Re: Zuletzt gesehener Film

4216
vodkamartini hat geschrieben:...und sich lediglich an der handwerklichen Brillanz zu ergötzen.
...die der Film eh nur in den ersten 15 Minuten zu bieten hat.
vodkamartini hat geschrieben:Hier geht es nicht einfach um "normale" inhaltliche Schwächen wie z.B. eine zu konstruierte Handlung, zu wenig Spannung, Logiklöcher
...davon hat der Film dafür jede Menge im Angebot.

Ansonsten stimme ich deinen Ausführungen vorbehaltlos zu.

@Maibaum: Die Darstellung von Pro- & Antagonist ist für mich in einem Film aber nun mal kein unwichtiger Kleinkram, schon gar nicht in einer selbst propagierten historischen Aufarbeitung. Selbst der von dir so verachtete Where Eagles dare hat ja eine genauere und differenziertere Zeichnung der Gegenseite - und der legt nun wirklich keinen gesteigerten Wert darauf sondern hat seine Schwerpunkte auf ganz anderen Gebieten. Darüberhinaus würde mich diese unangenehme Verzerrung aber noch nicht einmal so sehr stören, wenn die in der 2. zitierten Vodka-Passage aufgezählten Mängel in meinen Augen nicht so eklatant wären.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Zuletzt gesehener Film

4219
vodkamartini hat geschrieben:Tja, aus Sicht des Historikers kann ich da nur vehement widersprechen. Da machst du es dir imo entschieden zu einfach. So einfach "Gut" gegen "Böse" ist es vielleicht auf seiten der Führung, aber ganz bestimmt nicht auf der Ebene des kleinen Mannes/Soldaten. Das was der Film hier transportiert hat Comic-Niveau und ist unsachlich bis zum Abwinken. Gerade im Hinblick auf Medienerziehung ist das ein hochinteressanter Film, denn nirgends sieht man schöner, wei manipulativ, tendenziös und "behauptend" das Medium sein kann.

Ich finde es im Gegenteil höchst bedenklich in diesem Fall Aussage und Beeinflussung gänzlich unter den Teppich zu kehren und sich lediglich an der handwerklichen Brillanz zu ergötzen.
Tue ich ja nicht, aber es ist nicht mein Hauptaugenmerk. Zumal ich auch nicht erinnern kann daß da allzu viel war was mich hätte stören können. In Komm und Siehe (Elem Kliomv, 1984) kommen die Deutschen so richtig schlecht weg, aber es ist trotzdem ein großes Meisterwerk. Und mit John Fords Western komme ich auch klar, obwohl einige von ihenen kein freundliches Bild der Indianer zeigen.
Es geht auch nicht um ein Hohelied auf deutsches Heldentum, sondern um eine differenzierte Darstellung der jeweiligen Kombattanten. Hier versagt Spielberg auf ganzer Linie, entweder weil er es nicht besser weiß, weil es ihn nicht interessiert, oder weil er es ganz bewusst so macht.
Wer sagt denn daß ein solcher Film überhaupt eine differenzierte Darstellung abgeben muß? Nach so was beurteile ich Filme zwar auch, aber nur am Rande.
Egal warum, es ist auf jeden Fall extrem einseitig. Bei einem Film der in jeder Einstellung laut herausbrüllt die Wahrheit über den 2. Weltkrieg zu zeigen (und alles andere als ein reines Unterhaltunsgprodukt ist) ist das ein Armutszeugnis von epischen Ausmaßen.
Spielberg mag das gesagt haben, der Film sagt das nur schwerlich. Die Intentionen des Regisseurs können mich zwar interessieren, müssen es aber nicht. Es steht mir auch frei eine Film ganz entgegen den Intentionen des Regissseurs zu interpretieren. Wenn es passt.
Hier geht es nicht einfach um "normale" inhaltliche Schwächen wie z.B. eine zu konstruierte Handlung, zu wenig Spannung, Logiklöcher etc, hier geht es um eine falsche Darstellung bzw. Einfärbung historischer Zusammenhänge, Zustände, Denkweisen etc. Das ist bei einem historischen Spielfilm imo unverzeihlich und gehört dementsprechend angeprangert. Denn gerade der Film beeinflusst Meinungen erheblich stärker als andere Medien wie z.B das gedruckte Wort.
Auch das ist nicht meine Sache, dann ist der Film halt nicht "political correct". Cool, ich schwimme gegen den Strom ... ;)

Jedenfalls, was der Film für Auswirkungen hat interessiert mich bei anderen Filmen nur wenig, hier ebenfalls nicht. Das würde ich auch trennen. Das kann ich analysieren, aber trotzdem den Film unabhängig von der Analyse beurteilen.
Wenn die Kirche einen Film für moralisch bedenklich hält dann finde ich das doch sogar toll.

Also was zeigt der Film schon? Daß ein paar Deutsche böse Jungs waren? Das ist kaum das Thema des Filmes. Und soweit ich mich erinnere war da auch zu wenig um von einer auffälligen Tendenz zu sprechen.
SPR ist ein gut inszenierter Film der mir meist Spaß macht, und das ist was zählt.

Jetzt zwingt mich bloß nicht SPR noch einmal zu schauen um meine Erinnerungen zu überprüfen, dazu fehlt mir verdammt noch mal die Zeit ...

Re: Zuletzt gesehener Film

4221
Nein, das wollen wir ganz bestimmt nicht. :D

Ich denke die Standpunkte sind nun klar. Ich sehe das aus Sicht des Historikers und da ist nun mal die Darstellung geschichtlicher Fakten essentiell. Erst in zweiter Hinsicht interessieren mich bei diesen Filmen Inszenierung, Kameraarbeit etc. Soll heißen, ist die Aussage daneben, kann der Rest nichts mehr retten. Ist die Aussage differenziert und im historischen sinne um Korrektheit bemüht, dann kann dewr Film natürlich immer noch unter ein handwerklichen Gesichtspunkten schlecht sein.

Nur mal kleiner Nachklapp zur angeblichen nicht im Zentrum stehenden Beeinflussung. Keiner des US-Suchtrupps stirbt an einem "normalen" Schuss. Dafür braucht es Panzer(Faust) und ähnliches Großkaliber. Intendierte Botschaft: den heldenhaften US-Soldaten haut so leicht nichts um. Auch hier wird ganz geschickt und von vielen unbemerkt heroisiert. So geht das den ganzen Film. Wie gesagt ein Meisterwerk des Tendenziösen.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Zuletzt gesehener Film

4222
Ach was, ihr seid wirklich mit den nebensächlichen Dingen beschäftigt (wen interessieren Inhalte wenn es rund geht).
Da verweise ich doch gleich mal auf die Uraufführungskritik von Alex DeLarge der begeistert notierte daß "SPR ein ordentliches Stück Horrorshow bietet mit viel von dem guten alten ultrabrutalen" aber auch anmerkt daß ihm von dem Schlußgeschwafel doch ein klein wenig übel wurde, und er fast gekotzt hätte. Aber nur fast. Das dann folgende Metzeln hat ihn dann noch rechtzeitig kuriert ("I was cured, also the movie, all right. 968/1000)

Re: Zuletzt gesehener Film

4225
Auch wenn ich euren Standpunkt verstehen kann, Maibaum hat nicht ganz Unrecht. Der Soldat James Ryan ist zwar in der Tat inhaltlich manchmal etwas "ungenau" und historisch fragwürdig, aber viele Details, die von euch aufgeführt werden, sind dann teilweise vielleicht sogar eine Interpretation zu viel. Dennoch kann ich mit SPR nicht viel anfangen, auch, weil mir Spielbergs Inszenierung selbst nicht zusagt, handwerklich ist der Film in meinen Augen dann auch längst nicht so gut, wie es hier hin und wieder durchklingt.
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

4226
Casino Hille hat geschrieben: Dennoch kann ich mit SPR nicht viel anfangen, auch, weil mir Spielbergs Inszenierung selbst nicht zusagt, handwerklich ist der Film in meinen Augen dann auch längst nicht so gut, wie es hier hin und wieder durchklingt.
Was auch mein Hauptkritikpunkt ist. Wenn der Film durchgängig unterhaltsam oder gar spannend wäre, würde ich ihm die tendenziöse Märchenstunde mit zwei zugedrückten Augen durchgehen lassen. Aber so ist es nur eine fantastische Vorspeise mit faden und wenig schmackhaften Folgegängen. Viel zu lang ist er auch noch, wobei das Hand in Hand mit der schwachen Inszenierung und der depperten Geschichte geht. Obwohl ich Hanks eigentlich mag ist er hier als "Über-Gutmensch" für mich kaum zu ertragen. Und wenn dann Damon am schluss auch noch den grüblerischen Philospophen geben darf, dann würd ich es am liebsten wie Elvis machen und auf die Glotze ballern...
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Zuletzt gesehener Film

4228
vodkamartini hat geschrieben:Spielberg hatte nach 1993 (Schindlers Liste, Jurassic Park) seinen Zenit überschritten, nur wusste man das damals noch nicht. :)
Hatte ich erwähnt, dass du da etwas unfair bist?
Das wird zwar jetzt eine Spielberg Diskussion aber dennoch, muss sein.
Prinzipiell finde ich es immer unfair, einen Künstler nur an seinem "Zenit" zu messen um dann festzustellen, dass es nach dem Zenit nur noch bergab ging - was schon mal eine Binsenweisheit ist, da es nach einem Höhepunkt immer runter geht :-)

Bei Spielberg kann man aber wirklich nicht so pauschal urteilen. Erstens ist er ein extrem vielseitig und zweitens auch recht produktiver Regisseur. und drittens ist vieles von seinem Schaffen nch 93 immer noch um Längen besser als vieles seiner meisten Kollegen. Will jetzt erst gar nicht über klasse Filme wie Minority Report, War of Worlds, A.I. reden aber auch so kleine unterschätze Filme wie The Terminal (den ich dieser Tage erst wieder gesehen hab) haben oft eine inhaltliche und inszenatorische Rafinesse, wie man sie selten findet.
"It's been a long time - and finally, here we are"