Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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Ich finde die Dreyfuss-Figur eigentlich ziemlich sympathisch in ihrer Beharrlichkeit und durch die permanenten Versuche Sinn in das scheinbar Sinnlose zu bringen. Dann ist da ja auch noch Melinda Dillons Mutter und ihr liebenswert-naiver Sohn (der zudem ein Kumpel von Bud Spencer ist :D ), die ich ebenfalls als positive Figuren wahrnehme. A propos Dreyfuss: sein Neary wird doch von Spielberg auch dadurch bewusst positiv in Szene gesetzt, da seine Familie (und insbesondere seine von Teri Garr gespielte Gattin) derart verständnislos auf ihn reagieren. Sicher, Roy macht es ihnen auch nicht einfach, aber hey: das ist doch Dick Dreyfuss! :)
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Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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AnatolGogol hat geschrieben: 22. August 2024 12:52 A propos Dreyfuss: sein Neary wird doch von Spielberg auch dadurch bewusst positiv in Szene gesetzt, da seine Familie (und insbesondere seine von Teri Garr gespielte Gattin) derart verständnislos auf ihn reagieren. Sicher, Roy macht es ihnen auch nicht einfach, aber hey: das ist doch Dick Dreyfuss! :)
Ich weiß, du hast das halb scherzhaft geschrieben, aber ich finde schon, dass "Unheimliche Begegnung" seine Hauptfigur ambivalent zeigt und nicht als klaren und unzweifelhaften Sympathieträger. Der Film profitiert jedoch davon, weil es in diesem Film um etwas "Größeres" geht, daher der spirituelle und religiöse Verweis meinerseits. Es geht letztlich um die nächste Bewusstseinsstufe der Menschheit, um den Kontakt mit außerirdischen Lebensformen - etwas, das unsere Welt und unser ganzes Denken von uns und über uns für immer schlagartig verändern würde. Und für diese "Begegnung der dritten Art" und die Transzendenz, die Neary im Finale erfährt, müssen nun einmal irdische Opfer gebracht werden.

Ich denke, wer einen Sympathieträger à la Chief Brody in dem Film sucht, wird ihn nicht finden, aber das ist bei dieser Geschichte und diesem Thema auch nicht der Punkt. Außerdem hege ich bis heute die Interpretation, dass das Scheidungskind Spielberg in diesem Film eine Wunschfantasie verarbeitet, nämlich, dass es einen tieferen Sinn dafür geben muss, warum ein Elternteil seine Kinder verlässt. Man muss nicht viel über Spielbergs Kindheit wissen, um in seinen Filmen zu erkennen, dass er sich sein ganzes Lebenswerk mit Eltern und ihrer An- und Abwesenheit auseinandergesetzt hat. "E.T." ist dann die spirituelle Fortsetzung der unheimlichen Begegnung, denn während im ersten Film der Vater abhaut, hat er die Familie in "E.T." bereits zurückgelassen - und so wie die Aliens im einen Film den Vater von der Familie trennen, ist es im anderen dann ein Alien, dass die (emotionale) Lücke füllt.
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Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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Ich finde immer Argumente à la "seiner persönlichster Film" etc merkwürdig. OK, man kann das so argumentieren aber es rechtfertig nichts und es belegt nichts. Also, es macht für mich einen Film nicht schlechter oder besser nur weil er persönlich ist

btw, ich mag auch ET nicht besonders. Der hat (sofern ich mich überhaupt erinnere), eine ähnliche Atmosphäre und merkwürdige Familienverhältnisse.
Wenn ich so darüber nachdenke: Spielbergs Filme haben mir erst so richtig gefallen, als er auf charismatisch-sympathische Helden gesetzt hat (Raiders, Jurassic Park,...)
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Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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danielcc hat geschrieben: 22. August 2024 13:29 Ich finde immer Argumente à la "seiner persönlichster Film" etc merkwürdig. OK, man kann das so argumentieren aber es rechtfertig nichts und es belegt nichts. Also, es macht für mich einen Film nicht schlechter oder besser nur weil er persönlich ist
Hat ja auch keiner gesagt. "Es ist Spielbergs persönlichster Film" war kein Argument meinerseits, nur eine Betrachtungsweise. Dass mir der Film gefällt, hat damit nichts zu tun.
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Re: Senses of Wonder – Die Filme des Steven Spielberg

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Casino Hille hat geschrieben: 22. August 2024 13:14 Ich weiß, du hast das halb scherzhaft geschrieben, aber ich finde schon, dass "Unheimliche Begegnung" seine Hauptfigur ambivalent zeigt und nicht als klaren und unzweifelhaften Sympathieträger.
So wirklich scherzhaft war es trotz meiner etwas flapsigen Formulierung noch nicht einmal gedacht. Ich finde tatsächlich, dass Roy Neary als echter Sympathieträger und Identifikation durchgeht. Sein diversen Ausfälle sehe ich ihm tatsächlich alle nach, da er ja nichts dafür kann. Durch seine Begegnung mit den Außerirdischen wird bei ihm etwas in Gang gesetzt, was jenseits seiner Kontrolle ist. Das legitimiert in meinen Augen eigentlich nahezu alle seine Handlungen. Und so gesehen ist es auch spannend, dass Scheidungskind Spielberg ausgerechnet denjenigen Familienteil, der den Grund für die Trennung der Eltern darstellt, als weitgehend unschuldig darstellt. Wobei das so eigentlich ja auch nicht simmt, da die Ehe ja bereits in der ersten Szene noch vor Nearys Begegnung schon heftige Spannungen aufweist. Und auch wenn Teri Garr erstaunlich unsympathisch in Szene gesetzt wird, so lässt der Film dennoch auch keinen Zweifel daran, dass sie das kindische und nicht immer verantwortungsvolle Verhalten ihres Gatten ausbaden muss, gerade auch in der Beziehung zu den Kindern. Da ist die Begegnung dann tatsächlich eigentlich nur ein Katalysator, der die bereits vorhandenen Risse endgültig zum Brechen bringt. Dennoch bleibe ich dabei, dass ich die Neary-Figur tatsächlich als Sympathieträger sehe. Das hängt aber sicherlich auch mit meiner absoluten Begeisterung für den Schauspieler Richard Dreyfuss zusammen, der bei mir eigentlich in jeder Rolle "from the get-go" einen Sympathiebonus hat.
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