Re: Der unheimliche Mönch (mit der Peitsche)

46
Casino Hille hat geschrieben:Spielerisch leicht entwirft er in der kühlen Schwarz-Weiß-Optik dank der wundervollen Innenausstattung Darkmoors und vielen schönen, tiefen Einstellungen, die im Laufe der Zeit eine hervorragende und bestechend übersichtliche Szenengeographie vermitteln, eine stimmige Gruselatmosphäre, welche sich vor vergleichbaren internationalen Konkurrenzwerken der damaligen Zeit nicht zu verstecken braucht und von Reinl noch dadurch verstärkt wird, dass er lange vorhersehbare Passagen entwirft, um die Erwartungen des Zuschauers in deren letzten Momenten kongenial auf den Kopf zu stellen.
Besonders gelungen finde ich hier die letzte Fahrt von Sir Richard! :D Das ist schon fast so gut, wie später die berühmte Szene in "Das Schweigen der Lämmer".
Casino Hille hat geschrieben:Angenehm unaufgeregt weiß Reinl, eine Stimmung zu entfachen, in der der Zuschauer im erträglichen Sinne mit dem Thema "Mädchenhandel" konfrontiert wird und dennoch angeregt mitfiebernd sich den Kopf darüber zerbrechen kann, welche der vielen finsteren Gestalten es wohl auf die arme unschuldige Gwendolin abgesehen hat und welche Rolle der titelgebende Mönch in dem Komplott der Darkmoor-Bande spielen mag.
Naja, so richtig wird der "Mädchenhandel" eigentlich erst in der Auflösung thematisiert.
Casino Hille hat geschrieben:
erwähenswert natürlich auch Rudolf Schündler in der Rolle des leider etwas unfreiwillig komischen Brieftaubenbesitzers Short
Ich denke, die Wirkung war schon so beabsichtigt.
Casino Hille hat geschrieben:der erste Filmauftritt von Uschi Glas als eines der Darkmoor-Mädchen.
Auf die Ursula (Uschi wurde sie erst später genannt) hätte ich in der Wallace-Reihe gut verzichten können. Für ihre Hauptrollen (z. B. in "Der Mönch mit der Peitsche" oder "Der Gorilla von Soho") hätte ich mir eher Judith Dornys gewünscht, die bei Wallace leider viel zu selten zum Zug kam.
Casino Hille hat geschrieben:
Ein wenig schade ist trotz aller Sorgfalt der formal ansprechenden Inszenierung nur, dass die entführten Darkmoor-Mädchen etwas zu knapp charakterisiert werden, sodass deren Entführungen fast zur Nebensache geraten, so wie gleichzeitig der Umstand etwas enttäuscht, dass mit dem ansteigenden Tempo der letzten Viertelstunde durch vermehrte Schauplatzwechsel zwar die Rasanz der Aktionen steigt, die schaurige Atmosphäre aber auch etwas verloren geht.
Sehe ich nicht so. Auf eine genauere Beleuchtung des "Mädchenhandel"-Plots kann ich sehr gut verzichten. Die Haupthandlung ist hier ja die Verschwörung um Gwendolin und ihren Vater. Auch die Gruselatmosphäre wird vor allem dank der Thomas-Musik gewahrt.
Casino Hille hat geschrieben:jenes Ende selbst, welches mit einer der überraschendsten Auflösungen aller Edgar Wallace Filme aufwarten kann und sich trotz aller anfänglicher Befremdlichkeit im Nachhinein als konsequenter und folgerichtiger Kniff behaupten kann, der ein zweites bedachtes Ansehen glatt alleine rechtfertigt.
Ich finde die Auflösung vor allem im direkten Vergleich zu "Der Mönch mit der Peitsche" viel besser und plausibler. Auch die Mönchskutte des Täters wird hier erklärt.
#London2025

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Der Edgar Wallace Thread

47
AnatolGogol hat geschrieben:es gibt doch diverse Hinweise den Film über, gerade weil doch einiges deutlich anders ist als im Serienstandard
Hast du da ein paar konkrete Beispiele? Mir ist da in der Tat - zu meiner Schande - nichts aufgefallen, sodass ich am Ende wirklich sehr überrascht über diese gänzlich unerwartete Wendung war (auch, wenn sie dem gängigen Whodunnit Schema natürlich entspricht). Ich fand das sogar erstaunlich gut versteckt, aber vielleicht ist mir da auch einfach einiges entgangen, kann man ja nie ausschließen. Jedenfalls war die Wendung auf mich schon sehr beeindruckend, aber nichts übertrifft darüber hinaus diese geile Titelmusik von Thomas. Die war so gut, dass ich sie mir gleich als Solo-Nummer in eine Spotify-Playlist gepackt habe. Herrlich. Allein dafür muss ich den Film schon besonders schätzen.
Samedi hat geschrieben:Ich denke, die Wirkung war schon so beabsichtigt.
Schon, aber er ist dann doch eher zu albern, zu sehr darauf ausgelegt und erzeugt damit nicht die Wirkung, die er vielleicht ansonsten hätte erzielen können. Finde das schauspielerisch zu offensichtlich, es könnte aber wahrlich viel schlimmer sein und das ist schon ein Meckern im Detail, ansonsten halte ich die Besetzung ja für sehr treffend (bin über Anatols Urteil bezüglich Leipnitz doch sehr überrascht, er steht Blacky oder Drache imo in absolut nichts nach).
Samedi hat geschrieben:Auf eine genauere Beleuchtung des "Mädchenhandel"-Plots kann ich sehr gut verzichten.
Och, ich finde schon, wenn man das Thema so drin hat und dazu um das Schicksal der Mädchen bangen sollen, hätte eine genauere Thematisierung durchaus reizvoll sein können und noch einiges an Dramatik einbringen können (genauso aber auch gegenteilig). Es wäre daher in meinen Augen für die Regie durchaus eine Überlegung gewesen und wenn es nur bei sehr kurzen Szenen geblieben wäre, aber so ist es summa summarum auffallend wenig präsent. Wie gesagt, vielleicht war das sogar eine gute Entscheidung, bei der Sichtung ist es mir aber doch aufgefallen und ich hätte das Gegenteil durchaus interessant gefunden. Was am Ende richtig gewesen wäre ist natürlich schwer zu sagen.

An alle Kenner der Filme: Welche Edgar Wallace sind darüber hinaus noch empfehlenswert? Hab einige Schinken vor Urzeiten gesehen, aber kann mich konkret an kaum einen erinnern und habe über all die Jahre eigentlich nur "Der unsichtbare Mönch" immer präsent gehabt (und da ich meine Zeit ungern mit schlechten Filmen (und negativen Reviews zu schlechten Filmen) verschwende, möchte ich natürlich nur die Highlights begutachten. Was lohnt sich, worum sollte ich einen großen Bogen machen? Anatol, deinen Marathon habe ich natürlich zur Grundorientierung, aber gibt es vielleicht Filme, die mir aufgrund meiner Vorliebe für den Mönch besonders gefallen könnten?
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Der Edgar Wallace Thread

48
Casino Hille hat geschrieben:
An alle Kenner der Filme: Welche Edgar Wallace sind darüber hinaus noch empfehlenswert? Hab einige Schinken vor Urzeiten gesehen, aber kann mich konkret an kaum einen erinnern und habe über all die Jahre eigentlich nur "Der unsichtbare Mönch" immer präsent gehabt (und da ich meine Zeit ungern mit schlechten Filmen (und negativen Reviews zu schlechten Filmen) verschwende, möchte ich natürlich nur die Highlights begutachten. Was lohnt sich, worum sollte ich einen großen Bogen machen? Anatol, deinen Marathon habe ich natürlich zur Grundorientierung, aber gibt es vielleicht Filme, die mir aufgrund meiner Vorliebe für den Mönch besonders gefallen könnten?
Meine Tipps für dich:

"Der Mönch mit der Peitsche" (in manchen Teilen schlechter, in anderen aber besser als der "Unheimliche"
"Der Hexer" (Für mich der beste Wallace-Film, der sogar mit den großen 3 (Fuchsberger, Drache und Lowitz) aufwartet.
"Die toten Augen von London" (Der Klassiker schlechthin mit dem "blinden Jack".
"Die blaue Hand" (mit Kinski in einer etwas anderen Rolle als sonst)
"Der Bucklige von Soho" (für dich als Fan des "Mädchenhandel"-Plots)
"Der Mann mit dem Glasauge" (auch wenn ich mir dort einen anderen Inspektor gewünscht hätte)
"Der Fälscher von London" (mit der vermutlich besten Ausstattung der gesamten Reihe)
"Die Gruft mit dem Rätselschloss" (mit der vermutlich besten Musik der ganzen Reihe)
#London2025

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Der Edgar Wallace Thread

49
Ach was. der beste Wallace ist natürlich Der Teufel kam von Akasava. Da der ja irgendwie einen Wallace als Vorlage nennt, ist es ja auch ein richtig dolle "Offizieller", auch wenn er nicht zur HellohiersprichtEdgarWallaceRialto Serie gehört.

Regisseur Jesus Franco war ein talentierter Regisseur, bei dem der Großteil der über 150 Filme die er gedreht hat, keinerlei Talent erkennen lassen. Obwohl Franco zu der Zeit einige seiner besten drehte (Vampyros Lesbos, Eugenie de Sade u.a.) gehört Akasava zu den talnetfrei auchsehenden. Die Handlung ist nur so dahingeknallt mit einigen relativ sinnfreien Szenen, die Schaupieler eher schlecht, die Kulissen billig, kein Gespür für Landschaften und die Regie oft schlampig, dafür aber immerhin Siegfried Schürenberg süffisant wie immer, aber wen interessiert das alles solange Soledad Miranda mal mehr, mal weniger bekleidet die Hauptrolle spielt. Und Franco sorgt sorgfältig dafür daß sie nicht viel anhaben muß, und wenn dann Sachen die zwar nicht praktisch aber megasexy aussehen.

Deshalb, glasklar, der beste Wallace aller Zeiten. 6/10 (ohne den Soledad Faktor 1/10, aber nur an sonnigen Tagen)
Zuletzt geändert von Maibaum am 2. Januar 2022 18:18, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Der Edgar Wallace Thread

50
Maibaum hat geschrieben:Regisseur Jesus Franco war ein talentierter Regisseur, bei dem der Großteil der über 150 Filme die er gedreht hat keinerlei Talent erkennen lassen.
Schöner kann man es nicht auf den Punkt bringen, Hut ab! :D hast du dich denn tatsächlich durch einen Großteil seines Oevres gekämpft? Bei mir kam dann doch nach einem guten halben Dutzend die Erkenntnis, dass der gute Jess nicht so wirklich was für mich ist.
Casino Hille hat geschrieben: Hast du da ein paar konkrete Beispiele?
Am konkretesten wird das finde ich in Arents ungewohnt zurückhaltendem Spiel. Seine Funktion ist ja auch eine deutlich andere im Film, er ist mehr der bemittleidenswerte Aussenseiter mit einem vermeintlich guten Herzen als der "Trottel vom Dienst" bzw. das skurrile Faktotum. Entsprechend fehlen auch die typischen Schenkelklopf-Momente. Allein dadurch wirkt Arent hier wie ich finde deutlich ernsthafter und mehr als Teil der Handlung denn als lustiges Gimmick. Bereits bei Erstsichtung hatte ich daher sehr früh den Eindruck, dass man dieses mal mit Arent etwas anderes vorhat. Aber wie gesagt geglaubt habe ich es auch erst, als es im Film konkret gezeigt wurde.

Casino Hille hat geschrieben:Jedenfalls war die Wendung auf mich schon sehr beeindruckend, aber nichts übertrifft darüber hinaus diese geile Titelmusik von Thomas. Die war so gut, dass ich sie mir gleich als Solo-Nummer in eine Spotify-Playlist gepackt habe. Herrlich. Allein dafür muss ich den Film schon besonders schätzen.
Thomas Titelstück zum Mönch ist schon toll, aber angesichts der vielen, vielen grandiosen Arbeiten von ihm bei Wallace würde ich es jetzt noch nicht mal als herausragend ansehen. Das spricht aber nicht gegen den Mönch, sondern eher für seine konstant großartige Arbeit.




Casino Hille hat geschrieben:An alle Kenner der Filme: Welche Edgar Wallace sind darüber hinaus noch empfehlenswert? Hab einige Schinken vor Urzeiten gesehen, aber kann mich konkret an kaum einen erinnern und habe über all die Jahre eigentlich nur "Der unsichtbare Mönch" immer präsent gehabt (und da ich meine Zeit ungern mit schlechten Filmen (und negativen Reviews zu schlechten Filmen) verschwende, möchte ich natürlich nur die Highlights begutachten. Was lohnt sich, worum sollte ich einen großen Bogen machen? Anatol, deinen Marathon habe ich natürlich zur Grundorientierung, aber gibt es vielleicht Filme, die mir aufgrund meiner Vorliebe für den Mönch besonders gefallen könnten?

Da der Mönch einen Wendepunkt innerhalb der Serie darstellt ist dies gar nicht so einfach zu beantworten. Die Frage ist: bist du mehr am klassischen atmosphärischen schwarz-weiss-Thrill oder eher am bunten Exploitation-Trash interessiert? Bei letzterem ist Samedis Aufstellung ein guter Ausgangspunkt. Ich für meinen Teil kann mit Wallace in Farbe wenig anfangen, da zu trashig, nun auch offensichtlich billig und ungewollt komisch. Und noch wesentlich repitativer als es die SW-Filme auch schon in Teilen waren. Einzig die beiden abschliessenden Gialli sind dann wieder empfehlenswert, vor allem der wirklich gute Das Geheimnis der Grünen Stecknadel (bzw. im Original Cosa avete fatto a Solange). Aber die sind ja eigentlich auch gar keine richtigen Wallace-Produktionen mehr (abgesehen von Hottes Geld und damit einhergehend ein paar bekannten deutschen Gesichtern).

Bei den SW-Filmen gibt es eine handvoll Klassikern, die man gesehen haben sollte, als da wären:

Der Frosch mit der Maske
Die Toten Augen von London
Das Gasthaus an der Themse
Der Zinker
Der Schwarze Abt
Der Hexer
Der unheimliche Mönch

Das sind die quintessentiellen Klassiker unter den SW-Filmen, die auch wie ich finde alle qualitativ im oberen Drittel der Serie anzusiedeln sind. Ebenfalls empfehlenswert sind aus meiner Sicht

Der rote Kreis
Die Bande des Schreckens
Das Rätsel der roten Orchidee

Samedi hat geschrieben: Meine Tipps für dich:

"Der Mönch mit der Peitsche" (in manchen Teilen schlechter, in anderen aber besser als der "Unheimliche"
"Der Hexer" (Für mich der beste Wallace-Film, der sogar mit den großen 3 (Fuchsberger, Drache und Lowitz) aufwartet.
"Die toten Augen von London" (Der Klassiker schlechthin mit dem "blinden Jack".
"Die blaue Hand" (mit Kinski in einer etwas anderen Rolle als sonst)
"Der Bucklige von Soho" (für dich als Fan des "Mädchenhandel"-Plots)
"Der Mann mit dem Glasauge" (auch wenn ich mir dort einen anderen Inspektor gewünscht hätte)
"Der Fälscher von London" (mit der vermutlich besten Ausstattung der gesamten Reihe)
"Die Gruft mit dem Rätselschloss" (mit der vermutlich besten Musik der ganzen Reihe)
Erstaunlich, mit Ausnahme meiner geliebten Toten Augen und mit Abstrichen des Hexers sind das alles Filme, die ich unterdurchschnittlich bis schwach finde. Aber wie gesagt kann ich mit den kunterbunten Farbfilmen auch nicht wirklich was anfangen (auch wenn die Hälfte deiner Liste s/w ist).
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Der Edgar Wallace Thread

51
AnatolGogol hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben:Regisseur Jesus Franco war ein talentierter Regisseur, bei dem der Großteil der über 150 Filme die er gedreht hat keinerlei Talent erkennen lassen.
Schöner kann man es nicht auf den Punkt bringen, Hut ab! :D hast du dich denn tatsächlich durch einen Großteil seines Oevres gekämpft?
Nee, das wäre zuviel verlangt. Aber ich hielt ihn immer für einen auffallend schlechten Regisseur, und war dann überrascht daß es auch sehr positive Meinungen zu ihm gibt, und dann habe ich auch 'Filme von ihm gesehen die wirklich gut sind. Aber ich nehme an, und auch seine Fans würden da nur bedingt widersprechen, daß er schon sehr viele sehr schlechte Filme abgeliefert hat. Aber auch das Schlechte hat bei ihm für so manche seinen Reiz.

Viele dürfte es aber nicht geben die wirklich alles von ihm ertragen haben.

Vampyros Lesbos läuft bald auf Arte. Könnte ein kleiner mieser Filmtipp werden.

Re: Der Edgar Wallace Thread

52
@ Anatol:

Mir gefallen eigentlich fast alle Wallace-Filme. Der einzige, den ich mir überhaupt nicht ansehen kann, weil er einfach so schlecht ist, ist "Die Tote aus der Themse".

Filme, die ich ebenfalls nur sehr bedingt mag, sind "Der grüne Bogenschütze" (trotz Gert Fröbe) und "Der schwarze Abt".

Ansonsten sind die Wallace-Streifen für mich die beste Filmreihe, die das Nachkriegsdeutschland (sogar bis heute) je hervorgebracht hat. Man kann zwar manches als "unfreiwillig komisch" oder antiquiert belächeln, in vielen Bereichen waren die Filme (vor allem die von Freddy Vohrer) aber wegweisend für so manchen Regisseur, wie z. B. Quentin Tarantino oder auch George Clooney.
#London2025

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Der Edgar Wallace Thread

53
Samedi hat geschrieben:Man kann zwar manches als "unfreiwillig komisch" oder antiquiert belächeln, in vielen Bereichen waren die Filme (vor allem die von Freddy Vohrer) aber wegweisend für so manchen Regisseur, wie z. B. Quentin Tarantino oder auch George Clooney.
Naja, vieles ist halt auch wirklich in der späten Phase der Serie unfreiwillig komisch. :wink:
http://1.bp.blogspot.com/_Ubtm9BaVMfs/S ... a+nude.png
Die Serie ist darüberhinaus aber natürlich viel zu heterogen und das auch weit über die oft gezogene Trennlinie s/w vs Farbe hinaus, als dass ich mich zu solch einem Urteil pauschal für die gesamte Serie hinreissen lassen würde. Es lässt sich aber leider nicht von der Hand weisen, dass die Filme spätestens ab der 2.Hälfte der 60er Jahre immer billiger produziert (in Bezug auf die Wertigkeit) wurden und inhaltlich mehr und mehr von ihren Vorgängern abkupferten. Den diesbezüglichen Höhepunkt bildet Der Gorilla von Soho, in dem Wendlandt und Vohrer ungeniert ganze Dialogpassagen und Einstellungen 1:1 von den Toten Augen kopierten, nur auf einem handwerklich deutlich niedrigeren Niveau. Wendlandt und Vohrer, die ich beide sehr schätze, waren vor allem in dieser Phase Fliessbandarbeiter und das macht sich in der Qualität der meisten Filme dieser Epoche leider sehr negativ bemerkbar - nicht zuletzt aus den genannten Gründen. Das ändert an ihren Verdiensten nichts, allerdings sorgten sie eben auch dafür, dass der letzte Tropfen "Leben" aus der Serie gepresst und dadurch eine Fortsetzung praktisch unmöglich wurde. Bei Wallace verhält es sich hier nahezu identisch zur anderen großen von Wendlandt und Vohrer betreuten Filmreihe, den May-Filmen, wo man auch zugunsten schnell abgedrehter Einheitsproduktionen zusehends auf Innovativität und Kreativität verzichtet hat. Das mag unterm Strich wirtschaftlich die rentabelste Entscheidung gewesen sein, hinsichtlich der Langlebigkeit der Serien war es aber das vorweggenommene Todesurteil. Eigentlich ein Wunder, dass Wallace so lange so stabil lief, aber selbst das die standardisierten Produktionen sehr lange sehr positiv aufnehmende deutsche Kinopublikum hatte Ende der 60er dann irgendwann genug davon, dass Freddie und Hotte denselben Film immer und immer wieder neu drehten. :)
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Der Edgar Wallace Thread

54
Also wenn man sich z. B. die Bondfilme ansieht, dann wären auch bei Wallace weitere Filme möglich gewesen. Ich denke da z. B. an einen dritten Hexer, der ja auch schon geplant war. Wendlandt legte seinen Schwerpunkt aber viel mehr auf den Verleih von fremdproduzieren Filmen (Belmondo, Spencer/Hill, Chaplin, etc.) und produzierte auch die letzten Wallace-Filme nicht mehr selbst.
#London2025

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Der Edgar Wallace Thread

55
Samedi hat geschrieben:in vielen Bereichen waren die Filme (vor allem die von Freddy Vohrer) aber wegweisend für so manchen Regisseur, wie z. B. Quentin Tarantino oder auch George Clooney.
Na ja, gewagte These. QT mag natürlich Vohrer, wie er alles aus der Zeit mag was richtig unverdorbenes Genre ist, aber direkt beeinflußt oder gar wegweisend?

Re: Der Edgar Wallace Thread

56
Besonders innovativ war Vohrer bei seinen "impossible Shots", wie z. B. aus einem Mund oder aus bestimmten Gegenständen wie einem Telefon.

Noch eine Frage an euch:

Kennt ihr die Hexer-Verfilmung "Der Würger kommt um Mitternacht" von Bond-Regisseur Guy Hamilton?
#London2025

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Der Edgar Wallace Thread

57
Samedi hat geschrieben:Besonders innovativ war Vohrer bei seinen "impossible Shots", wie z. B. aus einem Mund oder aus bestimmten Gegenständen wie einem Telefon.
Eher abgeschmackt als innovativ.

Ich halte Vohrer weitgehend für einen absoluten Dutzendregisseur. Reinl war der mit dem Talent, der aber nicht wirklich viel draus gemacht hat.

Re: Der Edgar Wallace Thread

59
Meiner Meinung nach war Dr. Reinl der bessere Winnetou-Regisseur und Vohrer der bessere Wallace-Regisseur. Reinls Talent waren die schönen Landschaftsaufnahmen, Vohrers Talent war die Gruselatmosphäre.
#London2025

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Der Edgar Wallace Thread

60
Samedi hat geschrieben:Also wenn man sich z. B. die Bondfilme ansieht, dann wären auch bei Wallace weitere Filme möglich gewesen. Ich denke da z. B. an einen dritten Hexer, der ja auch schon geplant war. Wendlandt legte seinen Schwerpunkt aber viel mehr auf den Verleih von fremdproduzieren Filmen (Belmondo, Spencer/Hill, Chaplin, etc.) und produzierte auch die letzten Wallace-Filme nicht mehr selbst.
Es stimmt, dass Wendlandt sich mit Gründung der Tobis mehr und mehr vom aktiven Produzieren zurückzug, er war aber auch
viel zu sehr Geschäftsmann, als dass er ein evtl. mögliches gutes Geschäft nicht gemacht hätte. Wendlandt hatte immer ein sehr gutes Gespür dafür, wenn eine Ära vorbei war bzw. am abklingen war. Folgerichtig zog er bei Wallace genauso konsequent den Stecker wie er es zuvor bei Karl May getan hatte.
Maibaum hat geschrieben:Eher abgeschmackt als innovativ.

Ich halte Vohrer weitgehend für einen absoluten Dutzendregisseur. Reinl war der mit dem Talent, der aber nicht wirklich viel draus gemacht hat.
Da bist du zu hart. Dutzendregisseur war er sicher wenn er im Dauerfeuermodus war und wie von Wendlandt verlangt gefühlt ein halbes Dutzend mal den gleichen Film gedreht hat. Aber er hatte auch etliche Filme, in denen er großes handwerkliches Geschick bewiess. Die Toten Augen sind ein Paradebeispiel dafür, wie man Atmosphäre und Spannung inszeniert. Er hatte auch immer wieder ein tolles Auge für ausgefallene Einstellungen, wie beispielsweise den reflektierten Harry Wüstenhagen in Kinskis verspiegelter Sonnenbrille. Vohrer war schon ein guter, verkaufte sich aber oft unter Wert.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"