Was ist der beste Film von Stanley Kubrick?

Fear and Desire (Keine Stimmen)
Killer's Kiss (Keine Stimmen)
The Killing (Keine Stimmen)
Paths of Glory
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (4%)
Spartacus (Keine Stimmen)
Lolita
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (4%)
Dr. Strangelove
Insgesamt abgegebene Stimmen: 3 (11%)
2001: A Space Odyssey
Insgesamt abgegebene Stimmen: 8 (29%)
A Clockwork Orange
Insgesamt abgegebene Stimmen: 4 (14%)
Barry Lyndon
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (4%)
The Shining
Insgesamt abgegebene Stimmen: 3 (11%)
Full Metal Jacket
Insgesamt abgegebene Stimmen: 7 (25%)
Eyes Wide Shut (Keine Stimmen)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 28

Re: Die Filme des Stanley Kubrick

46
Shining als einen konventionellen Horrorfilm zu sehen, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der falsche Ansatz. Ich würde ihm auch nur sehr ungerne einem Genre zu ordnen, da er eben sehr individuell auf seine ganz eigene Art ist. Gebe dir aber recht, dass Nicholson das beste am Film ist. Eine fantastische Darstellung, die er da bietet (und leider nie wieder hat so gut bieten können).
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

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Re: Die Filme des Stanley Kubrick

48
Maibaum hat geschrieben:Nee, Nicholson war vorher viel besser.
McDowells Darstellung des Alexander DeLarges halte ich auch für eine fantastische Leistung, aber Nicholson hat mich als Darsteller vollends ohnehin nur in "Chinatown", "One Flew Over The Cuckoo’s Nest", "Shining", "The Postman Always Rings Twice" und "The Bucket List" überzeugen können, während er mir sonst immer zu sehr übertreibt oder (im anderen Extremfall) zu wenig aus seinem beachtlichen mimischen Repertoire macht. Ob man es in diesem Falle nun toll finden mag oder nicht, aber wie du ja selbst sagst, passt sein starker Hang zum Over-acting absolut zu seiner Rolle und charakterisiert Jack Torrance umso mehr, von daher finde ich es schon beinahe genial in dieser Hinsicht.
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Re: Die Filme des Stanley Kubrick

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Ich bin allgemein kein großer Fan von Kubrick, seine Filme sind mir oft zu kalt und zu detailversessen. Kontrollfreaks stehe ich generell etwas skeptisch gegenüber. Trotzdem halte ich "Full Metal Jacket" für einen interessanten uns lohneswerten Beitrag zum Thema Krieg. Schrecklich langweilig finde ich dagegen "2001" und "Bory äh. Barry Lyndon". "Shining" werde ich demnächst mal sichten, hat mich bisher irgendwie nie gereizt.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Die Filme des Stanley Kubrick

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Gleichwohl ich ja auch kein großer Kubrick-Fan bin (aus den gleichen Gründen wie du, Vodka) ist Shining für mich immer noch der beste Film von ihm von denen die er nach Spartacus gemacht hat. Vermutlich auch deshalb, weil er auch als Thriller gut funktioniert und nicht ausschliesslich als genrebrechendes Erlebnis. Zudem ist Nicholson einfach grandios und rettet mir den Film dann letztlich auch über die ein oder andere Länge hinweg. 7,5 Punkte ist mir das dann schon wert, bei meinem Geschmack dann schon ein sehr hoher Wert für einen späteren Kubrick.

Übrigens finde ich tut man dem guten Jack Nicholson etwas unrecht, wenn man ihn praktisch immer des overactings schuldig spricht. Er hat sicherlich eine sehr ausdruckstarke Art der Darstellung und geht zuweilen auch bewusst übers Ziel hinaus, aber er hat ja auch sehr viele eher zurückhaltend angelegte oder nuancierte Rollen gespielt, man denke an Hoffa, Crossing Guard, Das Versprechen oder About Schmidt. Auch Rollen, in denen er sehr expressiv gearbeitet hat – zB bei seinem legendären Monolog in Eine Frage der Ehre, empfinde ich sein Spiel überhaupt nicht als overacting sondern als emotional geladenes, ausdrucksstarkes Spiel. Und genau das spiegelt in meinen Augen auch einen Großteil seiner Klasse aus, dass er eben Emotionen geballt und glaubwürdig rüberbringen kann, jedenfalls hat man bei ihm nie den Eindruck er spielt nur. Dass er darüber hinaus natürlich auch ab und an seine über die Jahrzehnte geschaffene Screen- und off-Screen-Persona des Crazy Jack zum besten gibt sei ihm gegönnt und verziehen.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Die Filme des Stanley Kubrick

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vodkamartini hat geschrieben:Ich bin allgemein kein großer Fan von Kubrick, seine Filme sind mir oft zu kalt und zu detailversessen. Kontrollfreaks stehe ich generell etwas skeptisch gegenüber. Trotzdem halte ich "Full Metal Jacket" für einen interessanten uns lohneswerten Beitrag zum Thema Krieg. Schrecklich langweilig finde ich dagegen "2001" und "Bory äh. Barry Lyndon". "Shining" werde ich demnächst mal sichten, hat mich bisher irgendwie nie gereizt.
Nennen wir ihn lieber mal etwas freundlicher einen Perfektionisten.

Was ihn dann auch so herausragend gemacht hat ist daß er sich seine Stoffe auch so ausgesucht hat daß sie perfekt zu seinen Stärken passen, und seine schwächen für diese keine Rolle spielen. Lolita war insofern ein Fehler daß er als meist kalter und distanzierter Regisseur nicht in der Lage war Erotik zu inszenieren, was aber dann wieder sehr gut zu einem Filmen wie Uhrwerk Orange oder Barry Lyndon passt, in deren porträtierten Gesellschaftsabbildern Sex nur noch ohne jegliche Emotionen stattfindet. Die Zeitraffer Orgie zu Rossini Musik in Uhrwerk Orange ist eine überaus perfekte Verbindung von Erzähltechnik und Inhalt.

Wer hintereinander 3 so unterschiedliche Filme wie Dr. Strangelove, 2001 und Uhrwerk Orange mit einem so enormen Einfallsreichtum in Bezug auf die jeweils erzählte Geschichte und ihre visuelle Gestaltung dreht, die alle 3 wenig überraschend ein wichtiger Teil der Filmgeschichte geworden sind, der muß schon was besonderes sein (obwohl ich Dr. Strangelave gar nicht mal so sehr mag). Und er hat ja noch sehr viel mehr herausragendes gedreht.

Eine Szene die ich mir abgelöst vom Film in den letzten Monaten sehr oft angesehen habe ist die 1. Einstellung von Uhrwerk Orange. Eine der besten Eröffnungsszenen die ich je sah:

http://www.youtube.com/watch?v=HI-mDTdeKR8

Auch ein herausragendes Beispiel für innovative Musikgestaltung. Wie oft bei Kubrick. Hier handelt es sich um eine Synthesizer Bearbeitung des Originals.

Re: Die Filme des Stanley Kubrick

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"Clockwork Orange" hatte ich vergessen. Den habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen, aber als sehr gut in Erinnerung. Dr. Strangelove fand ich überraschenderweise - ich liebe eigentlich bissige Satiren - gar nicht mal so witzig und streckenweise sogar etwas fad. 2001 mag ich einfach überhaupt nicht, obwohl ich zugeben muss, dass er visuell - vor allem für seine Entstehungszeit - bahnbrechend ist. Ansonsten halte ich ihn für verquast und ungklaublich zäh, aber das ist Geschmackssache.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Die Filme des Stanley Kubrick

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Das ist es. Er ist ja für mich das Gegenteil von verquast und zäh.

Bei Dr. Strangelove finde ich auch vieles nicht ganz so gelungen wie es auf dem Papier aussieht. Trotzdem viele coole Ideen. Auch eines der frühesten, wen nicht das früheste Beispiel für Wackelkamera. Wobei aber hier es ziemlich sicher darum geht den Stil von Dokumentationen zu imitieren.

Ein anderer Punkt wäre das diese 3 Filme eigentlich in ihrer Art fast ohne jegliche Vorläufer sind.

Re: Die Filme des Stanley Kubrick

55
Da enttäuscht mich Connor "009" also ein wenig, handelt es sich bei The Shining doch um einen der klügsten und besten Horrorfilme aller Zeiten neben Hitchcocks Psycho. Toll ist es, dass Kubrick fast wie bei 2001 auf grosse Erklärungen verzichtet und so den mysteriösen Zauber des Films bewahrt. Visuell, erzählerisch und darstellerisch (Nicholson ist eine Wucht!) kommt das Grauen meiner Meinung nach umso mehr zum tragen. 9 / 10 sind ohne Probleme drin.

@Kubrick-Fan Maibaum

Es gibt auf Youtube einen Typen namens Joel Walden der zu verschiedenen Regisseuren ein 3-4 minütiges Video gemacht hat, jeweils einen Zusammenschnitt von Szenen und Zitaten aus dessen Werk, untermalt mit Musik. Für mich sind diese Videos schon eigene kleine Kunstwerke, die vor allem das Werk des jeweiligen Regisseurs gelungen vorstellen und gerade auch mit der Musikauswahl zu einem sehr passenden Abbild des jeweiligen künstlerischen Stils werden. Hier ist sein überragendes Kubrick-Video, aber auch die Portraits zu Scorsese, Tarantino und den Coen-Brothers seien dir empfohlen.

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Re: Die Filme des Stanley Kubrick

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Maibaum hat geschrieben: Eine Szene die ich mir abgelöst vom Film in den letzten Monaten sehr oft angesehen habe ist die 1. Einstellung von Uhrwerk Orange. Eine der besten Eröffnungsszenen die ich je sah:

http://www.youtube.com/watch?v=HI-mDTdeKR8

Auch ein herausragendes Beispiel für innovative Musikgestaltung. Wie oft bei Kubrick. Hier handelt es sich um eine Synthesizer Bearbeitung des Originals.
Absolut. Die Szene ist brillant mit der langsamen Kamerafahrt, der skurrilen Bildausstattung, dem grossartigen Musikstück und Alex' echt furchterregender starrer Mimik. Das ist Ultra-Ultra-Violence.

Für mich schon der absolute Höhepunkt des Film,s obwohl alles was danach kommt immer noch verdammt gut ist und schwer in Richtung 10/10 geht.
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Re: Die Filme des Stanley Kubrick

58
Die obigen Beiträge haben mich dazu bewegt, noch einmal Clockwork Orange zu schauen. Zweimal. Casino Hille habe ich auch eine kleine Rezension versprechen.

Ja, ich glaube für mich steht es fest. Von allen Filmen, die ich je gesehen habe hat Clockwork Orange die beste Anfangsszene. Das fängt bereits mit dem Vorspann an, dem grellen, schockenden Wechsel von Rot auf Blau und zurück auf rot, während die Musik wie ein bedrohliches Pochen in den Ohren dröhnt. Dann diese wunderbare, langsame Kamerafahrt, von Alex' furchterregendem Grinsen bis hin zur Gesamtheit der Szenerie. Niemand bewegt sich. Mode, Ausstattung und Atmosphäre wirken wie aus einem surrealen (Alb)traum. Es ist dieselbe Mode, Ausstattung und Atmosphäre, die einen zwei Stunden lang begleitet, wenn auch nie wieder in derselben bombastischen Intensität. Und dann spricht Alex:

That is me, Alex. And my three droogs, that is Pete, Georgie and Dim. And we sat in the korrova mil bar, trying to make up our rassoodocks, what to do with the evening. The korrova milk bar sold milk plus. Milk plus vellocet, or synthemesc, or drencrome. Which is what we were drinking. This would sharpen you up and make you ready for the bit of the old Ultra-Violence.

Viele denken beim Titel des Films wohl gleich an Gewalt und Brutalität, aber die tragische Geschichte ist um einiges vielseitiger. Und genau so erzählt Kubrick. Seiner Regie gelingt der stetige Wechsel zwischen tragischen, spannende und humorvollen Momenten, Elemente die mühelos zu einem Ganzen verschmelzen. Mit dieser Erzählweise ist die polarisierende Story gleichzeitig eine böse Satire, die schonungslose Darstellung der menschlichen Natur, aber auch einfach eine spannende Geschichte. Und Alex ist der geeignete Protagonist, McDowell der richtige Darsteller. Inhalt und Regie sorgen dafür, dass die Sympathie des Zuschauers immer bei Alex liegen, obwohl er eigentlich nur ein sadistischer Hooligan ist, aber eben auch eine tragische Figur, ein Opfer des Uhrwerks. McDowell spielt seine Figur köstlich, seine Mimik aber auch seine Ausdrucksweise im skurrilen Nadsat-Slang bewirken, dass Alex in kürzester Zeit absolut vertraut ist.

Faszinierend unterlegt mit dem bereits erwähnten Synthesizer-Stück der Einstiegsszene, Singing in the Rain, Rossini und natürlich Beethoven (the old Ludwig van), eingehüllt in Kulissen und Kostüme die sich irgendwo zwischen den 70ern und einer abstrakten Zukunftsvision bewegen und elegant gefilmt mit interessanten Kamerapositionen und Schnitten ist Kubricks Uhrwerk ein grosses Fest für den Geist und die Sinne (real horrorshow).

10 / 10. Jetzt mehr denn je.
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Re: Die Filme des Stanley Kubrick

59
Ganz so hervoragend wie du finde ich ihn dann doch nicht, dafür flacht er mir in der letzten halben Stunde etwas zu sehr ab (okay, mal ganz im Ernst, eigentlich gibt es wohl kaum einen Film, der nicht ein wenig Komplexität in seinem letzten Drittel einbüßt, aber bei dem einen fällt es mehr, bei dem anderen weniger ins Gewicht) und wird auch ansonsten lange Zeit eher durch McDowells starke Darstellung getragen. Was die Anfangsszene angeht, stimme ich dir zu, allerdings widerspreche ich dir insofern, dass für mich Clockwerk Orange keine spannende Geschichte darstellt, sondern wirklich nur als Gesellschaftssatire funktioniert. Und ich kann mir eigentlich auch gar nicht vorstellen, dass dies von Kubrick anders geplant gewesen war, dafür nimmt dieser "Part" des Filmes zu viel Raum ein.

Dennoch wie immer ein feines Review! :)
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Re: Die Filme des Stanley Kubrick

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Ich habe gerade 2001 im Kino gesehen. Was für ein Erlebnis!

Natürlich im Original und - haltet euch fest! - in der digital restaurierten Fassung. Bezüglich Anatols Befürchtung einer schlechten Kopie musste ich mir also keine Sorge machen. Kubricks Reise zum Jupiter und über die Grenzen der Vorstellungskraft hinaus ist für mich nach wie vor ein beeindruckendes audiovisuelles Erlebnis, jetzt natürlich erst recht. Die zweieinhalb Stunden vergingen wie im Flug, es war enorm kurzweilig, spannend und faszinierend. Ich kenne nur wenige Filme, die eine so schöne, intensive und abwechslungsreiche Atmosphäre aufbauen wie 2001. Und wie Kubrick seine abstrakte Geschichte auf fesselnde Art zu erzählen weiss, ist für mich sensationell. Das vielleicht beste (wobei ich angesichts der durchgehenden fantastischen Stärken des Films wohl eher sagen sollte: allerbeste) war für mich dieses Mal überraschenderweise der Tanz der Raumfährten im Clavius-Kapitel, was aber nur als knappe Spitze des Eisberges zu verstehen ist. Vor Filmanfang hielt wieder ein Filmhistoriker einen kleinen Vortrag, in dem er einige sehr schöne Denkanstösse und Tipps gegeben hat, die dazu geführt haben, dass mir bei der heutigen Sichtung viele tolle Details aufgefallen sind. Um fünf nach elf habe ich dann glücklich, vollkommen entspannt und mit dem Donauwalzer auf den Lippen das Kino verlassen. 12 / 10
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