Na toll, jetzt habt ihr es tatsächlich geschafft und bei mir aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen den Wunsch geweckt Johnnys Big 5 doch noch mal ne Chance zu geben . Also mal schaun, ob der erste Morgen heute Abend doch wieder etwas besser wird.
Re: Die Filme des John Woo
Verfasst: 10. November 2024 23:30
von Casino Hille
DonRedhorse hat geschrieben: 10. November 2024 12:00
Für einen Action-Kracher gut und unterhaltsam, ehrlich gesagt ist mir da die "figürliche Entwicklung" ziemlich egal.
Kann ich total verstehen. Ich brauche da jetzt kein ausgefeiltes Skript mit doppelbödigen Dialogen, aber zumindest ein wenig Figurenzeichnung wäre mir schon lieb - einfach, damit ich mit fiebern kann. Aber diese Christian Slater Hauptrolle ist halt wirklich einfach der "Good Guy", der gegen Travoltas Bewerbung auf einen Auftritt als Joker antritt, und ansonsten absolut gar keine einzige Charaktereigenschaft aufweist. Und das ist etwas suboptimal, denn so wirklich Spannung entsteht ja erst, wenn man den Leuten ihr Überleben und den Sieg wünscht. Das war für mich in "Broken Arrow" kaum möglich.
vodkamartini hat geschrieben: 10. November 2024 16:56
Hab mich bei Hille eingeklinkt, mal wieder Lust gehabt.
Diese kleinen spontanen Watchpartys sind immer eine Freude! Gerne wieder, alter Knabe!
Re: Die Filme des John Woo
Verfasst: 11. November 2024 08:17
von AnatolGogol
Ein paar Gedanken zur jüngsten A Better Tomorrow-Sichtung: auffällig ist zunächst mal, wie wenig sich der Film als echter Actioner oder Thriller anfühlt. Bei einer recht knappen Laufzeit von gerade mal anderthalb Stunden verteilt sich dabei die Action auf rund ein halbes Dutzend Szenen, von denen mit Ausnahme des Finals keine länger als zwei Minuten läuft. Das macht in Summe dann ca. 1/6 der Laufzeit, was so wenig jetzt auch wieder nicht ist. Warum der Film dennoch irgendwie gar nicht in das Schema eines Actionfilms passt liegt dann eher daran, dass der Kontrast zu den restlichen 5/6 enorm hoch ist. Hier versucht sich Woo im großen figürlichen Drama, indem er die Beziehung zweier Brüder sowie eine Männerfreundschaft durch Dick und Dünn gehen lässt. Das ist inhaltlich zwar dann irgendwo schon mit der Action verwoben, aber so wirklich aus der Entwicklung des Dramaanteils gehen diese dann auch nicht hervor. Daher agieren die beiden Schlüsselelemente von Woos erstem großen Klassiker merkwürdig nebeneinander und voneinander losgelöst.
Es ist zwar durchaus aller Ehren wert, dass sich Woo hier an großen Themen wie Verrat und enttäuschten Beziehungen versucht, aber leider funktioniert das alles für mich nur sehr bedingt. Die Figuren sind allzu grob und klischeehaft aufgestellt, als dass der charakterliche Tiefgang auf den Woo abzielt sich hier wirklich entfalten könnte. Die Gangster sind entweder Ehrenmänner (bei denen man sich frägt, warum sie überhaupt auf der falschen Seite des Gesetzes agieren) oder skrupel- und charakterlose Bösewichter. Noch schlimmer erwischt es den Polizisten-Bruder und seine Frau, die derart oberflächlich gezeigt werden, dass eine echte Identifikation kaum möglich ist. Auch frägt man sich, was Woo bewogen hat die beiden Figuren in einer dem Film komplett widersprechenden Tonart vorzustellen, nämlich im Rahmen einer Slapstick-Szene, von der vermutlich sogar der diesbezüglich hemmungslose John Ford die Finger gelassen hätte. Dass der figürliche Unterbau zumindest noch halbwegs funktioniert liegt am Ende dann auch in erster Linie am Charisma und der starken Chemie der beiden Hauptdarsteller Ti Lung und Chow Yun Fat, die allen rollentechnischen Limitationen zum Trotz die Freundschaft ihrer Figuren zum Leben erweckt bekommen.
Auch unabhängig vom figürlichen Unterbau holpert die Dramaturgie von ABT oftmals bedenklich. Auch hier ist auffällig wie grob und holzschnittartig das alles ist. In Papierform liest sich die Ballade um den hintergangenen Gangster gut, der nach seinem Knastaufenthalt seinem alten Leben abschwört und aufgrund der Verwicklung seines entfremdeten Bruders und einem aus der Bahn geworfenen Freundes doch wieder in den Sog des Verbrechens gezogen wird. Aber leider ist Woo kein De Palma und so klaffen zwischen den einzelnen Szenen und Handlungsentwicklungen zum Teil erhebliche Lücken, wodurch sich viel holprig und nicht wirklich motiviert anfühlt. All das ist in Summe eine allzu schwere Bürde für die dramatischen 5/6 des Films, als dass er hier wirklich funktionieren oder überzeugen kann.
Bleibt am Ende noch das eigentliche Herzstück des Films, für das er und sein Regisseur in die Filmanalen eingegangen sind: die Action. Und leider muss ich auch hier sagen, dass selbst unter wohlwollender Berücksichtigung des Entstehungszeitpunktes (und des damit einhergehenden und in der kritischen Rezeption dieses Films vielfach angeführten innovativen Charakters) die Action in weiten Teilen gar nicht so wirklich spektakulär daherkommt. Ja, es gibt die eine grandiose Szene, die deutlich heraussticht, nämlich die Sequenz, in der Chow Yun Fat seinen verratenen Freund rächt und im Alleingang eine ganze Triadenbande auslöscht (ein Seemann hat bekanntlich in jedem Hafen eine Braut, Chow Yun Fat dagegen in jedem Blumentopf eine Knarre ). Diese Szene ist dann wirklich stark aufgebaut und inszeniert und definiert auch all das, was gemeinhin unter "Heroic Bloodshed" verstanden wird. Leider kommt sie bereits recht früh im Film (ca. nach 1/3) und hebt sich qualitativ allzu stark vom Rest der Action ab. Denn die Innovativität, die Woo in besagter Szene an den Tag legt sucht man im Rest weitgehend vergeblich, in welchem er sich auf inszenatorisch weitegehend konventionelle Shootouts beschränkt, die lediglich aufgrund ihrer expliziten Gewaltdarstellung aus dem auch seinerzeit schon üblichen Actionrahmen fallen.
Und so bleibt am Ende dann nicht wirklich viel, mit dem ABT wuchern könnte. Die eher enttäuschende figürliche und dramaturgische Unterfütterung des Films wiegt gemessen an ihrem Anteil an der Laufzeit allzu schwer, zumal die Action wie geschrieben nur teilweise dem entgegen zu wirken versteht. Woos gute Absicht einem Actionfilm eine figürliche und dramatische Basis zu verschaffen ist zwar aller Ehren wert, aber wirklich gelungen ist es ihm leider nicht.
Wertung: 5 / 10
Re: Die Filme des John Woo
Verfasst: 11. November 2024 23:18
von Martin007
Bin ja doch einigermassen erstaunt über die allgemein negativen Meinungen zu den Filmen von John Woo hier.
Ich finde "Broken Arrow" nach wie vor klasse, auch wenn die für Woo typischen Szenen bis auf wenige Ausnahmen fehlen und der Film oberflächlicher wirkt als andere Werke aus seiner Filmografie.
Die Geschichte hat ordentlich Tempo, der Soundtrack ist fantastisch (ich muss nur an den Film denken und habe die Leit-Melodie direkt im Ohr) und John Travolta spielt einen klasse Bösewicht - klar, nah an der Grenze zum Overacting, aber er hat sichtlich Spass an der Rolle. Einige der Szenen mit dem Stealth-Flieger zu Beginn sehen nicht mehr unbedingt taufrisch aus, aber ansonsten hat der Film klasse Action und Stunts, die auch gut über den Film verteilt wurden. Die diversen Explosionen wurden stark eingefangen (natürlich oftmals in Zeitlupe) und selbst die Szene mit der unterirdischen Explosion sah klasse aus, inklusive abstürzendem Hubschrauber. Christian Slater habe ich in anderen Filmen schon besser gesehen, aber er macht seine Sache ordentlich.
Für mich ein 8/10 - Kandidat. Habe ich an meinem letzten Geburtstag auch wieder mit Freunden geschaut.
Re: Die Filme des John Woo
Verfasst: 12. November 2024 18:22
von vodkamartini
Ich kann allen Hollywood-Woos etwas abgewinnen, aber herausragend finde ich nur Face Off.
Hard Target ist ein schön schnörkelloser Revenge-Reißer, der perfekt auf Van Damme zugeschnitten ist. Broken Arrow hatte ich ja schon beschrieben. Beiden fehlen aber eine packende Geschichte und zumindest halbwegs mitfiebernswerte Figuren. Beide drücken allerdings auch pausenlos aufs Action-Pedal, was Reiz und Charm der Filme ausmacht. Und beide machen auch optisch Spaß.
Bis zu einem gewissen Grad gilt das alles ebenso für MI:2, obwohl der in allen Bereichen eine Schippe drauflegt im Vergleich zu den beiden vorherigen.
Windtalkers und Paycheck habe ich ewig nicht mehr gesehen, aber auch die haben ihre Momente. Budgets und Stars sind auch da groß, aber beiden fehlt leider das entscheidende Gen für Besonderes.