AnatolGogol hat geschrieben: 22. August 2024 12:52
A propos Dreyfuss: sein Neary wird doch von Spielberg auch dadurch bewusst positiv in Szene gesetzt, da seine Familie (und insbesondere seine von Teri Garr gespielte Gattin) derart verständnislos auf ihn reagieren. Sicher, Roy macht es ihnen auch nicht einfach, aber hey: das ist doch Dick Dreyfuss!
Ich weiß, du hast das halb scherzhaft geschrieben, aber ich finde schon, dass "Unheimliche Begegnung" seine Hauptfigur ambivalent zeigt und nicht als klaren und unzweifelhaften Sympathieträger. Der Film profitiert jedoch davon, weil es in diesem Film um etwas "Größeres" geht, daher der spirituelle und religiöse Verweis meinerseits. Es geht letztlich um die nächste Bewusstseinsstufe der Menschheit, um den Kontakt mit außerirdischen Lebensformen - etwas, das unsere Welt und unser ganzes Denken von uns und über uns für immer schlagartig verändern würde. Und für diese "Begegnung der dritten Art" und die Transzendenz, die Neary im Finale erfährt, müssen nun einmal irdische Opfer gebracht werden.
Ich denke, wer einen Sympathieträger à la Chief Brody in dem Film sucht, wird ihn nicht finden, aber das ist bei dieser Geschichte und diesem Thema auch nicht der Punkt. Außerdem hege ich bis heute die Interpretation, dass das Scheidungskind Spielberg in diesem Film eine Wunschfantasie verarbeitet, nämlich, dass es einen tieferen Sinn dafür geben muss, warum ein Elternteil seine Kinder verlässt. Man muss nicht viel über Spielbergs Kindheit wissen, um in seinen Filmen zu erkennen, dass er sich sein ganzes Lebenswerk mit Eltern und ihrer An- und Abwesenheit auseinandergesetzt hat. "E.T." ist dann die spirituelle Fortsetzung der unheimlichen Begegnung, denn während im ersten Film der Vater abhaut, hat er die Familie in "E.T." bereits zurückgelassen - und so wie die Aliens im einen Film den Vater von der Familie trennen, ist es im anderen dann ein Alien, dass die (emotionale) Lücke füllt.