdarsteller besetzt ist, der aber eben noch kein echter Star ist. Einfach wäre es, Vesper mit Diana Rigg zu besetzen, das schliesse ich aber aus, um den echten OHMSS nicht zu torpedieren. Zumal ich mir nicht sicher bin, ob ihre Avengers-Verpflichtungen 1966/67 das überhaupt zugelassen hätten. Ursel Andress wäre mir auch zu einfach, da bereits im echten CR67 an Bord (wobei die Idee DAS EON-Bondgirl für eine Konkurrenzproduktion zu verpflichten schlicht genial von Feldman war). Star, jung, gutaussehend, möglichst Britin? Na wie wäre es denn mit Julie Christie, jüngst durch David Leans Dr. Shivago zu Weltruhm gelangt und dadurch „hot property“? Passt wie ich finde auch vom Typ her gut zur Vesperfigur, allein vielleicht nicht ganz so sexy wie man sich ein Bondgirl der 60er gemeinhin vorstellt (weswegen sie ja auch aus dem Domino-Casting rausfiel). Macht aber nix, besetzen wir halt das 2. Bondgirl entsprechend, z.B. mit einem Kaliber a la Raquel Welch oder wenn der Name noch etwas größer sein darf dann gleich mit der „BB“, Brigitte Bardot!
Das liest sich schon mal vielversprechend, brauchen wir noch einen geeigneten Le Chiffre. Spontan würde sich auch hier Feldmans Bondgirl-Trick anbieten, nehmen wir doch einfach DEN Bondschurken schlechthin Gert Fröbe! Aber das wär mir auch zu einfach gedacht, also muss ne Alternative her. Charismatischer Star mit Publikumswirkung? Ich könnte mir James Mason sehr gut als Le Chiffre vorstellen mit einer ähnlich sinister-eleganten Vorstellung wie als Roger Vandam in Hitchcocks Unsichtbarem Dritten. Pefekt, meine Besetzung steht die sicherlich noch ergänzt würde durch die Besetzung einiger europäischer lokaler Stars, um die dortigen Märkte etwas zu „bauchpinseln“. Z.B. ein Yves Montand als Mathis, ein Klaus Kinski als Le Chiffre-Henchman oder ein Gian Maria Volonte als was auch immer. Außerdem würde ich EON in die Suppe spucken (

) und in meinem etwas früher erscheinenden CR67 Blofeld bereits effektvoll aus seiner gesichtslosen Präsenz rausholen, ihr Gaststar-Auftritt Yul Brynner!
Da ich wie bereits erwähnt auf die Karte Spektakel setzen würde müsste Flemings Story natürlich etwas „aufgepeppt“ werden. Da müssten mehr Schauplätze und mehr Exotik rein. Als Casino-Standort wäre Monte Carlo sicher nicht verkehrt, da könnte man auch gut die umliegende Cote d´Azur mit einbinden inklusive Mittelmeer. Warum keine automobile Serpentinenverfolgung? Allerdings stilistisch sicher eher klassisch a la To Catch a Thief als mit umfallenden Radlern wie in GE. Monte Carlo würde sicher auch danke der Vergangenheit von Gracia Patricia und dem um die Unabhängigkeit seines Fürstentums bemühten Rainier einen guten Kooperationspartner abgeben, wodurch das Budget etwas entlastet würde. Da ich Bond im Schnee immer mochte würde ich noch eine Passage des Films in der Schweiz in Gstaad oder in St. Moritz spielen lassen, das ist schön mondän und verpasst dem Film einen hübschen Kontrast zur Sonne des Mittelmeers. Vermutlich müsste zusätzlich zum großen Baccaratspiel noch eine etwas greifbarere Bedrohung her, z.B. Le Chiffre als Drahtzieher zum Sturz einer dem Westen freundlich gesinnten Regierung (Nachteil: müsste wieder ein Fantasiestaat a la St. Monique eingeführt werden). Als Regisseur müsste ein Routinier ran, wenn möglich Terence Young. Wenn dieser keine Lust mehr auf Bond hätte (wobei die Lust mit einem üppigen Salär höchstwarscheinlich zurückkommen würde), dann jemand wie Basil Dearden oder Anthony Mann. Anforderungsprofil: guter Handwerker mit Erfahrung im Umgang mit Stars und in der Betreuung von Großprojekten. Wenn ich bei der Musik Barry nicht bekommen kann, dann muss es unbedingt Jerry Goldsmith sein – gäbe sicherlich einen prächtigen Soundtrack!
Hört sich alles recht gut und interessant an – aber würde es auch funktionieren? Ich denke, die Kernfrage wäre wohl, ob das Publikum einen anderen Bond als Connery akzeptieren würde. Meine Werbekampagne würde natürlich darauf abzielen, möglichst zu verschleiern dass es kein EON-Bond mit Connery ist und stattdessen die Figur James Bond ins Zentrum stellen. An einem wirtschaftlichen Erfolg habe ich aber kaum Zweifel, da ja selbst CR67 in seiner bestehenden Form ein recht großes Publikum zum Kinobesuch motivieren konnte. Aufgrund der mit meiner Version stärker bedienten Erwartungshaltung des Publikums gehe ich eigentlich sogar von einem größeren Erfolg als bei Feldmans Film aus, vermutlich irgendwo in der Größenordnung zwischen YOLT und OHMSS.